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Ausgabe:

1963

Spalte:

676-677

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Eichenseer, Caelestis

Titel/Untertitel:

Das Symbolum apostolicum beim Heiligen Augustinus 1963

Rezensent:

Diesner, Hans-Joachim

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 9

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gegangen — der eine in positiver, der andere in kritischer Hinsicht
und jeder nur seinen methodischen Gesichtspunkten
folgend.

Wichtig sind die Spuren einer Entfremdung zwischen Origenes
und Heraklas, die der Verf. bemerkt. Der nneoßvxeQOi Klemens
wird auf Grund des Alexanderbriefes ohne weiteres als ein (von
Demetrios geweihter?) Priester angesehen — auch dies ohne jede
Berücksichtigung der hierüber vorliegenden wissenschaftlichen Diskussion
.

Die Korrespondenz mit Fabius von Antiochien (Kap. 5)
zeigt, daß dieser als Rigorist dem Novatian zuneigte, von dem
ihn Cornelius von Rom und Dionys von Alexandria zu trennen
suchen. Aus den innerantiochenischen, antirigoristischen Streitigkeiten
erklären sich auch die ersten Beziehungen von Firmilian
zu Cyprian, die noch vor den Ketzertaufstreit zu setzen sind.
Hier und im (6.) Kapitel über die Korrespondenz des Dionys
von Rom (bis zum Tode des Cornelius, also ohne die berühmte
christologische Auseinandersetzung) bemüht sich der Verf. wieder
erfolgreich um eine sinnvolle Ordnung der Fragmente. Das
siebente Kapitel behandelt textkritisch Fragen zum Schluß des
Diognetbriefes — ohne das bekannte Echtheitsproblem auch nur
zu erwähnen! Das ist angesichts der mutmaßlich hippolytischen
Herkunft um 60 erstaunlicher, als die folgenden Kapitel 8 — 10
wieder dem Lieblings- und Schmerzenskind des Verfs. gewidmet
sind, eben Hippolyt, den er seit anderthalb Jahrzehnten von
dem Gegenbischof Kallists zu trennen sucht, der vielmehr
Josippos geheißen und einen Teil der sonst Hippolyt von
Rom zugeschriebenen Werke verfaßt habe. Er glaubt seinen
Hippolyt, der kurz vor der decischen Verfolgung gestorben
sei, jetzt zeitlich und landschaftlich (im syrischen Raum) noch
bestimmter lokalisieren zu können, und sucht besonders gegen
Richard erneut zu beweisen, daß die Josippos zugeschriebenen
Werke von Hippolyt zwar benutzt sind, aber unmöglich
verfaßt sein können. Er wird seine alten Gegner damit wahrscheinlich
nicht überzeugen; aber ich gestehe, daß seine Argumente
auf mich nicht ohne Eindruck geblieben sind.

Das elfte Kapitel ist Beryll von Bostra gewidmet. Der
Verf. sucht den zwiespältigen Eindruck, den dieser Monarchianer
theologisch macht, in scharfsinniger, wenn auch nicht zwingender
Weise allein auf die Redaktion zurückzuführen, der Origenes
selbst die Akten unterworfen haben dürfte. Im übrigen wird
er wie K r e t s c h m a r auf die Parallelen zur Heraklides-
Disputation aufmerksam, und es ist reizvoll, beider charakteristisch
verschiedene Deutungen zu vergleichen. Nur schade, daß
auch dieser kirchengeschichtliche Aufsatz (ZThK 50, 1953,
S. 258 ff.) dem Verf. wieder entgangen ist! Das zwölfte Kapitel
(Origene et l'anaphore eucharistique) behandelt ein textkritisches
Problem der Heraklides-Akten, und das letzte (13.) die Brieffragmente
des Origenes. Die späteren Zeugen einschließlich
Hieronymus scheinen ihre Zitate nicht der Sammlung der Briefe
selbst, sondern in erster Linie der eusebianischen Apologie
entnommen zu haben. Hier wie überall werden auch Texte
(mit Übersetzung) abgedruckt, und mit der Überlieferungsgeschichte
hat auch die Textkritik ihren Gewinn (z. B. für
Hieron. ep. 33 ad Paulam). —

Der Verf. richtet seinen Scharfsinn stets auf die Texte
selbst, nicht auf die verschwommenen Überlieferungen späterer
Zeit und erst recht nicht auf die Hypothesen der neueren Forschung
. Sein Buch ist nicht darauf aus, Vorgänger zu kritisieren
und längst bekannte Dinge dann nur in eine etwas veränderte
Beleuchtung zu rücken; es hat auf jeder Seite wirklich etwas
zu sagen und sagt es knapp, klar und selbständig. Aber man
wird es mir nicht als gekränkte Eitelkeit auslegen, wenn ich
trotzdem der Meinung bin, er hätte sich um die bisherige
Auslegung etwas mehr kümmern und eine breitere Auseinandersetzung
in vielen Fällen nicht unterlassen sollen. Das wäre nicht
nur dem Leser willkommen, sondern auch der sachlichen Erkenntnis
durchaus förderlich gewesen. Wie kann man beispielsweise
die kleinasiatisch-römische Korrespondenz besprechen,
ohne Hugo Koch zu erwähnen! Auch die Namen von
Gregoire, Lietzmann und vielen anderen fehlen im
Register. Selbst Eduard Schwartz wird nur ein einziges Mal,
dazu in gänzlich peripherem Zusammenhang überhaupt genannt.

Die communis opinio ist in der Wissenschaft träge genug; man
sollte ihrer Abneigung gegen neue Erkenntnisse, über die sich
der Verf. selbst schon zu beklagen hatte (S. 178 f.), durch Mißachtung
der bisherigen Arbeit nicht auch noch Vorschub leisten.
Die Wirkung wäre gerade im vorliegendem Falle sehr zu bedauern
; denn — gewiß nicht alle, aber viele Thesen dieses
wichtigen Buches verdienen nicht bloß Beachtung, sondern Zustimmung
und Aufnahme.

Heidelberg Hans von Campen hausen

Eichenseer, P. Caelestis, O.S.B.: Das Symbolum Apostolicum
beim Heiligen Augustinus. Mit Berücksichtigung des dogmengeschichtlichen
Zusammenhangs. St. Ottilien: Eos Verlag 1960.
XXIII, 501 S. gr. 8° = Kirchengeschichtliche Quellen und Studien.
Begr. u. geleitet v. H. S. Brechter, 4. Lw. DM 45.—.

Die umfangreiche, durch Quellen- und Literaturverzeichnis
sowie Namen- und Sachregister gut erschlossene Arbeit über
das Glaubensbekenntnis beim heiligen Augustinus basiert auf
einer überraschenden Literaturkenntnis und Materialfülle, die
allerdings methodisch gut bewältigt werden. Verf. setzt sich zunächst
prinzipiell-systematisch und historisch mit dem Begriff
und Namen Symbolum, mit dem Problem des Taufbefehls
(Mt. 28, 19) und der Tauffragen, mit der Kunstform des Sym-
bolums und 6einem liturgischen Gebrauch auseinander, bevor er
das „Bekenntnis" in den Schriften des Kirchenvaters verfolgt
und theologisch-dogmengeschichtlich sowie auch historisch -
philologisch analysiert.

Innerhalb seiner Untersuchung über „allgemeine Fragen
zum Symbolum" betrachtet E. das Wort symbolon als „Paßwort
" der griechischen Mysterien(religionen), in denen kurze
Formeln gleichzeitig als Kennworte und als Sakramente verwendet
wurden (S. 12). Auch auf die differenzierte Verwendung
des lateinischen Lehnwortes symbolum als Marke, Kennzeichen,
Siegelring, Sinnbild, Vertrag usw. kommt E. zu sprechen, um
dann den komplizierten Prozeß zu verfolgen, an dessen Endpunkt
symbolum das christliche Glaubensbekenntnis bezeichnet.
Kirchenschriftsteller wie Klemens oder Arnobius haben vor
allem von einer Kritik an den Mysterienreligionen aus den Begriff
symbolum (synthema) den Christen vertraut gemacht und
so für den eigenen Gebrauch präpariert. So kann E. vor allem
im Anschluß an Müri drei denen der Mysterien ähnliche We-
senselcmente der Taufe bzw. des Glaubensbekenntnisses herausstellen
, die im Symbolum ausgesprochen sind. Das Symbolum
ist: 1. Sakrament, d.h. Wortlaut bzw. Form des Sakramentes,
2. Bürgschaft für das Heil (und als solche das stets wiederholbare
Zeichen der einen und einmaligen Taufe), 3. Unterscheidendes
Merkmal des Getauften und Rechtgläubigen gegenüber Llngläu-
bigen, Anders- und Irrgläubigen (S. 25). Seit Ende des vierten
Jahrhunderts wird symbolum vorrangig Bezeichnung für das
„deklaratorische Glaubensbekenntnis", und die maßgeblichen
Kirchenmänner verstehen darunter das sog. Apostolische Glaubensbekenntnis
; die vom Juristischen her bestimmten Nebenbedeutungen
eines (bei der Taufe) zwischen Gott und Mensch abgeschlossenen
Vertrages schwingen aber weiterhin mit (S. 26 ff.).

Im Abschnitt „Die Entstehung des Symbolums" stellt E.
im Anschluß an Kelly besonders heraus, daß „das Aussagebekenntnis
einem ganz anderen Bedürfnis entsprungen ist als die
Tauffragen, nämlich dem Verlangen nach einer knappen Zusammenfassung
und einer greifbaren Präzisierung des Kerygmas zunächst
der apostolischen Zeit und dann überhaupt der Glaubens-
oder Wahrheitsregel". Im Hintergrund stehe also die katechetische
Unterweisung und Erziehung, nicht die sakramentale
Initiation (S. 76). Trotzdem kann man natürlich allenthalben
enge Beziehungen zwischen Katechese und Taufe nachweisen.

Die Relevanz, die Augustin dem Symbolum zumißt, erweist
sich schon an der Häufigkeit des Gebrauchs. Nicht nur in
den fünf Symbolumpredigten (Sermones 212—215 und Sermo de
symbolo ad catechumenos), sondern an vielen wichtigen Stellen
seiner Lehr- und Streitschriften (so denen gegen die Pelagianer;
die gewichtige Rolle des Symbolums in den antidonatistischen
Schriften erwähnt E. leider nur am Rande) geht der Kirchenvater
auf das Glaubensbekenntnis ein und verankert es bei-