Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1964

Spalte:

273-275

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Beasley-Murray, George Raymond

Titel/Untertitel:

Baptism in the New Testament 1964

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

273

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 4

274

E. Br.'s manche bisherige Belastung verlieren. Es bleibt aber
auch jetzt eine Schwierigkeit unverkennbar: die Analyse strebt
mit aller Macht dem Verständnis des „gnostischen" Elementes
zu und läßt den apokalyptisch-spätjüdischen Grundsatz gern
zurück. In der Theologie muß aber das Schwergewicht auf der
Rechtfertigungslehre liegen bleiben, wie von allen Exegeten
auch versichert wird — aber gerade hier haben wir es ausschließlich
mit alttestamentlich-apokalyptischen Motiven zu tun.
Es bleibt allerdings ein wenig grotesk, wenn ein Exeget, der
selbst den gnostischen Bannkreis im paulinischen Denken erkennt
, dann bei K. Barth dogmatisch eine allerdings andersartige
Form „gnostischer" Argumentation moniert.

C. Colpe hat neuerdings vorgeschlagen, die Menschen-
sohnlehre zum Ausgangspunkt zu nehmen, die Lehre vom
metaphysisch-himmlischen Menschen wie eine Art Midrasch
für hellenistische Leser anzusehen: ,,Diese Deutung kehrt die
Reihenfolge um. Paulus denkt zuer6t an den apokalyptischen
Menschen und geht von da zum metaphysisch-himmlischen
Menschen weiter, nicht umgekehrt; er deutet den apokalyptischen
Menschen für hellenistische Leser, aber er trennt
nicht wieder den idealen Urmenschen vom jüdischen Messias.
Diese Auslegung ließe sich stützen durch den religionsgeschichtlichen
Nachweis, daß der Menschensohn der Apo-
kalyptik und der orientalische, himmlische, ideale, gnostische
oder wie auch immer benannte .Urmensch' nichts miteinander
zu tun haben" (Jeremias-Festschrift 1960, 183). Auch
dieser Vorstoß von C. Colpe hat noch manche Fragen ungelöst
lassen müssen, aber er wird dem apokalyptischen Hintergrund
der urchristlichen Verkündigung gerecht. Das Schwergewicht
bleibt auf der Apokalyptik liegen.

Wenn ich zu der gegenwärtigen Diskussion einen Beitrag
geben darf, dann möchte ich darauf hinweisen, daß Apokalyptik
und Wcisheitslehre doch schon sehr
früh im Spätjudenrum eng miteinander verbunden sind (äth.
Hen. 37—71), und daß gerade die Apokalyptik das Bestreben
hat, eine ihr gemäße Haggada und Spekulation aus sich
herauszusetzen. Derselbe Tatbestand findet sich auch in den
neutestamentlichen Texten (l.Kor. 8, 6; Joh. 1, 1—18 in hellenistischer
Form). Vielleicht ist die Adamspekulation in
Rom. 5, 12—21 der Rechtfertigungslehre am meisten adäquat.
Es ist also durchaus möglich, daß diese beiden Komplexe, Apokalyptik
und Weisheitslehre (Ende und Anfang), für Paulus
viel stärker aufeinander bezogen waren, als wir heute annehmen
können. Es ist also durchaus möglich, daß die Adam-
Spekulation midraschartig sich an die Menschensohnlehre anfügen
konnte. Allerdings wird der alte Reitzensteinische Entwurf
nicht mehr brauchbar sein — E. Br. S. 12 gibt dies ja
ebenfalls ausdrücklich zu. Dagegen die Aufsätze von
B. Murmelstein: Adam, ein Beitrag zur Messiaslehre (Zeitschr.
für die Kunde des Morgenlandes Bd. 35—36, 1928—29) haben
im Lauf der Diskussion ihre wissenschaftliche Bedeutung
behalten.

Tübingen Otto Michel

Beasley-Murray, G. R., M. A., M.Th., Ph.D.: Baptism in the
New Testament. London: Macmillan Sc Co. 1962. X, 424 S. 8°.
Lw. 50 s.

In Kap. 1 handelt B.-M. über die möglichen Vorstufen der christlichen
Taufe (1—44): die Reinigungen im AT, die Tauchbäder der
jüdischen sog. Taufbewcgungen, insbesondere die von Qumran, für
die er neben wichtigen Unterschieden gewisse Verbindungslinien zur
christlichen Taufe 6ieht, das Prosclytentauchbad, für das er Gemeinsamkeiten
im ganzen entschieden bestreitet (m. E. mit guten Gründen
), und die Johannestaufc, deren Verhältnis zu den beiden letzten
er entsprechend beurteilt. In Kap. 2 wird die Grundlegung der christ-
lidien Taufe erörtert. In seiner Taufe (45—67) übernimmt Jesus seinen
messianischen Auftrag und stellt sich (als Sündloscr) neben die Sünder
. Wahrend B.-M. Beziehungen zwischen der Taufe Jesu und der der
Christen im ganzen ableugnet, sieht er eine solche darin gegeben, daß
sich der Täufling freiwillig der Taufe unterzieht (66 f.). In Mark.
10,38; Luk. 12, 50 ist nicht von der Taufe die Rede, sondern von
Jesu Tod (72—77). In Matth. 28, 19 (77—92) könnte die triadische
Fassung des „auf den Namen ..." — das nach Hcitmüller und besonders
Billerbeck vor allem im Sinn der Übereignung an . . . interpretiert
wird (90 f. 100—102. 147) — sekundär sein (83 f.).

Kap. 3 erhebt die Entstehung der christlichen Taufe (93 — 125 )
mit Selbstverständlichkeit aus den Acta (in Kap. 4 wird dann — nach
der Überschrift — ihre Entwicklung in den apostolischen Schriften dargestellt
!); die primitiveness — d.h. hier sichtlich: die Einfachheit,
Schlichtheit — der Taufaussagen der Acta wird ausdrücklich mit der
primitiveness der ersten Berichte in Verbindung gebracht (98), um
deren Zuverlässigkeit hinsichtlich der Behauptung der von Anfang an
(Ag. 2) geübten Taufe es zunnächst (92—99) geht. In dem Abschnitt
The Nature of Early Christian Bapti6m (99—104) wird herausgestellt
, daß die Taufe ein Handeln Gottes und ein Handeln des
Menschen ist, der das Bekenntnis ablegt zu Jesus als dem Herrn, dem
er sich weiht; dieser Zug der Taufe muß, sagt B.-M., heute wiedergewonnen
werden. Eine eingehendere Behandlung der Aussagen zu
der Frage Baptism and the Spirit in the Acts (104—122) lehrt nach
B.-M., daß Gott in der Verleihung des Geistes in völliger Freiheit
handelt, und daß das tatsächlich Wichtige an der Taufe nicht der
Ritus ist, sondern das, worauf er hinweist, das Werk des Geistes im
Menschen, der den Anspruch des Herrn auf ihn bejaht (120). Die
Handauflegung unterstreicht nur die Wirklichkeit der Geistbegabung
in der Taufe (124).

Für Rom. 6, 1 ff. (126—146) versucht B.-M. bewußt, verschiedene
Deutungen zu verbinden. Er erkennt zunächst, daß nach Paulus der
alte Mensch am Kreuz auf Golgatha gestorben ist (daneben sagt B.-M.:
der Christ starb in der Taufe, z.B. 208; beides zugleich 293, vgl.
140 f.), und daß der Christ in der Taufe an Kreuzesgeschehen und
neuem Leben Anteil empfängt; die Baptisten haben weithin übersehen
, daß in Rom. 6, 1 ff. die passivischen Aussagen kennzeichnend sind.
Der Taufakt ist nach B.-M. zugleich Antwort des Täuflings, Erfüllung
der Absicht der Gnade Gottes im Akt der Annahme; göttliches Handeln
und Verantwortlichkeit des Menschen sind in der Tauftheologie
cies Paulus untrennbar. Die Ausführungen zu Gal. 3, 26 f. (146—151)
enden betont mit dem Stichwort faith-baptism. Kol. 2, 11 f. (152—
160) — wo die Beschneidung den Tod Christi meint — zeigt:
In baptism the baptized is raised through laith (154, Kursive B.-M.).
Die Beziehung von Kol. 1, 13 f.; 2,15; 2. Tim. 2, 11 f. auf die
Taufe selbst ist nicht recht einleuchtend; m. E. gilt das auch für
2. Kor. 1,22; Eph. 1,30; 4,30. Andererseits meint B.-M., 1. Kor.
10, l ff. sage im ganzen nichts über das Sakramentsverständnis des
Paulus aus, abgesehen von einer These über das Verhältnis von Taufe
und Ethik (181—185). Zuzustimmen ist der Ausschaltung von l.Kor.
7, 14 aus der Erörterung über die Taufe bei Paulus (192—199). In
1. Kor. 6,11 (162—167) wird änslovaaoih ohne Erörterung übersetzt
und gedeutet als you had yourselves washed. Im Joh. (216—
232) möchte B.-M. eine eigentliche Beziehung auf die Taufe nur in
3,3.5 finden (abgesehen natürlich von 3,22 usw.); als das die Geburt
von oben eigentlich Bewirkende versteht er den heiligen Geist
(die Bedeutung des Glaubens wird auch hier betont; 231 f.). In
1. Petr. 3,21 liegt für B.-M. der Akzent darauf, daß nicht das äußere
Geschehen der Taufe wesentlich ist, sondern das gnädige Handeln
Gottes in Christus und der Glaube, der diesem zustimmt (262).

B.-M. zieht vor allem in diesem Kap. 4, das nicht nur dem
Umfang nach (126—262) den gewichtigsten Teil seines Buches
darstellt, die Literatur zum Thema umfänglich heran, referierend,
sich mit ihr auseinandersetzend, mit Gewinn für seine eigene
Exegese, die auch neue Hinweise zum Verständnis der Texte
gibt; auf einen Bericht im einzelnen muß hier verzichtet werden
, selbst auf einen solchen über die wichtigsten exegetischen
Ergebnisse zu allen behandelten Stellen, ebs. auf zustimmende
bzw. kritische Urteile. In denjenigen Sätzen, die (vor allem abschließend
) die nach B.-M. entscheidenden Aussagen der Texte
herausstellen, kommt es dann häufig zu einer bestimmten Akzentuierung
, die Stichworte wie baptism by faith, experience,
dedication usw. (weitere wurden bereits angedeutet) als entscheidend
erscheinen lassen, ohne daß hier immer im Text gegebene
Begründungen sichtbar werden.

In Kap. 5 äußert sich B.-M. allgemein über die Taufe im NT
(263—305) unter den Gesichtspunkten Taufe und Gnade, . . . und
Glaube, . . . Geist, Kirche, Ethik, Hoffnung und stellt schließlich die
Frage nach der Notwendigkeit der Taufe. Die Taufe ist nach B.-M.
im NT nicht nur Symbol — eine Auffassung, die freilich der baptistischen
Tradition entspreche —, sondern Sakrament; denn in ihr wirkt
die Gnade Gottes (263). Von der Seite des Menschen iet die Taufe
ein Bekenntnis des Glaubens an Jesus als Herrn, ein freudiges Sichausliefern
an das Teilhaben an seinem Tod und seiner Auferstehung
und eine Aneignung der Gnade (272); Glaube ist nötig vor, in und
nach der Taufe (274). Da die christliche Taufe den Menschen in