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Ausgabe:

1963

Spalte:

51

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dallmayr, Horst

Titel/Untertitel:

Die großen vier Konzilien 1963

Rezensent:

Altendorf, Hans-Dietrich

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Seite 1

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51

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 1

52

a) das Beten des Kaisers in der Basilika — daher ohne Diadem — und

b) die Akklamation durch das Volk beim Verlassen der Kirche. Der
Ingel aber wird als kaiserlicher Schutzengel zu bestimmen 6ein, der
in der Szene a) mitbetete, und in der Szene b) die Wendung mitgemacht
hat. Die Darstellung gestattet also zur Not von einer priesterlichen
Funktion des Kaisers als Fürbitter für sein Volk zu sprechen
, aber weist ihm keine Funktion als „Vicarius Christi vel Dei"
zu. Aus dem Ikonogramm müßte dann schon der Begriff des „vicarius
populi" abgeleitet werden. Was dargestellt ist, weist in seinen theologischen
Prämissen eben in den Osten.

Die Konzeption von dem „Vicarius Christi" gehört in
einen spezifisch-theologischen Bezug. Sie läßt sich auf keinen
Fall in die eusebianische Reichstheologie einordnen, die von
dem „Eikon" - Gedanken bestimmt wird, für die in der Tat das
Innerweltliche transparent geworden ist und so das kaiserliche
Regiment als Abbild göttlicher Monarchie deuten kann. Der
Vikariatsgedanke hingegen wird von einer geschichtstheologi-
schen Auffassung getragen, die in dem Vicarius Christi insofern
die Permanenz der Geschichtlichkeit Christi garantiert sieht, als
derselbe von einem Wort des geschichtlichen Chri6tus bestallt
wurde. Wie Philipp Sherrard neuerdings gezeigt hat, ist der
Vikariatsgedanke typisch abendländisch, mit der westlichen
Ekklesiologie und Christologie eng verzahnt. Und eben diese
theologischen Prämissen beherrschten auch jenen großen Papst,
der eine so wichtige Rolle in der Geschichte des Papsttums und
seiner petrinischen Ekklesiologie spielte.

Das kommt bei der Interpretation der Papstbriefe durch
St. zu kurz. Die theologischen Prämissen mit Hilfe einer Definition
des Begriffes der Religionspolitik durch einen katholischen
Systematiker der Gegenwart (O. Schilling) zu geben (S. 3), kann
das nicht ausgleichen. Doch — wie gesagt — es verlohnt sich
schon, mit dieser Arbeit ins Gespräch einzutreten. Sie geht mutig
ein schwer zugängliches Terrain der Leo - Forschung an und
hat darüber hinaus derselben einen förderlichen Beitrag geleistet
.

Marburg/Lahn Carl A n d r esc „

D * 11 m a y r, Horst: Die großen vier Konzilien. Nicaea, Konstantinopel
, Ephesus, Chalcedon. München: Kösel-Verlag [1961]. 275 S.
8°. Lw. DM 14.80.

Die Veröffentlichung geht den Leserkreis der ThLZ kaum
an: Ein junger Mann interessiert sich für das modische Thema
Ökumenische Konzilien (325, 381, 431, 451), macht eine Reise
an die Stätten der Ereignisse und schreibt spritzig und journalistisch
gekonnt, mit ein wenig Kenntnis und viel katholischer
Begeisterung (der ein Schuß antimodernistischer Koketterie nicht
fehlt: Orthodoxie kann ja gelegentlich chic sein) einen „Tatsachenbericht
", mit Quellenzitaten reich ausstaffiert. Das Ergebnis
: eine sympathische, anschauliche Reportage, die dem
Fassungsvermögen des Lesers von heute entgegenkommt, dem
sie einen eTSten Zugang zum Verständnis dieser alten Geschehnisse
zu eröffnen vermag, während sie den etwas sachkundigen
öfters so ärgern wird, daß es ihn antreiben wird, sich darüber
zu informieren, wie es denn nun wirklich gewesen ist.
Wenn beide Reaktionen eintreten, hat das Buch seinen Zweck
erfüllt.

Tübingen Hans-Dietridi A1 ten <1 o r f

Aldama, J. A. de: Fragmentos de una versiön latina dei Proto-
evangelio de Santiago y una nueva adaptaeiön de sus primeros
capitulo6.

Biblica 43, 1962 S. 57—74.
Canivet, Pierre: Erreurs de spiritualite et troubles psychiques. A
propos d'un pas6age de la ,Vie de saint Theodose' par Theodore
de Petra (530).

Recherches de science religieuse L, 1962 S. 161—205.
D uns tone, A. S.: The Meaning of Grace in the Writings of Gregory
of Nyssa.

Scottish Journal of Theology 15, 1962 S. 23 5-244.
[Gel in, A.:] A la rencontre de Dieu. Memorial Albert Gelin, Le
Puy: Editions Xavier Mappus 1961.

Leloir, Loui6: Symbolisme et parallelisme diez Ephrem, S. 363
-374.

Fransen, Irenee: Fragment inedit d'un sermon perdu de saint
Augustin sur le psaume CXV, S. 375—396.

Grant, Robert M.: The Study of the Early Fathers Today.

Anglican Theological Review 44, 1962 S. 280—294.
Guy, Jean-Claude: Un Entretien monastique sur la contempiation.

Recherches de science religieuse L, 1962 S. 230—241.
Hübner, Siegfried: Kirchenbuße und Exkommunikation bei Cyprian

(Schluß).

Zeitschrift für katholische Theologie 84, 1962 S. 171—215.
Knowles, David: St. Benedikt.

Erbe und Auftrag 38, 1962 S. 267—279.
Kok, M.: Vinzenz von Lerinum und sein Commonitorium.

Internationale kirchliche Zeitschrift 52, 1962 S. 75—85.
Küry, Urs: Der canon fidei der alten Kirche und wir.

Internationale kirchliche Zeitschrift 52, 1962 S. 86—99.
M o r r e 1, George: Hilary of Poiters: a Theological Bridge between

Christian East and Christian West.

Anglican Theological Review 44, 1962 S. 313—316.
Orbe, Antonio: El hombre ideal an la teologia de s. Ireneo.

Gregorianum XLIII, 1962 S. 449—491.
Otto, Stephan: Wozu patristische Forschung? Dogmatische Anmerkungen
zur Methode der Erforschung altkirchlicher Theologie.

Münchener Theologische Zeitschrift 13, 1962 S. 122—125.
Prudenzio: Psychomachia. Testo con Introduzione e Traduzione

di Emanuele Rapisarda. Catania: Centro di Studi sull'antico Cristi-

anesimo 1962. 115 S., 11 Abb. a. Taf. gr. 8°.
Racle, Gabriel: A propos du Christ-Pere dans l'Homelie pascale

de Meliton de Sarde6.

Recherches de science religieuse L, 1962 S. 400—408.

KIRCHENGESCHICHTE: HE FORMATIONSZEIT

Bizer, Ernst: Fides ex auditu. Eine Untersuchung über die Entdeckung
der Gerechtigkeit Gottes durch Martin Luther. 2., erw. Aufl.
Neukirchen Kr. Moers: Verlag der Buchhandl. des Erziehungsvereins
1961. 178 S. gr. 8°. DM 18.—.

Die schon oft behandelte und sicher noch immer nicht endgültig
entschiedene Frage nach der Datierung und Bedeutung
des sogenannten Turmerlebni6ses Luthers wird von Bizer in
Heranziehung von Material aus dem Zeitraum von 1512/13 bis
1522 und mit dem Versuch der Erklärung von Luthers Ausführungen
zu seiner Entdeckung in der Vorrede zum ersten
Band der lateinischen Schriften 1545 neu beantwortet. Daß der
Rezensent diese in der Lutheirforsdiung und mehr vielleicht
noch andernorts sehr beachtete Studie erst jetzt und in der
zweiten Auflage zur Besprechung erhielt, hat bei der Redaktion
entschuldigte Gründe. BizeT hat die 1958 zuerst vorgelegte
Studie, auf Grund einer scharfen Kritik auf dem 2. Lutherforscherkongreß
in den Partien über Luthers Römerbriefvorlesung
überarbeitet und mit einem kurzen „Vorwort zur 2. Auflage
", sonst unverändert neu erscheinen lassen. Um das Gesamturteil
vorwegzunehmen: Bizers Studie, die nach dem ersten Vorwort
in Zusammenhang mit zwei Seminaren im WS 1955/56 und
im SS 1956 steht, bringt eine nicht völlig neue, aber nach den
bisherigen Einsichten der Lutherforschung gewagte Darstellung
und Datierung des grundlegenden reformatorischen Erlebnisses
Luthers, die freilich so nicht zu halten ist, aber in neuer und
sehr anregender Weise zur Diskussion des Lutherverständnisses
herausfordert. Damit ist ein nicht unwichtiges Moment wissenschaftlicher
Arbeit glänzend erfüllt.

Die These Bizers, die 6ich auf eine 6ehr späte Datierung
des Turmerlebnisses (Frühjahr odeT Sommer 1518) stützt, lautet,
„daß die Entdeckung darin besteht, daß Luther das Wort als
das Gnadenmittel entdeckt hat" (S. 7). Während die Datierung
der Entdeckung der Bedeutung der Iustitia Dei sich auf
Carl Stanges Anregung in dessen Spätschrift1 zu beziehen scheint
(vgl. S. 172 u. A. 18, S. 11 bei Bizer), geht die Deutung der
Teformatorischen Entdeckung als Durchbruch zum Gnaden-
mittel des Wortes auf eine Anregung von A. Gyllenkrok5
zurück: „Als das Entscheidende bezeichnet er [Gyllenkrok],
daß der Glaube sich nun ,nicht mehr auf das Wort Gottes im
allgemeinen' richte, sondern besonders auf das Wort, daß Gott

') C. Stange, Der johanneische Typus der Heilslehre Luthers im
Verhältnis^ zur paulinisdien Rechtfertigungslehre, Gütersloh 1949.

"») A. Gyllenkrok. Rechtfertigung und Heiligung in der frühen
evangelischen Theologie Luthers. Upsala und Wiesbaden 1952, S. 74 f.