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Ausgabe:

1963

Spalte:

758-760

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Beilner, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Christus und die Pharisäer 1963

Rezensent:

Grundmann, Walter

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 10

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befehl gestrichen haben soll — womit nun auch im lukanischen Bei In er, Wolfgang: Christas und die Pharisäer. Exegetische Unter-
Einsetzungsbericht ausgerechnet die altertümlichen Züge für suchung über Grund und Verlauf der Auseinandersetzungen. Wien:
sekundär erklärt werden. Wenn die intensive Bemühung der Herder [1959]. XI, 271 S. gr. 8°. Kart. öS. 156.— ; DM/sfr. 27.—.
letzten Jahrzehnte um die Analyse der verschiedenen Fassungen Mit der vorliegenden Arbeit wird die Dissertation Wolfgang
der Einsetzungsberichte ein Ergebnis gezeitigt hat, das heute Beilners vorgelegt, die im Unterschied zu früheren Bearbeitungen
niemand mehr übersehen sollte, so ist es dieses: weder Paulus des Themas unter dem Titel „Jesus und die Pharisäer" schon im
noch Markus noch Lukas bieten die „frühest erreichbare Form", Buchtitel eine grundsätzliche Aussage machen will, die durch
vielmehr enthält jeder von ihnen Altertümliches und Sekundä- den Untertitel näher bezeichnet wird: die Auseinandersetzung
res. Was Paulus anlangt, so ist unbestreitbar der Ablauf der zwischen Jesus und den Pharisäern ist „nur von dem unerhör-
Handlungen bei ihm am urtümlichsten: nur 1. Kor. 11,25a läßt ten Glaubensanspruch Christi her zu verstehen" Da sieht Verf
klar erkennen, daß die älteste Folge Brot/Mahlzeit/Kelch war; den Grund der Auseinandersetzung, in der er „nicht viel von
bei Lukas ist durch die andere Stellung von (bonunug das der Schuld der Pharisäer sprechen" will, denn „es wird uns
Verständnis möglich, ja wahrscheinlich beabsichtigt: „gleichfalls Menschen immer ein Geheimnis bleiben, warum der Vater ge-
nach dem Essen" (22, 20), was die Folge Mahlzeit/Brot/Kelch rade die, die sich doch mit saurer Mühe anstrengten, den Wil-
ergibt; bei Markus ist schließlich die Mahlzeit nur noch ange- len Gottes im Leben durchzuführen, nicht zu Christus gezogen
deutet (14,22a). Insofern hat also Paulus im Rahmen tatsädi- hat" (S. 88). Beilner sieht in den Pharisäern, wie sie die Evan-
lich die „frühest erreichbare Form" erhalten. Aber dem steht gelien zeichnen, „die typischen Gegner Jesu", und sie sind mit
gegenüber, daß der paulinische Einsetzungsbericht, obwohl lite- den Schriftgelehrten zusammen „die typische Verkörperung Isra-
rarisch der älteste, am stärksten von den drei Berichten gräzi- eis" (240). In Verbindung mit der Frage nach dem Grund der
siert ist, nicht nur im Vergleich zu dem sprachlich altertümlich- Auseinandersetzung stellt B. die nach ihrem Verlauf, während
sten des Markus, sondern auch im Vergleich zu dem des Lukas. „eine allgemeine Charakterisierung des Pharisäismus" nicht in
Nimmt man hinzu, daß wir noch Spuren einer — wiederum ab- der Absicht der Arbeit liegt; zu diesem Zweck wird auf einen in
weichenden — johanneischen Fassung des Einsetzungsberichtes der Bibl. Zeitschrift erscheinenden Aufsatz „Über den Ursprung
haben (6, 51c) und daß sich hinter unseren griechischen Texten des Pharisäismus nach der neueren Literatur" verwiesen,
sowohl eine hebräische wie eine aramäische Fassung andeutet, Bs. Arbeit ist ein Beitrag der exegetischen Arbeit der
so kann der Schluß nur lauten: in der Frühzeit war die Zahl römisch-katholischen Bibeltheologie, von der in den letzten
der Variationen noch ungleich größer als die kanonischen Jahrzehnten durch gewissenhafte und wertvolle Untersuchungen
Einsetzungsberichte erkennen lassen. Um so bedeutsamer ist die Bibelwissenschaft erheblich bereichert worden ist. Sie vertun
die Übereinstimmung aller uns erhaltenen Texte in der leugnet die dogmatische Grundlage des römischen Katholizismus
entscheidenden Substanz. An ihr hat ganz gewiß auch der pau- an keiner Stelle, im Gegenteil, sie hebt sie ausdrücklich hervor,
■inische Einsetzungsbericht teil. Aber ein Monopol kann man besonders an den Stellen, an denen die Fragen der synoptischen
■hm nur mit Gewaltsamkeiten zuerkennen. Vergleichung, die Unterschiede zwischen synoptischer und jo-
Der ausführlichste Teil ist der dritte: „Die theologischen hanneischer Darstellung und der theologische Charakter der
Strukturen der paulinischen Eucharistieaussagen". Hier, bei dem rormurlg einzelner Aussagen zur Frage der Geschichtlichkeit
Versuch, den theologischen Gehalt der paulinischen rühren, wie sie bei der Behandlung eines Themas wie des vor-
Abendmahlsaussagen zu erheben, liegt das eigentliche Interesse ''egenden unvermeidlich wird. Da wird dann von der inspiriertes
Verfs. Gründlich wird die gesamte neuere Debatte berück- ten und irrtumsfreien Absicht der Evangelisten (S. 3, Anm. 11)
sieht igt und scharfsinnig diskutiert. Aus der Fülle der Ausfüh- gesprochen, da Christus „durch den heiligen Geist und den
rungcn sei ein Zweifaches hervorgehoben. Zunächst: ein Zu- Mund seines Evangelisten" seinem Wort „eine neue Bedeutung"
«ammenhang mit dem Passa wird für „die vorpaulinische Kult- geben kann (S. 56); das wird besonders für den Evangelisten
■ormel" (148) abgelehnt. Dazu ist zu sagen, daß der entschei- Johannes behauptet, von dem es heißt: „Tatsächlich spricht
dendc Grund für die Bejahung eines solchen Zusammenhanges immer der vom Herrn autorisierte Evangelist, der wirklich und
der ist, daß Deuteworte, wie sie die „Kultformel" verwendet, wahrhaftig dank der Inspiration sein Mund ist" (S. 138). Da-
e'n integrierender Bestandteil des Rituals der Passafeier sind. m,t wird für alle theologische Arbeit an der Bibel als zwischen-
Keincr der Autoren, die die Nachricht der Synoptiker bezwei- konfessionelle Frage das Problem aufgeworfen: Was meinen
jc'n, daß Jesu letztes Mahl das Passamahl war, hat bisher ein- wir, wenn wjT vom kerygmatischen Charakter der Evangelien
'euchtend zu erklären vermocht, wie es zu der Verwendung von j^T6*6"' uru* wie verhält sich dies zu dem, was katholische
Deuteworten beim Brotwort wie beim Kelchwort gekommen "'helwissenschaft Inspiration nennt. Es will beachtet sein, daß
sein soll - auch N. nicht. Sodann: Ns. Sicht der paulinischen B. sich mit der Inspiration der Evangelisten sofort das
Abendmahlsworte legt den Hauptakzent auf das ekklesiolo- y'aubensvcrständnis der Kirche verbindet. Bei seiner Auslegung
[•'««he Moment. Das „Todesmotiv" hat bei der paulinischen der Perikope Mark. 2,1-12 bestreitet B. „die Annahme einer
tucharisticauffassung „die Vorherrschaft" (171). „Die Beziehung grundlegenden Überarbeitung durch die .Gemeindetheologie'...
?ur Auferstehung" „scheint" „bei ihr zu fehlen" (ebd.). Das wenngleich man gewisse Einzelheiten der durch den Heiligen
ha.ngt damit zusammen daß die Eucharistie für Paulus das «eist vertieften Erkenntnis der Kirche wird durchaus zuschreiben
••Sakrament der Kirche" ist und als solches „auch der zeitlichen können" (S. 10). Bei der Auslegung von Luk. 7, 36-50 spricht
txistenzweise der Kirche zugeordnet" ist (172). „Überspitzt « von einer Akzentverschiebung, „die m ihrer sachlichen
formuliert könnte man sagen: Die Eucharistie ist das Sakrament Korrektheit vom ganzen Kontext der Heiligen Schrift und von
e,ncr positiven Realisierung der durch das Ausbleiben der Par- der einmütigen Überzeugung des Glaubensbewußtseins der Kirche
us|c notwendig gewordenen Lebensweise unter den Anfechtun- getragen wird" (S. 48). Es ist „die unter der Leitung des Heili-
8en dieser Zeitlichkeit. Diesem Zwischenzustand entspricht aber £■ Geistes eingetretene tiefere Erkenntnis der Kirche , die den
mchr die .Repräsentation' des Todes Jesu als die seiner Auf- ^"en Sinn von Worten Jesu enthüllt, der seinen unmittelbaren
"stehung" (,72). Die Eucharistie ist - im Unterschied zur Hörern verborgen blieb (S. 93). Daraus ergibt sich ein bestimm-
raufe - „das der Verzögerung der Parusic zugemessene Sakra- Verhältnis der Evangelientexte zur geschichtlichen Wirklidi-
"*f (231). Hier bedarf es nicht vieler Worte. Kein paulini- feit Es geht in ihnen „um Gottes Wort für uns . aber nicht
'*« Brief betont die Naherwartung der Parusie so scharf wie letztlich um „die Suche nach dem tatsächlich genau in unserem
T* »• Kor. und kein paulinischcr Brief stellt die zentrale Be- heutigen Sinn .historisch' Zugrundeliegenden . Das Historische
Deutung der Auferstehung so deutlich heraus wie er. Und das "at zwar seine Bedeutung, „um die Entfaltung des Sinnes des
0"te für das Abendmahl nicht gelten? Hier rächt sich die zu uns geschenkten und anvertrauten Gotteswortes klarer zu bemale
Basis, von der eingangs die Rede war. *re,fe"' "* • •« ^ genuine Weise der Verwertung des Lebens

des Herrn für die Heilsbotschaft studieren zu können . Jedoch

Pöttingen jM*iaJ«r«mUi 'st „dies historische Bild . . . durch das (von Gott) inspirierte

Wort des Evangelisten nur mitgegeben", während die Inspira-