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Ausgabe:

1963

Spalte:

437-439

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts 1963

Rezensent:

Schuster, Hermann

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437

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 6

433

Willens Gottes. Der einzelne als Kategorie homiletischer Besinnung
— darin dürfte etwas von dem stecken, was an Calvins
beharrlicher Predigtarbeit und Besinnung zu dieser Tätigkeit
der Kirche in die Zukunft weist. Es ist in der Kirchengeschichte
zunächst das pietistische Thema geworden — der einzelne als
Sünder und Begnadigter; aber es kann eigentlich nicht überraschen
, bei Calvin diesen Ansatz zu finden.

Erlangen JanWeerda

y* P a u c k, Wilhelm: The Heritage of the Reformation. Rev. and
' enlarged Ed. Glencoe: The Free Press [1961]. IX, 399 S. 8°. Lw.
$ 6.—.

The three new essays are on „The Ministry in the time
of the Reformation", and on Harnack and Barth. The collection
consritutes a veritable history of Protestantism alike as to
theology, ecclesiology and cultural aspects. There is much
discussion of relations of Protestantism with Catholicism on
the one hand and secularism on the other. The essays bring im
also matters of detail. The first corrects populär misunderstand-
ings of Luther especially in the U. S. The second points up the
distinctiveness of Calvin by comparing successive editions of
the Institutes. Butzer appears as the originator of the
Protestant Commonwealth (respublica christiana) based on elec-
tion. The section on the mini6try (Seelsorge, Pfarramt) includes
a neat survey of the various Kirchenordnungen of the sixteenth
Century. The chapters on the Council of Trent point up the
insurmountable differences between Catholicism and Protestantism
. Then we move into the modern era of sectarianism,
Enlightenment and tolerance. When it comes to Protestant
Liberalism, Pauck is well aware of the weaknesses, but insists
on the soundness of its approach to history. This is notably
true in the case of Harnack, whose position has been grievously
misrepresented. Barth is right in his denunciation of the cult
of man in the whole of modern culture, but he is hard to
follow when he asserts that only God can know God and then
expends his torrential imagination in explaining how man can
know God.

New Häven Roland II. Ba i n t on

Fischer, Robert H.: Luther's Stake in the Lord's Supper Contro-
versy.

Dialog 2, 1963 (Nr. 1) S. 50—59.
F o r e 11, George W.: Thomas Münzer, Symbol and Reality.

Dialog 2, 1963 (Nr. 1) S. 12—23.
Haikola, Lauri: A Comparison of Melandithon's and Luther's

Doctrine of Ju6tification.

Dialog 2, 1963 (Nr. 1) S. 32—39.
Johansen, J. H.: Martin Luther on Scripture and Authority and

the ChurA, Ministry and Sacraments.

Scottish Journal of Theology 15, 1962 S. 350—368.
Meyer-Roscher, Hans: Jürgen Wullenwever. Ein Führer des

Volkes und Bekenner lutherisAen Glaubens. (Zum 425. Todestag.)

Pastoralblätter 103, 1963 S. 89—92.
Olsen, Arthur L.: Martin Chemnitz and the Council of Trent.

Dialog 2, 1963 (Nr. l) S. 60—67.
Persson, Per Erik: The Reformation in Recent Roman Catholic

Theology.

Dialog 2, 1963 (Nr. 1) S. 24—31.

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Stachel in, Ernst: Die Verkündigung des Reiches Gottes in der
Kirche Jesu Christi. Zeugnisse aus allen Jahrhunderten und allen
Konfessionen zusammengestellt. V. Bd.: Von der Mitte des 17. bis
zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Basel: F.Reinhardt o. J. IX, 532 S.
gr. 8°. Lw. sfr/DM 43.20.

Dieser fünfte Band des umfangreichen, gelehrten Werkeß,
dessen vorhergehende Teile ich früher angezeigt habe, ist so
umfassend und reich, daß er in einer kurzen Besprechung nicht
genügend gewürdigt werden kann. Ich muß mich begnügen mit
einer allgemeinen Schilderung und einzelnen, besonders lehrreichen
Stücken.

Dieser fünfte Band umfaßt die zweite Hälfte des 17. und
die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, also etwa die Zeit von

1650—1750. Man merkt auch immer wieder, daß man noch-
nicht in der Zeit der Aufklärung lebt, geschweige einer historischen
Kritik, sondern noch in einer ungebrochenen Bibelgläubigkeit
. Auffallend ist immer wieder das Gewicht, das
viele dieser Männer auf die letzten Dinge legen. Die Frage der
Höllenstrafen, ob sie ewig oder zeitlidi seien, wird in dem entgegengesetzten
Sinne, jeweils mit großer Zuversicht erörtert.

Wir hören im 1. Kapitel Stimmen aus der Kirche Englands
, im nächsten aus dem nordamerikanischen Protestantismus
, im folgenden aus dem niederländischen, und dann aus der
Welt des deutschen Protestantismus. Hierauf folgen noch Frankreich
und die Schweiz, die böhmisch-mährischen Brüder, Stimmen
aus der römisch-katholischen Kirche und schließlich aus
der morgenländisch-katholischen (sie!) Kirche.

Beim Ende anzufangen, werden in der römisch-katholischen
Kirche vier bekannte Namen uns vorgeführt: Der Bischof Cornelius
Jansen, dessen Buch über Augustin nach seinem Tode
großes Aufsehen erregte; ferner Johannes Scheffle r, Angelus
S i 1 e s i u s, bei dem nicht verschwiegen wird, daß dieser
zur katholischen Kirche übergetretene Mystiker nachher in eine
massive Polemik gegen die Kirche verfiel, die er verlassen hatte;
ferner der große französische Prediger B o s s u e t und der allbekannte
Abraham a Santa Clara.

Unter den Stimmen aus der englischen Kirche ragen hervor
Oliver C r o m w e 11, George Fox und John M i 11 o n. An
den beiden Erbauungsschriftstellern Baxter und B u n y a n
beobachten wir deutlich, daß ihre frommen Gedanken doch auf
einer anderen Unterlage beruhen und uns in ihrer Gestalt
fremd geworden sind. Manchen Leser wird es überraschen, auch
den großen Naturforscher Isaak Newton hier zu finden, der
sich bemüht, sein wissenschaftliches Weltbild mit der Bibel in
eins zu bringen.

Wir bewundern mit Dankbarkeit die umfassende Bibelkenntnis
, mit der S t a e h e 1 i n alle Bibelstellen, auch solche,
auf die nur eben angespielt wird, uns nachgewiesen hat. Wir
sind ebenso dankbar, daß er in der Einleitung zu den Quellenstücken
uns einen je nachdem kürzeren oder längeren Lebensabriß
seines Helden geschenkt hat. Das ist z. B. außerordentlich
lehrreich bei Jean de Labadie, mit seinen wechselvollen
Schicksalen.

Bei Paul Gerhardt werden für alle seine Lieder, die
nicht im ganzen Umfang abgedruckt werden, die genauen
Quellen des Erstdrucks mitgeteilt. In dem Kapitel über August
Hermann F r a n c k e und seinen Kreis finde ich manche schöne
Lieder, die mir von Jugend an lieb und vertraut sind. Gottfried
Arnold kommt mit Recht umfangreich zu Worte. Dem
Sturm der Entrüstung gegenüber, den Arnold auslöste, steht
das Urteil des großen Rechtsgelehrten Christian Thomasius,
des wackeren Bestreiters des Hexenwahns: „Ich halte ob-
gedachte, des Herrn Arnold Historie nach der Heiligen Schrift
für das beste und nützlichste Buch, das man auf diesem Gebiete
des Schrifttums gehabt hat, und scheue mich nicht, es
allen meinen Hörern hiermit auf das nachdrücklichste zu empfehlen
, und wenn sie das Geld dafür ihrem Munde absparen
oder erbetteln müßten."

Der liebenswürdige Seelsorger Gerhard Tersteegen
war ein tief innerlich gerichteter Mystiker und hat seine
mystischen Gedanken, was nicht ausdrücklich vermerkt ist, vielfach
auch aus katholischen Büchern eingesogen, steht also
gewissermaßen über den Konfessionen. Aus der vorangesetzten
Lebensbeschreibung hat ein Stück mich überrascht und
verdient hier festgehalten zu werden: Er setzte sich in eigenartiger
Weise mit philosophischen Betrachtungen Friedrichs
d. Gr. auseinander: „O ihr Gern-Philosophen de Sans Souci,
werdet doch erst Philosophen de grand souci, oder ihr betrüget
euch jämmerlich".

In der längeren Einleitung über den prächtigen Bibelforscher
Johann Albrecht B e n g e 1 hören wir, daß er sich besonders
eingehend mit der Offenbarung Johannes beschäftigt
hat und eine eigentümliche Auslegung der berühmten Zahl 666
gefunden zu haben meint. Ich darf endlich nicht vergessen zu
erwähnen, daß drei große Männer gebührend gewürdigt werden
, die ich noch nicht genannt habe, Philipp Jakob Spener,