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1963

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Bibelwissenschaft

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193

Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 3

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Wir sehen: Das Hüttenfest hat unzweifelhaft einmal
einen astralen Charakter besessen; das gleiche ergibt sich für das
Pessachfest durch seine Verknüpfung mit dem Frühlingspunkt
einerseits und die entsprechende Verknüpfung mit dem Herbstpunkt
. Diese beiden Feste waren somit in alten Zeiten nicht
nur religiöse Feste; sie haben darüber hinaus noch 2 weitere
Bedeutungen, nämlich eine landwirtschaftliche und eine astronomische
, die beide, als von G'tt stammend, mit dem Religiösen
untrennbar verbunden sind und mit ihm mitgefeiert
werden.

Aus dem eben Ausgeführten ergibt sich der zwingende
Schluß: Wenn im Altertum jüdische Feste gleichzeitig mehrere
Bedeutungen besitzen konnten, darunter auch eine astronomische
, so wird die hier vertretene Deutung des Festes des
Öles als eine Darstellung des großen Sonnenzyklus in keiner
Weise widerlegt werden, wenn sich später — vielleicht — aus
bisher noch nicht veröffentlichten Texten ergeben 6ollte, daß
dieser Festtag in Qumrän als landwirtschaftliches Fest gefeiert
worden war.

* *
*

Bei dieser Gelegenheit sei auf eine interessante Stelle in
der Pessikta sutarta des Rabbi Tobia ben Elieser (um 1100)
hingewiesen21. Diese lautet:

*') Zitiert nach Ozar Haagadah, Bd. III, Stichwort „Schemen",
herausgegeben vom Mossad Raw Kook, Israel. Für den Hinweis auf
diese Stelle bin ich Herrn Rabb. David Weisz, M. A., Gemeinde-
rabbiner von West-Berlin, zu Dank verpflichtet.

•raba ,tP"wrcfl Wieb (22) -jt rrn 1piV3 -pbx Trp"n Wt rtrraoD
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Hiernach ist das Chanukahfest nur die Erneuerung eines
alten Fests des Öls! Wir können nicht annehmen, daß Rabbi
Tobia diese Ansicht frei erfunden hat, wir müssen vielmehr
unterstellen, daß eine alte diesbezügliche Überlieferung in
seiner Hand war. Wir sind hierzu um so mehr berechtigt, als
wir ja jetzt auf Grund der Funde in Qumrän wissen, daß die
dortige Sekte tatsächlich ein Fest des Öls gefeiert hat. Angesichts
des uns bekannten Gegensatzes zwischen den Hasmo-
näern und dieser Sekte liegt es nahe zu fragen: „Haben die
Hasmonäer die Einweihung des Tempels nach der Vertreibung
der Syrer mit dem „Lichtwunder" in Verbindung gebracht, um
das von ihnen eingerichtete Tempelweihefest als neues „Fest
des Öls" populär zu machen? Wollten sie auf diese Weise
vielleicht das von der Sekte weiter gefeierte Fest des Öls aus
dem Bewußtsein des Volkes verdrängen, weil dieses in irgendeiner
Beziehung ihrem hohenpriesterlichen Anspruch entgegenstand
?" Diese Fragen lassen sich bei dem derzeitigen Stand
der Forschung nicht beantworten, sie sollten aber bei der künftigen
Veröffentlichung der Texte und ihrer Prüfung nicht
außer acht gelassen werden.

Eines ist jedenfalls sicher: Durch den eben genannten
Midrasch gewinnt das Fest des Öls der Qumränsekte erheblich
an Interesse. Während es bisher ohne irgendeine Beziehung zu
dem Festkalender der Juden vor un6 stand, erscheint es nunwehr
plötzlich als der Ausdruck einer sehr alten Überlieferung.
Hoffen wir, daß wir später hierüber noch weitere Klarheit erhalten
werden!

") in. Mose 24, 2.

BIBELWISSENSCHAFT "möglicht es die in den einzelnen Partien der Bibel variierende

Textgeschichte, den vollständigen Abdruck auf zwei bzw. bloß
I'lng, Gerhard [Hrsg]: Die Niederdeutschen Bibelfrühdrncke. Kölner ejne Fassung zu beschränken und die übrigen Drucke nur in
Bibeln (um 1478), Lübecker Bibel (1494), Halberstädter Bibel (1522). einem sowohl die Abweichungen textlicher wie auch rein
Bd. I.j Genesis — Leviticus. Berlin: Akademie - Verlag 1961. grammatischer Art erfassenden Variantenapparat zu berück-
XVlII.Vos S. gr. 8° = Deutsche Texte des Mittelalters, hrsg. v. d. sichtigen. Die unter Verzicht auf alle textkritischen oder kom-
Dcutschen Akademie d. Wiss. zu Berlin, Bd. LIV, 1. DM 48.—; Rentierenden Bemerkungen den reinen Textabdruck darbie-
geb. DM 51.—. tende Ausgabe ist von höchster philologischer Genauigkeit, in-
Nachdem zunächst W. Kurrelmeyer durch seine dem sogar die aufgelösten Abbreviaturen durch Kursivdruck
mustergültige zehnbändige Edition der „ersten deutschen Bibel" 8fkennzeichnet sind. Eine knappe Einleitung unterrichtet über
(1904/15) eine feste Grundlage für die Erforschung aller mit die Forschungsgeschichte, die Drucke und die Grundsätze der
dieser mittelalterlichen Bibelverdeutschung zusammenhängenden ' extgestaltung. Neben den Textbänden ist ein besonderer
Probleme geschaffen hatte, ist jetzt auch die in den Jahren trganzungsband geplant, der u. a. eine Untersuchung der Druck-
18 50 5 5 erschienene unzulängliche Bindseil-Niemeyersche sieben- Beschichte sowie ein lateinisch-niederdeutsches Wörterverzeichnis
bändige Ausgabe der Lutherbibel durch eine wissenschaftlich zu dieser auf der Grundlage der Vulgata angefertigten Übereinwandfreie
Veröffentlichung der Erst- und Letztfassung der Setzung nebst einem niederdeutsch-lateinischen Register um-
Bibelverdeutschung des Reformators (einschließlich aller dazu «ssen soll. Das Ziel dieser monumentalen Ausgabe umschreibt
gehörigen Vorarbeiten, Manuskripte usw.) im Rahmen der Hrsg. dahin, sie solle „vor allem neben der oberdeutschen auch
Weimarer Lutherausgabe (Abt. Deutsche Bibel Bd. 1-12 die niederdeutsche Übersetzungstradition - soweit sie in Druk-
[1906/61]) restlos ersetzt worden. Neben der Beschäftigung ke" der gesamten Bibel überliefert ist - überschaubar zugäng-
mit diesen hochdeutschen Übersetzungen trat bislang das wissen- machen und damit die Möglichkeit schaffen, die sprach-
schaftliche Interesse an der Erforschung der niederdeutschen geschichtliche Beurteilung der für die Entstehung der hoch-
Bibelübertragungen über Gebühr zurück - abgesehen von den deutschen Schriftsprache so bedeutsamen Bibelübersetzung Lu-
vor allem kunsthistorisch orientierten Arbeiten über die in thers auf eine neue Grundlage stellen. Darüber hinaus soll sie
Köln und Lübeck entstandenen Drucke Daher fehlten für dieses ejn Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte des ausgehenden Mittel-
Gebiet audi gleichartige moderne fextpublikationen sowohl alters und zur Erforschung des Mittelniederdeutschen sein"

niederdeutschen Übersetzungen des 15. Jahrhunderts wie ^- V).

auch der Lutherbibel völlig. Diese empfindliche Lücke wenig- „ Einzelberichtigungen: S. X, Z. 13 ist Wilhelm (statt: Christian)

stens teilweise zu schließen unternimmt „«nm-hr dankens- Walth" zu lesen; zu S. XIII, Z. 11-9 v. u. ist zu bemerken, daß

werterweise G. Ising mit seiner nuf ^w, tT T J b - e°renz Studls nachweislich ein Sohn des Nürnberger Druckers Georg

rechneten Fditirm A„ !t,Se'ner etwa sechs Textbande be StU(Jl Penzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhundert»

erstehnur die jj RnA ed"deute.*e" Bibelfrühdrucke", deren [Frankfurt a. ff ,952 , 5 ^8 sowie Gutenberg-Jahrbuch ,954, S. 122

ersrer nur die dre, Bucher Genesis bis Leviticus umfassender, _124 und I27_,30)' s XI, Z. 16 v.u. ist ergänzend auf S. Corstens

rund 700 beiten starker Band jetzt vorliegt. Teils aus rein wertvollen Aufsatz: „Die Kölner Bilderbibeln von 1478. Neue Stu-

«prachlichen Gründen, teils aber auch wegen der selbständigen dien zu ihrer Entstehungsgeschichte" im Gutenberg-Jahrbuch 1957,

Ubersetzungen sind in diesem Bande alle vier Texte: der ost- S. 72-93 hinzuweisen.

westfälische (K") und west-westfälische (K°) der beiden Kölner Göttingen HanSv„iz

Drude von ca. 1478, der nordniedersächsische der Lübecker--—

Bibel (L) von 1494 sowie der ostfälische der Halberstädter (H)

von 1522 auf je einer Doppelseite in vier Spalten parallel Heller, Jan: Czech Lexicography of Biblical Language«.

nebeneinander vollständig abgedruckt. In den späteren Bänden Communio Viatorum 5, 1962 S. ,20-129.