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Ausgabe:

1963

Spalte:

662-664

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Reventlow, Henning

Titel/Untertitel:

Das Amt des Propheten bei Amos 1963

Rezensent:

Smend, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 9

662

hilft auch das rechte Verständnis der weniger bedeutsam erscheinenden
Wörter im Zusammenhang der zentralen Aussagen zu deren sachgemäßer
Interpretation.

Diese wenigen Bemerkungen zu einer der durch Barr angeschnittenen
Fragen mögen für weitere zu anderen stehen.
Gewiß ist es nicht ohne Gewinn, daß Barr alle, die in biblisch-
theologischer Forschung den Gehalt der Wörter untersuchen,
auf bestimmte Gefahren bzw. Grenzen ihrer Arbeit aufmerksam
macht. Aber seine Hinweise wären wirksamer, wenn er weniger
in Bausch und Bogen urteilte, sowohl in bezug auf speziell
angezogene Werke wie überhaupt. Sein häufiger Hinweis auf
das ThWb als den klassischen Repräsentanten der Handhabung
der verdammlichen Methode der Herausarbeitung des Gehaltes
theologischer Begriffe etwa dürfte kaum einen seiner Besitzer
dazu veranlassen, es zu makulieren. Im übrigen sei noch einmal
auf die eingangs genannte Besprechung verwiesen.

Halle/Saale Gerhard Delling

Schneider, Gerhard: Ntuschöpfung oder Wiederkehr? Eine Untersuchung
zum Geschichtsbild der Bibel. Düsseldorf: Patmos-Verlag
1961. 95 S. 8°. Kart. DM 6.50.
In Teil I (20 S.) werden die Aussagen über „Schöpfung und Neuschöpfung
im Alten Testament" skizziert. Der Schöpfer der Welt ist
der Herr der Geschichte; die neue Schöpfung, die das Ziel der Geschichte
ist, überbietet weit die alte (so besonders Dcutcro- und Trito-
jesaja). Wiederherstellung meint nicht Wiederholung des Früheren,
sondern Vollendung. Von der Neuschöpfung des einzelnen ist speziell
bei Jcremia und Ezechiel die Rede. — Teil II (39 S.) behandelt „Außer-
biblischc Anschauungen über die Erneuerung der Welt und des Menschen
" im Spätjudentum (der Gedanke der endzeitlichen Erneuerung
des Weltalls spielt besonders in der Apokalyptik eine Rolle; der der
Neuschöpfung des inneren Menschen begegnet nur in den Dankliedern
v°n Qumran und in Joseph und Aseneth), bei Zarathustra, in Stoa
und Gnosis. — Teil III (36 S.) stellt „Die Idee der Neuschöpfung im
Neuen Testament" dar. Aus der Verkündigung Jesu ergeben 6ich nur
d«e Sätze: „Jesus irt in ethischer Hinsicht Wiederhersteller der
ursprünglichen Schöpfungsordnung. Er ist der messianische Bringer
«iner neuen Welt" (S. 68). Sodann wird gezeigt, daß die Begriffe
naXiyyF.venld und njioxntdnrnoii; „nicht im Sinne des Hellenismus,
sondern ganz im Sinne der biblischen Tradition" gebraucht werden
(S. 71), usw. Am meisten ist zum Thema natürlich für das Corpus
Paulinum zu sagen (zu einzelnem vgl. u.).

Der Verf. beantwortet die Frage des Titels m. E. mit Recht
dahin, daß in der Bibel der Gedanke der Neuschöpfung entscheidend
ist; der der Wiederherstellung (der ja doch wohl mit
dem der Wiederkehr nicht durchaus identisch ist, vgl. die Stoa)
wird, wo er begegnet, dem ersten durchaus untergeordnet. Die
entscheidenden biblischen Gedanken werden weithin recht ansprechend
skizziert; aber weithin eben nicht mehr als skizziert.
Die „Fachtheologen", für die das Heft zumindest auch bestimmt
ist (S. 7), läsen wahrscheinlich mitunter gern die Begründung
der Sätze, die wohl in der Trierer Dissertation des Verf.s gegeben
ist; etwa für die verschiedene Interpretation von xaivr]
xnoiq als neue Schöpfung (in umfassendem Sinn) in Gal. 6, 15
"nd als neues Geschöpf in 2. Kor. 5,17 (S. 74-77); für den
cler wie der eben genannte sein Gewicht im Ganzen hat,
nach Paulus sei durch den Tod Christi „der Kosmos gekreuzigt
und seine Macht gebrochen" (S. 89; „der alte Kosmos gekreuzigt
", S. 92; s. schon S. 75 f.)1. Doch wird das Heft zumal dem
weiteren Kreis, an den der Verf. bei der Gestaltung des Heftes
zugleich dachte, seinen Dienst tun.

Hallc'Saole Gerhard Delling

') Nidit begründbar ist allerdings wohl die regelmäßige Deutung
n xavxänOai h . . . als „sich runmen in . . « (S. 74. 83).

anthey. Franz: Von polnischen Bibelübersetzungen.
Theologie und Glaube 52. 1962 S. 462-467.
a 11 ace David H.: Biblical Theology: Pa.t and Future.
I ncologischc Zeitschrift 19, 1963 S. 88-105.

ALTES TESTAMENT

Reventlow, Henning Graf: Das Amt des Propheten bei Arnos.

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1962. 120 S. gr. 8° = Forschungen
z. Religion u. Literatur d. Alten u. Neuen Testamentes,
hrsg. v. E. Käsemann u. I. Würthwein, 80. H. DM 12.80.

Der Verf. ist sich bewußt, daß es sich beim Buch Arnos
„um einen Acker handelt, der schon vor uns von so vielen
Furchen durchzogen ist, von dem sozusagen jede Scholle um
und um gekehrt ist" (S. 11). Wer einen solchen Acker neu und
gänzlich anders pflügen kann als seine Vorgänger, verdient
allen Respekt. Dem Verf. i6t e6 tatsächlich gelungen. Er kann
wieder und wieder von dem „bisherigen", „noch" vertretenen
Bild des Propheten, von „verbreiteten Ansichten", „alten Anschauungen
" sprechen, mit denen er tatsächlich wenig oder
nichts gemein hat. Ob seine Sicht sich endgültig an die Stelle
der bisherigen Sichten (e6 waren oder sind mehrere) setzen
kann, hängt von der Kraft 6einer Argumente ab. Er selbst
schätzt diese hoch ein und spricht mehrfach von „eindeutigen"
Belegen und Beweisen. Nicht alle seine Thesen sind ganz neu;
als seine Vorgänger sind vor allem E. Würthwein (ZAW 62,
1949/50, S. 10 ff.) und A. H. J. Gunnewcg (ZThK 57, 1960,
S. 1 ff.) zu nennen. Aber sie sind in der Sicht des Verfs. auf
halbem Wege stehen geblieben. Das gilt erst recht von G. v. Rad,
der in seiner „Theologie der prophetischen Überlieferungen
Israels" (Theologie des AT II, 1960) ein Bild von „großer
Widersprüchlichkeit und Unklarheit" bietet (S. 9). Diesen Vorwurf
kann man dem Verf. allerdings nicht machen. Ihm fügt
sich alles zu einem „einheitlichen Bild" zusammen (S. 24).

Die These ist, daß Arnos ein Amt bekleidet hat, und zwar
das eines Kultpropheten im Rahmen der Bundesfestverkündi-
gung. Diese These wird an einer Reihe von Texten entwickelt:
Am. 7, 10-17 (S. 14ff.); 1,3-2,6 (S. 56ff.); 4,6-11 (S. 75 ff.);
9. 13-15 (S. 90 ff.). Die Texte werden „unbefangen" (S. 13),
„ohne Seitenblicke" (S. 10) betrachtet, nachdem man die prophetischen
Formen bisher „stets von einem von außen herangetragenen
Gesichtspunkt her" untersucht hat (S. 10).

Der Gesichtspunkt des Verfs. ist der, daß jeder geprägten
Form als ihr Sitz im Leben eine Institution entspricht (S. 9 f.).
Er schränkt das für die Propheten gleich noch weiter ein: „da
es 6idi hier um Personen handelt, besteht die Institution, der
die Formen zugeordnet sind, in einem Amt. Eine Lösung der
Frage nach dem Wesen der Prophetie wird also dann erreicht,
wenn wir über ihr Amt etwas in Erfahrung bringen" (S. 10).

Den Hauptteil des Buches bilden demgemäß Ausführungen,
in denen der Verf. von irgendwie formelhafter, schematischer
Rede auf „Begehungen" schließt. Andere Erklärungsmöglichkeiten
stilistisch-rhetorischer Natur werden als modern gedacht,
der Sache nicht angemessen abgewiesen (S. 27. 32. 52. 61. 65.
79). Die erschlossenen Begehungen nun waren Teil des Bundesfestes
(S. 64 ff. 73. 83. 98), an dem auch die Thronbesteigung
Jahwes stattfand (S. 73. 110). Arnos hat dort vorgetragen die
Visionen, ein Völkerritual (1,3-2,6), ein Fluchritual (4,6-11),
ein Segensritual (9,13—15). Nur in einem Fall (4,6-11) hat
er sich dabei von der gewohnten Form entfernt; aber auch dort
hat er die Bundesfestverkündigung nicht verlassen, und es handelt
6ich auch dort nicht um „Übernahme eines anderswo beheimateten
Stoffes und Loslösung von seinem Sitz im Leben,
wie es wohl in die bisher gültige Auffassung vom Wesen des
Prophetentums paßt, sondern auch hier steht der Prophet in
der Sukzession eines fest geordneten Amts" (S. 90). Dieses
Amt umfaßt Heils- und Unheilsverkündigung, und beide hat
Arnos geübt, und zwar „in spiegelbildlicher Entsprechung"
(S. 104), mag das Amt auch „in seiner aktuellen Ausprägung
vorwiegend ein Unheilsverkündigungsamt" gewesen sein (S. 21).
• Eine beziehungslose reine Unheilsbotschaft" wäre auch ein
Unding, denn sie „entbehrte des letzten Glaubenssinnes, weil
sie der menschlichen Freiheit zuwiderliefe" (S. Iii).

Für das Amt des Arno« werden weiter die Aussagen innerhalb
des Buches geltend gemacht, wo von Propheten und
Prophezeien die Rede ist, nämlich 2, 11 f.: 3, 7 f. und 7, 12 ff.
Bei der letzten Stelle ist es für den Verf. „eindeutig: Arnos