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Ausgabe:

1963

Spalte:

837-839

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Mayer, Reinhold

Titel/Untertitel:

Zum Gespräch mit Israel 1963

Rezensent:

Thieme, Karl

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 11

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Wir wünschen dem großen Unternehmen einen guten losen Kontinuität, mit der das erwählte Volk auch das Doku-

Fortgang. ment seiner Erwählung zu besitzen und recht zu verstehen

Ahrenshoop Johannes Leipoldt gewiß ist, steht die Christenheit in einem weit „problemati-

Mayer, Reinhold: Zum Gespräch mit Israel. Eine theologische Aus- Verhältnis zu der gleichen Urkunde" (S.II), wie es

einandersetzung. Stuttgart: Calwer [1962]. 46 S. gr. 8° = Arbeiten " e !mmer neuen Anwandlungen von gröberem oder feinerem

zur Theologie, hrsg. m. A. Jepsen u. O. Michel v. Th. Schlatter, H. 9. j^arcionismus zeigen. (Wenn allerdings - S. 18, Anm. 13 -

Seiner verdienstvollen historischen Untersuchung über f'™c 4' 7 G°ttes B™d den4Juden »für immer verloren" erklä-

„Christentum und Judentum in der Schau Leo Baecks" (dazu V° 6o1}' s° hat sich auch M. von der häufigen Fehlübersetzung

ThLZ 1962, Sp. 924 und Freib. Rundbrief XIII, 87 f.) läßt ~* "f ^ , taufidlen lassen- deren Zwangsläufigkeit schon

Mayer diesen systematisch theologischen Vorstoß folgen; dabei _7a durdl,die Frage in LXX-Ps 88 (89), 47, „wie lange" Gott

müsse „das geschichtlich Erarbeitete festgehalten werden, weil VS1 g abwenden woIle' widerlegt wird; vollends in

alle Theologie vom Emstnehmen der Geschichte lebt" (S. 6). durch iene Stellen Barn 7,10; 13,5; 16,10, durch welche

So wird denn auch hier wieder zunächst historisch der ursprüng- 3UCh , ^ Epistel die ntl. Gewißheit der endzeitlichen Rettung

liehe beidseitige Alleingeltungsanspruch, die reine jüdische wie IV*2 lsraels bezeugt; worüber ich mich näher zuletzt in Zkath

christliche Exklusivität, beim Bestimmen ihres gegenseitigen 74' ^952- 69 f- geäußert habe.) Angesichts dieser immer

Verhältnisses „als häufigster Lösungsversuch beider Religionen" WIeder'aktuellen Problematik zwischen Jüdischem' Künden vom

kurz skizziert. (S. 7-9; noch nicht einbezogen: Katz, Exclusi- yfrneißungsgemäß erneuerten und .griechischem' Hören vom

veness and Tolerance; ThLZ 1962, Sp. 593 ff., FR XIV, 81.) Vruen ßunde an der Stelle des dahingefallenen Alten kann

Dann folgt Wiedergabe und Kritik der Versuche von Rosen- aVer nur nachdrücklich die landläufige Simplifikation bestrei-

zweig, Buber und Schoeps, „Das Nebeneinander des jüdischen % "daß Verheißung und Gesetz dem Alten Testament . . .

und des christlichen Weges" sozusagen „in einer heilsgeschicht- ■ "weisen seien, dem Neuen Testament aber vor allem Erfül-

Üchen Arbeitsteilung" bestehen zu lassen (S. 9-14): sj"? und Evangelium. Vielmehr: .Verheißung und Erfüllung

„Einerseits gilt für sie als Juden der Gesetzesbund vom A]7 Wle. jot Mund Evangelium Wesenselemente sowohl des

Sinai, andererseits steht daneben in gleicher Endgültigkeit und sj , n ™le des Neuen Testamentes. Weil jede Erfüllung von

Unüberbietbarkeit für die Völker der Menschheitsbund der (bj selDcr wieder wegweist auf zukünftige Vollendung hin"

Kirche von Golgatha. Nebeneinander gehen sie durch die Ge- zum Uffenbarwerden der Söhne Gottes" - Rom 8, 19 -

schichte, je in ihrer Bcsonderung, bis in den Tagen des Messias . Jüngsten läge ergänzen wir), „darum wird sie selber wie-

aus den zwei Bündnissen der eine Bund Gottes mit der ganzen ■ "euer Verheißung .., darum sind die Ereignisse nicht

Menschheit werden wird .. ." (S. 10). a,bff* °^en' s°ndcrn ft?*8* -vorbildlich für Zukünfti-

Darauf kann nun allerdings Mayer nur erwidern: „Jesus barunesaullt£ A uv Sfine ub,eSfl0ndere
gehört aber gerade auch mit seiner Verkündigung, seinem pro- OfffiürT „ ^ ? a"deren Urkunden bloß menschlicher
PhctisAen Bußruf primär zum Judentum" (S. 12); die Quellen bloßen G^ns^"5"8 W^Tl - A.. ^jft m dnen
gestatteten „auf keinen Fall die Auskunft, daß Jesus und seine ^n Ge^a* *um NT stellen. „Allem judischen, gnosti-
Botschaft grundsätzlich und von vornherein nur den Bund ChStentl . fiT §eS?nuber ■ muß,das
Gottes mit den Völkern schaffen wollten". bundenh it f^l, .1"" * ^«'barungsmaßigen VerAngesichts
der Ungeschichtlichkeit dieser Konstruktion ^ ™£* J-th-ltei (S. 2 ), somit auch „Das E.genwort der
-erde es „zuletzt aber auch zweifelhaft bleiben müssen, ob es ^£ ^^1/ ' ^V^T™"?" zu verstehen
«ich hier wirklich um Gespräche aus der Existenz und für die ^l^^S™ VTw 1 " uTvi^'
Existenz handelt", wie es Schoeps (in: Israel und Christenheit, ±1^""*"'' ..,ud!sAer. Gd'??",*] unentbehrlicher Ge-
vgl. ThLZ 1962, Sp.596 ff.) für die Begegnungen behauptet Pra*sP»tner für ein rechtes christliches Verständnis der Bibel"
•attc, bei denen jenes Nebeneinander jüdischerseits proklamiert w 26' unter Berufung u. a. auf H. J. Kraus).
wurde. Immerhin: „Etwas ganz Wichtiges und in der Geschichte ^ommt dann auch „Jesus als der verheißene Messias" zur
der beiden Religionen Bemerkenswertes ist erreicht worden: JJ-^ <s-27-31), so „gilt es zu beachten, daß von den Ver-
aus dem bloßen Gegeneinander begann ein menschliches Neben- jungen des AT her kein direkter Weg hinführt zu diesem
einander zu werden . . . Indem sich der Eine für den Anderen ^""«tus. So sehr er der dort Verheißene i s t, ist er doch auch
interessiert, lernt Einer den Andern erst eigentlich kennen und W "um ein andrer". (S. 27, Hervorhebungen von uns.) Da
beginnt vielleicht auch bewußt einiges von ihm zu lernen. . . u . »Juden in allem Leiden immer von sich selbst gewußt

Echtes Gespräch bedeutet aber ganzes existentielles Gefor- "ab,e"^daß nur Erwählte wirklich leiden und daß nur Leidende
dertsein In jeder Begegnung - wie früher im Haß, so jetzt im Jülich erwählt sind" (S. 29), kann gerade ihnen gegenüber
Verstehcnwollen - muß jeder sich dem Anspruch des Anderen aas Zeugnis nicht einfach ins Leere gehn: „Die leidende Gesellen
. . . Beharrlich muß jeder bereit sein, gemeinsam einen meinde und der leidende Knecht gehören sachlich zusammen",
neuen Weg aufzufinden" (S 14) u'0 30 f ^ unter wiederholter treffender Bezugnahme auf
. Und so folgt denn: „Ein Versuch, von der Schrift her das v. Balthasar Einsame Zwiesprache (ThLZ 1961
Verhältnis von Judentum und Christentum zu bestimmen" 5]7> entwickelt wird. Im Schlußstuck „Das Israel Gottes
(S- 15-41); zunächst- „Die hebräische Bibel als Grund und Ziel ^""T») geht 06 Mayer zunadist, mitJ "Pau us um dic 8C"
des Gespräches" (S 15-26). Denn die „Tatsache, daß b e i d e sichtliche und theologische Verordnung des Judentums (S. 33)
^pen das eine Buch lesen, ist von kaum zu überschätzen- ™ der „Kirche aus Juden und Heiden ; weiter darum, daß von
de' Bedeutung" (S 15; so auch C. F. Pauwels OP, Ist das <JOtt her „der Bund" auch der Synagoge „nicht aufgekündigt
Mysterium Israels eine ökumenische Frage? in Freib. Rundbrief worden" ist, wie Buber feststellt (S. 3 5), aber unzweideutig
XII, g ff) aucn Paulus (Rom 9, 4; 11,2.29). „Wenn das wahr ist, dann

Daß'gerade hier „schärfster Gegensatz einerseits" die versammeln sich in der Synagoge Träger der Verheißung in

"r'efe Gemeinsamkeit andererseits" zunächst überwiegt, wird 1 reue (Rom 10,2) „um das Wort Gottes . ., dann dürfen

e°en so illusionslos gesehen wie der Umstand, das jüdischer- au* Menschen nicht aufkundigen auch nicht nur über

scirs „auch dic mündliche Tradition' nicht als etwas Anderes d,eses Volk denken und reden, sondern nur in der Gemeinschaft

und fremd Dazugekommenes verstanden" wird, sondern (wie m ■ t ihm". (Hervorhebungen von uns.)

*tttiti| mutandis katholischerseits) „nur als die sachgemäße Und wirklich: „Allenthalben scheint sich ein Gespräch

Entfaltung dessen, was in und mit der Weisung am Sinai gege- zwischen Kirche und Synagoge bereits anzubahnen. . . besonders

°cn wurde" (S. 16). Bedenkenswert: Der Moses hörenden Syn- >n Holland wird mit Eifer das Problem Israel studiert und in

ag°ge (2. Kor. 3, 15) christologische „Blindheit scheint nicht so das Zentrum theologischer Arbeit gestellt. Die katholische

Sctlr die Ursache christlicher Polemik gewesen zu sein, als viel- Kirche hat in der Folge neuer Erkenntnis ihre Karfreitagsliturgie

"^nr erst recht deren Folge" (S. 17). Gegenüber der bruch- entscheidend verändert" (S. 40; die späte Fehlerklärung des frü-