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Ausgabe:

1963

Spalte:

447-449

Kategorie:

Naturwissenschaft und Theologie

Autor/Hrsg.:

Dillenberger, John

Titel/Untertitel:

Protestant thought and natural science 1963

Rezensent:

Henschel, Martin

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 6

448

entspricht in vollem Umfang die Gliederung der alten Petersbasilika
, auch nach den Änderungen, die Papst Gregor der
Große hatte durchführen lassen: „Von vorn führten zwei Treppen
zu der erhöhten Apsis, in deren Rundung eine Priesterbank
mit dem mittleren Sitz für den Papst herumlief." Dieses Sinnbild
des Priestertums innerhalb der Symbolik des Kirchengebäudes
wurde durch das Petersgrab in besonderer Weise ausgezeichnet
und die priesterliche Autorität dadurch gewürdigt.
Der Neugestaltung des Petersdomes seit 1467 liegt eine ganz
andere Auffassung zu Grunde. Die Kuppel betont das Petersgrab
. Auch die übrigen Änderungen, die Einbauten und die
Ausstattung sind von einem anderen Geiste getragen. Die
Fülle der Kunst, die sich von der ersten nachweisbaren Ehrung
des Apostels an der Stelle der heutigen Peterskirche bis hin
zu den Werken der Renaissance- und Barockzeit angesammelt
hat oder durch den Eifer der Forscher uns wieder zur Kenntnis
gelangt ist, ist nicht nur von architekturhistorischem Interesse,
sondern gewährt auch einen tiefen Einblick in das Wesen und
in die Geschichte der katholischen Kirche. So ist das Doppelheft
Eberhard Hempels in seiner knappen und klaren Darstellung
auch für den Theologen von Interesse.

Das Heft über die Blasiuskirche in Mühlhausen, dessen
Text Ernst Badstübner verfaßt hat, bietet zwar nicht so weitreichende
Perspektiven wie das Heft über den Petersdom, beschert
uns aber eine sorgfältige, wissenschaftlich gut fundierte
Beschreibung eines Kleinods der Baukunst, das am Südrand des
Eichsfeldes zu finden ist. Die genannte Kirche ist als gotische
Hallenkirche errichtet worden. Als Vorbild hat wahrscheinlich
die St. Elisabethkirche in Marburg gedient. Beachtenswert sind
die Portalplastiken, die Grabplatten der Bischöfe Kristan von
Samland (f 1295) und Theodor von Ammern (f 1 353), die
mittelalterlichen Glasgemälde sowie der große Abendmahlskelch
vom Jahre 1612.

Cuxhaven Alfred Weckwerth

Boeck, Wilhelm: Rembrandts Vollendung im späten Werk.

Universitas 18, 1963 S. 123—136.
Corbett, Sp.: Santo Stefano Rotondo.

Rivista di Ardicologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 249—262.
Darsy, F.: Les portes de Sainte-Sabine: methode d'analyse formelle

et de critique interne en histoire de l'art.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVII, 1961 S. 5—49.
Farioli, R.: La mensa d'altare in Salona.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 309-316.
Ferrua, A.: II eimitero sopra la catacomba di Domitilla.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 173—210.
Lüthi, Kurt: Moderne Kunst in der Sicht des avantgardistischen

Katholizismus in Frankreich.

Zeitschr. f. ev. Ethik 6, 1962 S. 307-312.
Nestori, A.: La basilica di S. Pancrazio in Roma.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 213—248.
Schade, Herbert: Sakrale Kunst.

Stimmen der Zeit 171 (88. Jg. 1962/63) S. 274-289.
Schaffran, E.: Koptische kirchliche Steinplastiken in der Schweiz.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 319-322.
Wessel, K.: Die große Berliner Pyxis.

Rivista di Archeologia Cristiana XXXVI, 1960 S. 263—308.
Woerden, Isabel Speyart van: The Iconography of the Sacrifice of

Abraham.

Vigiliae Christianae XV, 1961 S. 214—255.

NATURWISSENSCHAFT UND GLAUBE

Dillenberge r, John: Protestant Thought and Natural Science.

A Historical Interpretation. New York: Doubleday & Co. i960.

310 S. 8°. Hlw. $ 4.50.

Das anzuzeigende Buch gibt „eine historische Interpretation
der Hintergründe einer 500-Jahre-alten Debatte". Auf der
Untersuchung und Darstellung der wechselnden Beziehungen
zwischen dem protestantischen Denken in seinen verschiedenen
historischen Gestalten einerseits und der entstehenden und
immer selbstbewußter werdenden Naturwissenschaft andererseits
liegt das Hauptgewidit. In 8 Kapiteln wird diesem Prozeß
von der Reformationszeit bis zur Schwelle der Gegenwart
nachgegangen.

In den ersten Kapiteln geht es um die Stellung der protestantischen
Denker zu dem kopernikanischen Weltbild. Einzelheiten
zu referieren ist im Rahmen dieser Rezension nicht
möglich. Aber die Grundlinien seien angedeutet. Der Verf. betont
mit Recht, man müsse in dieser Frage drei Perioden unterscheiden
: die Zeit zwischen Kopernikus und Galilei, in der das
neue Weltbild bei den Fachgenossen vorwiegend abgelehnt,
bestenfalls aber als eine unter anderen möglichen Rechenhypothesen
akzeptiert wurde; die Zeit zwischen Galilei und Newton
, in der durch neue empirische Entdeckungen das koperni-
kanische System mehr, aber noch nicht ausschließliche Überzeugungskraft
gewann; und schließlich die Zeit nach Newton,
in der es wissenschaftlich unangreifbar geworden ist. Nur unter
Berücksichtigung dieser Differenzierung könne man zu einem
historisch gerechten Urteil über die theologische Polemik gegen
die kopernikanischen Lehren gelangen. Auf der theologischen
Seite aber begnügt sich Verf. nicht damit, positive oder negative
Stimmen einfach zu notieren, sondern er ordnet die Stellungnahmen
in tiefere Zusammenhänge ein, indem er sie auf
das jeweilige Schriftverständnis bezieht. Während die Position
der Reformatoren von daher als dem neuen Weltbild gegenüber
prinzipiell offen erscheint, zeigt sich mit der rationalisierenden
Formalisierung der Schriftautorität (im Zusammenhang mit der
Wiederaufnahme des Aristotelismus) in der altprotestantischen
Orthodoxie eine zunehmende, wenn auch nie totale Feindschaft
gegenüber dem neuen Wissen.

Besondere Aufmerksamkeit eines kontinentalen Lesers
dürfen das 4. und 5. Kapitel beanspruchen. Das 4. schildert die
geistesgeschichtliche Sonderrolle Englands im 17. Jhdt. Die
neue Scholastik hatte dort nie die systembildende Kraft erlangt
wie etwa in Deutschland und wurde eher völlig überwunden.
Das puritanische Schriftverständnis konzentrierte sich stärker
auf praktische Fragen, es kannte keine totale Inspiration. So
war eine offenere Haltung gegenüber den neuen Entwicklungen
möglich: Die Mehrheit der anfänglichen Mitglieder der Royal
Society sind Puritaner. Im 5. Kapitel werden erneut an englischen
Beispielen (u. a. Wesley) die theologischen Versuche
des 18. Jhdts. geschildert, sich gegenüber der immer selbstsicherer
werdenden Naturwissenschaft zu behaupten (Wunder- und
Weissagungsbeweis, Betonung einer gottgesetzten Zwedchaftig-
keit neben der kausalmechanischcn Erklärung der Natur).

Mit dem 6. Kapitel wendet sidi die Darstellung wieder
der kontinental-europäisdien Entwicklung zu: zunächst der
deutschen Aufklärung, im nächsten Kapitel vor allem Schleicr-
macher, dessen Denken als schöpferischer Durchstoß gewürdigt
wird, wenn auch einige aufklärerische Momente nicht übersehen
werden.

Das 8. Kapitel schließlich schildert Entstehung und Grundtendenzen
des Darwinismus und die theologischen Versuche des
19. Jhdts., mit diesem Angriff auf das bisherige christliche Menschenverständnis
fertig zu werden. Hier sind es wieder vorwiegend
, aber nicht aussdiließlich, englische Autoren, die berücksichtigt
werden (unverhältnismäßig viel Raum und Gewicht
erhalten die doch recht fragwürdigen Konstruktionen H.
Drummonds). So weit der historische Teil.

Aber die historisdic Darstellung bleibt doch nicht einziger
Zweck. Es geht Verf. darum, aus der Kenntnis der geschichtlichen
Entwicklungen zu lernen für die heutige Situation
und für die Entscheidungen, die das künftige Verhältnis von
Theologie und Naturwissenschaft bestimmen werden. So
schließt er an den historischen Teil zwei weitere Kapitel an:
Einen Überblick über die heutige Lage, wie sie durch die „zwei
Revolutionen im Denken", die theologische (charakterisiert
durch die Namen Barth, Tillich, Bultmann) und die naturwissenschaftliche
(Quantenphysik, Relativitätstheorie) geschaffen
ist, und einige vorsichtige Bemerkungen zu einer Verhältnisbestimmung
zwischen Theologie und Naturwissenschaft
heute. Weder eine radikale Trennung, als wenn es Änderungen
im Selbstverständnis der Naturwissenschaften gar nicht gäbe,
noch eine vorschnelle Synthese werden als möglicher theologischer
Weg zugelassen.

Der historische Teil bekommt einen besonderen Wert dadurch
, daß Verf. seine Darstellung mit geschickt ausgewählten.