Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1963

Spalte:

368

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Breuning, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Erhebung und Fall des Menschen nach Ulrich von Strassburg 1963

Rezensent:

Auer, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

367

Theologische Literaturzeitung 8 8. Jahrgang 1963 Nr. 5

368

den, im größeren Ausmaß erst im 16. Jahrhundert, und zwar
spielt die lateinische Übersetzungsausgabe seiner Predigten von
Surius (Köln 1548) für die Verbreitung seiner Lehre anscheinend
eine maßgebende Rolle; in die Periode der Gegenreformation
fallen zugleich aber auch die an verschiedenen Orten zu
beobachtenden Bemühungen der katholischen Kirche, seine
Schriften zu unterdrücken. — Erst im 16. Jahrhundert gibt es, so
scheint es, vielerorts kongeniale T.-Schüler — auch auf evangelischer
Seite! —, während in den Jahrzehnten nach seinem
Tod und dort, wo er selbst gewirkt hatte, die Wirkung seiner
Predigt erstaunlich rasch und gründlich verblaßte, wie
G. Gieraths OP, „J. T. und die Frömmigkeitshaltung des
15. Jahrhunderts" (S. 422—435), am Beispiel des Dominikaners
Johann Nider eindrucksvoll nachweist.

Weitere Beiträge: E. Fi lt haut OP, „J. T. und die deutsche
Dominikanerscholastik des 13./'14. Jahrhunderts" (S. 94—121), stellt,
ohne genauere Ausarbeitung, scholastische Texte aus dem Umkreis
Ts (Ripelin, Ulrich von Straßburg, Johann von Sterngassen u. a.) zusammen
, die T. beeinflußt haben könnten. — B. Dietsche OP
macht weitläufige, auch die buddhistische Mystik u. dgl. heranziehende
Ausführungen „Über den Durchbruch bei T." (S. 301 —320). —
I. Weilner, „T. und das Problem der Lebenswende" (S. 321—340),
schlägt eine Brücke von den bekannten Stellen bei T., an denen er
von der Wichtigkeit des 40. Lebensjahres für den mystischen Weg
spricht, zu Einsichten und Problemen der modernen Psychologie. —
E. Colledge, „A Spurious T. Attribution" (S. 341—347), geht den
Schicksalen eines Ruysbroeck-Traktats nach, der unter anderem zu
Unrecht T. zugeschrieben wurde. — U. Horst OP, „Beiträge zum
Einfluß Ts auf das Deutschordensland Preußen" (S. 408—421), macht
es wahrscheinlich, daß der Deutschordenstheologe Johannes von Marienwerder
am Anfang des 15. Jahrhunderts T. gelesen hatte.

Der Band schließt mit einer ausführlichen Bibliographie
von G. Hof mann, die nicht bloß die T.-Ausgaben und die
Literatur mit bemerkenswerter Vollständigkeit aufführt, sondern
auch ein großes Verzeichnis von Handschriften enthält.
Daß das T.-Studium durch diese schöne Gedenkschrift wesentlich
gefördert wird, unterliegt keinem Zweifel.

Einige Beanstandungen: Die Koordination unter den Mitarbeitern
des Bandes hat offenbar nicht recht funktioniert; in den Aufsätzen finden
sich gelegentlich Angaben über entlegene T. - Handschriften und
Editionen, die in dem Verzeichnis am Schluß fehlen: Vgl. S. 76. 3 55 f.
375. — Zum Lit.-Verzeidmis sind nachzutragen: Die großen Lexikonartikel
über Tauler von F. Cohrs in PRE Bd. 16 und P. Pourrat in
DThC Bd. 15/1. Ferner A. de Pelsemaeker, Canisius editeur de T.
Revue d'ascetique et de mystique 36, 1960, 101—108, sowie der Aufsatz
von Garrigou-Lagrange, der S. 392, und die spanischen Arbeiten,
die bei Winklhofer genannt sind. S. 474 ist die Angabe über die Erwähnungen
Taulers bei Luther ganz unzulänglich; es gibt insgesamt
weit über 20 T.-Zitate bei Luther. — Störende Druckfehler: S. 62
Text Z. 5 v.u.: 1 328. S. 79, Anm. 10: Verfasserlex. S. 126, Z. 13
v.o.: als. S. 177, Anm. 38 ist verkehrt. S.252, Z. 6 v.o.: 60 f. statt
36 f. S. 307, Z. 25 v.o.: alle. S. 309, Z. 16 f. v.o. vertauschte Zeilen
. S. 412, Anm. 22: 1910 statt 1895. S. 469, Z. 4 v.o.: Siedel.
S. 472, Z. 11 v.o.: Wyser. Ebd. Z. 16 f. v.o. streichen.

Heidelberg Bernd Moeller

Grabmann, Martin: Die Geschichte der scholastischen Methode.
Nach den gedruckten und ungedruckten Quellen dargestellt (Photo-
mechan. Nachdruck d. 1. Aufl. 1909/1911). I. Bd.: Die scholastische
Methode von ihren ersten Anfängen in der Väterliteratur bis zum
Beginn des 12. Jahrhunderts. II. Bd.: Die scholastische Methode im
12. u. beginnenden 13. Jahrhundert. Basel-Stuttgart: Sdiwabe [1961].
XIII, 354 S. u. XIII, 586 S. gr. 8°. Lw. sfr. 55.-.

50 Jahre nach dem ersten Erscheinen legt der Verlag Benno
Schwabe in Basel und Stuttgart dieses Werk des im Januar 1949
heimgegangenen Verfassers in einem unveränderten photo-
mechanischen Nachdruck vor, nachdem bereits 1956 der Akademie
-Verlag Berlin dasselbe unternommen hatte. „Die Geschichte
der scholastischen Methode", die einst den wissenschaftlichen
Ruhm des jungen Gelehrten Martin Grabmann begründete
, war schnell zu einem Standardwerk für das Studium
der Scholastik geworden und ist es — das zeigt der Neudruck —
unverändert bis heute geblieben. Man mag bedauern, daß Grab-
man nie den von ihm geplanten (vgl. Bd. I, S. VIII, Bd. II, S. VI)
dritten Band vollendet hat, der die Untersuchungen über die
Anfänge der scholastischen Methode in der Parristik und bei
Boethius, über die eigentliche Vorscholastik, Anselm (Band I),

das 12. und den Beginn des 13. Jahrhunderts (Band II) hinausführen
sollte zu Thomas und seinen Zeitgenossen, also zur
eigentlichen Vollendung der scholastischen Methode in der
Hochscholastik. Das Material dieses fehlenden dritten Bandes
wird man weithin im übrigen Lebenswerk M. Grabmanns finden
können, nicht zuletzt in seinem letzten Werk „Die theologische
Erkenntnis- und Einleitungslehre des hl. Thomas von Aquin auf
Grund seiner Schrift: In Boethium de Trinitate", Freiburg/
Schweiz 1948 (vgl. dazu auch die Würdigung Grabmanns in der
nach seinem Tode herausgegebenen 3. Aufl. seines Buches „Die
Werke des hl. Thomas von Aquin", Münster 1949, bes. S. VI).
Jedenfalls aber muß man dem Verlag sehr dankbar sein, daß er
die vorliegenden Teile der „Geschichte der scholastischen Methode
" unserer Generation neu zugänglich gemacht hat.

Leipzig Ulrich Kühn

Breunin g, Wilhelm, Dr. theol. : Erhebung und Fall des Menschen
nach Ulrich von Straßburg. Trier: Paulinus-Verlag 1959. XVI, 272 S.
gr. 8° = Trierer Theologische Studien, hrsg. v. d. Theol. Fakultät
Trier, Bd. 10. Kart. DM 23.80.

Das erste und höchste Problem des Menschen ist der
Mensch sich selbst, und schon die Tatsache, daß der Mensch
nicht einfach ist, was er ist, sondern immer werden muß, was er
sein soll, und nur verwirklichen kann, was er vorher geistig erfaßt
, hat in allen großen Philosophien immer wieder die Anthropologie
an die Grenze des menschlichen Denkens, in das
Metaphysische hineingeführt, und alle Weltreligionen haben
demgemäß ihr eigenes Menschenbild ausgebildet. Die vorliegende
Arbeit bringt die fundamentalen Lehren des christlichen
Menschenbildes bei einem großen Denker des Mittelalters, die
Lehren vom natürlichen und übernatürlichen Urständ, von Ur-
sünde und Erbsünde des Menschen bei Ulrich v. Straßburg OP.
(f 1277), einem Schüler Albcrts d. Großen und einem Zeitgenossen
des Thomas v. Aquin, zur Darstellung. Das Hauptwerk
dieses Theologen, die Summa de summo bono, ist heute noch
in 20, meist unvollständigen, Handschriften vorhanden. Breu-
ning veröffentlicht daraus die 5 Kapitel des 1. Traktates von
Buch VI, untersucht diesen Text auf seine Quellen und vergleicht
die vorgetragenen Lehren mit den Lehren der Zeitgenossen
Albert, Thomas v. Aquin, Bonaventura und Petrus v.
Tarantasia. In gewissenhafter Kleinarbeit mit einer strengen
historischen Methode wird den verschiedenen Teilfragen nachgespürt
. Ulrich erweist sich dabei in erster Linie vom Sentenzenmeister
Petrus Lombardus und vom Sentenzenkommentar des
Thomas v. Aquin abhängig, bringt jedoch auch einige eigene
Lehirmeinungen. Besonders bemerkenswert erscheint die Verbindung
von neuplatonischen Prinzipien (des Liber de causis
und des Ps. Dionysius Areopagita) mit dem konsequent durchgeführten
Naturbegriff des Aristoteles, wodurch das Weltbild
der christlichen Offenbarung in eben dieser Zeit seine besondere
philosophische Ausgestaltung und Interpretation fand. Die Textedition
ist in ihrem Apparat wie in ihren Indizes (für Schriftzitate
, Autoren und Sachbegriffe) mustargültitg. Grundsätzlich
wäre zu einer dogmengeschichtlichen Untersuchung wie der vorliegenden
vielleicht zu überlegen, ob und wie weit die hier angewandte
historische Methode nicht doch auch erlauben oder
vielleicht gar fordern könnte, daß die historisch eruierte Fragestellung
von damals da und dort von der lebendigen Fragestellung
von heute her geklärt und interpretiert würde; das
könnte die große Bedeutung der historischen Untersuchung für
die reine Sacherkenntnis noch mehr zum Ausdruck und zur
Geltung bringen.

Bonn Johannes Auer

Backes, Ignaz: Heilsgeschichte in der Gotteslehre des heiligen
Thomas von Aquin.

Trierer Theologische Zeitschrift 72, 1963 S. 23—38.
Beumer, Johannes: Zwang und Freiheit in der Glaubenszustimmung

nach Robert Holkot.

Scholastik XXXVII, 1962 S. 514-529.
Burreil, David B.: How God Achieves His Ends according to

Saint Thomas Aquinas.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 461—475.