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Ausgabe:

1963

Spalte:

388

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Hessen, Johannes

Titel/Untertitel:

Griechische oder biblische Theologie? 1963

Rezensent:

Beintker, Horst

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Seite 1

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387

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 5

388

Wirklichkeit kann überhaupt nicht als Glaube an Jesus begriffen
werden." Das sola fide der Reformation muß „streng inhaltlich"
bestimmt werden, da es nur ,,in absoluter Gewißheit um die
von der Heiligen Schrift bezeugten Offenbarungswirklichkeit"
existiert. Es entspricht vollkommen dem Grundgedanken seines
Buches, wenn K. feststellt, daß allein „die sich im Glauben
lebendig und gegenwärtig bezeugende Wirklichkeit des Auferstandenen
" unbedingte Gewißheit zu begründen vermag. Aus
der von K. immer wieder verfochtenen These, daß der auferstandene
und erhöhte Christus identisch ist mit dem historischen
Jesus, ergibt sich dann mit zwingender Notwendigkeit,
daß die „pneumatische" Glaubensgewißheit eine ganz neue
Relation von Glaube und Geschichte und damit die „Erkenntnis
geschichtlicher Tatsachen" bewirkt. Da Christus gestern und
heute derselbe ist, stellt die Glaubensbegegnung mit dem Auferstandenen
„in aktueller Gegenwärtigkeit" unmittelbar vor
den geschichtlichen Jesus, „und die Begegnung mit diesem ist
keine andere als die mit dem lebendigen Herrn".

In der Zusammenfassung seiner Ergebnisse nimmt K. noch
einmal die Frage auf, die ihn bei seiner ganzen Untersuchung
geleitet hat: Was bedeutet Jesus Christus für die moderne
Existenz? Die Antwort kann nur lauten, daß allein die christo-
logische Antwort des apostolischen Zeugnisses zur Bewältigung
des Existenzproblems führt: „Nur von einem Punkt außerhalb
des immanenten Seinszusammenhanges aus" ist es möglich,
„eine neue Sicht der Dinge und der Menschenexistenz zu gewinnen
"; dadurch werde die moderne Existenz in die echte
Entscheidungssituation gestellt. Mit einem Wort: Jesus Christus,
und zwar der Auferstandene, Erhöhte und Gegenwärtige, ist
„der Herr der modernen Existenz". Er ist die grundlegende
Rettung für alle Existenz, da es eine wirkliche Existenzhilfe nur
dann geben kann, „wenn außer und über dieser (seiner) Existenz
eine nicht mehr dem Wandel der Zeiten und dem Todesschicksal
unterworfene Wirklichkeit sich anbietet". —

Wir haben dem Buch von K. eine so ausführliche Besprechung
gewidmet, weil wir der Meinung sind, daß es ein sehr
bedeutsamer und dringend notwendiger Beitrag zu der uns alle
tiefbewegenden Frage nach dem historischen Jesus und dem
kerygmatischen Christus ist. Der theologie-geschichtliche Wert
des Buches besteht darin, daß es Klarheit in die weithin verworrene
Situation bringt. Das geschieht dadurch, daß der Verf.
den Offenbarungscharakter des Heilsgeschehens neu zur Geltung
bringt und von da aus zu einem begründeten kritischen Urteil
über die christologischen Aussagen der verschiedenen theologischen
Richtungen kommt. K. hebt mit Recht hervor, daß die
Zugeständnisse an die jeweiligen philosophischen, auf einem
immanenten Seinsverständnis beruhenden philosophischen Ideen
zwangsläufig zu einer Verkürzung der neutestamentlichen
Christologie führen. Das gilt besonders von der existentialisti-
schen Theologie, die ganz im Banne des Anthropozentrismus
steht, und die deshalb weder der Gottes- und Christuswirklichkeit
noch der Offenbarung Gottes in der Geschichte gerecht
wird. K. dagegen geht von dem apostolischen Zeugnis aus, das
die geschichtlichen Heilsfakten und die Realität des mit dem
irdischen Jesus identischen erhöhten Christus lehrt. So bekommt
auch die Auferstehung Jesu, die K. im Zeichen des Offenbarungsrealismus
als ein von Gott gewirktes Ereignis versteht, die ihr
zukommende Bedeutung. Man wird nur eine Frage stellen müssen
: Ist sie wirklich die Mitte der Christologie, wie K. behauptet
, und ist allein von daher ein „Neuansatz" zur Bewältigung
des christologischen Problems möglich? K. hat sehr
gewichtige Argumente für seine Grundthese geltend gemacht,
aber man gewinnt doch den Eindruck, daß bei dieser Konzeption
die Heilsbedeutung des Kreuzes Christi nicht so zur Geltung
kommt, wie das in der urchristlichen Theologie, vor allem
bei Paulus, der Fall ist. Auch die Inkarnation und die geschichtliche
Wirksamkeit Jesu erhalten dadurch nicht recht die Stellung
, die ihnen zukommt.

Die Aktualität des Buches liegt darin, daß es wirklich zu
einer echten Begegnung zwischen Christologie und moderner
Existenz, besser gesagt: zwischen dem lebendigen Christus und
dem modernen Menschen zu führen sucht.

Abschließend dürfen wir wohl sagen, daß das Werk von
K. gerade in der gegenwärtigen theologischen Situation von
entscheidender Bedeutung ist.

Berlin Johannes Sch n ei d e r

Hessen, Johannes, Prof. D. Dr.: Griechische oder biblische Theologie?
Das Problem der Hellenisierung des Christentums in neuer Beleuchtung
. 2., durchges. u. ergänzte Aufl. München-Basel: E.Reinhardt
1962. 167 S. gr. 8°. Lw. DM 11.-.'

Die vorliegende 2. Auflage des von mir in der 1. Auflage
rezensierten Buches (ThLZ 82, 1957, Sp. 376-379) ist im Text
unverändert geblieben. Die Ergänzungen beziehen 6ich auf folgende
Anmerkungen: S. 12, A. 5 ist zu Th. Steinbüchels
Buch ein nach W. Jaeger gegebenes Zitat des Gregor von Nyssa
beigefügt; S. 5 3, A. 65 ist am Ende des ersten Kapitels ein zustimmender
Hinweis auf K. Leese und dessen Unterscheidung
der „natürlichen Religion" von der „natürlichen Theologie" gegeben
; S. 90, A. 6 findet sich ein zustimmender Hinweis auf
Th. Bomans Vergleich des hebräischen Denkens mit dem griechischen
; S. 98, A. 9 ist eine knappe aber treffende Kritik an
M. Werners „konsequenter Eschatologie" und seiner Anwendung
auf die Dogmengeschichte durchgeführt; S. 105, A. 18
wird die Kritik Berdiajews an der „abstrakten Metaphysik" als
ein „bedeutender Hinweis auf die unüberschreitbaren Grenzen,
die der von Bultmann versuchten ,Entmythologisierung' des
Neuen Testaments gezogen sind", angemerkt; S. 110, A. 24 zu
dem Brunner-Zitat wird Bultmann kommentierend herangezogen,
und zwar in Zustimmung; S. 136, A. 61, d.h. am Ende des
zweiten Teiles steht eine scharfe Kritik zu F. Malmbergs S. J.
Buch „Über den Gottmenschen" (1960) und eine positive Berufung
auf Ph. Vielhauers personalistisches Verständnis des NT;
S. 156, A. 5 ein Verweis auf W.Links Lutherbuch. Beachtenswert
ist die Vorrede zur 2. Auflage, die sich auf die „begeisterte
Beurteilung seitens eines hervorragenden Fachmannes",
des protestantischen Theolcgieprofessors Erich Fascher bezieht
und ebenso das anerkennende Urteil des norwegischen Forschers
Th. Boman begrüßt. Die „ganz unzureichende Besprechung . . .
durch einen Studienrat in der von Friedrich Heiler herausgegebenen
Zeitschrift .Eine heilige Kirche' (Jahrg. 1957/58,
Heft 1)" wird zum Anlaß einer kleinen Auseinandersetzung. —
Da keine sachliche Änderung vorliegt, ist auch meiner Rezension
nichts hinzuzufügen. Allerdings ist das Thema eher wichtiger
geworden, als daß es sich erledigt hätte.

Jena Horst B ei n tk e r

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