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Ausgabe:

1963

Spalte:

823-824

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Hromádka, Josef Lukl

Titel/Untertitel:

Kirche und Theologie im Umbruch der Gegenwart 1963

Rezensent:

Gollwitzer, Helmut

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Seite 1

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823

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 11

824

sechs Tafeln, einer Karte und verschiedenen Querschnittzeichnungen
bei. P. J. R. Moddertnan schreibt über „De Band-
ceramische cultuur in Nederland in het licht van de opgravin-
gen te Sittard" (S. 57—74). Auch diese Arbeit ist mit guten
Keramikabbildungen auf Tafeln und Zeichnungen ausgestattet.
Die weiteren Aufsätze gelten ähnlichen Themen: Lili Kaelas,
„Hunebedden en Trechterbekercultuur" (S. 75—92), J. A. Bakker,
„Veenvondsten van de Trechterbekercultuur" (S. 93—99), eine
Gemeinschaftsarbeit von J. D. van der Waals und W. Glasbergen
über „De twee Bekerculturen" (S. 100—127) mit guten Abbildungen
und reichen Literaturangaben. Jay J. Butler handelt
über „Vergeten schatvondsten uit de Bronstijd" (S. 125—142)
mit einer vergleichenden Datentafel über Funde in England,
Nordwestdeutschland, Dänemark, Schweden und Mitteleuropa.
Der Aufsatz vom J. E. Bogaers, „Militaire en burgerlijke
nederzettingen in Romeins Nederland" (S. 143—167) bringt
auch wertvolles religionsgeschichtliches Material. Götterbilder
und Altäre werden erwähnt und abgebildet, so die kleine
Statue eines Merkur, dann der Altar der Göttin Hurstrga, der
1954 in Kapel-Avezaat, Zoelen gefunden wurde, sowie andere
Altäre aus älteren Funden. Ausführlich werden die aus römischer
Zeit stammenden, in Eist und in der Nähe von Domburg
aufgedeckten Kultstätten behandelt (speziell S. 162—167). A.
N. Zadoks-Josephus Jitta, „Muntsieraden" (S. 168—177) mit
guten Abbildungen der oft sehr kleinen Bilder und Zierate auf
den verschiedenen Schmuckstücken. H. Halbertsma liefert einen
Beitrag über „De cultuur van het noordelijk kustgebied"
(S. 178—197) mit Abbildungen äußerst interessanter Siedlungsanlagen
. W. J. de Boone widmet sich der Merovingerzeit:
„Nederland in de tijd der Merovingen" (S. 198—211) und erfährt
im folgenden Aufsatz von Ciasina Isings, „Merovingisch
glas uit Nederland" (S. 212—223) in einer Einzelheit eine wertvolle
Ergänzung. Religionsgeschichtlich der interessanteste Beitrag
ist von P. Glazema, „Kerken en dodenbezorging in de
Middeleeuwen" (S. 224—245) geschrieben. Nachdem die verschiedenen
Bauformen und Grundrisse alter Kirchen besprochen
worden sind, kommt der Verfasser auf die Totenbestattungsarten
und -sitten zu sprechen. Hinzuweisen ist vor allem auf
die Sitte der Amphidromie, d. h. das Tragen des Toten einmal
um den Friedhof, und dann nach vollzogener Bestattung das
abermalige Umwandeln des Friedhofs durch die Trauergemeinde
in entgegengesetzter Richtung. Verfasser spricht mit Recht von
einer Form der „rites de passage" und weist auf bestimmte
vorgeschichtliche Grabanlagen hin, u. a. auch auf die schlüsseiförmige
Gestalt von Grabanlagen in der Spätbronzezeit. Mittelalterlichen
Kastellen wendet sich J. G. N. Renaud („Archeolo-
gisch onderzoek in middeleeuwse kasteien" S. 246—264) zu,
dem Deichbau ist der Aufsatz von G. D. van der Heide
„Dijkbouw door de eeuwen heen" (S. 265—291) gewidmet, und
zwei stärker volkskundlich ausgerichtete Beiträge machen den
Beschluß: „De midwinterhoorn: een oud Nederlands Instrument
" (Henriette van Lennep S. 292-296) und „De Neder-
landse streekdrachten" (J. Duyvetter, S. 297-309). Ein letzter
kurzer Artikel gibt Aufschluß über die organisatorischen Formen
der niederländischen Vor- und Frühgeschichtsforschung
und nennt eine Anzahl von Spezialmuseen. Eine Liste der einschlägigen
Zeitschriften macht den Beschluß dieses inhaltlich
reichen und vorzüglich orientierenden Bandes.

Leipzig HansBardtlce

Hromädka, Josef L., Prof. D.: Kirche und Theologie im Umbruch
der Gegenwart. Hamburg: Reich 1961. 88 S. 8° = Evangelische
Zeitstimmen, 7. Kart. DM 2.80.
Soeben ist eine weitere Zusammenstellung früherer Aufsätze
von Hromädka erschienen (vgl. meine Besprechung über
die vorausgegangenen Veröffentlichungen in ThLZ 87. 1962,
Sp. 61 ff.), die schon 1956 von dem sehr rührigen Ökumenischen
Rat der Kirchen in der Tschechoslowakei als Beitrag zum
ökumenischen Gespräch auf seine Verantwortung genommen
worden ist. Sie wandelt die aus den anderen Veröffentlichungen
bekannten Gedankengänge des Verfassers aufs neue ab, diesmal
mit besonderem Bezug auf die ökumenische Diskussion, in der
Hromädka als Mitglied des Exekutivkomitees des ökumenischen
Rates ja ein wichtiger und nicht zu übersehender Partner
ist. Im Blick auf diese Diskussion und auf Fragen aus dem westlichen
Teil der Ökumene interpretieren sie Verhalten und Weg
der Kirchen vor allem in der CSSR. Dem oft erhobenen Vorwurf
der Gebundenheit an eine bestimmte Geschichtsphilosophie
stellt Hromädka dabei die Frage entgegen, ob das Evangelium
, so gewiß es uns von einer solchen Gebundenheit, ja überhaupt
„von der Geschichte innerhalb der Geschichte" freimachen
will und kann, nicht auch fähig mache, die aktuelle Geschichte
im Blick auf die aus ihr erwachsenden Anforderungen
zu deuten. Darum gibt er seinen Kritikern zu bedenken: „Sehr
oft kommt unsere stereotype Zurückweisung einer Geschichtsphilosophie
nur aus unserer Unwilligkeit, ernsthaft unsere
gegenwärtige Lage zu bedenken" (13). Dieser Lage ist im Besonderen
der Abschnitt: „Die Welt, in der wir leben" gewidmet
, sowie zwei Berichte über „Die chinesische Frage" und „Die
Deutschland-Frage". Zu diesen Abschnitten wären ergänzende
und korrigierende Bemerkungen ebenso leicht wie nötig. Immerhin
hat derjenige über die Verhältnisse der christlichen Gemeinden
in China seine Bedeutung darin, daß er damals zu den
ersten Informationen über dieses Thema nach der chinesischen
Revolution gehörte. Das Bändchen schließt mit einem Kapitel
über das Amsterdamer Stichwort „Die verantwortliche Gesellschaft
", das zur gegenseitigen Befragung von Christen und
Marxisten in ähnlcher Weise wie in den anderen Bänden anleitet
.

Berlin Helmut G o 11 w itz e r

[Barth, Heinrich:] Philosophie und christliche Existenz. Festschrift
für Heinrich Barth zum 70. Geburtstag am 3. Februar 1960, hrsg. v.
Gerhard H u b e r. Basel-Stuttgart: Helbing & Lichtenhahn 1960.
VII, 261 S., 1 Porträt, gr. 8°. Lw. sfr./DM 26.-.

„Philosophie und christliche Existenz", der Titel dieser
Festschrift, ist nicht nur ein Stichwort, unter dem sich die Beiträge
des Bandes mehr oder weniger vereinigen lassen — er bezeichnet
vielmehr ein Problem, das zu den grundlegenden Bedingungen
des Philosophierens von H. Barth gehört und zu dem
die Beiträge der Festschrift je au6 verschiedenem Ansatz und
Blickwinkel Antworten und Lösungen zu geben versuchen.

Inwiefern das Verhältnis des Philosophierens zum christlichen
Glauben für den Jubilar bestimmend ist, versucht G. Huber
in einer knappen systematischen Darstellung von Heinrich Barths
Philosophie (199—249) zu erweisen. Er charakterisiert sie als
„transzendental begründete Philosophie der Existenz" (203)-
Mit dem Ansatz bei einer transzendental verstandenen Transzendenz
bleibt Barth seinem Ausgang vom Marburger Neukantianismus
treu. „Existenz" des Menschen ist ihm grundlegend
„Erkenntnis" und „in die Erscheinung treten". Indem sie sich
in „Entwürfen" des Erkennens vollzieht, ist sie „Entscheidung"-
ein Geschehen von Augenblick zu Augenblick als „je sich ereignendes
Ereignis". Weil in diesem Ereignis sich Erkennen und
Erkanntes, Sein und Vernunft gegenseitig hervortreiben, darum
ist Existenz zu fassen im Blick auf den transzendentalen Ursprung
, „das transzendentale Prius, das dem Sprung in die
Existenz als Ur-Sprung vorausliegt" (212, Zitat aus Barth. Die
Freiheit der Entscheidung im Denken Augustins). Aus diesem
Ansatz ist das Bezogenscin der Philosophie auf den christlichen
Glauben erfaßbar: Erkenntnis erscheint nicht als anthropologisch
Reduzierbares, die Dignität des Logos weist über den Menschen
hinaus. So ist auch Erkenntnis dem Menschen unverfügbar, ist
in bestimmtem Sinne Offenbarung. Und andererseits liegt Existenz
als Akt dem philosophischen Denken als „Reflexion" t"1'
erreichbar voraus — diese ist „Nach-Denken" in grundsätzliche''
Distanz zum Geheimnis der Existenz. An dieser Stelle setzt der
Berichterstatter ein Fragezeichen. Die behauptete Diastase. welche
Philosophie vom existierenden Denken fernhält und Existenz
rcflcxionslos zu machen droht, erscheint ihm als ein Postulat-
das darin begründet ist, „daß als die eigentliche existentielle
Wahrheit nicht die der Lebenspraxis schlechthin, sondern *J
Wahrheit des christlichen Glaubens vorausgesetzt wird" (24 .
(welche ihre Aufarbeitung in philosophische Reflexion von s'
her verwehrt), ein Postulat, das dem Referenten philosophi«
bedenklich erscheint.