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Ausgabe:

1964

Spalte:

202-204

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Diesner, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Kirche und Staat im spaetroemischen Reich 1964

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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201

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 3

202

ablesbar war, ist die Frage zunächst mit nein zu beantworten.
Diese Antwort gilt aber nur für das traditionelle Messiasverständnis
. Von einem (allerdings modifizierten) Messiasverständnis
aus kann das unmessianische Leben Jesu nun doch
flls „messianisch" bezeichnet werden. — Es folgt sodann eine
Erörterung von Kriterien für das Gewinnen historischer Urteile
(im Anschluß an N.A.Dahl) und eine Begründung des Interesses
, das das NT an der Geschichte Jesu hatte, wobei insbesondere
(mit Käsemann) das extra nos betont wird. — Der Glaube
kann sich freilich nicht an einem (modernen) Jesus-Buch orientieren
(genannt werden die von Bultmann und Stauffer), weil
hier die „Dialektik" bzw. das Geheimnis des Lebens Jesu nicht
ausgedrückt werden. Normativ für den Glauben bleibt aber
das „Zeugniö der Zeugen", da das Wesen Jesu notwendig der
Auslegung bedurfte.

Man mag in manchen Einzelheiten anderer Meinung als Mußner
sein; die methodisch strenge Folgerichtigkeit seines Fragens wird man
anzuerkennen haben. Führt die dann aber nicht doch noch weiter,
als Mußner in seinem letzten Abschnitt geht? Hier seien zwei Fragen
gestellt. Einmal: Ist die Kritik (nun nicht an den konkret genannten,
sondern an den pauschal umschriebenen) „modernen Jesusbüchern'
berechtigt? Bultmann hat einmal gesagt, sein Jesusbuch sei kein Ke-
rygma. Es will also gar nicht das leisten, was Mußner ablehnt, nämlich
normative Geltung für den Glauben zu besitzen. — Gilt das aber
so allgemein? Schalten wir doch einmal das aus, was man an äußeren
(sozusagen profanen) Daten über Jesus angeben kann. Diese tangieren
den Glauben durchweg nicht. Ob Jesus der Messias oder der eschatolo-
gische Bote war, läßt sich historisch nicht erweisen, kann man darum
so und so beantworten. Der historische Jesus ist dann aber nicht der
unmessianisch-messianische, sondern der, der die Zeugen die Frage
stellen läßt, wer er ist. Den kann man dann überhaupt nicht unbefangen
sehen. Er fragt ja! — Sollte man das aber nicht darstellen
können? Man wird dann allerdings die Antwort selbst zu geben
haben. Im Zeugnis der Zeugen ist sie uns nicht abgenommen, sondern
den Glaubenden nur vorweggenommen. Sie kann wiederholt, kann
aber auch abgelehnt werden. — Dann aber die weitere Frage: Diese
erste Antwort konnte doch nur entstehen in bzw. nach der Begegnung
mit Jesus von Nazareth selbst. Alle Antworten Späterer leben
von der ersten Antwort und sind von ihr abhängig. Geht es aber
dem Glauben wirklich um Jesus von Nazareth, dann ist der Begriff
der apostolischen Zeugen sehr präzise zu fassen. Er kann keineswegs
auf das ganze NT ausgedehnt werden. Nicht dieses ist also in engerem
Sinne normativ, sondern eben wirklich nur das Zeugnis der unmittelbaren
Zeugen, das aber immer kritisch erfragt werden muß.

So bricht hier am Schluß die Frage auf, die in einigen Beiträgen
anklingt. Vordergründig könnte man den Sammelband
(soweit wirklich sein Thema behandelt wird) ein apologetisches
Werk nennen (vgl. S. 226). Tatsächlich geht es aber nicht um
Entmythologisierung oder um die Grenze der historischen
Frage nach Jesus, sondern es geht darum, wie weit die offenbar
(in der evangelischen und der katholischen Theologie) gemeinsame
Fragestellung durchgehalten wird. Sie wird ja grundsätzlich
als richtig anerkannt, findet aber auf katholischer Seite ihre
Grenze im Dogma, insbesondere dem der Inspiration (vgl. S. 2 f.,
8, 132, 242). Wir werden also über den Kanon zu diskutieren
haben.

Der Satz des Buches macht dem Leser Schwierigkeiten, die yer-
meidbar gewesen wären. Die Anmerkungen stehen nicht nur nicht,
wie man gewünscht hätte, unter den Seiten, sondern sie sind auch
nicht einmal am Ende des Buches zusammengefaßt, folgen vielmehr
am Ende jedes einzelnen Beitrages. So findet man sie, insbesondere,
wenn man einzelne Stellen nachschlagen will, immer nur mühsam.
Das ist kein Schönheitsfehler, sondern ein Mangel.

MUnster/Westf. Willi Manien

M o u I e, C. F. D., Prof., Hon. D. D.: Worship in the New Testament.

Second Impression. London: Lutterworth Press [1962]. 87 S. 8° =
Ecumenical Studies in Worship, No. 9. Kart. 8 6. 6 d.

Prof. Moule, u. a. hervorgetreten als Herausgeber des neuen
Cambridge Greek Testament Commentary, zu dem er den Band über
Kol. und Philcm. schrieb (1957), und als Autor von An Idiom Book
of New Testament Greek (1953), zielt mit seiner neuen Arbeit vor
allem auf eine Rekonstruktion (7. 13) des urchristlichen Gottesdienstes
in seinen verschiedenen Formen ab. Eine Skizze seines Verhältnisses
zum jüdischen (und der Einstellung Jesu zu diesem) sieht neben den
Unterschieden deutliche Verbindungslinien (9—17). Am eingehendsten
wird über die eucharistische Feier und ihren Ablauf gehandelt (18—46),

die — zunädist üblicherweise im Rahmen einer gemeinsamen Mahlzeit
— wödientlich gehalten wird (Zusammenhang mit Sabbat/Sonntag);
sie hat von Anfang an sakramentalen Charakter. Im Abendmahl geschieht
keine Opferdarbringung, sondern Teilhabe an Christi Opfer.
Die Eulogie ist unmittelbar auf Gott gerichtet, nicht auf Brot und
Wein. — Für die mit der Taufe zusammenhängenden Vorgänge
(spez. 50—56) ergibt sich folgendes Schema: renunciation, penitence,
fasting, divestiture; confe6sion of faith; Baptism in the name of the
Lord Jesus; clothing, anointing, imposition of hands, tasting the new
food. Widitig ist neben dem Gedanken des Abwaschens besonders der
der Wiedergeburt. — In IV (61—66) werden mannigfache Argumente
dafür gegeben, daß es außer den Gottesdiensten, die von den Sakramenten
bestimmt waren, auch solche ohne Taufe und Abendmahl
gab, und Einzelzüge dieser Wortgottesdienste erörtert. Hinsichtlich
der Möglichkeit, in gewissen Texten bestimmte Stücke des Gottesdienstes
wie Hymnen usw. aus dem NT erheben zu können, ist Moule
i. a. betont zurückhaltend (69 f. und schon 58 f.). Behandelt werden
in V maiana tha, amen, abba usw. (70 f. 73—77), die termini
leitovoyeTv, axgtvsiv u.a. (79—81), etc. Der Epilog (82—85) stellt
heraus, daß worship und work nicht voneinander zu trennen sind.

Moule gibt in diesen klar geschriebenen Ausführungen
eines Sachkenners einen guten Überblick über das wichtigere
Material des NT, faßt bestimmte Ergebnisse zusammen — dabei
kann er öfteTS auf bereits vorgelegte eigene Untersuchungen
verweisen — und stellt anregende neue Sätze auf; mitunter geht
er auch auf Einzelzüge etwas näher ein. So bietet das Heft sowohl
eine Einführung in den Stoff wie eine Diskussion über
offene Fragen.

Halle/Saale Gerhard Delling

Friedrich, Gerhard: Christus, Einheit und Norm der Christen.
Das Grundmotiv des I. Korintherbriefes (K u D 9, 1963 S. 235

— 258).

Haenchen, Ernst: Probleme des johanneischen „Prologs" (ZThK

60, 1963 S. 305—334).
Hajduk, Andrej: „Ego eimi" bei Jesus und seine Messianität

(Communio Viatorum 6, 1963 S. 55—60).
H ü b n e r, Eberhard: Credo in Deum patrem? (EvTh 23, 1963 S. 646

— 672).

R o m a n i u k, Casimir, Dr.: Les chemins de l'exegese du Nouveau
Testament. Guide pratique pour les travaux personnels des etudients.
Le Puy-Lyon: Editions Xavier Mappus [1963]. 69 S. kl. 8°. NF 3.70.

Schenke, Hans-Martin: Determination und Ethik im ersten Johannesbrief
(ZThK 60. 1963 S. 203—215).

Schräge, Wolfgang: „Ekklesia" und „Synagoge" — Zum Ursprung
des urchristlichen Kirchenbegriffs (ZThK 60, 1963 S. 178—202).

Soucek, J. B.: Le sei de la terre et la lumicre du monde — Con-
tribution ä l'exegese de Mat. 5, 13 (Communio Viatorum 6, 1963
S. 5-21).

V i e 1 h a u e r, Philipp: Jesus und der Menschensohn (ZThK 60, 1963
S. 133—177).

KIRCHEN GESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Diesner, Hans-Joachim: Kirche und Staat im spätrömischen Reich.

Aufsätze zur Spätantike und zur Geschichte der Alten Kirche. Berlin:
Evangelische Verlagsanstalt [1963]. 167 S. gr. 8°. Kart. DM 16.80.

Der Verf. lehrt als Historiker der alten Welt an der Martin-
Luther-Universität in Halle. Bekannt sind seine Bücher über
Thukydides und Augustin. Er bemüht 6ich besonders auch darum
, die gesellschaftlichen Zustände und Entwicklungen der damaligen
Zeit zu ergründen: eine ebenso notwendige wie mühsame
Arbeit. Die Forscher der Vergangenheit haben darauf
meist wenig geachtet. Aber wenn wir frühere Zustände scharf
sehen wollen, müssen wir gerade auf diesem Gebiete Bescheid
wissen. Im vorliegenden Bande sind verschiedene wichtige Einzelbeiträge
zusammengestellt, die teilweise an Stellen gedruckt
wurden, die der Allgemeinheit nicht leicht zugänglich sind;
einige wertvolle neue Stücke sind hinzugefügt.

Wir empfangen anschauliche Bilder aus der Zeit der Völkerwanderung
. Der Verf. hat die Quellen gründlich benutzt.
Augustins Denken erhebt er nicht nur aus seinen Büchern (obwohl
vor allem die „Bekenntnisse" und das umfangreiche Werk
über die „Gottesstadt" reichen Stoff bringen), sondern ebenso
aus zahlreichen Briefen: das bietet den Vorteil, daß nicht nur