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1963

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

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Neuerscheinungen

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903

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 12

904

Auf eine Unklarheit bleibt aufmerksam zu machen.
Kleiminger hat in den Urkunden nichts von einer geistlichen
Stiftung, auch nicht durch den Spitalorden vom Hl. Geist (Guido
von Montpellier!) entdeckt, auch der Natur der Sache nach nicht
entdecken können. Das Wismarer Haus ist nämlich eine städtische
Gründung und steht von allem Anfang an unter der
Leitung des Rates; für das geistliche Leben in ihm, bis hin zur
Weihe der Kirche, war darum selbstverständlich kein Ordensoberer
verantwortlich, sondern der zuständige Ratzeburger Bischof
. Das Stift ist von Anfang an eine kommunale Einrichtung.
Es bestätigt 6ich hier die alte Darstellung von G. Uhlhorn, Die
christliche Liebestätigkeit im Mittelalter, 1884, S. 199 — 215
(„Das städtische Hospital") auf der ganzen Linie. In Wismar
lagen die Dinge nicht anders als in anderen zahlreichen Städten
auch. Nirgendwo haben diese Hospitäler etwas mit dem römischen
Orden zu tun. Das aber hat Kleiminger nicht voll durchschaut
. Er nennt das 1204 gegründete Heiliggeisthospital in
Rom das „Mutterhaus" für Deutschland, hält die römischen
Bauvorschriften für verbindlich für alle deutschen Gründungen
und leitet aus ihnen weitgehende Folgerungen für die Wahl des
Platzes ab, auch in Wismar. So interessant die Ausführungen
hier sind und so überraschend die Parallelen, die sich ergeben,
— sie entbehren letztlich der geschichtlichen Grundlage und
schaffen unzutreffende Voraussetzungen. Die gleiche Fehlerquelle
wirkt auf die Deutung des Kirchenraumes ein, der nach der
römischen Überlieferung fünfgeteilt 6ein sollte, in Erinnerung
an die fünf Hallen Bethesdas (Joh. 5, 2). Die Suche nach solcher
Gliederung führte in Wismar nach unserm Urteil nicht zum
Ziel; sie konnte es wohl schon deshalb nicht, weil die Kirche
verschiedenen Bauperioden ihr Dasein verdankt. Der Irrtum
hier geht schon länger durch die mecklenburgische Kirchengeschichtsschreibung
; Fr. Schlie, Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler
Mecklenburgs I, 1896, S. 248, geht in einer Fußnote
bei der Besprechung des Hospitals zum Hl. Geist in Rostock
darauf ein. Auffallend bleibt, daß die 1818 in Rostock abgebrochene
Spitalkirche eine fünfschiffige Halle war, jedes Schiff
zu fünf Jochen, die ganze Kirche mit fünf gleich großen Satteldächern
versehen. Eine Zeichnung findet sich in R. Sedlmaier,
Rostock, 19432, S. 25. Die symbolische Fünf liegt hier offensichtlich
dem Bauplan zugrunde. Man muß also damit rechnen,
daß ein Baumeister einer dem Hl. Geist geweihten städtischen
Spitalkirche um die römische Bautradition wußte, auch wenn
keinerlei organisatorische und geistliche Verbindungen mit Rom
bestanden. Vorausgesetzt darf solch Wissen allerdings nicht
überall werden. Audi der Anschluß an eine römische Observanz
würde nichts an der Tatsache ändern, daß die St. Spiritushospitäler
an der Ostsee kommunale, nicht kirchliche Gründungen
sind. Kleiminger hat darum richtig sein Buch einen
Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte der Stadt genannt. Möchte
man es nirgendwo übersehen und die beachtenswerte Finanz-
und Wirtschaftspolitik, die wir kennen lernen, nicht der
Kirche zuschreiben. Sie hat nichts mit ihr zu tun.

S. 77 ist ein Druckfehler zu berichtigen: statt formandam
muß es fornandam heißen.

Zu der Achtung gebietenden Gesamtleistung ist der acht-
undsiebzigjährige Mathematiker aufrichtig zu beglückwünschen.

Rostock Gottfried Hol t z

Heutger, Nicola», P. Dr. theol. : Das Stift Möllenbeck an der
Weser. Hildesheim: August Lax 1962. IV, 108 S., 12Taf., 1 Grundriß
. 8°.

Vor einem Jahre legte Verf. seine Dissertation: Evangelische
Konvente in den weifischen Landen und der Grafschaft
Schaumburg vor, deren Durcharbeitung viele Wünsche offen ließ.
Es überrascht, daß er so kurz darauf bereits die Monographie
des Klosters Möllenbeck bei Rinteln an der Weser der Öffentlichkeit
übergibt. Einleitend erklärt Verf., daß er versucht, „die
Geschichte eines ganz normalen Konventes zu erarbeiten, ohne
alle aufregenden Probleme und ohne direkte Beziehungen zur
allgemeinen Geschichte" (S. III). Ob es möglich ist, unter solchen
Gesichtspunkten bei den heutigen Forderungen an die
Geschichtsforschung ein abgerundetes Ganzes zu liefern?

Qucllenbasis für Untersuchung der älteren Geschichte des
Kanonissenstiftes — ca. 896 — 1441 — bilden 64 Originalurkunden
, ein Kopialbuch (sog. .Directorium'), Regesten von
Wippermann (Regesta Schaumburgensia, 1853) und ein im Original
nicht mehr vorhandenes Necrologium. Dazu kommt der
Geschichtsabriß des Klosters vom Möllenbecker Subprior Hoier
aus den Jahren 1623 und 1626, der nach dem Abdruck von
Kuchenbecker (1736) benutzt wird. 1441 wurde Möllenbeck in
ein Kloster der Windesheimer Augustiner-Chorherren-Kongregation
umgewandelt. Ale Quellen von da ab stehen weitere
Originalurkunden bis 1 5 58 (vorwiegend wirtschaftlicher Art)
und einiges, weniges Material sekundärer Art zur Verfügung.
In Ermangelung von Quellenaussagen über das eigentliche
kirchliche Leben im Kloster behilft sich Verf. dadurch, daß er
„zur Abrundung kurze Ausführungen über die Frömmigkeit der
Windesheimer im allgemeinen" einfügt (S. 5).

Leider hat Verf. das vorhandene Material nicht einer sorgfältigen
, diplomatischen Untersuchung unterzogen. Lediglich die
Sagenbildung wird aus der Gründungsgeschichte herausgeschält.
Der Versuch, sie quellenkritisch zu unterbauen und zu gewisser
Klarheit zu kommen, wird nicht unternommen. Ebenso bleibt
das Fundatorengeschlecht nach wie vor im Dunkeln. Es ist
billig, anderen Geschichtsforschern Unrichtigkeiten nachzuweisen,
ohne selbst Neues zu bieten. Daneben werden fremde Forschungsergebnisse
ohne Quellenangabe und Anwendung etwa angebrachter
wissenschaftlicher Vorbehalte eingefügt, wie beispielsweise
S. 22 bezüglich der Grafen von Roden. Verf. stützt 6ich sehr
auf die Auswertung des Totenkalenders. Das Original ist verschollen
, die Frage nach diesem wird gar nicht aufgeworfen.
Verf. benutzt den Abdruck dieses Nekrologs durch Schräder
(1832), ohne auf die zeitliche Entstehung kritisch einzugehen
und ohne zu beachten, daß bei seiner Anlage als Datum römische
Kalenderzählung und Heiligentage verwandt wurden. Erst dann
folgen die Angaben, die Möllenbeck selbst zugehören. Aus
ihnen hätten bei sorgsamerer Prüfung wohl noch einige Schlüsse
über das Alter der Eintragungen hergestellt werden können in
Verbindung mit urkundlichen Aufzeichnungen u. ä. Daß im Abschnitt
: Die Feste in Möllenbeck (S. 28) Heiligentage wie Christi
Geburt und Himmelfahrt, Mariae Verkündigung, Heimsuchung,
Himmelfahrt und Geburt, Fest der Kreuzerhöhung, Fest des
Erzengels Michael u. a. als besondere Feste für Möllenbeck hingestellt
werden, war recht überflüssig. Soweit Verf. Namen der
Äbtissinnen und Klosterpersonen feststellen konnte, hat er sie
getreulich angegeben. Die Bauten des Klosters behandelt er aufgrund
der schönen Baugeschichte Möllenbecks von R. Klcßmann
(1952), vervollständigt durch Nachrichten über die Inneneinrichtung
der Stiftskirche. Auch versucht Verf., aus Flurnamen
und Ortsresten Rückschlüsse auf alte Klosterverhältnisse zu
ziehen.

Hannorer Annclics Ritter

Svenskt kyrkoliv i Finland. 41. Jhrg. (Julbok för Borgästift).
Helsingfors 1962. 151 S., 24 Abb. kl. 8°.

Dieser Jahrg. zeichnet sich aus durch Studien über den
Anteil der Orgel am Gottesdienst und über die Gottesdienst-
ordnung. Professor Rafael Gyllenbergs Einsatz beleuchtet die
Lage: Wir sitzen in einem Elend, aus dem es schwer sein wird,
herauszukommen. Also auch in Finnland! — Der Mangel an
Pfarrern wird immer größer. Viele afrikanische Pfarrer aus Südwest
und Tanganyika haben Finnland besucht; ein finnischer
Theologe ist als Studentenpfarrer nach Afrika abgeordnet worden
. — Die finnische Seemannsmission baut Häuser in Helsingfors
und Hamburg.

Professor Tiililä, der Dogmatiker in Helsingfors, ist aus
der Kirche ausgetreten, bittet aber, seinem Beispiel nicht nach'
zufolgen. Er möchte eine Warnung aufrichten gegen die Säku'
Iarisation der Kirche mit ihren Gemeindehäusern für Sport und
allerlei Zeitvertreib.

Leipzig Friedrich O« t a rb i' d

Narzyriski, Janusz: Forschungen der Geschichte des Protestant^'
mus in Polen.

Polnische Ockumenische Rundschau II, 196? S. 10—13.