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1963

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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Theologische Literaturzeitung 8 8. Jahrgang 1963 Nr. 4

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bekämpfen (bes. S. 30), wenn er auch erwähnt, daß Johann
Gerhard an die „Vorstellung vom Leibe Christi als eines feineren
Stoffes" streift (S. 36, Anm. 91).

Durch seine Analyse glaubt Benckert nachgewiesen zu haben
, daß jene Gleichsetzung: materia — substantia — Stoff
„nicht im Sinne der lutherischen Lehre, daß sie terminologisch
und sachlich schlechthin falsch ist" (S. 43), zugleich aber stellt
er fest: „Die Präsenz von Leib und Blut ist wahrhaft real und
substantial. So formuliert Thomas, so das Tridentinum, so die
römisch-katholische Theologie bis heute, so die lutherischen
Bekenntnisschriften und so die Väter" (S. 3 5). Es wird nicht
recht einsichtig, wie er selber in seiner Analyse über die an
den lutherischen Theologen gerügten Unklarheiten hinausgekommen
ist. Sicher ist eine vorschnelle Zuspitzung auf die
Frage nach der materia coelestis nicht im Sinne der orthodoxen
Theologen, noch weniger im Sinne Luthers. Sicher sollen wir
beim Festlegen eines Proprium des Sakramentes nicht sofort auf
diesen Punkt starren, sondern die gesamte durch die Einsetzungsworte
geprägte Handlung ins Auge fassen (S. 40). Hierin hat
Benckert etwas Entscheidendes erkannt. Doch die uns heute
bedrängenden Fragen sind durch seine Ausführungen eher verdeckt
als ins Licht des Bewußtseins gehoben. Luther hat das
Abendmahl vom Wort her gedeutet, er hat zugleich aber noch
sichtbar werden lassen, wie unsere menschliche Existenz und
das volle Sakramentsgeschehen über eine abstrakte „Wort-
Glaube-Relation" (S. 37) hinausgreift. Dieses Spezifikum des
Sakramentes ist den melanchthonisch geprägten Denkschemata
entglitten. Hierauf wollen die von Benckert angegriffenen lutherischen
Theologen das Augenmerk richten. Sicher haben sie hierbei
weithin ungeschützt geredet; sicher kann man ihre Aussagen
leicht ad absurdum führen, wenn man sie in das Schema einer
Gleichsetzung von Substanz, Materie und Ding preßt. Das
sollte uns aber nicht von der Verpflichtung entbinden, die
Fragen anzupacken, die vor allem durch die denkerisch nicht
von Fichte (wie F. A. Philippi, auf den Benckert verweist,
S. 12 f.), sondern von Schelling geprägten Theologen des vorigen
Jahrhunderts neu gestellt wurden, die aber zurückreichen
über Irenaus bis in das Neue Testament selber. Es gibt ein Eingehen
Gottes in diese unsere greifbare und konkrete Erdenwelt
, das unserem Glauben vorausgeht, in dem unser Glaube
gründet, das sich aber nicht restlos in die „Wort-GIaubc-
Relation" hineinpressen läßt.

Heidelberg Albrecht P e t e r s

B e i n t k e r, Horst, Prof. Dr. : Die evangelische Lehre von der heiligen
Schrift und von der Tradition ausgewählt und eingeleitet.
Lüneburg: Heliand - Verlag [1961]. 104 S. gr. 8° = Quellen zur
Konfessionskunde, Reihe B, Protestantische Quellen, H. 2. DM 5.—.

In den von K. D. Schmidt und W. Sucker herausgegebenen
Quellcnhcften zur Konfessionskunde veröffentlicht der neue
Jenenser Ordinarius für Systematik als Nummer Zwei der
Reihe B (protestantische Quellen) ein ebenso interessantes wie
hilfreiches Textbüchlein zur Lehre unserer Kirche von Schrift
und Tradition. Es stellt das Gegenstück dar zu dem Heft Eins
der Reihe A, in welchem H. Graß bereits die katholische Lehre
umsichtig zusammengefaßt hat.

Eine ausführliche Einleitung vermittelt zunächst klaren
Überblick der Problementwicklung in Vergangenheit und Gegenwart
. Ein Literaturverzeichnis von 80 Titeln zeigt sodann
mühelos den Weg zu den nicht berücksichtigten Quellen der
nachher behandelten Autoren wie zu all denen, die in diesem
Textauszug nicht zu Worte kommen konnten; ältere Titel
bleiben dabei meist unerwähnt, durch den Zusatz „(Lit.)" wird
jedoch über die genannten Schriften auf sie verwiesen. Mundartlich
ältere Texte werden „bei Wahrung des Wortbestandes"
modernerer Ausdrucksweise geschickt angepaßt, der Text selber
zuweilen „mit erklärenden Zusätzen" in eckigen Klammern versehen
. Die altlutherische und die altreformierte Theologie
kommt nach Berücksichtigung Luthers, Melanchthons und der
lutherischen Bekenntnisschriften auf der einen Seite, Calvins
und der reformierten Bekenntnisschriften auf der anderen Seite
ebenso zur Geltung wie dann „die neueren Ausprägungen der
Lehre von Schrift und Tradition" im 18., 19. und 20. Jahrhundert
. Die neue Stellung des Aufklärungszeitalters wird dabei
durch Auszüge von Bengel, v. Mosheim, Semler und Lessing
charakterisiert, das 19. Jhdt. durch Schleiermacher, Nitzsch,
Kierkegaard und Kähler, das bisherige 20. Jhdt. durch Barth,
P. Brunner, Cullmann, Gloege und Ebeling repräsentiert.

Im ganzen kommen zu Worte rund 27 Autoren mit 62
mehr oder weniger selbständigen Schriften, die meist in längeren
oder auch kürzeren, aber stets zusammenhängenden Abschnitten
wiedergegeben werden; einzelne aneinander gehängte
Sätze finden sich nur selten.

Dieses von B. benutzte Längsschnittverfahren erweist sich
als dem Gegenstand angemessen, galt es ja nicht, den roten
Faden eines vielgliedrigen systematischen Werkes im Querschnitt
sichtbar zu machen, wie dies der Unterzeichnete in der
Weiterführung von Richard Heinrich Grützmachers „Textbuch
zur deutschen systematischen Theologie und ihrer Geschichte
vom 16. bis 20. Jahrhundert" (Bandll 1935—1960) zu besorgen
hatte, sondern jeweils den einen und selben locus classicus
der Dogmatik quellenreich zu reproduzieren. B.s Aufgabe war
dadurch gekennzeichnet, stets das gleiche Lehrstück im vor-
und nachlaufenden Zusammenhang und dann in spezieller Ver-
gleichung mit anderen Aussagen derselben Autoren zur Wiedergabe
zu bringen, — eine überaus schwierige Aufgabe, die in
hervorragender Weise gelöst wurde. So kann man gerade diesem
mikroskopisch genau hergestellten Textbuch nicht den
Vorwurf machen, den Luther auf der Leipziger Dispultation
1519 in Sachen Heiliger Schrift gegen Eck erhoben hat: „Das
ist nicht die richtige Art, die göttliche Schrift fruchtbar zu verstehen
und auszulegen, wenn man verschiedene Stellen aus
verschiedenen Orten zusammenrafft, ohne auf Zusammenhang
oder Vergleichung zu achten. Ja, es ist die übliche Weise, in
der Schrift zu irren" (W 2, 361, 16; zit. b. Beintker 131). Durch
B.s fortlaufende zusammenhängende Textvergleichung ist u. E.
jeder Irrtum ausgeschlossen, zumal von jedem Autor genügend
Aussagen aus verschiedenen Zeitabschnitten vorliegen. Gerade
durch die chronologische Aufreihung der gesammelten Aussagen
wird auch die Entwicklung der zu Worte kommenden Theologen
und Philosophen deutlich, so daß sich der aufmerksame
Leser zuletzt ein abschließendes klares Urteil selbst leicht
bilden kann. Mithin ermöglicht dieses Kompendium aller
evangelischen Lehraussagen zum grundlegenden Thema Schrift
und Tradition über einen Zeitraum von rund 440 Jahren protestantischer
Dogmengeschichte die denkbar beste Durchdringung
des bedeutsamen Themas und muß dem Fachtheologen wie dem
gebildeten Laien, dem diese Texte ebenfalls gut verständlich
sind, als die ebenso einfachste wie genaueste Einführung empfohlen
werden, die wir gegenwärtig besitzen.

Zu bedauern ist wohl nur das Fehlen eines gediegenen Einbandcs,
der das Budi auch äußerlich ansehnlicher und dem Käufer verlockender
gemacht hätte. So bleibt der bescheidene Rahmen gänzlich ohne Ent-
sprednmg zu dem außerordentlich wertvollen Gehalt. Das methodisch
verständliche und begründete Fehlen einer Berücksichtigung der entmythologisierenden
Theologie Rudolf Bultmanns und seiner Anhänger
wird durch die Mithereinnahme Gerhard Ebelings in etwa ausgeglichen
.

Bern Gerhard G. M u rn s

Boutass j, Francois: Le Saint-Esprit unitc d'amour du Pcre et du
Fils.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 375—415.
Brunner, August: Naturwissenschaftliche Kategorien bei Bultmann.

Stimmen der Zeit 171 (88. Jg. 1962/63) S. 161—175.
Clodius, Francisco: Estudio y Ensenanza de la Teologia Dogmä-

tica.

Teologia y Vida III, 1962 S. 81—89.
C o m b 1 i n, Jose: Problemas contemporaneos de la fe.

Teologia y Vida III, 1962 S. 149—156.
Cwiekowski, Frederick J.: Biblical Theology as Historical Theo-

logy.

The Catholic Biblical Quartcrly XXIV, 1962 S. 404—411.
Fanoni, Jose: Cömo interpretar y ensenar la Biblia segün los

Documentos Pontificio«.

Teologia y Vida III, 1962 S. 90—105.
Hofmans, Florencio: Fe y obediencia.

Teologia y Vida III, 1962 S. 168—178.