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Ausgabe:

1963

Spalte:

532-534

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Titel/Untertitel:

L' existence de Dieu 1963

Rezensent:

Joest, Wilfried

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531

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 7

532

Z a n d e e, J.: The Terminology of Plotinus and of some Gnostic
Writings, mainly the Fourth Treatise of the Jung Codex. Istanbul:
Nederlands Hi6torisch-Archaeologisch Instituut in het Nabije Oosten
1961. V, 42 S. 4° = Publ. de l'Inst. hist. et archeol. neerlandais
de Stamboul XI.

Die Beziehungen Plotins zur Gno6is sind schon vielfach
Gegenstand von Erörterungen gewesen, angefangen mit den
grundlegenden Untersuchungen C.Schmidts (TU XX, 4, 1901).
Das Problem wurde in letzter Zeit dadurch bes. aktuell, daß
H. Jonas in seinem bekannten Buch „Gnosis und spätantiker
Geist" auch Plotin in seine Deutung einschloß'. Auch Kenner
wie R. Härder, A. Festugiere und H. Ch. Puech haben zugegeben
, daß bei Plotin, bes. in seinen frühen Schriften, gnosti-
sche Elemente zu finden sind; erst langsam und in seinen späteren
Vorträgen hat er sich als Verteidiger der griech-piaton.
Kosmosverehrung scharf von den gnostischen Auffassungen
distanziert". Zandee greift dieses Problem auf und versucht an
Hand terminologischer Untersuchungen eine sichere Basis zu
schaffen, wobei er davon ausgeht, daß sich zwar der Neoplato-
nismus durch seinen philosophischen Charakter von der stärker
religiös bestimmten Gnosis unterscheidet, aber beide die
„gleichen Denkschemen" (the same thought patterns) gebrauchen
(4). Denn die Gnosis hat, neben dem mythologischen,
auch einen philosophischen Aspekt (3, nach Sagnard) und verwendet
die philosophische Terminologie ihrer Zeit (wenn auch
oft nur in Umdeutung!). Andererseits kann auch Plotin als ein
religiös-mystischer Denker verstanden werden, für den die
„Erleuchtung" eine große Rolle spielt (35, 41).

Als Hauptquelle für die (philosoph.) Gnosis verwendet
Z. die noch nicht veröffentliche titellose 4. Schrift
des „Codex Jung" (p. 51, 1 — p. 134 ult.), die die ersten Bearbeiter
wegen ihres Inhaltes mit „Traite sur les troi natures"
bezeichnet haben:l; nur zwei Drittel dieses Textes sind allerdings
erhalten (es fehlen der Anfang und p. 59-p.90). Außerdem
werden bes. das Corp. Hermet. und das Apokr. Joannis
herangezogen. In 14 Abschnitten vergleicht Z. Aufbau und
Term. techn. der platonischen und gnostischen Texte: die vier
Stufen (Gott, Geist, Seele, Materie), die Eikön-Lehre, die
Mischung und Teilung, den Demiurg, den Fall, Logos, die Vorsehung
(prönoia), Emanation, Eschatologie (Eingehen zur Ruhe,
Rückkehr zum Ursprung und Einen, ins Pleroma). Es ist erstaunlich
, welche weitgehenden Übereinstimmungen sich auf
Grund dieser sehr gewissenhaften Untersuchung zwischen plotin.
und gnost. Konzeptionen ergeben; bes. auch hinsichtlich des
Dualismus, der Materie als Quelle des Bösen („o arvyeovotv
oi ßeoi" wie Plotin, Enn. V 1, 2 einmal zitiert)4, der zwiespältigen
Rolle des Psychischen und des Demiurgen (der im
4. Traktat Hand und Mund des Logos ist und Enn. III 9 dem
dritten Prinzip, der Psyche, zugehört, 2 5 f.), des Gegensatzes
von Einheit („das Eine", „Unzerteilte") und Vielheit (die mit
der 2. Stufe, dem Nous, verbunden ist, was dem gnost. Pleroma
, den Äonen entspricht; auch Plotin nennt diese Sphäre nlr-
gtjg, die Ideen dvvdfieig, 14 f.). Für den Plotiniker und Gno-
stiker besteht die Erlösung im „Wissen". Aber auch die Unterschiede
, trotz formaler Übereinstimmung, werden nicht verschwiegen
(7, 10 f., 13, 18, 20 f., 24). Mit Recht sagt Z.:
„Conformity in terminology is also more or less conformity
in the coneeption" (39). Dies betrifft speziell die frühen Schriften
Plotins, die keinen Antignostizismus verraten oder zum
Ausdruck bringen.

Diese Gemeinsamkeiten erklärt Z. zum Schluß (40 f.) mit
dem Hinweis auf die Vermittlungsrolle des Mesoplatonismus,
bes. des Syrers Numenios v. Apamea (um 150 v. Chr.), den
E. R. Dodds als „very gnostic" bezeichnet hat (vgl. 19 u. 15 f.).

') Bd. 1, 1934 (19542), S. 6, 42 ff.; Bd. 2, 1, 1954, S. 171 ff.;
The Gnostic Religion, 1958, S. 61, 251, 286. Der Plotin gewidmete
Band (2,2) ist noch nicht erschienen. Vgl. auch meine Mandäer I,
1960, S. 144 Anm. 1.

2) Vgl. dazu bes. Jonas, Gnostic Religion. S. 253 f., 262 ff., 266 ff.

-1) H. Ch. Puech et G. Quispel, Vig Christ. 8, 1954, S. 3 u. 9,

1955, S. 65 ff.

') Plotini Enneades ed. R. Volkmann, Vol. II, Lips. 1884,
S. 163, 15 f.

Plotin und die alexandrinischen Gno6tiker (auch das Corp.
Herrn.) schöpfen aus dem gleichen mittelplaton. Brunnen. Darüber
hinaus besteht die Möglichkeit, die gnost. Elemente bei
Plotin und auch seine gnost. Gegner mit dem Valentinianis-
mus in Verbindung zu bringen (1 Anm. 1; 23 Anm. 148a);
um diese Frage zu klären, muß aber zunächst erst einmal die
Herausgabe des 3. und 4. Traktates vom Codex Jung abgewartet
werden.

Wir verdanken dem Verf. mit dieser seiner exakten und
vorbildlichen philosophischen Untersuchung eine wirkliche
Förderung des angegebenen Problems; sie zeigt uns auch, daß
Plotin und die hellenistischen oder „griechischen" Gnostiker
in mancher Beziehung zwei feindliche Brüder gewesen sind.

Leipzig Kurt Rudolph

Diesner, Hans-Joachim: Die Periodisierung des Circumcellionen-
tums.

WZ der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ges.-Sprachw.
XI/10 S. 1329—1338 (Okt. 1962).

Hertling, Ludwig: Communio und Primat — Kirche und Papsttum
in der christlichen Antike.
Lina Sancta 17, 1962 S. 91—125.

Klostermann, R. A.: Erzbischof Basileios von Smyrna. Ein neugriechischer
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Stockholm: Almqvist & Wikseil [1962]. 47 S. gr. 8° = Studia
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Timiades, Emilianos: Zwischen altem und neuem Rom.
Una Sancta 17, 1962 S. 126—139.

PHILOSOPHIE UND HEUGIONSPHILOSOPHIE

L'Existence de Dieu. Tournai: Casterman 1961. 386 S. 8°
= Cahiers de l'actualite religieuse, collection dirigee par Ie College
dominicain de theologie ä La Sarte-Huy, 16. bfr. 180.—.

Das Werk behandelt die Frage des Gottesbeweises, genauer
gesagt: die Möglichkeit einer in die geistige Situation unserer
Zeit hinein sprechenden Neuauslegung des Gottesbeweises im
Sinne der klassischen fünf „viae" von Thomas (S. Th. I, Q. 2
a3). Es gibt Vorträge wieder, die 1960 auf den dieser Frage
gewidmeten Rencontrcs doctrinales der Dominikaner von La
Sarte-Huy gehalten wurden und zu denen außer den Angehörigen
dieses Konventes noch weitere katholische Philosophen des
französischen Sprachbereidis hinzugezogen waren. Angesichts
der Vielfältigkeit der Beiträge, von denen jeder einen in sich
geschlossenen Essai zu einer im Rahmen des Gcncralthcmas doch
wieder besonderen Fragestellung bietet, ist es nicht möglich,
hier in eine kritische Kommentierung von Einzelnem einzutreten
. Wir beschränken uns auf einen Uberblick über den Aufbau
und Inhalt des Werkes und schließen einige Bemerkungen zu
seiner Charakterisierung im Ganzen an.

Die Beiträge sind in fünf Gruppen geordnet, die in ihrer
Folge einen planvollen Weg zur Lösung des gestellten Problems
markieren. Die ersten beiden Gruppen 6ind der Analyse der
gegenwärtigen Philosophie gewidmet, sofern sie der Frage eines
Gottesbeweises kritisch gegenübersteht. Dabei befaßt sich die
erste Gruppe (Le sens de l'atheisme moderne) mit der ausgesprochen
atheistischen Philosophie (J.-Y. Jolif über die philosophische
Bedeutung des Atheismus, S. 13 ff.; G. M. M. Cottier
über die Wege des Atheismus im Marxismus, S. 19ff.). Die zweite
Gruppe (L'inquictude philosophique et le recours ä Ia croyance)
behandelt Denker, die weniger der Frage nach Gott, wohl aber
dem Unternehmen des metaphysischen Gottesbeweises fremd
gegenüberstehen. Hier schreibt C. Fabro über Kierkegaard
(S. 37 ff.); H. Biroult über das Sein, das Göttliche und die Götter
bei Heidegger (S. 49 ff.); X. Tilliette über den philosophischen
Glauben bei Jaspers (S. 77 ff.). Es folgt in diesem Zusammenhang
auch ein Beitrag über die Ablehnung der natürlichen