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1963

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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623

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 8

624

Wer sich daher mit dem Geist und der Gestalt des Ämterwesens
in der Kanonistik vertraut machen will, dem kann man
kein besseres Hilfsmittel an die Hand geben als diese auf der
Höhe der modernen Forschung stehende Arbeit.

München Siegfried G r u n d in a n n

Anciaux, P.: L'episcopat (ordo cpiscoporum) comme realite sacra-
mentelle.

Nouvelle Revue Theologique 95, 1963 S. 139—159.
Becker, Karl-Heinz: Zum Verhältnis von Theologie und Rechtswissenschaft
heute.

Deutsches Pfarrerblatt 63, 1963 S. 83—84.

B e n n, Ernst-Viktor: Bekenntnisstand und Bekenntnisbindung.
Zeitschr. f. ev. Kirchenrecht 9, 1963 S. 155—177.

Bergemann, Hans Georg: Staat und Kirche in Bremen.
Zeitschr. f. ev. Kirchenrecht 9, 1963 S. 228—259.

Frank, Johann: Zur Entwicklung des Kirchenbeamtenrechts.
Lutherische Monatshefte 2, 1963 S. 174—179.

He ekel, Johannes: Kirche und Kirchenrecht nach der Zwei-Reiche-
Lehre.

Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 79, 1962 S. 222—284.
Helling er, Walter: Die Pfarrvisitation nach Regino von Prümm.
Der Rechtsgehalt des I. Buches seiner „Libri duo de synodalibus
causis et diseiplinis ecclesiasticis".

Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 79, 1962 S. 1—116.

Hofmeister, Philipp: Die Kardinalprotektoren der Ordensleute.

Tübinger Theol. Quartalschrift 142, 1962 S. 425—464.
Huizing, Petrus: Bonum prolis ut elementum essentiale obiecti

formalis consensus matrimonialis.

Gregorianum XL1II, 1962 S. 657—722.
Kuhn, Jochen: Kirchenzucht und Kirchenbegriff. Kritischer Bericht,

insbesondere über die Ordnungen der Evangelischen Kirche der

Union.

Zeitschr. f. ev. Kirchenrecht 9, 1963 S. 264—293.
Nörr, Knut Wolfgang: Die Summen „De iure naturali" und „De
multiplici iuris diuisione".

Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 79, 1962 S. 138—163.
R u p p e 1, Erich: Grundsatzfragen einer Regelung des Pfarrdienstrechts
der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands
(VELKD).

Zeitschrift f. evangelisches Kirchenrecht 9, 1963 S. 113—142.

Sprandel, Rolf: Über das Problem neuen Rechts im frühen Mittelalter
.

Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 79, 1962 S. 117—137.

Szentirmai, Alexander: Die ungarische Diözcsankurie im Spätmittelalter
.

Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 79, 1962 S. 164—221.

— Der Ehebegriff des Kirchenrechts im Lichte der ethnologischen Forschung
.

Tübinger Theologische Quartalschrift 143, 1963 S. 22—38.

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Döpmann, Hans-Dieter: Das Staats- und Gesellschaftsdenken bei
Josif Volockij und Nil Sorskij und ihr Einfluß auf die Entwicklung
der moskovitischen Staatsidee, Diss. Berlin 1962. XVIII, 289 S.
Die Dissertation befaßt sich mit einem Problemkreis, der seit
mehreren Jahren wieder in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen
Interesses sowohl der sowjetischen als auch der westlichen Historiker,
Literaturwissenschaftler und Byzantinisten gerückt ist: der Entstehung
des zentralistischen Moskauer Staates. Unter möglichst weitgehender
Berücksichtigung der vielschichtigen politischen, ökonomischen
, geographischen und genealogischen Probleme wird in erster
Linie der Einfluß kirchlicher Strömungen auf das politische Denken im
jungen Moskauer Staat untersucht.

Da die von Josif Volockij (1439—1 51 5) entwickelten Staats- und
Gesellschaftsvorstellungen vorwiegend auf byzantinischem Gedankengut
beruhten, setzt die Arbeit mit einer Darstellung der byzantinischen Auffassung
des Verhältnisses (Symphonia) von sacerdotium und imperium
ein, die mit der sog. „Taufe" des Kiever Rus'- Reiches, d.h. der Annahme
des Christentums byzantinischer Prägung unter Großfürst Vladimir
im Jahre 988, auch im russischen Raum große Bedeutung erlangte.
Eine Lehre vom Herrscheramt und den kirchlich-staatlichen Beziehungen
wurde jedoch — von unbedeutenden Ansätzen abgesehen — erst im Zusammenhang
mit der Entstehung des Moskauer Zentralstaates entwickelt
und ist das maßgebliche Verdienst des Abtes Josif Volockij. Dabei
trat ihm in der Person Nil Sorskijs (1433-1508) und seiner Schüler,
der Transvolga-Starcen, eine zweite aus dem Mönchtum hervorgehende
Richtung entgegen. Beide Männer wollten nicht Politiker sein, sondern
vertraten ein innerkirchliches Anliegen. In der Erkenntnis des damaligen
sittlichen und religiösen Verfalls sahen beide gleicherweise ihre Aufgabe
darin, durch eine Reform sowohl das Mönchtum als auch die Kirche zu
neuer Blüte zu führen. Die Wege freilich, auf denen sie ihr Ziel zu erreichen
hofften, unterschieden sich grundsätzlich. Wurde aber bei der
Verquickung religiöser und gesellschaftlicher Fragen im damaligen Rußland
selbst Nil, dem alles weltliche Trachten fern lag, gegen Ende
«eines Lebens in die politische Problematik des Moskauer Staates hineingezogen
, 6o kam Josifs auf kirchen- und sozialpolitische Wirksamkeit
drängender Geist schon früh mit dem gesellschaftlichen Leben in
Berührung.

In Josifs gesellschaftlichem Wirken zeichnen sich zwei große Perioden
ab, wobei er am Ende der ersten in Gegensatz zu Nil Sorskij
trat und in der zweiten dessen Schüler Vassian Patrikeev gegenüberstand
. Die Ausprägung der josefitischen Ideen vollzog sich im Rahmen
der Auseinandersetzungen, die gegen Ende des 15. und zu Anfang des
16. Jh. die russische Gesellschaft erschütterten und in Gestalt häretischer
Bewegungen und staatlicher Säkularisierungsbestrebungen die
Kirche von innen und außen her bedrohten.

Die russisdie Geistlichkeit war der theologischen Auseinandersetzung
mit den ihr an Bildung weit überlegenen Häretikern, für die
sich der Name „Judaisierende" (zidovstvujuscie) eingebürgert hat,
nicht gewachsen; zur wirkungsvollen Bekämpfung bedurfte es staatlich-

administrativer Maßnahmen. Somit wurde in der ersten Schaffensperiode
, nach einer vorangegangenen persönlichen Kontroverse mit
Ivan III. hinsichtlich der Behandlung der Klosterbauern, der Wunsch,
Großfürst Ivan III. davon zu überzeugen, daß seine Pflicht al6 Schirmherr
der Kirche und des christlichen Glaubens darin bestehe, jeder
häretischen Lehre und deren Verfechtern einen unerbittlichen Kampf
anzusagen, für Josif zum Anlaß, Gedanken vom Wesen und den Aufgaben
eines christlichen Herrschers und damit vom Verhältnis der
Kirche zum Staat in Rußland zu entwickeln. In früheren Schriften
(7. slovo des „Aufklärers") betonte Josif unter einem gewissen Einfluß
latinisierender Vorstellungen, daß den irdischen Herrschern trotz göttlicher
Begabung mit besonderer Machtfülle Grenzen gesetzt, ihnen kaiserliche
, aber keine göttlichen Ehren zu erweisen und einem Herrscher,
der seinen religiösen Pflichten zuwiderhandelt, die nur einem Vollstrecker
göttlichen Willens zukommende Ehrerbietung und der Gehorsam
zu verweigern seien. Doch bereits gegen Ende der ersten Periode
(z.B. 13. slovo) bezeichnete er nach byzantinischem Vorbild den Herrscher
als Gottes Stellvertreter auf Erden, der keiner Abhängigkeit von
der Kirche oder deren Vermittlerrolle bedürfe, wohl aber gemeinsam
mit dem gleichfalls von Gott gestifteten Pricstertum für die ihm anvertrauten
Menschen zu sorgen habe.

In der Zwischenzeit ergab sich eine Trübung des Verhältnisses
zum Großfürsten, als sich Josif auf der Synode des Jahres 1503 mit Erfolg
dessen Absicht widersetzte, Landbesitz der Kirchen und Klöster zu
säkularisieren. Dem „Brief von den Feindseligkeiten zwischen den
Mönchen aus Kirills und aus Josifs Kloster" zufolge — es wurde in
dieser Arbeit versucht, die Glaubwürdigkeit der entsprechenden Aussagen
des „Briefes" zu beweisen — verwarf hier Nil Sorskij im Interesse
einer Reform des Mönchtums den klösterlichen Landbesitz als
Ursache vieler Mißstände und kam damit faktisch den Absichten des
Großfürsten entgegen; dagegen verfocht Josif die Unantastbarkeit des
Grundbsitzes, der ihm als Voraussetzung für das Heranbilden des
höheren Klerus und für die Erfüllung der den Klöstern und der Kirche
gestellten sozialen Aufgaben galt. Aus diesem Disput gingen die sich
später erbittert befehdenden Richtungen der sog. „Besitzlosen"
(nestjazateli) bzw. der „Besitzenden" (stjazateli) hervor.

In seiner zweiten Schaffensperiode erreichte im Zusammenhang
mit der Übergabe seines von Teilfürst Fedor von Volook bedrängten
Klosters an den Großfürsten Josifs Hinwendung zu den byzantinischen
Vorbildern ihren Höhepunkt. Besonders im „Fragment eines Schreiben«
an den Großfürsten" glorifizierte nun Josif unter teilweise wörtlicher
Wiedergabe der Ekthesis des Diakons Agapetos die Moskauer Herrschcrmacht
in der gleichen Weise, wie e« einst Agapetos gegenüber
Kaiser Ju6tinian L getan hatte und ging sogar noch über ihn hinaus.
Den Moskauer Herrscher, den er wiederholt als Zar = Kaiser bezeichnete
, umgab Josif mit der Aureole der Göttlichkeit, pries ihn als Abbild
und Stellvertreter Gottes auf Erden, verglich seine Befugnisse und
Aufgaben mit denen der Himmelsmacht und sprach ihm folglich weitgehende
theokratischc Rechte, uneingeschränkte Macht über die Kirche,
die Klöster und die ganze russische Christenheit zu. Dabei ging es