Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1963

Spalte:

625-626

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Maurer, Bernhard

Titel/Untertitel:

Offenbarung und Geschichte bei Einar Billing und in der neueren schwedischen systematischen Theologie 1963

Rezensent:

Maurer, Bernhard

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

625

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 8

626

Josif nicht um die Festigung und Ausdehnung des Staates, sondern um Im dritten Teil gibt der Verfasser einen Überblick über die ver-
die Stärkung der diesen Staat repräsentierenden Moskauer Zentral- schiedenen Strömungen und Probleme in der schwedischen Theologie
macht, damit sie in der Lage und gewillt sei. sich die Interessen der Religionsphilosophie und Kirche nach Billing. In Uppsala war der
Kirche zu eigen zu machen, die Reinerhaltung des Glaubens und die bedeutendste Schüler Billings A. Runestam, der eine mehr psycholo-
Unantastbarkeit des kirchlichen Eigentums zu gewährleisten. gische Linie vertrat. Durch G. Aulen kam Billings und Söderbloms
Die mit Josifs Theorie eines theokratischen Absolutismus ge- Theologie auch nach Lund. Die religionsgeschichtlich bestimmte Frage
schaffenen kirchlichen Grundlagen der Moskauer Staatsideologie kamen nach der Eigenart des Christentums und das Problem der Theologie
zu seinen Lebzeiten nodi kaum zu offizieller Geltung. Als sich Groß- a,s Wissenschaft im Rahmen eines weitgehend durch die analytische
fürst Vnsilij III. zeitweilig den „Besitzlosen" zuwandte, konnte es Philosophie A. Hägerströms bestimmten Wissenschaftsverständnisses
Vassian Patrikeev, der nach Nils Tode deren Führer geworden war, zu prägten das theologische Denken und führten zur Methode der Motivgrößtem
Einfluß am Moskauer Hofe bringen, während es Josif vom forschung, die für die sogenannte Lundenser Schule kennzeichnend ist.
Großfürsten sogar untersagt wurde, gegen seinen Widersacher in ir- «■ Aulen, A. Nygren und R. Bring sind die führenden Vertreter
gendeiner Form zu polemisieren. Trotzdem hielt Josif an den einmal dieser Schule. In dem jüngeren Theologen G. Wingren sieht der Vergewonnenen
Vorstellungen von der hohen Würde des Herrscheramtes fasser Billings Ansatz erneut und in weiterführender Weise zur Gelfest
, die er selbst unter diesen Umständen gegenüber Teilfürsten nach- tung kommen. Wingren geht in seiner „doppelten phänomenologischen
drücklich vertrat, indem er sie zum Gehorsam gegenüber der Groß- Methode" von der Schöpfungswirklichkeit und der Tatsache der Ver-
fürstenmacht aufrief. Die Vorherrschaft der „Besitzlosen" war nicht kündigung des Evangeliums aus und verbindet das Christusgeschehen
von langer Dauer. Ein Umschwung in der Kirchenpolitik Vasilijs III. mit dem Kcrygma, Schöpfung und Kirche, Gesetz und Evangelium,
verhalf den „Besitzenden", den Josefiten, zum endgültigen Sieg. Je- den einzelnen mit der Gemeinde und das sakramentale Geschehen der
doch erst unter seinen Schülern wurde das, was Josif Volockij theore- Verkündigung in Predigt, Taufe und Abendmahl mit dem Leben der
tisch fixiert hatte, zu einem wesentlichen Bestandteil der Moskauer Gemeinde in Beruf und Alltag.
Staatsidcologic und bekam grundlegende Bedeutung für das Verhältnis -

von Staat und Kirche während der Zeit des russischen Zarentums. Pfeifer, Gerhard: Ursprung und Wesen der Hypostasenvorstel-

- hingen im Judentum. Diss. Jena 1962. 134 S.

u d l j r>a l j ^ j.j i ■ r-. nnii n Frage, ob und von welchem Zeitpunkt an im Judentum
Maurer Bernhard: Offenbarung und Geschichte bei Einar Bilhng Hypostasen (= H.) begegnen, wird von den verschiedenen Forschern
und in der neueren schwedischen systematischen Theologie. D.ss. verschieden beantwortet. Diese Differenzen haben ihren Grund zu
Tubingen 1962. Bd. I 236 S. u. Bd. II (Anmerk.) 98 S. einem guten Teil in einer ungenügenden Klärung des Begriffs H.
In dieser Tübinger Dissertation wird die Theologie Einar Billings Die vorliegende Untersuchung setzt deshalb in der Einleitung
im Zusammenhang mit der neueren schwedischen Theologiegeschichte nach dem Aufzeigen des Problems (1 ) mit der Frage nach dem H beuntersucht
. Der erste Teil faßt die Umstände zusammen, die um die griff (2.) ein. H. wird definiert als „eine Größe, die teilhat am We-
Jnhrhundertwendc in der schwedischen Theologie und Kirche zu einer sen einer Gottheit, die durch sie handelnd in die Welt eingreift, ohne
Krise führten: Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Umwäl- daß sich ihr Wesen im Wirken dieser H erschöpft"
Zungen, die wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung, die religio- Der erste Teil untersucht die' jüdische Literatur bis etwa
sen Erweckungsbewegungen und die historisch-kritische Theologie 100 n.Chr. daraufhin, ob sie Herstellungen enthält. Es ergibt sich,
bewirkten den Zusammenbruch der lutherisch-orthodoxen Einheits- daß H. - a]s so]dle finden sich der Geist, die Herrlichkeit, der Name,
kulnir in Schweden Unter dem Einfluß des schwedischen Idealismus die Stimme, die Weisheit, das Wort, das Angesicht, die Wahrheit,
E G. Gcijer) des historischen Denkens (HHjarne). der historisch- die Gerechtigkeit, die Kraft, das Gesetz, die Reue, die Dike und
kritischen Arbeit am Alten Testament (Wellhausen) und des Studiums Handlungsweisen Gottes wie Segen und Fluch - verhältnismäßig seider
Theologie Luthers entstand in Uppsala eine neue, charakteristisch ten sind und im allgemeinen nur in beiläufig gemachten Aussagen
schwedische theologische Schule, die in N. Soderblom, E. Billing und begegnen

J. A.Eklund ihre führenden Vertreter fand JXtln Z u Ausnahme machen eine H. die Weisheit, die in einem etwas

Gründung der uingkirchl.chen Bewegung (M Bjorkquist) führten In- breiteren Traditionsstrang auftritt (Hiob 28, 1-28. Prov. 8,22-31.

dem Soderblom das fortgesetzte Handeln Gottes in der Geschichte und c 24 , _29 £ J ,_x ßar , ,_4 4 Sap. ?^ |ft phj]on

das dualistische und eschatologische Motiv im christlichen Glauben be- s]av. Hen J0 g 3 ^ ^ sdlriftstelIer, Philon, in dessen Kon.

tonte, legte er den Grund für ein neues Offenbarungsverstandnis, das 2eption dje R ^ ^_ Ro]k . ]en

sich sowohl von Orthodoxie und Pietismus, wie auch von der natur- „ „ , , . 7 ,

Iij. tl i • j. i e • ti .__l j.___„»I-.rl;,4w>r , ,nv°rstellungen finden sich nahezu gleichmäßig in allen Zeit-

chen Theologie untersch-ed. Seine Unte^cheidung von ab.s*™»en; die These, daß Gott der Welt immer ferner gerückt und

und prophetisch-geschichtl,eher Rcbg.on und von Uncndlicbkcits- und ^ ^ ^ zunehmendcm Maße als durch Mittel-

Personlichkcitsmystik schuf neue Kategonen theologischen Denkens. WC6en vol, dacht werde> ^ also ^ aufrcchtzuerhalten.

d-e E.nar Billing systematisch-theologisch aufgenommen E. kommt zur Bildung von H. auf zweifache Weise. Einerseits

un/£ T'"n4 ffe k^lIHI^!iSSJ^SSJ^^^ Werd,en Ei^nschaften. Wirkungen und Teile der Gottheit verstund
Theologie dargestellt und eine theologische Würdigung ver.u*t. ^ ^^.^ * ^.^ ^ se,t£ner _ ursprünglidl

Bil mg entwickelte durch seine Gegenüberstellung von ir™*"*- selbständige Größen Gott als H. zugeordnet. Das gilt für die Reue,

Philosophischem Denken und hebräisch-alttestamentlicher Prophet* die Dike, die Wahrheit und die Weisheit.

bemerkenswerte Ansätze für ein neues Verständnis des Neuen Testa- Im zweiten Teil werden die H.Vorstellungen in der Reli-

EKl Chnstologie, der Soteriologie. der Ekkles oloe« «nd g,0„ ,srads (l) md jn Jcr Umwe]t des Judentumi ) _ der kanaan.

«chatologic sowie einer christlichen Anthropologie. Mit dieser unrer ä sehen A~. x • j. j u u i • j. *-1 ■ ■___i.j__

t i Bitu j. i rj.in i £. 3 a. i r.f. „ , en' der ägyptischen, der baby onisch - assyrischen, der iranischen
8*eidung fand Bi mg auch den Sch usse für den theologischen Oe- r it»ir>n i.-j j u n • . j.» .La Ai~ f,,„- „„j, e;_
brauch der historisch kritischen Methode. Er verband die historisch- ^" «nd dem Hellenismus - untersucht und die Frage naA Emetische
Arbeit mit dem Verständnis der Wirklichkeit als zugleich au d'< 'ud's*en. , , f ...... „ ^ ....

verborgenem und sich offenbarendem Geschichtshandeln Gottes, das lA daß uf £.S«™,« " V "1 '

sein ,1« * . t r, , r»«—u,«.«» vprcfnnd , Vorstellungen zu erklaren ist, die autgenommen und weiter-

?l'ng mit der Person, dem eschatologischen Anspruch und der txusia - . i. fi_j„_ ja .,

Im« r>- ii j.^ i t . j..fj. ei,.— „,,„,Jpn ln den poytheist sehen Re igionen der Umwelt hnden sich zanl-

Jcsu. Dle Macht Jesu hat geschichtlich - rechtlichen. Fakten setzenden. , ri "J / , J, T.. _ i_ rXf,., „j., .K.1..I11 •<

Perc„„,i /-»i 1' 1, 1, £ 1 nitii j. j.„ 7,,.,,,, zu re|che h. Eigenschaften und Funktionen der Götter oder „abstrakte

personalen Charakter. Von hier fand Billing auch den Zugang zu g . _ ,. : , •___ -1--------1. . r„..L .

eln»~ j , j. r. , ^ 1 1 j j j j. n. t?«mintik Degrirte werden versc bständigt, oder einer uberragenden Oottneit

einem dynamischen Ge stverstandnis. das weniger durch die RomantiK , v"-" ~~ „ .,..,.,irj.,t. Ei- -„.„.UiU . .

„.1 j 1. 1, , , . l j j. 1 r. i- 1 i..„„m.ni- werden die anderen Götter als H. untergeordnet, bin ausgebildetes

und den Idea ismus. als vielmehr durch sein Studium der alttestamenr <- u ,, 1™ 4 j. c «.<L k.i 7»rofl,.,«f,, J„

Üchen Prophetie. der Verkündigung Jesu und der Theologie Luther. 5"st™ von H Stel en die Amesch SpentaI M ZM«M dar.

«eprägt wurde, zur Auffassung der Geschichte als dramatischem Ge- Einflüsse der Umwelt sind auf die jüdischen H. nicht in dem

«ehehen und zur Bedeutung der Sprache. Das wird auch in Billings Maße festzustellen wie zuweilen angenommen So finden ..d. keine

Anthropologie deutlich. Gegen den idealistischen Rückzug in den Be- direkten Einflüsse der ^naanaisdhen. der babylonisch-assyr sehen und

[eich der Innerlichkeit und der Gesinnung betonte er die geschieht- d" '™"'»*en Religion. Auch Philon. Dyname« sind nicht von den

''Ae Verantwortung des Menschen, das Primat der Wirklichkeit vor Am«eha Spenta, abzuleiten.

?er bloßen Reflexion und die personale Struktur de. Glaubens. Der Aus dem Ägyptischen stammt dagegen die Vorstellung von der

Mensch ist bestimmt durch Gottes Handeln in der Geschichte, die ihm magischen Kraft des Gottesnamens, vielleicht auch die von der Kraft

*>m Ort de. Gerichtes und des Heiles wird. Auch die Kirche als Gottes. Die selbständige Wahrheit konnte durch die ägyptische Maat

S««e der Verkündigung und der Vergebung der Sünden sah Billing ***** «in. Auch ist es wahrscheinlich, daß die Auffassung vom

" Gottes Geschichtshandeln und nicht in Institution und Lehre oder G°»«*'" * schöpferischer Potenz (^,, 2) von Ägypten über

ir" religiösen Bewußtsein des einzelnen begründet. Ph°n,k,en (Ph,lon von Bvblos> ,ns Jud<ntUm kam-