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Ausgabe:

1963

Spalte:

299-302

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Semmelroth, Otto

Titel/Untertitel:

Vom Sinn der Sakramente 1963

Rezensent:

Mezger, Manfred

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299

Theologische Literaturzeitung 8 8. Jahrgang 1963 Nr. 4

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Spinoza die Prinzipien des alten griechischen Denkens wiederbelebte
, denn es gäbe noch viel Mittelalterliches in ihm, wenn
er von Gott, der Seele, der Freiheit und der Unsterblichkeit
sprach. Trotzdem sei es aber derselbe Spinoza, der Philon aus
dem Gebiet des philosophischen Denkens herausgedrängt habe.
Es gäbe zwei Standpunkte, die Bibel und die griechischen Philosophen
, und es gäbe die Möglichkeit, der einen oder der anderen
dieser beiden Autoritäten zu folgen, wenn man es nicht versuchen
wolle, sie zu kombinieren. Philon war der erste, der sie
kombinierte, und Spinoza der erste, der diese Kombination
zerbrach, behauptet Wolfson am Schluß seines Buches.

Die Essaysammlung gibt viele verschiedene Aufschlüsse
über religionsphilosophische Probleme in der Vergangenheit,
und doch ist sie aktuell. Obgleich es eine Sammlung verschiedener
Studien und Aufsätze ist, ist es doch eine ziemlich geschlossene
Ganzheit, die sowohl multa als auch multum gibt.
Der Verfasser ist nicht nur ein guter Kenner der Geschichte,
sondern auch ein wirklicher Denker, und sein Buch ist von demselben
Interesse für die Theologie und die Philosophie. Für
beide Disziplinen führt es unser Verständnis einige Spatenstiche
tiefer.

Kopenhagen Saren Holm

Blanchard, Yvon: Note sur la philosophie du travail chez Hegel.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 311—318.
Echternach, Helmut: Läßt sich die Existenz Gottes beweisen?

Zeitwende XXXIII, 1962 S. 382-391.
Fabro, Cornelio: Le fondement theorique de l'atheisme contempo-

rain.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 351—374.
Fi na nee, Joseph de: Les plans de la liberte.

Sciences Ecclesiastiques XIII, 1961 S. 29 5—306.
Forest, Aime: L'augustinisme de Maurice Blondel.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 175—193.
Kern, Walter: Neue Hegel-Bücher. Ein Literaturbericht für die

Jahre 1958 bis 1960 (IV).

Scholastik XXXVII, 1962 S. 550-578.
K 1 e n k, G. Friedridi: Das Absolute im Zwielicht der Geschichte.

Von Ranke bis Friedrich Meinecke.

Stimmen der Zeit 171 (88. Jg. 1962/63) S. 176-187.
Krieger, Evelina: Das Prinzip Hoffnung. Auseinandersetzung mit

Ernst Bloch.

Wissenschaft und Weisheit 25, 1962 S. 169-187.
Langlois, Jean: Premiers jalons d'une philosophie thomiste de
l'Histoire.

Science6 Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 265-291.
Möller, Joseph: Nietzsche und die Metaphysik. Zu Heideggers
Nietzscheinterpretation.

Tübinger Theologische Quartalschrift 142, 1962 S. 283—309.

Rolland, Edouard: Le Dieu de Bergson.
Sciences Ecclesiastiques XIII, 1961 S. 83-98.

— L'intuition philo6ophique de Dieu.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 235-264 u. S. 477-503.

Russo, F.: L'entreprise scientifique moderne et la Foi diretienne.
Sciences Ecclesiastiques XIII, 1961 S. 137—146.

Verneaux, Roger: Reflexions sur le Principe de Causalite.
Sciences Ecclesiastiques XIII, 1961 S. 323—358.

Vries, Josef de: Philosophische Grundlagen der exakten Wissenschaften
.

Scholastik XXXVII, 1962 S. 321-340.

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Semmelroth, Otto. S. J.: Vom Sinn der Sakramente. Frankfurt
/M.: Knecht [i960]. 117 S. 8°. Pp. DM 6.50.

Das Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die auf der
Bonner Hochschulwoche des katholischen Akademikerverbandes
195 9 gehalten wurden. Es nennt 6ich „Versuch einer Synthese",
deren Anliegen es ist, „der menschlichen Person ihre lebendige
Stellung in den wesentlichen Lebensfunktionen des leibhaftigen
Heils, das die Kirche ist, anzuzeigen" (Vorwort). Der Verf.
vollzieht diese Synthese in vier Kapiteln: „Die Kirche als Zeichen
. Das Heilswirken der Kirche in Wort und Sakrament.
Sieben Sakramente. Sakrament und persönliche Entscheidung".
Man wird die doppelte Voraussetzung bemerken: die je schon

vorgegebene Kirche und die Vorordnung des Sakraments. Man
wird sich dadurch aber nicht abhalten lassen, die logische und
theologische Konsequenz des Entwurfes und 6einer Entfaltung
wahrzunehmen. Das große, nicht einfache Bauwerk römischer
Sakramentslehre findet durch Problemauswahl und gestraffte
Darstellung einen verständlichen Aufriß, der sich durch zwei
Dinge auszeichnet: Dialog mit dem kritischen Partner innerhalb
wie außerhalb der Kirche, und seelsorgerliches Bemühen um
Erläuterung, soweit ein Geheimnis irgend verständlich gemacht
werden kann. Trotz der knappen Fußnoten und Literaturhinweise
ist implizit die Kenntnis der Forschungs- wie der
Diskussionslage spürbar. Das Gespräch, auch mit der evangelischen
Seite, ist fair, das Buch im ganzen liberaler und moderner
als seine liturgisch innervierte Sprache ahnen läßt. Das
zeigt sich an seiner Methode des Verstehens: Historie wird
geschichtlich, Lehre als Offenbarungsereignis erläutert. Die Belege
aus Kirchenväterstimmen, Theologie und Papstworten
(und in größerem Umfang auch aus Goethes Werk) ergeben
einen weiten Fragehorizont, erwecken freilich auch die Frage
bei dem von anderen Voraussetzungen (nämlich der undomesti-
zierten Schriftautorität) herkommenden Leser: Wo 6ind die
Übergänge von der Exegese zur Spekulation, von der Theologie
zur Philosophie, von der historischen Deduktion zur ekklesio-
logischen Induktion?

Die Abwehr des individualistischen Mißverständnisses der
Kirche, als wäre sie Frodukt des Entschlusses von einzelnen
(15), wie des kollektivistischen Mißverständnisses, als sei die
Vorgegebenheit der kirchlichen Gesellschaft an sich schon Heilsgarantie
(18), läßt die Kirche als „dreidimensionale Wirklichkeit
" deutlich werden: die Höhendimension, das Dasein der
Kirche zwischen Diesseits und Jenseits (24); die Tiefendimension
(eigentlich die dritte), die Gestalt der gebenden Kirche vor
und in der Welt (27): sie repräsentiert den Christus, den Austeiler
göttlichen Lebens, und entnimmt dadurch die Welt ihrer
eigengesetzlichen Verfallenheit; die Breitendimension, die Kirche
als Institution (30), zugleich die am meisten kritisierte, weil
am leichtesten angreifbare. Wie ist das Verhältnis der Dimensionen
? So, daß die Kirche mit dem ihr eingestifteten Gegenüber
von geistlichem Amt und Laientum selber zeichenhaft das
Gegenüber von erhöhtem Christus und sichtbarer Kirche darstellt
(31). Die eine Dimension darf nicht gegen die andere
ausgespielt werden. Die Kirche ist „sakramentales Zeichen"
(32), was wiederum ambivalent zu verstehen ist: sie ermöglicht
die Verwirklichung des religiösen Lebens, weist also gewissermaßen
auf sich; und 6ie repräsentiert Christus, weist also
von sich weg auf ihn (35). Diese Formulierungen sind einerseits
von einer schwebenden Dialektik — systemgewordenc Ambivalenzen
, durch die man von einer sakramentalen Zeichen-
haftigkeit immer zur anderen gewiesen wird —, andererseits
bieten sie keine Sicherung gegen den anfechtbaren Satz: „Als
Christus die Kirche stiftete und in ihr das Amt der Apostel
und ihrer Nachfolger dem Laientum gegenüberstellte, hat er
gewissermaßen die vertikal sich aufreckende Heilsbegegnung mit
dem erhöhten Christus in die horizontale Ebene der gesellschaftlichen
Kirche verlagert" (35). Wenn das zutrifft, hat er
sich aber ziemlich ungeschickt ausgedrückt.

Das Heilswirken der Kirche in Wort und Sakrament ist
wiederum ein polares Geschehen. Die Mittlerschaft Christi ist
Hereinkunft in unsere Geschichte, als „Herbewegung"; ihr entspricht
die „Rückbewegung im Opfer"; sie ist die Antwort
des Menschen an Gott. Die Koordinierung von Wort und Sakrament
ist in Wahrheit eine Klimax, denn das Wort, das die
sakramentale Handlung formgebend bestimmt, steigt von unten
, als Bitte der Kirche, im Opfer Christi, zu Gott empor
(50). Die Heilskraft der kirchlichen Lebensfunktionen besteht
darin, daß sie Instrumente für die Hervorbringung unseres Heils
sind (52) wie zugleich Zeichen und Abbild unseres Heils. Die
Begegnung innerhalb dieser Zeichen stellt als Partner den
Priester und den Gläubigen einander gegenüber: Heilsmitteilung
und Heilsbedürftigkeit. Welche Stellung hat hiebei die Predigt?
Sie ist symbolische Darstellung der Menschwerdung des Wortes
Gottes in Jesus Christus (56) und als solche: gnadenvolle
Selbstmitteilung Gottes (das gibt ihr eine gewisse Ähnlichkeit