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1963

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 9

668

interessiert, so daß man von einem „Tat-Folge-Zusammenhang"
sprechen kann. Ferner ist der Weise eher als der Gerechte die
Hauptperson, Probleme des gesellschaftlichen und rechtlichen
Lebens werden ausführlich behandelt, Hinweise auf den „göttlichen
" König sind häufig. Vielleicht ist diese Sammlung für
den Unterricht der in königlichen Dienst tretenden Beamten
bestimmt.

Die Sammlung C zeigt ein besonderes Interesse für die
Natur, die Landwirtschaft und das Handwerk, und legt viel
Gewicht darauf, was nützlich oder schädlich ist. Der Verfasser
sieht darin „eine Spruchsammlung für einfache Leute", besonders
Bauern und Handwerker. Damit verbindet er auch das Zurücktreten
der religiösen Begründung — man könnte fragen: sind
denn Bauern wirklich weniger religiös als andere Leute? Nach
der Meinung des Verfassers ist C ein Beispiel dafür, „wie die
am Königshof entstandene und entwickelte Weisheit auch auf
andere Bevölkerungsschichten übergreifen konnte" (S. 57).

Die Sammlung D schließlich, die sich in manchem mit A
berührt, erweist sich durch das starke Hervortreten von Rechtsfragen
und gesellschaftlichen Problemen sowie durch die sich
an den Herrscher selbst wendenden Königssprüche als ein
Regentenspiegel, der vor allem Anweisungen zu kluger und
guter Regierung gibt.

Die Analyse ist scharf und eindringend, obwohl gelegentlich
das Material etwas zu sparsam ist, um sichere Schlüsse zu
ermöglichen.

Einige abschließende Kapitel diskutieren u. a. den Haltung-
Schicksal-Zusammenhang und die relative und absolute Chronologie
der Sprüche. Der Verfasser glaubt feststellen zu können,
daß A und D die ältesten Sammlungen sind, während B und C
jünger sind. Alle vier sind vorexilisch. Bei den chronologischen
Erwägungen argumentiert der Verfasser großenteils, als ob sich
die israelitische Weisheit völlig unabhängig von der gemeinorientalischen
entwickelt hätte. Die Tatsache, daß einige der
hier angeführten Sprüche gute außerisraelitische Parallelen haben
(z. B. S. 75 über das Rätselhafte im Menschenleben, was
auch in Ägypten erörtert wird, oder S. 77 der Spruch vom zänkischen
Weib, der eine gute sumerische Parallele hat), hätte
vielleicht berücksichtigt werden sollen. Man fragt sich auch, ob
das Verhältnis zwischen zwei Anschauungen wirklich immer ein
chronologisches sein muß und ob 6ie vielleicht nicht auch
nebeneinander bestehen könnten.

In seiner Schlußbetrachtung betont der Verfasser mit Recht
die religiöse Verankerung der israelitischen Weisheit: „Die
Kernfrage der Weisheit lautet: Wie erkennt der Mensch die von
Jahwe gesetzte und garantierte Ordnung der Welt und wie
wird er ihr im Alltagsleben gerecht — in der Verantwortung für
die Gemeinschaft und sein eigenes Schicksal?" (S. 93). Zuletzt
stellt er die Frage, ob nicht „die mögliche Erklärung der Weisheit
als Versuch, den Glauben an die Führung Jahwes auch im
Bereich des menschlichen Zusammenlebens im Alltag zu verankern
" schließlich nicht zu einer Anerkennung der Weisheitsliteratur
als für die alttestamentliche Theologie neben dem
Bundesgedanken und den kultischen Traditionen wichtig und
wesentlich führen sollte. Die Frage ist wohl zu bejahen, aber
nur unter Berücksichtigung der nahen Beziehungen zwischen
israelitischer und gemeinorientalischer Weisheit.

Zweifellos ist diese Abhandlung eine verdienstvolle Leistung
und fördert auf dankenswerte Weise unser Verständnis
der israelitischen Spruchliteratur.

Abo/Finnland__He'mer Ringgren

Alonso-Schoekel, Luis: Biblische Theologie des Alten Testamentes
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NEUES TESTAMENT

Danielou, Jean: Les Symboles chretiens primitifs. Paris: fiditions
du Seuil [1961] 159 S., 8 Abb. a. 3 Taf. 8°. NF. 7.50.

Der kenntnisreiche Verf., der in der Bibel, bei den Vätern
und in der Liturgie gleicher Weise zu Hause ist, behandelt
ausführlich eine ganze Reihe jüdischer und frühchristlicher
Bildstoffe und Sinnbilder: Palme und Krone (hier werden zugleich
wertvolle Bemerkungen zur Geschichte des Hüttenfestes
in später Zeit gegeben); Weinstock und Lebensbaum; lebendiges
Wasser und Fisch; Schiff der Kirche; Wagen des Elias; Pflug
und Axt; Stern Jakobs; zwölf Apostel und Tierkreis; das Zeichen
Tau und das Kreuz. Jeder Leser ist dem Verf. dankbar,
daß er die Belege in so großer Zahl bringt. Es sind vielfach
auch deutsche Forschungen benutzt (bei der Behandlung des
magischen Vierecks sator arepo usw. S. 105 ff. fiel mir auf, daß
neuere deutsche Arbeiten nicht gewürdigt 6ind; mit ihrer Hilfe
hätte Verf. wohl weiter vorstoßen können). In der Deutung
werden nicht alle Benutzer dem Verf. folgen. Sie ist zuweilen
künstlich und überzeugt dann nicht. Aber es wird auf diese
Weise erreicht, daß immer eine anschauliche Würdigung versucht
werden kann. Ich bringe ein Beispiel (S. 37): Nous pou-
vons donc considerer que le theme de ]a „plantation", pour
designer l'Eglisc, se rattache ä la catechese baptismale judeo-
chretienne, elle-meme inspiree (?) de la catechese juive.

Mit d iesen Worten kennzeichnet der Verf. Verdienst und
Gefahr seiner Forschung, und zugleich einen geistigen Zusammenhang
, an dem ihm viel liegt: er schrieb schon 1958 eine
Theologie du judeo-christianisme; diese Arbeit setzt er jetzt
fort, mit um so besserem Gewissen, als er sich auf archäologische
Funde berufen darf. Man hat in Hebron, Nazareth und
Jerusalem „judenchristliche" Gräber entdeckt, die einen Teil
der Sinnbilder enthalten, die Verf. bespricht (Pflug, Palme,
Stern, Pflanze, Kreuz, Fisch). Ich komme dennoch über den Zweifel
nicht hinaus. Zwar sind drei Tafeln beigegeben, die mit
einem Teile der Funde bekannt machen. Es sind gute Aufnahmen
. Aber ich kann, obwohl ich mich sehr bemühte, nichts erkennen
, was einen juden c h r i s 11 i c h e n Ursprung bewiese:
wir dürfen uns nicht von dem Wunische in die Irre führen
lassen, Denkmäler alter Zeit als Zeugnisse des Judenchristentums
zu gewinnen. Richtig ist, daß die vom Verf. dargestellten
Bilder und Sinnbilder mit jüdischen Überlieferungen zusammenhängen
. Aber das muß nicht von aramäisch redenden Judenchristen
vermittelt sein, wie hier angenommen wird (S. 7). E*
gibt geborene Juden wohl in den meisten gricchcnchristlichen
Gemeinden.