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Ausgabe:

1964

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 89. lahrgang 1964 Nr. 3

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und Predigthörer", 1929), oder H. Lilje („Luthers Schmalkal-
dische Artikel", c. 1935) oder ich selbst in meinem Kommentar
zum Großen Katechismus. War nicht Justus Jonas doch auf dem
rechten Weg, als er gelegentlich die Paraphrase wählte? Die
Theologen seiner Zeit konnten doch hoffentlich den lateinischen
Text ohne Übersetzung lesen! Aber schon damals mußte den
Laien geholfen werden. Kann ein Nachfahre des Jonas im
20. Jahrhundert hinter ihn zurückgehen?

Der Blick auf das Ganze schafft Beklemmungen. Ist das
Buch nicht eine Kapitulation vor der unaufgebbaren und von
den Verfassern richtig erkannten Aufgabe an den Laien? Wird
nun nolens volens nicht die einzige Folge die sein, daß der
Theologiestudent, den Beschwörungen der Verfasser zum Trotz,
•ich nicht mehr mit der Vollausgabe der Bekenntnisschriften
wappnen, sondern sich auf das so bequeme neue Buch stürzen
wird?

Diese Besprechung ist aufgrund der ersten Auflage erfolgt.
Inzwischen ist schnell die zweite Auflage erschienen. Sie enthält
einige textliche Verbesserungen und Literaturergänzungen.
Das Buch als Ganzes ist unverändert geblieben.

Rostock Gottfried Holtz

Hermann, Ingo: Begegnung mit der Bibel. Eine Einübung. Düsseldorf
: Patmos-Verlag [1962]. 144 S. 8°. Lw. DM 10.80.

Der Verf. ist überzeugt, daß es echte „Begegnung mit der
Bibel" gerade dann nicht gibt, wenn wir die Bibel einfach vor-
findlich als „Wort Gottes" ansehen und nur „erbaulich" lesen.
Dann kommen wir immer nur dazu, „unsere im voraus fertigen
Gedanken mit Bibelworten zu garnieren". Nein, „weil die
christliche Verkündigung ein historisches Geschehen ist, kann
sie nur Gegenwart werden, indem sie als Vergangenheit gewürdigt
wird, indem ihre historische Einmaligkeit und Bedingtheit
wahrgenommen wird" . Darum soll im Buch „keine ma-
teriale Einführung in die theologischen Inhalte der Bibel gegeben
, sondern eine formale Einübung in die biblische Denk-
und Aussageweise versucht werden". So behandelt das 1. Kapitel
die Frage: Was heißt Verstehen?, das 2. Kapitel die mythologische
Symbolsprache in der Bibel, wobei die „Entmythologi-
sierung" zwar als eine „unglückliche und mißverständliche
Prägung" bezeichnet, in ihrem Artliegen aber als berechtigt
anerkannt wird.. Das 3. Kapitel geht auf die synoptische Frage
und auf die mündliche Vorgeschichte der evangelischen Überlieferung
ein, wobei die formgeschichtliche Methode gewertet
wird; in einem dritten Abschnitt „Verkündigung und Prophe-
tie" wird das Johannesevangelium und die Offenbarung erfaßt
als „Verkündigung, die den erhöhten Herrn in der Brechung
theologischer Reflexionen reden läßt". „Johannes weiß sich als
der Mund des lebendigen Christus"; ein 4. Abschnitt gilt der
Eigenart der Apostelgeschichte unter dem Gesichtspunkt

„Glaubensverkündigung und Geschichte"; hierbei wird die
gattungsgeschichtliche Forschung gewürdigt. Das 4. Kapitel
„Deutung und Durchdringung" widmet sich den Briefen des
Paulus. „Schreiber und Adressat" wird „als Formgesetz des
Briefes" aufgewiesen; an der Ehefrage in 1. Kor. 7 wird gezeigt
, wie nötig die wahrhaft geschichtliche Interpretation ist,
wenn wir überhaupt recht „verstehen" wollen. Das 5. Kapitel
„Gegenwart und Zukunft" wendet sich dem „Schlüsselbegriff"
des „Königtums Gottes" zu und zeigt am „Modell" der Seligpreisungen
, „wie die Verkündigung von Gottes Herrschaft die
ganze Bibel durchformt". Der Schluß des Buches stellt die
„Bedrängende Frage" nach der Bibel als dem „Wort Gottes".
Charakteristisch für den Katholiken wird diese Frage „verschärft
durch die Frage nach dem Verhältnis von Kirche und
Bibel". Nach dem Inspirationsverständnis von K. Rahner antwortet
Hermann: „Die Offenbarung, daß eine Schrift inspiriert
ist, >geschieht einfach dadurch, daß die betreffende Schrift als
echter Wesensvollzug der Urkirche entsteht<". „Darum gilt
auch heute: Bibel und Kirche sind die Markierungen, die den
Weg zu Jesus von Nazareth kennzeichnen". Es ist zu verstehen,
wieviel leichter von einem so festen Standort aus die modernen
Methoden historisch-kritischer Bibelforschung zu übernehmen
und zugleich zu begrenzen sind.

Schwerin Werner de Boor

Alma nach auf das Jahr des Herrn 1964. 17. Folge. Hrsg. von
F. Wittig. Hamburg: Wittig [1963]. 119 S., 4 Abb., 9 Taf., z.T.
färb. 8°. Kart. DM 2.50.

Caemmerer, Richard R.: Feeding and Leading. St. Louis: Concor-
dia Publishing House [1962]. 112 S. 8° = The Witnessing Church
Series, ed. by W. J. Danker. Kart. $ 1.75.

Cox, Harvey: Evangelium ohne Religion für eine Welt ohne Gott
(JK 24, 1963 S. 652—658).

Hermann, Ingo: Das Experiment mit dem Glauben. Ein bibeltheologischer
Gesprächsbeitrag. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1963].
118 S. 8°. Lw. DM 10.80.

Pagani, Virginia: Die Apostelgeschichte den Kindern erzählt. Übers,
aus dem Italien, von P. Topf. Regensburg: J. Habbel [1963]. 191 S.
8°. Lw. DM 9.80.

S k o g 1 u n d, John E.: To the whole Creation. The Church is Mission
. Valley Forge: The Judson Press [1962]. 128 S. 8°.

V i s c h e r, Lukas: Geistliches Amt und weltlicher Beruf (EvTh 23.
1963 S. 299—314).

Voigt, Gottfried: Der Pietismus als Frage an die Christenheit von
heute (Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 542—547).

Webber, George W.: Gemeinde in East Harlem. Ein Experiment in
der Großstadt. Beispiele und Folgerungen. Aus dem Amerikanischen
von W.-D. Zimmermann. München: Kaiser 1963. 155 S. 8° = Studien
zur Prakt. Theologie, Nr. 1. Kart. DM 8.80.

Winkler, Klaus: Pastoralpsychologische Aspekte des Gemeindebesuches
(Wege zum Menschen 15, 1963 S. 201—208).

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Leesing, Eckhard: Die Geschichtsphilosophie Ernst Troeltschs.
Diss. Göttingen 1962. 2 Teile. 111,193 u. XLS.

Die Arbeit versucht, die Entwicklung des geschichtsphilosophischen
Denkens Ernst Troeltschs nachzuzeichnen. Zwei Gesichtspunkte sind
dabei leitend: einmal, daß sich Troeltschs Geschichtsphilosophie nur
begreifen läßt, wenn man seiner jeweiligen Abhängigkeit von ihm
maßgeblich erscheinenden Philosophen das genügende Augenmerk
schenkt; zum anderen, daß Troeltschs geschichtsphilosophisches Denken
sich nicht isoliert darstellen läßt, sondern bloß im Zusammenhang
mit den von Trocltsch gegebenen enzyklopädischen Entwürfen.

In diesem Sinne wird im ersten Kapitel — nachdem in der Einleitung
kurz Troeltschs Auseinandersetzung mit der Theologie Albrccht
Ritschis als Ausgangspunkt für sein geschichtsphilosophisches Denken
skizziert worden ist — Troeltschs Geschichtsphilosophie im Anschluß
an Schleiermacher und Hegel als erste Entwicklungsperiode dargestellt.
Es wird gezeigt, daß Troeltsch den enzyklopädischen Aufriß der
Schleiermacherschen Ethik und den Hegeischen Entwicklungsbegriff
aufnimmt; ersteres, um eine Koordination von Geschichtsmetaphysik,
empirischer Geschichtswissenschaft und Religionsphilosophie zu erreichen
; letzteres, um der geschichtlichen Bewegtheit und Kontinuität
gerecht werden zu können. Dabei wird jedoch das spekulative Begreifen
des Entwicklungsgeschehens von Troeltsch abgelehnt und stattdessen
seine induktive Erfassung verlangt, womit zugleich gefordert
ist, daß die Möglichkeit adäquater Wirklichkeitserkenntnis gegeben
und eine ausreichende Unterscheidung zwischen Natur und Geschichte
erreichbar ist, was letztlich in der psychologischen Konstitution des
Menschen seine Wurzel haben muß. Dies erfährt seine Darstellung in
Abschnitten über Troeltschs Erkenntnistheorie und Psychologie.

Das zweite Kapitel behandelt Troeltschs folgende Entwicklungsperiode
, sein geschichtsphilosophisches Denken unter dem Einfluß des
Neukantianismus Windelband-Rickertscher Prägung. Als Grund für
die Umformung des bisherigen geschichtsphilosophischen Entwurfs
wird Troeltschs Einsicht herausgestellt, daß sein bisheriges Denken nicht
genügend dem herrschenden naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegrifl
gegenüber gesichert ist, wenn die Psychologie den Grundpunkt für
die Differenz von Natur und Geschichte abgibt. Um hier eine genauere
Unterscheidung zu erreichen, bedient sich Troeltsch nunmehr
der Rickertschen Begrifflichkeit. Das wird in einem Abschnitt