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Ausgabe:

1963

Spalte:

581-583

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Theologisches Jahrbuch 1962 1963

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 8

582

409, 15; 448, 5), auch da, wo man statt nUm; efe to ■deTov
vielmehr jäane eis &e6v erwartete (p. 428, 17). Gewiß gibt es
hier auch Einschränkendes. Die Umwandlung {fiezanoirjaio) des
Petrus Tigög xo ■&ei6teqov scheint eine gewisse Zurückhaltung
zu beweisen (p. 29, 16), erst recht die durch die vrjqpdfaog /ue-drj
gewirkte exoraotg der Seele ngög xä fteiorega (p. 310,4.20).
Der Abschluß des Aufstiegs müßte das Gewinnen der Gottheit
und die Vergottung sein. Doch nur das eine spricht Gregor aus:
f] xrjg d'EÖrrjTOs y.rfjaig (p. 28 5, 17). Vor dem anderen macht
er Halt. Wohl lehrt er, die Seele werde selber zu dem, worauf
sie blickt: Der Götzendiener wird aus einem Menschen zum
Stein {Xi&og i$ äv&Q(bnov p. 147, 14). So erfahren auch alle,
die auf die wahre Gottheit blicken, deren umwandelnde Kraft.
Doch Gregor scheut sich, die volle d^Eonoirjaig auszusprechen:
der Schauende empfängt nur die idiw/uara der göttlichen Natur,
nicht diese selbst (p. 147, 12). Darum heißt der Grundsatz bei
Gregor nicht: „auf was man blickt, darein wird man verwandelt
", sondern „demgemäß (xaf ixelvov p. 150, 17) wird man
gestaltet". Daß Gregor auf dem von ihm betretenen Weg innehält
, ist nicht minder bedeutsam, als daß er ihn betrat.

Würde sich trotzdem ein Grieche in das bisher Gesagte
unschwer finden, so müßte er doch bald Anstoß nehmen, und
zuletzt möchte bei ihm das Gefühl der Fremdheit überwiegen.
Er könnte ßchon die Rangordnung nicht übersehen, die hier
gelten soll.

Gregor unterscheidet im christlichen wie im heidnischen
Bereich das schlichte erste Verständnis von der reifen Erkenntnis
als Milch und Wein. Aber noch der Wein der höchsten griechischen
Philosophie reicht nicht heran an die Milch der bescheidensten
christlichen Lehre. „Alle menschliche Weisheit und
Wissenschaft des Seienden, alle Anschauungskraft und jedes
Vorstellungsvermögen halten den Vergleich nicht aus selbst mit
der Kindernahrung der göttlichen Lehren" (p. 3 5, 5). „Noch
das Vollkommene in der äußeren Weisheit ist geringer als schon
die kindliche Lehre des göttlichen Logos" (ebd. 11).

Was damit gemeint ist, verdeutlicht sich durch die Gegenüberstellung
der beiden xoojuoi. Während die Betrachtung des
sichtbaren Kosmos auf Fragen philosophischer Art führt und zu
einer Erkenntnis des Daseins Gottes leitet, läßt der neue Kosmos
tiefere Fragen stellen und gibt auf sie Antwort. Macht also
Gregor in der Überordnung eines neuen Kosmos über die
natürliche Welt deutlich, was er mit der Rangordnung griechischer
und christlicher Erkenntnis meint, so bringt er diese
Unterscheidung überdies auf klaren Begriff: es ist die einfache
und die dialektische Weisheit, um die es dabei geht. Diese
zweite Weisheit Gottes, die selbst den Engeln unzugänglich war,
wirkt in Gegensätzen. Die großen Wunder Gottes, wie durch
Tod Leben wird, durch Sünde Gerechtigkeit, durch Fluch Segen,
durch Schwachheit Kraft (p. 25 5, 6ff.), werden nur an der Kirche
sichtbar, die das Gepräge Christi trägt. Gregor rechnet unter
die vorher bekannte „einfache Weisheit Gottes", daß durch die

bloße Kraft des Schöpfungswortes alles ins Werden gerufen
wurde.

Freilich ist es nicht ein starres Schema, in das Gregor eine
heidnische Unterstufe und eine christliche Oberstufe einordnen
wollte. Schon die „Weltfrömmigkeit" versteht sich als eine
solche des ersten christlichen Glaubensartikels: Sie läßt die
Welt durch ein Schöpfungswort entstehen (wobei freilich das
„sehr 6chön" der ersten Schöpfung griechisch als Ausfluß aus
der Quelle der Schönheit erklärt wird p. 385, 22); sie ist sich
ihrer Grenze bewußt und sie erfaßt nur das „Daß", nicht das
„Was" Gottes; jede Erkenntnis bedarf der Handleitung dessen,
zu dem sie aufstrebt. Umgekehrt verrät die Weise des Aufsteigens
vom Sichtbaren zum Verborgenen noch bei der Betrachtung
des kirchlichen Kosmos das Weiterleben griechischer
■&Ewgla. Der Stufenaufstieg von kindlichem Glauben zur vollkommenen
yvtooig, durch den sgcog (p. 38 3, 9) beflügelt, trägt
griechisches Gepräge.

Wie einst die Mauriner Gregor wegen 6einer Griechennähe
zurückgestellt haben mögen (bis dann die französische Revolution
alle weiteren Pläne vereitelte), so war es eben diese Nähe,
die ihm die Zuneigung des Verfassers der Paideia eintrug.
Werner Jäger fand bei Gregor die Aufnahme der griechischen
Philosophie in die christliche Überlieferung und damit die
Ausbildung einer über die Jahrhunderte hin wirksamen Theologie
. Wenn es aber nicht zuletzt der „Synergismus" Gregors
war, auf den sich der beifällige Blick heftete, so weist Langerbeck
darauf hin, daß die Gefahr dieser Lehre, die Selbstgerechtigkeit,
gebannt werde durch Gregors Gedanken des endlosen Fortschreitens
, das sich mit keinem Erreichten zufrieden gebe.

Die Frage nach dem christlichen Recht dieser philosophischen
Theologie hat weder durch den Hinweis auf Gregors
entschiedenes Grenzziehen noch durch den Aufweis fortgeltender
antiker Motive und Denkformen schon eine Antwort gefunden
. Das Problem selbst ist feiner und schwieriger, als daß
man es etwa auf die Formel des unbewußten Fortlebens der
Antike trotz der bewußten Absage an das Heidentum bringen
könnte: sie würde Gregor nicht gerecht. Ebensowenig reicht das
sich als Lösung anbietende Bild hin, als seien zwei Quellflüsse
zusammengekommen, deren Wasser sich allmählich vereinigten,
oder bei denen es festzustellen gelte, wer der stärkere ist, der
Richtung und Namen bestimmt.

Vorerst ist lediglich zu sagen, daß sowohl Art und Nachdruck
der Abgrenzung als auch — im neuen Bereich — Aufnahme
und Anwendung des Alten bei der Antwort in Acht zu
halten sind. Für das eine wie für das andere trägt gerade der
HL-Kommentar Erhebliches bei. Doch nicht von einer einzelnen
, noch so bedeutsamen Schrift aus wird man sich ein Urteil
bilden dürfen; ein solches ist erst möglich, wenn der Text des
Gesamtwerks auch in den noch ausstehenden Bänden so
meisterhaft bestimmt und erschlossen ist. Erst dann wird der
griechischste unter den drei großen Kappadoziern an seinen geschichtlichen
Ort zu stellen und dort zu würdigen sein.

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

Theologisches Jahrbuch 1962. Hrsg. v. A. Dänhardt.
Leipzig: St. Benno-Verlag 1962. 575 S. gr. 8°. Lw. DM 12.50.
Das mit dem vorliegenden Band bereits zum fünften Mal
erscheinende Theologische Jahrbuch bringt diesmal 38 Beiträge.
Einen breiten Raum nehmen mit den 6ieben ersten Aufsätzen
eucharistische Themen ein (9—117), „ein Nachleuchten des
eucharistischen Weltkongresses"(7). In den folgenden fünf
(118—195) werden Fragen, die mit dem Konzil zusammenhängen
, behandelt. Weitere dreizehn (365—388. 422-558) befassen
sich mit mannigfachen praktisch-theologischen Fragen, davon
vier (422—455) mit homiletischen. Die restlichen vierzehn
verteilen sich auf das Neue Testament: drei (195—223. 320—
340), die Dogmatik: vier (236—305), die Frömmigkeits-, Theologie
- und Kirchengeschichte: sechs (224—235. 306—319. 341 —
356. 389—421. 559-571); eine Grenzfrage behandelt H.Dolch,

Die Naturwissenschaft und die Letzten Dinge (357—364). Da
eine Besprechung im einzelnen nicht möglich ist, sei nur einiges
hervorgehoben, was dem evangelischen Leser auffällt. Zunächst
die Stellung zu Luther und zur Reformation. Sie werden häufig
erwähnt und bestimmen oft auch im stillen die Auseinandersetzung
. Dabei zeigt sich durchgehend das Bestreben, dem reformatorischen
Standpunkt gerecht zu werden und sich der
reformatorischen Kritik zu stellen. In den eucharistischen Aufsätzen
geht es dabei natürlich um die Interpretation des Sühnopfergedankens
. Am ausführlichsten geht Otto Karrer (Die
Eucharistie im Gespräch der Konfessionen) auf die evangelische
Kritik ein. Er versucht sie zu entkräften dadurch, daß er den
Nachdruck auf die Fürbitte der Kirche legt: „Zunächst ist wohl
zu bedenken, was .Sühnopfer' der Messe im Tridentinum bedeutet
. Das Konzil gibt keine ausdrückliche Erklärung; ein
Hinweis liegt jedoch darin, daß sowohl im 2. Kapitel als auch
im 3. Kanon der 22. Sitzung das Sühneopfer Christi für die