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Ausgabe:

1963

Spalte:

944-945

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Die Geschichte der Neuendettelsauer Mission in Neuguinea 1963

Rezensent:

Staude, Herbert

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 12

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sammenhang gehört die Lehre von der Uroffenbarung und ihren
Resten in der Menschheit, vom Logos spermatikos. Infolgedessen
sind in der Mission Synthesen möglich und ist ein bestimmtes
Verständnis nichtchristlicher Religion gegeben. Ja,
„die Aussendung von eigenen, mit Autorität ausgestatteten
Glaubensboten entspricht einem menschlichen Bedürfnis"
(S. 43 5), und wenn die Vernunft auch „die göttliche Sendung
der Apostel zu den Ungläubigen nicht zu beweisen" vermag,
vermag sie „doch das Sinnvolle und Zweckmäßige dieser Sendung
der Apostel zu erkennen und zu zeigen" (S. 434).

Das Charakteristische an Ohms Missionstheorie klingt
schon im Vorwort an: „Immer wieder mußte die Schrift gelesen
, durchdacht, betrachtet werden und mußte auch versucht
werden, sich von ihrem Geiste formen zu lassen" (S. 8). Infolgedessen
wird „die Heilige Schrift als Grundlage und Ausgangspunkt
der Missionstheorie" behandelt (S. 75 ff.). Ähnlich wie
Vicedom in seinem Buch „Missio Dei" (München 1958) führt
Ohm die Mission zurück auf die Sendung des Sohnes oder des
Logos in die Welt. Zwar mißversteht er, wie jedoch auch viele
Protestanten, Luther als missionsindifferent, weil seinem
Kirchenverständnis das dynamische Element fehle und er der
Reformation einen quietistischen Charakter gegeben habe. Aber
im Unterschied zu anderen katholischen Autoren stellt Ohm
fest, daß die Häretiker und Schismatiker nicht Objekt der
Mission sind, sondern nur die Niditgetauften. „Wo Christentum
ist, da ist schon auch irgendwie Christus. Wer getauft ist,
ist auch Jünger" (S. 475). Zwar ist die Zugehörigkeit zur
Rechtsgemeinschaft der katholischen Kirche von Gott gewollt
und „eine Notwendigkeit für alle jene, die von der Kirche als
göttlicher Stiftung wissen oder wissen können. Die anderen
können gerettet werden, wenn sie einen Akt vollkommener
Reue oder Liebe 6etzen" (S. 422). Ohm stellt nicht den Grundsatz
in Frage, daß die Gnade die Natur voraussetzt, aber er hat
ihn „bis zum Überdruß" zu hören bekommen und möchte betont
wissen, daß die Gnade auch den Kampf gegen die Natur
voraussetzt. Er gesteht der Kirche zu, daß sie die Akkommodation
nie übertrieben habe, erinnert aber an „die fast umheimliche
Anpassung von Päpsten" (S. 730) an das Heidentum. Er
sieht keinen kontinuierlichen Weg von irgendeiner nichtchristlichen
Religion zum Christentum und sieht als „die beste Form
der Akkommodation die Betonung des Neuen" (S. 709). Wichtig
ist in Ohms Missionstheorie der Primat des Wortes, und Inhalt
dieses Wortes soll Christus sein, eine Person, nicht ein Programm
oder System (S. 308). Darum aber ist auch nicht die
plantatio ecclesiae das Ziel der Mission, obwohl ein sehr
wichtiges, sondern das Reich Gottes. Die Kirche ist „letzten
Endes nicht Ziel, sodern Mittel der Sendung" (S. 302). Die
Kirche aber ist nur Kirche als missionierende: „Eine Kirche
gründen heißt eo ipso, dieser Kirche eine Sendung in die Welt
geben" (S. 421). Die Missionstätigkeit der Kirche wird entsprechend
ihrem hierarchischen Aufbau beschrieben: die Tätigkeit
des Papstes, der römischen Kongregationen und Behörden,
der Nuntien, Internuntien und apostolischen Delegaten usw. bis
zur Mitarbeit der christlichen Laien, aber auch die Tätigkeit
der „Geistträger", mit denen die Kirche es „nicht immer leicht
gehabt" (S. 839) hat und ohne die sie doch nicht auskommt
und die nicht als Befehlscmpfänger behandelt werden können,
und selbst von Nichtchristen, die sogar die Taufe spenden
können (S. 608). Bei aller Anerkennung der Notwendigkeit von
Planung und Weisungen von oben wird vor einem übertriebenen
Dirigismus gewarnt.

Bei alledem bleibt Missionieren verstanden als Christianisieren
. Das Christianisieren ist göttlichen Rechts in dem Sinne,
daß die Kirche Ansprüche auf Zulassung von Missionaren und
Gewährung und Anwendung aller nötigen Hilfsmittel stellen
kann, wenn auch zwischen Mission und Gewalt ein absoluter
Widerspruch konstatiert wird. Von daher bekommt das, was
Ohm als „Selbstwertgefühl" des Missionars beschreibt und fordert
, hier und da eine entsprechende Färbung. Als Christianisieren
ist die Mission „Einsenkung eines neuen, eines göttlichen
Lebensprinzips in Menschen, die dieses Prinzip entbehren"
(S. 495). Trotz Primat des Wortes wird Gewicht gelegt auf die

Wirkung der „Aura" des Missionars, die schon vor seiner Predigt
wirkt, und vom „Apostolat des christlichen Antlitzes"
(S. 542 ff.) gesprodien. Auch Werke der Sühne werden als Beiträge
zur Mission verstanden.

Ohm hat in seinem Werke das Hören auf die Brüder geübt
, indem er zweifellos katholisch bleibt. Aufgabe evangelischer
Missionswissenschaft wäre es, auf diesen Bruder gerade auch in
dem zu hören, was evangelischen Traditionen fremd erscheint,
gerade auch da, wo es gilt, sich Fragen zu stellen, die durch
Neu-Delhi gestellt sind, wie etwa das Verhältnis zu den Religionen
, die Integration und anderes mehr.

Mainz Walter H ol s len

Piihofer, Georg, D.: Die Geschichte der Neuendettelsauer Mission
in Neuguinea. Hrsg. von der Evang.-Luth. Missionsanstalt Neucn-
dettelsau. Neuendettelsau: Freimund-Verlag 1961. 288 S., 35 Abb.
a. Taf., 1 Kte. gr. 8°. Lw. DM 9.50.

Im Jahre 1961 blickte Neuendettelsau auf 75 Jahre Neuguinea
-Mission zurück. Dies Ereignis war der Anlaß versdiie-
dener Publikationen. Eine der beachtenswertesten ist die Herausgabe
des 1. Bandes der Geschichte der Neuendettelsauer Mission
in Neuguinea von D. Georg Piihofer mit einem Vorwort
von Missionsdirektor H. N e u me y e r. Dem vorliegenden
Band sollen ein zweiter und ein dritter folgen.

Der Verfasser hat ein Stück Missionsgeschichte als Neuguinea
-Missionar selbst mitgestaltet und geprägt. Diese Tatsache
hebt das Werk über eine bloß beschreibende geschichtliche
Darstellung hinaus.

In sechs Teilen stellt der Verfasser die Ausbreitung der
Neuguinea-Mission dar, von den Anfängen bis in die Zeit des
1. Weltkrieges, zum Teil auch darüber hinaus.

Der erste Teil (S. 13—18) führt in die Vorgeschichte der Neuendettelsauer
Mission ein, die mit dem Namen Wilhelm Löhes eng-
stens verknüpft ist. Die Anfänge der Sendung werden aufgezeigt,
wobei es nach dem Wort aus Jcs. 54,2 f. ging: „Mache den Raum
deiner Hütte weit, und breite aus die Teppiche deiner Wohnung, spare
nicht; dehne deine Seile lang, und stecke deine Nage! fest. Denn du
wirst ausbrechen zur Rechten und zur Linken." Und Neuendettelsau
ist „ausgebrochen zur Rechten und zur Linken" — nach Nordamerika,
zu den Indianern, nach Australien, nach Brasilien und nach Neuguinea.

Der zweite Teil (S. 19—38) bringt die wichtigsten Daten über die
Entdeckung und Kolonialgeschichte Neuguineas in knappem Aufriß, um
dann ausführlicher über das Land, die Bevölkerung und die Religion,
den Animi6mus, zu berichten. „Immer wieder tut sich für einen Augenblick
ein kleiner Spalt auf, durch den die unheimliche Welt der Dämonen
etwas durchschimmert."

Der dritte Teil (S. 39—64) geht nach Aufzeigen der verschiedenen
Missionsanfänge in Neuguinea ausführlich auf den Gründer der
Neuguinea-Mission Johann Flierl, geb. 1858, ein, der von dem
„Vorposten" Australien, wo er acht Jahre tätig war, nach Neuguinea
aufbricht und am 12. Juli 1 8 86 in Finschhafen landet. Dieser Tag m
der Geburtstag der Neuendettelsauer Neuguinea-Mission.

Der vierte Teil (S. 65—117) umfaßt die Epoche der Anfangsarbeit.
Die unermüdliche Ausdauer, der volle Einsatz, das menschliche Versagen
, aber auch die Mühsal der Pionier-Missionare, die eben auch
klimatisch und geographisch bedingt ist, werden nicht verschwiegen. D"
ersten Versuche der Evangeliumsverkündigung und damit zusammenhängend
die ersten Versuche auf dem Gebiet der Sprachforschung
werden dargestellt. — „Hier galt es, über ein Jahrzehnt sich an da*
Wort des Herrn zu halten: Nicht sehen und doch glauben".

Der fünfte Teil (S. 118—181) handelt von dem Beginn und Fortgang
der Gcmeindebildung. Nach 13 Jahren, im Jahre 1899, werden die beiden
Erstlinge getauft. Wenn auch zunächst noch keine Garben eingebracht
werden konnten, so „reiften doch die ersten Ähren". Das Gebiet erschließt
sich Schritt für Schritt dem Evangelium, erst entlang der Küst*
und dann in den inneren Gebirgsstämmen.

Der abschließende sechste Teil (S. 1 82—283) spricht von dcr
Missionsaufgabe und dem Aufbau der Gemeinden, von der Schaffun?
einer ganzheitlichen christlichen Lebensordnung, den erneuernden Kräften
des Evangeliums im Leben der Gemeindeglieder, den Organen »nd
Einrichtungen der Gemeinde in dem Amt der Ältesten und de'
Gemeindeversammlung, und schließlich von der Ausgestaltung »**
gottesdienstlichen Lebens. Allmählich wachsen die Gemeinden in ">
Selbständigkeit hinein.

Bestimmte Linien ziehen sich durch das Werk hindurch: