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Ausgabe:

1964

Spalte:

290-294

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte 1964

Rezensent:

Dinkler- von Schubert, Erika

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289

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 4

290

Septuaginta) wie gründliches Studium sämtlicher Schriftsteller des
2. Jahrhunderts, der luth. Bekenntnisschriften und der Schriften
Luthers. 1842 — 49 ord. Prof. d. Theol. in Marburg (NT, Dogmatik
u. Dogmengesch.). Nach Ths. Anschluß an „Das Werk" der kath.-
apost. Gemeinden (1 847) wurden 6cine Gegner die Brüder Vilmar u.
das Ministerium Haßenpflug in Kassel. Nach Verzicht auf die Professur
(1849) 1853 Privatdozent in Marburg (Philos. Fakultät). Reich an
Beziehungen zu Vertretern anderer Konfessionen, wußte sich Th.
stets als Glied der luth. Kirche, obwohl sie ihn in einem Verfahren
ausschloß. Wirkte zuletzt in Basel innerhalb der kath.-apost. Gemeinden
in Fühlung mit der Christentumsgesellschaft, zugleich als Freund
der Pilgermission. Bedeutsam seine konfessionskundlichen „Vorlesungen
über Katholizismus und Protestantismus", Erlangen 1848. Sah in der
herkömmlichen Polemik Unbilligkeit und Beschränktheit auf beiden
Seiten.

Für die Haltung von Thiersch 6ind u. a. folgende Züge bezeichnend
: Für sein Schriftverständnis der Ausspruch: „Wer die
heilige Schrift ohne Anbetung Gottes und ohne Leben aus Gott
studiert, für den muß sie zum abgestorbenen Buchstaben werden
." Er war überzeugt, daß der göttliche Geist mit dem
Schriftwort mehr 6agen wollte, als zu derselben Zeit der Verstand
der menschlichen Autoren faßte (S. 40). Ferner: Thiersch
will keine Gesch.-Darstellung gelten lassen, die nicht den
Kampf des Lichtes mit der Finsternis sieht (S. 47). Vor allem:
Thiersch erhebt sich aus einer konfessionellen Kirchengeschichtsbetrachtung
zu einer ökumenischen. Er sucht immer die „eine,
heilige, katholische und apostolische Kirche" im Auge zu behalten
(S. 50).

Mit besonderer Spannung liest man die Darstellung „Gründe
zum Anchluß an die kath.-apost. Gemeinden", zumal dieser
Anschluß Ths. weithin schockierend gewirkt hat. Plötzlich saß
der Prof. d. Theol. zu den Füßen der „Apostel", die z.T.
„Laien" waren. „In den kath.-apost. Gemeinden fand Th. nun
die Verwirklichung seines wissenschaftl. erarbeiteten Ideals der
LIrkirchc", sagt der Verfasser (S. 57). Dabei wirkte seine Erfahrung
mit, daß Kirche mehr ist als Konfession, daß sie sich
in allen Konfessionen findet, und daß er sein Bild der Urkirche
und alten Kirche als Maßstab an die Konfessionskirchen anlegte
als deren Korrektiv (S. 56). Doch entscheidend ist wohl:
Th. kam zu der Glaubensüberzeugung von der göttlichen Sendung
der „Apostel". Dieser Glaube führt „zu seinem Anschluß
an dieses Werk Gottes" (S. 58).

Sollten die Quellen an diesem Punkte noch weiteren Aufschluß
geben, wie ein so grundgelehrter Theologe wie Th. zu
dieser Überzeugung kam, so würde es sich lohnen, dem nachzugehen
. Denn auch uns Heutigen gibt Th. mit seinem Anschluß
ungelöste Fragen, ja Rätsel auf. Waren für Th. nach der
vorliegenden Darstellung, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln
ist, die Früchte des „Werkes", d.h. der Beweis des Geistes
und der Kraft, ausschlaggebend und wenn ja: reichte dieser Beweis
wirklich zur Beglaubigung der Wiederherstellung des
apostolischen Amtes in der Christenheit aus? Sah Th. diese
Wiederherstellung des Apostelamtes als Erfüllung von Weissagungen
in den Gemeinden an, worin lag dann die göttliche
Beglaubigung dieser Weissagungen für die Gemeinden und für
ihn? Handelt es sich bei diesen Weissagungen um eine Quelle
der Offenbarung neben der heil. Schrift oder auf Grund der
heil. Schrift? Man möchte wünschen, über diese Fragen womöglich
zu größerer Klarheit zu kommen. Tatsache ist, daß damals
die in den Gemeinden kund werdenden Gaben zu verschiedener
Stellungnahme führten. Es liegt im Wesen der Darstellung
des Verfassers, daß sie es mit der Schilderung der positiven
Haltung Ths. zu den Erscheinungen der Prophetie und der
Geistesgaben in den Gemeinden genug sein läßt. Doch ist zu
fragen, ob hier nicht eine kritische Betrachtung des Für und
Wider dieser entscheidenden Frage angebracht gewesen wäre.

Diese kritische Frage ändert aber nichts an dem Wert der
vorliegenden Arbeit für ein bedeutsames Stück der Theologic-
geschichfe des 19. Jahrhunderts und besonders für die Erforschung
der kath.-apost. Gemeinden, die beide durch diese
Schrift erheblich und gründlich gefördert worden sind. Besonders
lehrreich ist die Herausarbeitung des Kirchenbegriffes von
Th. und seine Kritik am Kirchenbegriff der Reformation, die
für die gegenwärtige theologische Arbeit an dieser Frage beachtlich
erscheint. Th. wird uns als eindrücklicher Zeuge eines
ökumenischen Kirchenbegriffs, ja, einer ökumenischen Theologie,
vorgestellt, der vor hundert Jahren vieles erkannt hat, was die
ökumenische Bewegung wieder zu entdecken auf dem Wege ist.
So ist der Titel des Buches voll gerechtfertigt. Es weitet sich
über die Darstellung der Gestalt von ThieTsch hinaus zu einer
Schau der sichtbaren Einheit der Kirche Christi in ökumenischer
Weite.

Görlitz Ernst Hornig

Beckmann, Joachim: Rückblick auf Helsinki ( KidZ 18, 1963
S. 376—378).

Bergenthal, Ferdinand: Stella matutina. Vom Geistes-Adel marianischer
Tradition (ThGl 53, 1963 S. 388—393).

Chan dran, J. R.: The Second Vatican Council. A comment from
Asia (ER 15, 1963 S. 385—390).

Conord, P.: Kurze Bilanz des französisdien Protestantismus (JK
24, 1963 S. 601—605).

D a n t i n e, Wilhelm: Lutherische Kirche in der Dia6pora (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 298—304).

Dietzfelbinger, Wolf gang: Die Kirche über sich selbst. Nach
Beginn der zweiten Session des Vatikanischen Konzils (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 548—553).

— Zwischenbilanz des Zweiten Vatikanischen Konzils (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 328—334).

Fries, Heinrich: Das bisherige Konzilsgeschehen und die Wiedervereinigung
im Glauben (Catholica 17, 1963 S. 96—112).

Heldtandcr, Tore: Die kirchliche Situation in den nordischen
Ländern (Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 360—368).

J u v a, Mikko: Die Kirche in der finnischen Gesellschaft (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 373—382).

K i i v i t, Jaan: Die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 505—512).

Kumaresan, Jacob: Lutherische Kirche in nichtchristlicher Umwelt
(Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 304—308).

L i 1 j e, Hans: Lage und Auftrag der lutherischen Kirche (Lutherisdie
Monatshefte 2, 1963 S. 295—298).

Mein hold, Peter: Papst Johannes XIII. (1958—1963) (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 334—340).

Nelson, E. Clifford: Die eine Kirche und die lutherischen Kirchen
(Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 564—575).

Nordhues, Paul: Das Konzil im Blickpunkt der getrennten Christen
(Catholica 17, 1963 S. 85—95).

S e n t z k e, Geert: Die Geschichte von Volk und Kirche in Finnland
(Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 382—392).

Simon. Marcel: Visage de l'anglicanisme (RHPhR 43, 1963 S. 172

— 192).

T s c h u d y, Raimund: Benediktiner heute (Erbe und Auftrag 39.

1963 S. 351—362).
Vcrghese, Paul: Aggiornamcnto and the Unity of All. An Eastern

Orthodoxy view of the Vatican Council (ER 1 5, 1963 S. 377—384).
V i n a y, Valdo: Der Fortgang des Vatikanischen Konzils. Um die

Kommunionsstrukturen und die ökumenische Offenheit der Rö-

misch-Katholischen Kirche (KidZ 18, 1963 S. 528—536).
-Das II. Vatikanische Konzil unter Paul VI. (KidZ 18, 1963 S. 477

- 485).

Vis eher, Lukas: Bericht über das 2. Vatikanische Konzil (KidZ 18,
1963 S. 427—434).

CHRISTLICHE ARCHÄOLOGIE
UND GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, begonnnen von
O. Schmitt t, fortgeführt von E. Gall f, hrsg. v. L. H. Heydenreich
und H. M. Frhr. von Erffa. 49.-55. Lfg., Stuttgart: Druckenmüller

1959—1962. Sp. 1—896 m. Abb.

Der mit Lfg. 49 (erstes Stichwort Email) beginnende V. Bd.
ist ausgezeichnet durch einige Hauptartikel von monographi-
«chem Charakter, die neue Fragestellungen und Ergebnisse vortragen
und gerade auch für den Theologen von Bedeutung sind.
Der große, 2 Lfgn umfassende Artikel Emblem, Emblembücher
(W. S. Heckscher u. K. A. Wirth) nimmt ein bisher
„noch kaum über Ansätze hinaus „erforschtes Gebiet auf und
besitzt — auch hinsichtlich der Methode — grundsätzliches Gewicht
. Dem Nicht-Spezialisten erschließt er einen weniger bekannten
Bereich, den der „bildlich-literären" Gestaltungen, d. h.