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1963

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Theologische Literaturzeitung 8 8. Jahrgang 1963 Nr. 7

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geschichtliche Bedeutung Jerusalems überhaupt, sondern um sein theologisches
Gewicht als Herd der eschatologischen Hoffnung, als Symbol
für das Königreich Gottes (S. 236).

15. G. Quell, Das Phänomen des Wunders im Alten Testament
(S. 253—300). Der schwierige, nicht immer leicht faßliche Beitrag
geht von der Überzeugung aus, daß die Heillosigkeit der Wunderfrage
innerhalb und außerhalb der Theologie im Denken unseres Zeitalters
seit der Renaissance begründet ist, in der falschen Blickrichtung,
die das Wunder stofflich unter Kritik stellt und damit rationalisiert
und säkularisiert. Die Autoren biblischer Wundererzählungen dagegen
bedienen sich des Wunderphänomens als Mittel zur Darstellung des
in der religiösen Erfahrung begründeten Sachverhaltes, daß Gottes
Handeln andere ist als das der Menschen. Unter diesem Gesichtswinkel
werden lehrreiche und nicht selten originelle Beobachtungen
zur Geschichte des Wunders im Alten Testament mitgeteilt, die der
Leser mit Gewinn und oftmals mit Genuß zur Kenntnis nehmen wird,
auch wenn er in Einzelheiten die Meinung des Verfs. nicht immer
teilen kann. Die Schwierigkeit besteht nun aber darin, daß die Grenzen
zwischen der exegetischen Erhebung und Deutung alttestament-
licher Tatbestände und der theologisch gültigen Aussage nicht scharf
genug gezogen werden. „Demnach bleibt es kaum aus, daß die rationale
oder satirische Kritik, wenn sie Natur und Naturgesetz bemüht,
den Aussagen nicht gerecht wird; sie trifft vorbei, indem sie das
faszinierende &av/*a starr als ein dem denkenden Vermögen unterworfenes
Problem faßt" (S. 274 f.). Es geht der Wundererzählung um
die Darstellung der „tatsächlich gültigen Wertordnung": „Menschliches
hat seine eherne Grenze an Gottes Macht und Willen; Göttliches
wirkt in menschliches Bereich, wann, wie und wo wir es nicht wissen"
(S. 256). Sätze wie diese lassen sich als Deutungsversuch alttestament-
licher Sachverhalte gewiß zur Grundlage einer förderlichen Debatte
machen. Es hat jedoch auf Schritt und Tritt den Anschein, als erhebe
sie der Verf. in den Rang theologisch gültiger Aussagen. Hier werden
sich die Wege des Verfs. und vieler seiner Leser trennen.

16. L. Rost, Erwägungen zum Kyroserlaß (S. 301—307). In
diesem Aufsatz geht es um den Übergang vom „Fürsten von Juda"
Scheschbazzar auf den „Statthalter" Serubbabel im Lichte der Politik
des persischen Großreiches, um die Grundlegung der kultischen Abhängigkeit
des Judentums von fremder Obrigkeit. —

Mit einem Worte: Es besteht Grund genug, dem Herausgeber
, den Mitarbeitern und dem Verlag für die Festschrift und
die damit stellvertretend für die ganze Alttestamentliche
Wissenschaft vollzogene Ehrung Wilhelm Rudolphs zu danken.

Göttingen Herbert D o n n e r

Hordern, William: Theologians of Our Time: IV. Karl Barth Today
.

The Expository Times 74, 1963 S. 177—180.
Macquarrie, John: Theologians of our Time: V. Karl Rahner, S.J.
The Expository Times 74, 1963 S. 194—197.

ALTES TESTAMENT

Baltzer, Klaus: Das Bundesformular. Neukirchen/Moers: Neu-
kirchener Verlag d. Buchhandlung d. Erziehungsvereins 1960. 215 S.
gr. 8° = Wissenschaft]. Monographien z. Alten u. Neuen Testament
, hrsg. v. G. Bornkamm u. G. v. Rad, IV. DM 19.50.

Nachdem schon Mendenhall 1955 in seiner Abhandlung
„Law and Covenant" die Aufmerksamkeit auf die hethitischen
Vertragsurkunden gelenkt und ihre Bedeutung für die israelitische
Bundesauffassung hervorgehoben hatte, beschäftigt sich
die vorliegende Arbeit mit dem eingehenden Vergleich der
hethitischen Bundesschlüsse mit dem Bund Jahwes mit Israel.
Diese aus dem 14. und 13. Jahrhundert stammenden und vor
allem von Weidner und J. Friedrich edierten Bundesurkunden
lassen deutlich ein feststehendes Bundesformular erkennen, in
dem die entscheidenden Akte des Bundesschlusses in der gleichen
Reihenfolge und Ausführung wiederkehren. Diese Art des
Bundesschlusses, die mit dem Niedergang der großen Reiche
aus der 2. Hälfte des 2. vorchristlichen Jahrtausends aus der
Geschichte verschwindet, zeigt nun eine so auffällige Verwandtschaft
mit den alttestamentlichen Nachrichten über den Bundesschluß
Jahwes mit Israel, daß die Bekanntschaft mit ihr im
alten Israel vorausgesetzt werden muß. Der Verf. geht deshalb
der Frage nach, wie sich dieses Bundesformular in der israelitischen
Überlieferung widerspiegelt, indem er als die Hauptmomente
des hethitischen Bundesformulars Präambel, Vorgeschichte
, Grundsatzerklärung, Einzelbestimmungen, Anrufung

der Götter, Fluch und Segen vorführt und sie mit den Berichten
in Ex. 19 und 24, Jos. 24 und Deuteronomium vergleicht.
Die dabei festzustellende formale Übereinstimmung läßt natürlich
weder die besondere Abwandlung einzelner Akte in Israel,
wie etwa der Anrufung der Götter, noch die inhaltliche Verschiedenheit
übersehen. Um so frappanter ist die Konstanz der
einmal angewandten Form des Bundesvertrags, die der Verf.
durch alle Berichte von der Erneuerung oder Bestätigung des
Bundes in Israel feststellen kann. Dabei gelangt er zu der wichtigen
Erkenntnis, daß eine Bundeserneuerung nicht als regelmäßiger
liturgischer Akt mit einem der jährlich wiederkehrenden
Feste verbunden, sondern durch einen vorangegangenen
Bundesbruch bestimmt war und von der Bestätigung des Bundes
bei der Amtsübergabe vom derzeitigen Inhaber an den Nachfolger
zu unterscheiden ist. Die Bedeutung der schriftlichen
Niederlegung der Bundesbestimmungen, ohne die kein Bund in
Kraft treten kann, sowie der Tegelmäßig wiederholten Verlesung
des Bundesformulars wirft auf die entsprechenden alttestamentlichen
Berichte neues Licht und stellt die ganze
Bundesüberlieferung des Alten Testaments in den Zusammenhang
einer damals überaus lebendigen und im Leben des vorderen
Orients wichtigen Praxis des Bundesschlusses.

Wie zäh sich die Struktur des alten Bundesformulars bis
in die jüdische und christliche Zeit hinein behauptete, macht
der Verf. im 2. Teil seiner Arbeit durch die Untersuchung einer
Reihe von Texten anschaulich, die von den Texten der Gemeinde
von Qumran und Damaskus zum Barnabasbrief, zur
Didache und zum 2. Clemensbrief führen und in den Jubiläen
und den Testamenten der 12 Patriarchen die Wandlung vom
Bund zum Testament erkennen lassen. So mannigfach dabei die
Abwandlung der einzelnen Teile sein kann, 60 erstaunlich
wirkt doch die Konstanz der Gesamtstruktur, die eigentlich nur
durch ihre ständige Anwendung in Liturgie und Predigt zu erklären
ist. Von theologischer Relevanz ist dabei die Beobachtung
, daß in dem Gattungselement der „Vorgeschichte" an die
Stelle der Geschichtsmächtigkeit Jahwes mehr und mehr seine
Schöpferallmacht tritt und damit ein dogmatischer Teil das
Geschichtszeugnis ersetzt. Diese Wendung dürfte eimen neuralgischen
Punkt auch in der christlichen Theologie bezeichnen,
dessen Problematik nach einer besonderen Behandlung ruft.

Eine Synopse des Aufbaus dieser späten Texte, die vollständige
Wiedergabe des Vertragstextes beim Bund zwischen
Mursiiis II. und Duppi-Tesub von Amurru aus J. Friedrich,
Staatsverträge des Hattireiches in hethitischer Sprache 1926 und
des Vertrags von Suppiluliumaä mit Niqmadu von Ugarit aus
J. Nougayrol, Le palais royal d'Ugarit IV. 1956 sowie der
Agende aus der „Sektenrolle" von Qumran mit Einfügung alt-
testamentlicher Paralleltexte sind als Anhang beigefügt und ein
ausführliches Literaturverzeichnis und Stellenregister schließt
den Band ab.

Man wird die Bedeutung dieser ausgezeichneten Untersuchung
für die Beurteilung der israelitischen Bundesüberlieferung
kaum überschätzen können und kann sich nur freuen, daß
hier zusammen mit dem zur gleichen Zeit erschienenen Werk
von W. Beyerlin über Herkunft und Geschichte der ältesten
Sinaitraditionen, in dem die literarkritische und traditionsgeschichtliche
Untersuchung der jahvistischen und elohistischen
Sinaiperikope im Licht der hethitischen Vertragsurkunden mit
außerordentlichem Erfolg durchgeführt wird, ein Material geboten
ist, das die zentrale Bedeutung des Bundesgedankens im
alten Israel in unerwarteter Weise bestätigt und seine immer
wieder versuchte Bagatellisierung wohl für immer unmöglich
machen wird.

Münchenstein b. Basel Walthcr Eichrodt

Fohrer, Georg, Prof. D. Dr.: Das Buch Jesaja. 2. Band: Kapitel
24 — 39 ausgelegt. Zürich - Stuttgart: Zwingli Verlag [1962], VIII.
195 S. kl. 8° = Zürcher Bibelkommentare. Pp. DM 10.80.

Dieser zweite Band der Zürcher Sammlung zu Jes. ist in
Anlage und Durchführung dem ersten gleich (vgl. ThLZ 1961.
S. 664—66). Die Übersetzung ist überwiegend treffend, manchmal
hervorragend und kühn (29, 14a), die Erklärung immer gut
verständlich. Die theologische Gesamtkonzeption ist die gleiche