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1963

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Altes Testament

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515

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 7

516

zitiert sind. Die Sprachgestalt der deutschen Übersetzung zeugt
von Sorgfalt und Sachkenntnis.

Zu fragen wäre, ob in Drijvers' Darstellung die Erkenntnisse
der Gattungsforschung wirklich schon in dem heute erreichbaren
Umfang der liturgischen Vergegenwärtigung der
Psalmen zugute kommen. In zwei Richtungen muß man u. E.
weiter gehen, als es Drijvers tut. Einmal genügt es doch
wohl nicht, die Unterscheidung der Psalmen nach Gattungen
als ein Einteilungsprinzip zu betrachten, das es gestattet, den
„Lehrgehalt" der Psalmen besonders übersichtlich und sachgemäß
zu erfassen (S. 25 f.; vgl. S. 66 f.). Drijvers sieht wohl, daß sich
in jeder Gattung eine „bestimmte innere Grundhaltung" verwirklicht
(S. 66), aber er unterscheidet nicht deutlich genug
zwischen Grundhaltung und Thematik. So wird nicht deutlich,
daß nicht die Themen, nicht der „Lehrgehalt", sondern allein
die innere Grundhaltung, die ganz bestimmte Weise des Stehens
vor Gott, wie 6ie 6ich ursprünglich aus der kultischen Situation
ergab, als Gattungsmerkmal zu gelten hat. Die Klage-, Dank-
und Vertrauenslieder des einzelnen z. B. sind thematisch auf die
gleichen Tatbestände des Bedroht- und des Geborgenseins bei
Gott bezogen, unterscheiden sich aber deutlich durch ihre
Grundhaltung. Auf der anderen Seite zeigt sich in den Hymnen
zwar die gleiche Grundhaltung, aber eine große thematische
Vielfalt. Die systematische Darstellung der Thematik der Psalmen
behält daher u. E. auch neben der Einteilung nach Gattungen
ihr Recht, und das Wesen der Gattung wird eher verdeckt,
wenn man zu schnell nach dem Lehrgehalt fragt.

Zweitens scheint es uns nicht unbedenklich, von vornherein
„die Psalmen als christliches Gebet" zu sehen (Drijvers
überschreibt so sein erstes Kapitel). Nicht alle Psalmen sind
ihrer Form nach Gebete; „Gebet" ist eine Gattung unter anderen
. Es könnte eine große Hilfe für den christlichen Psalmbeter
sein, wenn ihm bewußt gemacht würde, welche Psalmen
der Gattung nach unmittelbar nachgebetet werden können und
in welcher Weise er mit den Psalmen umgehen kann, die nicht
Gebete im engeren Sinne 6ind. Daß Drijvers' Ansatz in dieser
Hinsicht zu schmal ist, zeigt sich daran, daß er den Psalmengattungen
, in denen nicht Gott angeredet, sondern zum Menschen
gesprochen, in denen Thora, prophetische Botschaft,
Weisheitslehre geboten wird, nicht in vollem Maße gerecht
werden kann. — Daß dem evangelischen Theologen die allzu ungebrochene
Rückbeziehung des christlichen Gottesdienstes auf
den alttestamentlichen Kult problematisch erscheinen muß, sei
hier nur konstatiert.

Alles in allem aber darf das Buch als ein sehr erfreuliches
Ergebnis lebendigen Austauschs sowohl zwischen den Konfessionen
als auch zwischen den theologischen Disziplinen begrüßt
werden.

Leipzig Norbert Müller

Kahle, Paul: Der hebräische Bibeltext seit Franz Delitzsch. Stuttgart
: Kohlhammer 1961. 98 S., 21 Abb. a. Taf. gr. 8° = Franz
Delitzsch-Vorlesungen 1958. Kart. DM 19.50.

Die Besprechung der Franz Delitzsch-Vorlesungen 195 8
des bekannten Altmeisters der Erforschung des hebräischen
Bibeltextes kann sich auf eine kurze Inhaltsangabe und einige
Hinweise beschränken. Der Akademie-Verlag Berlin wird voraussichtlich
noch im Jahre 1962 die deutsche Ausgabe der 2. Aufl.
des Werkes vom gleichen Verf., „The Cairo Geniza" Oxford
1959, bearbeitet und durch den Druck geführt von Prof.
R. Meyer, ausliefern können1. Der darin enthaltene 2. Teil
(„Der hebräische Text der Bibel") behandelt — wenn auch in
unterschiedlicher Anordnung und Durchführung — weithin die
gleichen Sachprobleme. Sie werden in dem großen, die wissenschaftliche
Lebensarbeit K.s abschließenden Werk, „Die Kairoer
Genisa", in größerer Ausführlichkeit behandelt, so daß es dem
Rezensenten jenes Werkes erst wirklich möglich sein wird, die
Ergebnisse Kahlescher Arbeit zu würdigen. Gleichwohl ist die
aufmerksame Lektüre der Franz Delitzsch-Vorlesungen K.s von

*) Inzwischen erschienen: Paul E. Kahle, Die Kairoer Genisa.
Untersuchungen zur Geschichte des hebr. Bibeltextes und seiner Übersetzungen
. Berlin: Akademie-Verlag 1962. [Korrekturnachtrag]

Nutzen, zeigt sie doch einmal, daß der Verf. um immer sicherere
Erfassung der Tatbestände bemüht ist, und vermittelt sie zum
anderen auf Grund der etwas aufgelockerteren Durchführung
einen starken Eindruck von der ganz dem Gegenstand hingegebenen
Persönlichkeit K.s.

Dem Rahmen der Vorlesungen gemäß beschäftigen sich die
drei ersten Abschnitte mit der Bedeutung, die Fr. Delitzsch zu
seiner Zeit für die Gewinnung und Bereitstellung eines zuverlässigen
hebräischen Bibeltextes gehabt hat. Zeigt K. zunächst
die Grenzen D.s, insofern er in Fragen der Ma6ora Seligmann
Baer folgte (S. 11-17), so würdigt der Verf. in dem Abschnitt
„Franz D. und die Complutensische Polyglotte" (S. 17-19) dessen
Einsicht in ihre Bedeutung, die weit über der des textus
receptus des Ben Chajim liegt. — In den folgenden Abschnitten
(S. 19—50) befaßt sich K. mit den wissenschaftlichen Entdeckungen
und deren Auswertung, an denen er z. T. maßgeblichen Anteil
hat („Der babylonische Bibeltext", „Der Palästinische Bibeltext
und der Samaritanus", „Mercati's Hexapla-Fragmente",
„Die Bibelhandschriften des Origenes"), und die die Einsicht in die
wirkliche, aber eben auch komplizierte Textgeschichte des
Bibeltextes überhaupt erst ermöglichten. — Der 8. Abschnitt
(„Die karäischen Masoreten von Tiberias und ihre Arbeit am
Bibeltext", S. 51—54) leitet über zu dem letzten großen Sachkomplex
, der der Bedeutung der drei wichtigsten großen hebräischen
Bibelkodizes gewidmet ist, dem Kairoer Prophetenkodex
des Mosche ben Ascher (Abschnitte 9—16; S. 54—76), dem Leningrader
Bibelkodex B 19a, der der 3. Aufl. der Biblia Hebraica
(ed. R. Kittel, unter maßgeblicher Mitarbeit von P. Kahle)2 zugrunde
liegt (S. 76—79), und dem Kodex von Aleppo (S. 80
— 88). — Ein kurzer Abschnitt über „Vormasoretisches Hebräisch
" (S. 89—94) schließt die Vorlesungen ab.

Besonders hervorgehoben sei der Abschnitt, der „Die Abbildungen
des Kairoer Prophetenkodex des Mosche ben Ascher"
behandelt (S. 54—59). Er stellt die von K. gefertigte Übersetzung
der von R. H. Pinder Wilson, London (mit Beiträgen von
Dr. R. Ettinghausen, Washington) beigesteuerten Beschreibung
und kunstgeschichtlichen Beurteilung der äußerst wertvollen
„Illuminations" dieses Kodex dar. (Der englische Wortlaut des
Beitrages ist als Anhang beigegeben; S. 95 —98.) Sie werden
durch die sehr klaren Schwarz-Weiß-Photographien der Abb.
1—11. 16—18 eindrucksvoll vor Augen geführt. Auch die Wiedergaben
von Teilen verschiedener Bibelkodizes und -HSS sind derart
, daß ihre Lesung sehr gut möglich ist.

Jena Manfred Weise

J) B 19a wird auch der 4. Aufl., die in Bearbeitung ist, als Basis
dienen.

Echegaray, J. Gonzales: Nouvelles fouilles a „El Khiam" (Plan-
ches l-II).

Revue Biblique 70, 1963 S. 94—119.
The Expedition to the Judcan Desert, 1961:
Israel Exploration Journal 12, 1962 (Nr. 3—4).
Introduction S. 167—168.

N. Avigad: Expedition A — Nahal David S. 169—183.

D. V. Zaitschek: Remains of Plants from the Cave of the

Pool S. 184—185.
Y. Aharoni: Expedition B —The Cave of Horror S. 186—199.
L. Y. Rah man i: The Coins from the Cave of Horror S. 200.
B. Lifshitz: The Greek Documents from the Cave of Horror

S. 201—207.

D. Barag: Glass Vcssels from the Cave of Horror S. 208—214.
P. Bar-Adon: Expedition C -The Cave of the Treasure S. 215
—226.

Y. Yadin: Expedition D - The Cave of the Letters S. 227—257.

H. J. Polotsky: The Greek Papyri from the Cave of the
Letters S. 258—262.
Festugiere, A. J.: La Vie de Sabas et les tours de Syrie-Palestine.

Revue Biblique 70, 1963 S. 82—93.
Grad wohl, Roland: Die Verbrennung des Jungstiers, Ex. 32,20.

Theologische Zeitschrift 19, 1963 S. 50—53.
Honecker, Martin: Zum Verständnis der Geschichte in Gerhard

von Rads Theologie des Alten Testament«.

Evangelische Theologie 23, 1963 S. 143—168.
Lifshitz, Baruch: Sur 1c culte dynastique de« Seleucide«.

Revue Biblique 70, 1963 S. 75—81.