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Ausgabe:

1963

Spalte:

287-288

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Pio IX e Vittorio Emanuele II dal loro carteggio privato 1963

Rezensent:

Vinay, Valdo

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Bradley, Robert L: Christopher Davenport and the Thirty-Nine

Articles: A Seventeenth - Century Essay toward Reunion.

AfR 52, 1961 S. 205—228.
B r e e n, Quirinius : Melanchthon's Sources for a Life of Agricola :

The Heidelberg Memories and the Writings.

AfR 52, 1961 S. 49—74.
Bornkamm, Heinrich: Zur Frage der Iustitia Dei beim jungen

Luther. I.

AfR 52, 1961 S. 16—29.
— Ein Jugendbrief von Moritz von Sachsen an Fürst Georg von Anhalt.

AfR 52, 1961 S. 234—236.
Delius, Walter: Urbanus von Serralonga und der Prozeß Luthers.

AfR 52, 1961 S. 29—48.
Gericke, Wolfgang: Der umstrittene Melanchthon. Zum Verhältnis

von Glaube und Wissenschaft.

Die Zeichen der Zeit 16, 1962 S. 452—458.
Gutierrez, David: Fray Luis de Leon y la exegesis rabinica.

Augustinianum I, 1961 S. 533—550.
Hauswirth, Rene: Landgraf Philipp von Hessen und Zwingli.

Ihre politischen Beziehungen 1529/1530.

Zwingliana XI, 1962 S. 499—552.
Hey mann, Frederick G. : The Hussite-Utraquist Church in the

Fifteenth and Sixteenth Centuries.

AfR 52, 1961 S. 1—16.
Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: „Sermones Brencij". Mitteilung
über eine gleichbetitelte Handschrift zur Ergänzung der Biblio-

graphia Brentiana.

AfR 52, 1961 S. 228—234.
Lehmberg, Stanford E.: English Humanists, the Reformation and

the Problem of Counsel.

AfR 52, 1961 S. 74—»1.
M e s n a r d, Pierre: Zasius et la Reforme.

AfR 52, 1961 S. 145—162.
O'Rourke, JohnJ.: Early modern Theologians and Eve's Formation

from Adam.

Sciences Ecclesiastiques XIII, 1961 S. 421—43 5.
P a r k e r, T. H. L.: The Sources of the text of Calvin's New
Testament.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXXIII, 1962 S. 272-298.
Petersohn, Jürgen: Bischofsamt und Konsistorialverfassung in

Preußen im Ringen zwischen Herzog und Landschaft im letzten

Viertel des 16. Jahrhunderts.

AfR 52, 1961 S. 188—205.
Schmidt-Clausing, Fritz: Zwingiis Stellung zum Konzil.

Zwingliana XI, 1962 S. 479—498.
Strand, Kenneth A.: The Lutheran New Testament Used by the

Rostock Brethren of the Common Life for their Catholic Bible

Translation.

AfR 52, 1961 S. 99—100.
Stupperich, Robert: Melanchthoniana inedita III. Ungedruckte

kirchenrechtliche Gutachten.

AfR 52, 1961 S. 91-98.
Vinay, Valdo: Nuovo orientamento dell ' indagine cattolica su

Lutero?

Protestantesimo XVII, 1962 S. 158-178.
Weiß, Ruth: Herkunft und Sozialanschauungen der Täufergemeinde
im westlichen Hessen.
AfR 52, 1961 S. 162—188.

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Pirri, P. Pietro, S. J.: Pio IX e Vittorio Emanuele II dal loro car-
teggio privato. III. La Qucstione Romana dalla Convenzione di
Settembre alla caduta del Potere Temporale 1864 — 1870. Parte I:
Testo. Parte II, 1: Documenti. Roma: Pontificia Universitä Gre-
goriana 1961. XII, 336 S. u. XV, 465 S. gr. 8° = Miscellanea Histo-
riae Pontificiae, edita a Facultate Historiae Ecclesiasticae in Pontificia
Universitate Gregoriana, Vol. XXIV u. XXV.

Nach dem Historiker Jedin ist heute P. Pirri der beste katholische
Kenner des italienischen Risorgimento. Seine Forschungen
gelten hauptsächlich den Beziehungen zwischen Sardinien
bzw. (nach 1861) Italien und dem HI. Stuhl, und im besonderen
zwischen Viktor Emanuel II. und Pius IX., wie er sie in seinem
dreibändigen (in 5 Teilen) Werk dargestellt hat. 1944 erschien
Bd. l: „La laicizzazione dello Stato Sardo 1848 — 1856" und
1951 Bd. 2: „La questione romana 1856—1864" (Tl. 1: Text u.
Tl. 2: Dokumente). Die zwei Teile des gegenwärtigen Bandes

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schließen das ganze Werk ab. Durch eine besondere Genehmigung
Pius XII. durfte der Verf. das Privatarchiv Pius IX. und
einige den Forschern noch nicht zugängliche Abteilungen des
Vatikanischen Archivs benutzen.

Im letzten Todeskampf des Kirchenstaates bestand Pius IX.
beharrlich auf seinen Grundsätzen und den Ansprüchen der
römischen Kirche. Der Staatssekretär, Kard. Antonelli, war sein
kluger Deuter und Mitarbeiter. Wenn der Papst nach der Konvention
vom September 1864 mit dem italienischen Staat manchmal
(aber erfolglos) verhandelte (Mission Vegezzi 1865 und
Tonello 1867), so tat er es nur, weil er um das religiöse Leben
der vakanten Diözesen besorgt war. Der österreichische Botschafter
in Rom sagte von ihm: „Er ist zuerst Papst und dann
König" (S. 156). Die italienische Regierung war entschlossen,
die römische Frage bei der nächsten günstigen Gelegenheit mit
Gewalt zu lösen; aber Viktor Emanuel zögerte nach seiner
schweren Krankheit im Jahre 1869 und der darauf folgenden
Versöhnung mit der Kirche. Im Sommer 1870 wollte er aus
religiösen Gründen Rom nicht angreifen (S. 303), und seine
Minister mußten ihn erst dazu treiben. Napoleon III. blieb der
hartnäckige Verteidiger des letzten Re6tes des Kirchenstaates,
solange er konnte. Er versuchte erfolglos, bessere Beziehungen
zwischen der italienischen Regierung und Rom zu schaffen. Die
österreichische Politik dagegen bereitete, unter der Leitung des
protestantischen Kanzlers von Beust, dem alten Papst die größte
Enttäuschung. „Das heilige Königreich hatte nun seinen Auftrag
erschöpft und . . . Rom hatte nichts mehr von ihm zu erwarten
" (S. 189). Kanzler v. Beust wollte, daß Frankreich der
italienischen Regierung freie Hand in Rom ließe, und 1869 bat
er Napoleon, „den römischen Dorn" aus Italiens Seite wegnehmen
zu wollen. Es ist dem Jesuiten Pirri unbegreiflich, daß
Kaiser Franz Joseph der Kirchenpolitik seines protestantischen
Kanzlers folgte (S. 266). „Dem Hl. Stuhl konnte nicht entgehen
, daß Osterreich der stärkste Hebel war, den letzten weltlichen
Besitz der Päpste zum Sturz zu bringen" (S. 3 33).

Als das italienische Heer am 20. September 1870 die ewige
Stadt besetzte, schien Wilhelm I. die schützende Rolle Frankreichs
in Rom übernehmen zu wollen, so daß die Päpstlichen
zunächst auf ihn hofften. Aber die Politik Bismarcks war antikatholisch
, und der preußische Botschafter Graf v. Arnim nahm
Stellung gegen den Papst, und er war der erste, der dem italienischen
General Cadorna einen offiziellen Besuch abstattete.
„Er führte die lutherische Tradition seines einstigen Vorgängers
. . . Christian v. Bunsen weiter" (S. 299). Nach einem
gewissen Zögern entschloß sich Pius IX., den Vatikan nicht zu
verlassen; und einige Jahre später zeigte er sich während der
Todeskrankheit Viktor Emanuels diesem gegenüber gütig, so
daß der erste Minister Quintino Sella schreiben konnte: „Was
geschehen ist, beweist, daß das Problem der Koexistenz de6
Papstes und des Königs nicht so unlösbar ist, wie man behauptete
" (Tl. II, 446).

Die Dokumente im Tl. 2 reichen über die vom Titel bezeichnete
Grenze: so z.B. der Briefwechsel des Kard. Gustav
Adolf v. Hohenlohe mit Pius IX. (1870—75), die Dokumente
bezüglich der Intervention des Papstes bei der letzten Krankheit
Viktor Emanuels und des erfolglosen Versuchs des päpstlichen
Staatssekretariats, die Beziehungen zu England wieder
anzuknüpfen (1877—79).

Die Historiker haben in der Vergangenheit meistens das
Risorgimento als eine liberale und antiklerikale Nationalbewegung
verstanden. Die neuere katholische Geschichtsschreibung
versucht dagegen, durch eine nicht immer sachliche Deutung
der Ereignisse die katholische, oder besser Iiberalkatholischc,
Seite dieser Bewegung hervorzuheben. Pirri folgt nicht dieser
Richtung. Er zeigt einfach, wie Pius IX. und seine ensjsten Mitarbeiter
das Risorgimento als Aufstand gegen die Kirche und
jede politische Ordnung gesehen und darunter seelisch gelitten
haben, ohne den Lauf der Geschichte aufhalten zu können.
„In jener Lage hätte kein anderer Papst an der Stelle von
Pius IX. und kein anderer Staatssekretär an der Stelle Antonellis
das Unvermeidliche vermeiden können" (Bd. II, Tl. 2, S. VI).

Rom Valdo Vinay

Theologische Literaturzeitung 8 8. Jahrgang 1963 Nr. 4