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Ausgabe:

1963

Spalte:

104-107

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Humbach, Helmut

Titel/Untertitel:

Die Kaniška-Inschrift von Surkh-Kotal 1963

Rezensent:

Rudolph, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 2

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historischen Wissens. Zweitens ist in diesem Werk viel mehr
Material aus dem Christentum verarbeitet worden, als es in
früheren Phänomenologien im allgemeinen der Fall war. Über
die Struktur der christlichen Kirche, Gottesdienst und Theologie
, nach ihren verschiedenen Ausformungen und Aspekten
gibt das Buch ausgiebig Auskunft. Was drittens die Grundprinzipien
betrifft, auf denen das Werk fundiert ist, so könnte
man folgendes bemerken: der Verfasser weist jede Theorie, die
die Religion vermenschlicht, energisch ab und betont wiederholt
, daß die Religion eine doppelseitige Größe ist, weil sie
Gott und Mensch umfaßt. Er ist darauf aus, den religiösen Gehalt
der Phänomene hervorzukehren und zu bestimmen, was
ihm aber nicht immer gelungen ist, weil seine Auseinandersetzungen
stellenweise zru viel mit rein faktischen Daten belastet
sind. Da6 Werk hat weiter eine gewisse universalistische
Tendenz, in dem Sinne, daß die Religion der Menschheit als
ein Ganzes genommen wird und daß die niedere und höhere
Religion zusammen gesehen werden. Jede einzelne Erscheinung
wird von der primitivsten Form bis zu der geistigsten verfolgt.
Die Folge ist, daß alle Erscheinungsformen der Religion gewissermaßen
in derselben strukturellen Ebene lokalisiert werden.
E6 läßt sich über dieses Prinzip streiten. Denn der Begriff
Religion ist terminologisch höchst problematisch. Heiler hat
vermutlich mit Absicht langwierige Erörterungen über die Prinzipienfragen
vermieden. Es fragt sich aber, ob man mit der
Phänomenologie auskommt, ohne daß man die Begriffe, mit
denen man arbeitet, terminologisch gründlich klarlegt und besonders
ohne daß die typologischen Unterschiede, z. B. zwischen
den verschiedenen Konzeptionen des Göttlichen scharf ausgearbeitet
werden. Übrigens haben diese kritischen Bemerkungen
nur den Zweck, die Bedeutung dieses verdienstvollen
Werkes zu unterstreichen.

Amsterdam C. J. Bleeker

Aevum Chris Hanum. Salzburger Beiträge zur Religions- und
Geistesgeschichte des Abendlandes, hrsg. v. Thomas Michels OSB.
Bd. 1: Vereno, Matthias: Mythisches Wissen und Offenbarung.

Münster: Aschendorff [1958]. 111 S. 8°. Pp. DM 7.50.
Bd. 2: Adams, Alfons: Transzendenz der Erkenntnis und Eschato-

logie der Geschichte. Ebda [19581. 147 S. 8°. DM 9.80.
Bd. 4: Rehrl, Stefan: Das Problem der Demut in der profan-griechischen
Literatur im Vergleich zu Septuaginta und Neuem Testament
. Ebda [1961]. 228 S. 8°. Kart. DM 19.50; Pp. DM 21.-.
Im Zusammenhang mit dem Ruf des deutschen Katholizismus
nach einer röm.-katholischen Universität im deutschen
Sprachgebiet wurden als erstrebte zukünftige Gründungen
Paderborn, Fulda und vor allem Salzburg genannt. Die Salzburger
Hochschulwochen bemühen sich seit 1931 einerseits um die
Tradition der 1810 aufgehobenen Benediktiner - Universität
Salzburg und wollen andererseits in ihrer Thematik den geistigen
Umriß einer zukünftigen Albertus-Magnus-Universität zu
Salzburg sichtbar werden lassen. Neben der „Bücherei der Salzburger
Ilochschulwochen" dient seit 1958 auch die Schriftenreihe
„Aevum Christianum" diesem Ziel. Die vorliegenden
kleinen Bände der Reihe gewinnen vor '.iesem Hintergrund besonderes
Interesse und rechtfertigen diese Anteilnahme durchaus
. M. Vereno faßt in seiner Studie fünf Vorträge zur
Religionsphilosophie zusammen, deren Thematik weithin auch
in seinem Werk „Vom Mythos zum Christos" (Salzburg 1958)
behandelt wird. Der Verf. möchte die Religionsphilosophie
über eine die Welt der Mythen abwertende Apologetik hinausführen
. In universaler Weite möchte er den Wahrheitsbezug
(d. h. für ihn zugleich den Christusbezug) aller Religionen aufzeigen
. Die Kirchenlehre (Schöpfung, Fall, Erlösung) bildet dabei
die Wirklichkeitsgrundlage, von der aus naturhafte Religion
und mystisches Wissen zu beurteilen sind. Sie werden beide nur
im Licht der Offenbarung ihrem Wesen nach erkennbar. Die in
der naturhaften (nicht „natürlichen") Religion enthaltene Uroffenbarung
ist Vorhof, Stützpunkt, Antitypus der Christusoffenbarung
, Zuchtmeister auf Christus hin, Logos-Same. Die
Uroffenbarung ist auf die inkarnierte Offenbarung hin angelegt
; das bekannte Bild von Peripherie (Uroffenbarung), Zentrum
(Christus) und Radius (Israel) wird neu verwandt. Heimholung
, Aufarbeitung und „Taufe" der zersprengten und getrübten
Uroffenbarung wird gefordert. Auf verwandte Gedankengänge
der Wiener Anthropologischen Schule, Othmar Spanns,
Rudolf Ottos, Friedrich Heilers, D. S. Mereschkowskijs, auf die
Eranos-Jahrbücher des Ascona-Kreises u.a. wird verwiesen.
Als aktuelle Aufgabenbereiche werden drei in sich verschlungene
Bezirke genannt: 1. Die nachträgliche Aufarbeitung mythischer
Restbestände in äußerlich christlichen Völkern; 2. Die
Auseinandersetzung mit den „Säkularisationen" (Mythus der
Natur wie der Technik); 3. Die positive Auseinandersetzung
mit Judentum und Islam.

A. Adams legt zwei erweiterte Vorträge zur Erkenntnistheorie
und Geschichtsmetaphysik vor. Sie möchten keine Lösungen
, sondern „Fragen" vermitteln, die freilich vor dem
Hintergrund jener Wahrheitsgewißheit zu stellen sind, die
„durch die Heilsmacht der Kirche garantiert" ist. Der Verf. beschreibt
, wie sich in der Neuzeit Natur- und Geisteswissenschaft
als angeblich einzig legitime Erkenntnismethoden im Hinblick
auf die Wahrheit = Wirklichkeit zunehmend durchsetzen und
dabei Philosophie, Metaphysik, Ontologie und Theologie relativieren
, verdrängen, auslöschen. In interessanter Weise wird
demgegenüber der Nachweis unternommen, daß die „Wissenschaft
" sich dabei selbst in eine Art von Heilslehre oder
Wissenschaftsreligion verwandelt. Genau betrachtet erzeugt sie
nun ihre eigene Philosophie und Metaphysik, so daß sogar die
idealistische Erkenntnistheorie am Ende ihrer Analyse in Ontologie
umschlägt. Während die Möglichkeiten des Neuthomis-
mus relativ kritisch bewertet werden, ist die philosophia peren-
nis (die nach Meinung des Verfs. die Unveränderlichkcit des
Seins unter variablen Perspektiven lehrt) die berufene Richterin
über Wahrheit und Falschheit geistiger Erzeugnisse und Erkenntnisse
. Die Abhandlung zur Geschichtsphilosophie legt in
drei Schriften (Voraussetzungen der metaphysischen Frage, Hegel
, Marx) dar, daß die christliche Geschichtsauffassung als
theologisches Lehrstück eine futurisch-eschatologische ist. In
den Konzeptionen von Hegel und Marx wurde sie verändert
und säkularisiert, blieb aber in ihren wesentlichen Grundzügen
erhalten.

Die wertvolle Untersuchung von St. R e h r 1 e ist eine erweiterte
Wiener theologische Dissertation. Sie erschließt den
Begriff der Demut ( i.nne.iv('nr]c; ) im Bereich der profangriechischen
Literatur, bei Denkern und Dichtern von Hesiod bis Plu-
tarch und im Bereich des Neuen Testaments und der Septuaginta.
Der Verf. zieht den Schluß, daß das Griechentum ein tieferes
und umfassenderes Verständnis für das Wesen der Demut besessen
habe, als man (besonders von Seiten der Apologetik) zuzugeben
willens sei. Vor dem Hintergrund seiner Erhebungen
sucht er griechisches und christliches Verständnis einander anzunähern
und die Einheitlichkeit des abendländischen Geistes
sichtbar werden zu lassen. Die Diskrepanz entstehe vor allem
dadurch, daß man die christliche „Demut" zu weit fasse und
theologisch illegitim anreichere. Zudem dürfe man nicht die
griechische Lebenspraxis mit theoretischer christlicher Ethik vergleichen
, sondern müsse Praxis der Praxis, Bewußtseinslage der
Bewußtseinslage gegenüberstellen.

Marburg/Lahn Wolfgang P h i Ii pp

H u m b a c h, Helmut: Die KaniSka-Inschrift von Surkh-Kotal. Ein

Zeugnis des jüngeren Mithraismus aus Iran. Mit einem Beitrag ,Di-
vus Vima Kadphises' v. Robert G ö b 1. Wiesbaden: O. Harrassowitz
1960. 67 S. gr. 8°. DM 14.—.

Die Ausgrabung des späthellenistischen Tempels im ostiranischen
Surh Kötal (südlich des Oxus) durch die Delegation
archeologique francaise en Afghanistan unter Leitung von D.
Schlumberger förderte 1957 u. a. auch eine bemerkenswerte
25 zeilige Inschrift zutage, die in griechischer Schrift einen ostiranischen
Text enthält. Ihre erste Bearbeitung durch Andre
Maricq im 246. Band des JA 1958 ergab bereits, daß wir es hier
mit einem Dokument aus der Zeit des Kusankönigs Kaniäka
(128—150 n. Chr.?) zu tun haben, was durch W.B. Hennings
Beiträge im BSOAS 23, 1960 bestätigt wurde. Diese beiden Ent-
zifferunesversuche gaben jedoch nur ein vorläufiges, unvollständiges
Bild. Erst die vorliegende Arbeit des Mainzer Iranisten