Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1963

Spalte:

230-231

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

1935 - 1960 1963

Rezensent:

Trillhaas, Wolfgang

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

229

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 3

230

Scheidung von Haus und Gemeinde kommen; für Barth sei die CVCTPU^TIOrHP THlTU/iriü
soziale Gegebenheit der modernen Familie theologisch uninter- oföIHIWAIlöL/IB / H Ii U L U Ix / H
essant; Eiert gehe es hauptsächlich um die Erhaltung starrer, Grützmacher, Richard H. f: Textbuch zur deutschen systemati-
äußerer Ordnung; Künneth komme zur Sanktionierung beste- sehen Theologie und ihrer Geschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert,
hender Ordnungen und überlasse die Gesellschaft „im Grunde Bd. II; 1935 —1960 fortgef. u. hrsg. v. Gerhard G. Muras unt.
sich selbst", bei Ernst Wolf suche man vergebens nach einem the- Mitwirkg. v. A. Brandenburg, P. Jacobs, u. H. J. Schoeps. Bern:
ologischen Ansatz, die Unterschiedenheit der Vergemeinschaf- Haupt; Tübingen: Katzmann 1961. XXIII, 597 S. gr. 8° = Quellentungen
aus der christologischen Rechtsbegründung heraus zu- Handbuch der systematischen Theologie, Bd. 11. Lw. sfr. 46.80;
fassen; Ernst Wolf, Erik Wolf und E. Schlink bleiben - meint DM 42-~-

Begemann — im theologischen Positivismus hängen; H. Thie- Der I. Band dieses Textbuches ist 1955 im C. Bertels-

Iicke entgehe nicht der Gefahr eines personalistischen Mißver- mann Verlag, Gütersloh erschienen. Ich habe ihn Jg. 1958,

ständnisses; Delekat beachte die Unterscheidung von Säkulari- Sp. 391—393 angezeigt. Bei diesem II. Bd. möchte ich mich ira

sation und Säkularismus nicht genügend und deshalb sehe er wesentlichen auf sachliche Angaben beschränken. Dem Bande

auch nicht das notwendige Wechselverhältnis von Glauben und ist ein Gedenkwort an den am 11.6.1959 verstorbenen Be-

Säkularität, durch das die Gefahr des Säkularismus überwunden gründer des Textbuches vorausgeschickt. Die in 7 Kapiteln —

wird. Müller-Schwefe wird nachgesagt, er habe die Gemein- die Paragraphenzählung setzt die des I. Bande6 fort — ge-

«chaftsfunktion des Vaters gar nicht in den Blick bekommen. sammelten Auszüge aus Werken der neuesten systematischen

Man könnte die Reihe fortsetzen. Jeder bekommt sein Teil ab. Theologie stammen von 41 Autoren und bieten in jedem Falle

Wenn man den Grundgedanken des jungen Verf. folgt, hat er — verglichen mit dem I. Bande — einen viel umfassenderen Stoff,

sich einige „Patriarchalisten" und „Personalisten" sogar noch Was die dabei zugrundegelegte Auswahl betrifft, so mag darauf

entgehen lassen. Ein persönliches Wort: Es ist mir unverständ- verwiesen werden, daß der Hrsg. im Vorwort 30 Autoren na-

lich, daß ich unter die Personalisten gerechnet werde, denen mentlich aufführt, die er hier nicht mehr berücksichtigen konnte,

man nachsagt, daß sie wenig Verständnis für die Institutionen und die ggf. in einem III. Bande zu Worte kommen werden,

haben. Ich habe mich seit über einem Jahrzehnt in der Eigen- £ B. Asmussen, E. Fuchs, Gloege, R. Hermann, H. Sasse, E.

tumsfrage, in der Frage der Mitbestimmung, in Fragen der Sonn- Schlink, F. K. Schumann, E. Wolf.

tagsarbeit, in Fragen des Ehe- und Familienrechts usw. für klare Das erste Kapitel (§ 22) ist zunächst freilich eine Nachinstitutionelle
Regelungen eingesetzt, aber ich habe freilich holung, die noch in den Aufgabenbereich des I. Bandes fällt,
auch immer auf die Grenzen institutioneller Maßnahmen und nämlich ein knappes Referat von P. Jacobs über den dogmati-
die Bedeutung des personellen Engagements hingewiesen. sehen und ethischen Gehalt der reformierten Bekenntnisschriften.

3. Zum Schluß eine Frage: Sollte man nicht von der Erst von § 23 an bringen die Kapitel Texte aus dem im Buchchristlichen
Gemeinde etwas bescheidener sprechen? „Eigent- t'tel bezeichneten Zeitraum. Zunächst „Karl Barth, die von ihm
lieh", meint der Verf. „kann erst in der Gemeinde, die weiß, ausgehende und von ihm ausgegangene Theologie". Die Ko-
wa6 Bruderschaft ist, Partnerschaft verwirklicht werden." Das lumnenüberschriften im Textteil selbst bezeichnen diese Gruppe
ist sehr schön gesagt, aber er weiß, daß das geschichtlich nicht ajs -Neo-orthodoxe Theologie". Betreffen sind Barth selbst,
stimmt, daß die Kirche, in der die Intention zu Partnerschaft- J->. Bonhoeffer, E. Brunner, O. Cullmann, Gogarten (hier!),
licher Gemeinschaft „eigentlich" zur Realisierung kommen wand, de Quervain, Vogel und O. Weber — in dieser Reihensollte
, den Patriarchalismus begünstigt hat. Und — wie kann ro'ge. Fast derselbe Umfang an Textauszügen ist auf § 24 ver-
man nur sagen, die Gemeinde sei „der Ort, wo die Gesellschaft wendet: „Albert Schweitzers Schule der .Konsequenten Escha-
geordnet wird"? Ein Blick in die Gemeindesoziologie, ein Blick *°Wie' und ihre Anrainer". Hier kommen außer Schweitzer
in die gesellschaftliche Wirklichkeit der Gemeinde zeigt, daß M.Werner, F. Buri, U. Neuenschwander, M.Stege, W. Koehler,
das doch nicht der Fall ist. Das kann sie auch nicht. Die Be- Leese, H. Rust und G. Wehrung (!) zu Worte. Erst in den
merkung des Verfs. in einer Anmerkung, unter Gemeinde ver- ^enüberschriften und nur hier wird diese Theologenschar als
stehe er nicht „die äußere Erscheinungsform der Kirche", sondern "Neo-liberale Theologie" vorgestellt. Es folgt in § 25 „Rudolf
die eschatologische Heilsgemeinde, wie sie unter Wort und Bultmanns Theologie der Entmythologisierung und ihr Fort-
Sakrament in der sichtbaren Kirche verborgen gegenwärtig ist, wirken in der Systematik", wobei allerdings außer dem Gekann
gerade in dem Zusammenhang, der für Begemann wichtig nannten selbst nur noch G. Ebeling zur Sprache gebracht wird,
ist. nicht überzeugen. i.5n doppelten Raum erhält in § 26 „Die Erlanger lutherische

Die Gemeinde kann zwar klein und unscheinbar sein. Aber ™e°,c*Sie in der Mitte des 20. Jahrhunderts", d. h. P. Althaus,

wenn sie nirgendwo sichtbar wird, wenn sie nicht nach außen in ^y*'6"' W- Künneth, W. von Loewenich und E. Stauffer. Auch

Erscheinung tritt, wird man auch keinen nachhaltigen Einfluß "u'e Theologie des religiösen Sozialismus", vertreten durch

auf die Gesellschaft erwarten können. 7, *agaz- G- Wünsch und P. Tillich, erhält in § 27 eine eigene

Gleichwohl bleibt das Anliegen des Verfs. beachtlich. Es K™>ne. Schließlich finden sich im § 28 unter der Überschrift
zeigt, welche großen legitimen theologischen Möglichkeiten verschiedene Systematiker der Gegenwart vom vierten bis
sich der evangelischen Christenheit in einer soziologisch gegen- «Renten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts" Theologen in bunte-
über früher um vieles veränderten Welt eröffnen. Sein Anlie- steT Mischung an, die man zum großen Teil m früheren Kapigen
ist ernst und wohl zu bedenken. Man sollte ihm dankbar ««» hatte unterbringen können, von Mt 22, 12 einmal ganz
«ein für diese fleißige, in solcher Ausführlichkeit und Systema- abgesehen. Wieder bestimmt das Alphabeth die Reihenfolge:
* (soviel ich sehe: erstmalig) durchgeführte Behandlung dieser £ «™nner, Fr. Brunstäd, O. A. Dilschne.der L. Fremgen (!),
wichtigen Frage. Das Buch ist bei seiner betont großen Linie f Hirsch, F. Holmström, E. Kinder, A. Koberle, M. Lackmann
zudem reich an klugen Details, mit denen sich auseinander- U4 Seiten Text), G. van der Leeuw (eine halbe Seite), O. Pfister,
Setzen nötig wäre (etwa im Blick auf das Verhältnis Naturrecht ™. Philipp, H. Thielicke.

u"d Soziologie), wozu aber hier nicht der Raum vorhanden Ein „Geschichtlicher Anhang" mit vier Kapiteln überschrei-

1Sr- Es ist nicht nur anregend. Man kann viel von ihm lernen. tet dann die thematische Zwecksetzung des Buches, indem zu-

Köin/Vdbert Friedrich Karrenberg nächst in § 29 H.-J. Schoeps eine übrigens sehr klare und ge-

- sammelte Darstellung „Die Religion der Juden" bietet, in § 30

Ermecke, Gustav: Die Sozialichren der christlichen Kirchen (aus A. Brandenburg über „Theologische Entwicklungen im Dialog

katholischer Sicht). der Konfessionen" schreibt. Erst die beiden letzten hier gebrach-

Theologie und Glaube 52, 1962 S. 161—176. , ten Kapitel sind wieder Textauszüge: § 31 „Rudolf Steiner und

A2ei!ewicz' Wi"y: Zum Problcm dcr Autorität Soziologische die yon ^ begründete Anthroposophie und Theologie",

, ^ r worin R-Steiner, Fr. Rittelmeyer und E.Bock zu Worte kom-

W e b .? WiÜm: "d« 'Äß* S Umwelt auf da, religi*- ™, Schließlich ist in § 32 au*Die Grundhaltung C G_ Jungs"

sittliche Verhalten ner Skizze, d. h. tatsächlich in Zitaten aus Werken des

Theologie und Glaube 52, 1962 S. 176-189. Genannten und au6 G. P. Zacharias behandelt. — Ein gründ-