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Ausgabe:

1964

Spalte:

216-219

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Oppen, Dietrich von

Titel/Untertitel:

Das Personale Zeitalter 1964

Rezensent:

Rendtorff, Trutz

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 3

216

Sohn bringen den Hl. Geist in einem gemeinsamen ... personalen
Akt hervor (spiratio activa). Dieser hat wegen seiner
Gemeinsamkeit den Charakter eines Wir-Aktes ... Als dritte
Person kann er als die innertrinitarische Wir-Relation bezeichnet
werden" (S. 168). —

Au6 dieser zunächst trinitarisch orientierten Darstellung der
Personen-Struktur des Hl. Geistes als eines „Wir" lassen sich
eine Reihe soteriologischer und ekklesiologischer Erkenntnisse
und Einsichten herleiten. Den evangelischen Theologen dürften
weniger die soteriologischen Aussagen interessieren, weil die
hier konventionellen Denkschemata der katholischen Theologie
vorherrschen. Wesentlich fruchtbarer aber scheint die vom Verfasser
herausgearbeitete personale Kategorie des Hl. Geistes für
den ekklesiologischen Bereich zu sein, wenn wir hier etwa folgenden
Satz lesen: „Der Hl. Geist tritt im ,Wir' der Christen
heilsgeschichtlich in Erscheinung" (S. 196). Diese ekklesiologischen
Gedanken 6ind nicht weiter entwickelt, sollen aber, wie
der Verfasser andeutet, einer künftigen Untersuchung vorbehalten
bleiben. Das Verständnis der Kirche unter diesem Vorzeichen
des HI. Geistes als einer Wir-Personalität dürfte ein
äußerst fruchtbarer Ansatz sein, der auch bestimmte soziologische
Erkenntnisse für die Theologie nutzbar werden lassen
kann.

Berlin Otto A. D i 1 s c h n e i d o r

Monzel, Nikolaus: Der Jünger Christi und die Theologie. Untersuchungen
über Art und Ort des thealogischen Denkens im System
der Wissenschaften. Freiburg/Br.: Wewel 1961. 141 S., 1 Titelb.
8°. Kart. DM 6.20.

Dieses postum herausgegebene Büchlein vereint drei Aufsätze
des früheren Inhabers des Münchener Lehrstuhls für
Christliche Soziallehre und Allgemeine Religionssoziologie. Ganz
vom Standpunkt eines (aristotelisch-)thomistischen Theologi-
sierens geschrieben, stellt es eine beachtliche Einführung in
wichtige Strömungen der derzeitigen Prinzipienlehre der katholischen
Dogmatik dar.

Ein erster Aufsatz: Das Verhältnis von Lehre
und Person des Stifters im Christentum betont
die Unablösbarkeit der Person Jesu Christi von christlicher
Lehre, sieht hierin etwas der christlichen Theologie Besonderes
und Spezifisches, und zieht daraus die Konsequenz, daß die
christliche Glaubenslehre wieder stärker christologisch durchformt
werden müsse, aber ohne substantielle Verkürzung auf den
Traktat De Christo wie in der Tendenz der protestantischen
Theologie.

Der zweite Aufsatz: Die Stellung der Theologie
im Organismus der Wissenschaften
gipfelt in der Forderung nach einer philosophischen Theologie
als allgemeiner Seinsmetaphysik und begründet das besonders
damit, daß nur der Glaube an Gott als „einzigen, weisen und
weltüberlegenen Schöpfergott" (76) die Einheit des Universums
, die Sinnhaftigkeit des Kosmos als eines geordneten
Ganzen, verbürgen und daß dementsprechend allein die Theologie
die systematische Geschlossenheit der universitas littera-
rum (ein Ideal, dem man sich endlich wieder nähern sollte!)
gewährleisten könne.

Der dritte Aufatz: Der Tod des Theologen ist
eine Gedenkrede für den 1949 verstorbenen Professor der
Christlichen Gesellschaftslehre an der Universität Bonn Dr.
Wilhelm Schwer. Es geht um den Sinn theologischer Forschung
unter Abgrenzung gegen die Frage nach der äußerlichen Nützlichkeit
und gegen das (an sich sehr verständliche) Verlangen,
irdischer Daseinserleichterung aufweisbar gedient zu haben.

Berlin Hans-Georg F ri t z s ch e

Barth, Karl: Theologisches Gutachten zu den „Zehn Artikeln über
Freiheit und Dienst der Kirche" (KidZ 18, 1963 S. 414—416).

— Theologisches Gutachten zu den „Zehn Artikeln über Freiheit und

Dienst der Kirche" (JK 24, 1963 S. 647—651).

— Theologisches Gutachten zu den Zehn Artikeln über Freiheit und
Dienst der Kirche (EvTh 23, 1963 S. 505—510).

Bult mann, Rudolf: Der Gottesgedanke und der moderne Mensch
(ZThK 60, 1963 S. 335-348).

Graß, Hans: Die Christologie der neueren Systematischen Theologie
(19. Jahrhundert und Gegenwart) (Marburger Theologische Studien
Band 1: Jesus Christus — Das Christusverständnis im Wandel der
Zeiten. Marburg: N. G. Elwert Verlag 1963 S. 109—121).

Heidler, Fritz: Evangelium oder Gesetz? — Eine Thesenreihe
(Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 562—564).

Heintze, Gerhard: Allgemeines Priestertum und besonderes Amt
(EvTh 23, 1963 S. 617—646).

H ü b n e r, Eberhard: Karl Barth und die gegenwärtige Situation in
der evangelischen Theologie (KidZ 18, 1963 S. 416—422).

Ittel, Gerhard Wolfgang: Sein und Existenz. Eine Auseinandersetzung
mit G. Nollers gleichnamigem Buch im Hinblick auf die Theologie
Friedrich Gogartens (ZThK 60, 1963 S. 349—369).

Jetter, Werner: Werde ich Christ durch die Taufe? Bleiben wir
Christen durchs Abendmahl? (ZThK 60, 1963 S. 370—391).

Kinder, Ernst: Das vernachlässigte Problem der „natürlichen" Gotteserfahrung
in der Theologie (KuD 9, 1963 S. 316—333).

Lieb, Fritz: Der Heilige Geist als Geist Jesu Christi (EvTh 23, 1963
S. 281—298).

Stammler, Gerhard: Vom Erkenntnisdiarakter der theologischen
Aussagen (KuD 9, 1963 S. 259—315).

Trillhaas, Wolfgang: Philosophie und Offenbarung. Zu Karl
Jaspers' Auseinandersetzung mit dem Christentum (Lutherische Monatshefte
2, 1963 S. 323—328).

ETHIK

Oppen, Dietrich von: Das personale Zeitalter. Formen und Grundlagen
gesellschaftlichen Lebens im 20. Jahrhundert. Stuttgart: Verlagsgemeinschaft
Burckhardthaus- und Kreuz-Verlag [i960]. 239 S.
8° = Handbücherei des Christen in der Welt, hrsg. v. R. v. Thadden-
Trieglaff, Bd. VII. Lw. DM 9.80.

Am Ende seines großen Werkes über die Soziallehren der
christlichen Kirchen und Gruppen nennt Ernst Troeltsch als
Fazit unter den „bleibenden ethischen Werten" als ersten den
„Persönlichkeitsgedanken", die Persönlichkeit, die „allein über
die Endlichkeit erhaben" sei, ihr zu trotzen vermöge (S. 978).
Troeltsch stand mit seiner Frage nach der Möglichkeit einer
christlichen Sozialethik ganz unter dem Eindruck des Wirklichkeitsverständnisses
des Positivismus und wog die „Sozialideale"
ab, die dem „harten Stoff der sozialen Wirklichkeit" in einer
resignierend stimmenden Ohnmacht gegenüberstanden als einem
Felsen, an dem sie abprallten. Die Bedeutung, die der philosophische
und theologische Personalismus seit den zwanziger
Jahren erlangen konnte, muß ja immer wieder auf diesem
Hintergrunde gesehen werden, zumal ja ein gut Teil der Entgegensetzungen
, die dieser Positivismus dem Denken aufzwang,
in den Personalismus selbst eingegangen ist. Die Wendung, die
die Existenzphilosophie hier brachte, nämlich das Ende der
erkenntnistheoretischen Debatten, die in der Sozialethik als das
Problem der „Werte" ihre Wirkung zeitigten, die Überwindung
der an kausalen Abhängigkeiten orientierten Soziologie und
Sozialphilosophie, eröffnete positiv die Fruchtbarkeit struktureller
Betrachtungsweisen, für die ein vorgegebener Zusammenhang
von Wirklichkeit in seiner eigenen, inneren Struktur erhellt
und für die Interpretation neu aufgeschlossen werden
konnte. Gerade der Personbegriff hat sich dabei, etwa in den
Arbeiten von Gogarten, als eine für die Ethik sehr ergiebige
Kategorie erwiesen, weil mit ihm sowohl die tatsächlichen Veränderungen
der neuzeitlichen Gesellschaft und ihres Bewußtseins
aufgenommen wie auch im Zusammenhang mit der christlichen
Tradition verarbeitet werden konnten.

Im Ausstrahlungsbereich dieses Personalismus steht das
Buch O.s, das mit seinem Titel dem Zeitalter der Industriali-
eierung den Namen geben möchte, der ihm zusteht, wenn es
christlich verstanden, in der Perspektive christlicher Tradition
bejaht und begriffen wird. Das Material, das in diesem Buch
verarbeitet worden ist, ist eine Sozialgeschichte der wichtigsten
gesellschaftlichen Lebensformen der nachchristlichen Epochen.
Die sachliche Gliederung dieses Materials vollzieht Verf. mit
Hilfe der Kategorien Institution und Organisation, das Zuordnungskriterium
für die vielfältigen Phänomene ist die Frage,
wie in den unterschiedlichen soziologischen Strukturen die
„personale Verantwortung" des Menschen verstellt oder frei-