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Ausgabe:

1962

Spalte:

138-140

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie ; 5. Bd. 1960 1962

Rezensent:

Nagel, William

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liegender Faktor zwischen Kindheit und Jugend die Gewohnheit
in Betracht und als neues, spezifisches Moment des Jugendalters
das Interesse an religiös-kirchlichen Fragen.'"

„Wir hatten gefunden, daß die Gewohnheit weitaus stärkere
Wirkung, ja, die stärkste Wirkung auf das Religiös -Kirchliche
ausübt."10 Die vorliegenden Studien mühen sich um die
Erschließung innerster Welten. Viele Einblicke, wichtige und gewagte
Auswertungen liegen vor. Es bleibt trotzdem die Frage
offen, ob man den jungen Menschen mit diesen Methoden wirklich
vor« Visier bekommen hat. Sind eben nicht die außerordentlichen
Situationen, in denen sich alles abspielt, die Fülle der vorgelegten
, oft mit Reizen und Impulsen verbundenen Fragen an
einer Verfälschung oder Trübung der Aussagen schuld? Gibt es
nicht eben doch nur einen ,,Königsweg der Psychologie", das
Erkennen und das Erleben des jungen Menschen in persönlichem
Kontakt, in vielen Gesprächen, in der Beobachtung seiner Verhaltensweise
zu studieren, zu vergleichen, um dann doch vielleicht
vorsichtig zu einer Charakteristik zu gelangen? Sind es
trotz der hohen Zahlen nicht doch nur wenige der Befragten, die
wirklich Auskunft gegeben haben, und zwar ohne Sorge, ohne
Berechnung, ohne Eitelkeit, ohne Irrtum?

Das „Handbuch der Jugend-Seelsorge und Jugend-Führung"
von Hubertus Halbfas will eine geschlossene, systematische Darstellung
des komplexen Gebildes der freien Jugendarbeit sein und
gleichzeitig praktische Hilfe leisten. Im Vorwort wird darauf
hingewiesen, „daß wir heute nicht mehr von Jugendbewegung,
sondern von Jugendarbeit sprechen .. . Die charismatische Führerbegabung
, welche der Jugendbewegung noch in hohem Maße
eigen war, kommt heute kaum mehr vor und würde für sich
allein den Anforderungen der Gegenwart auch nicht mehr genügen
. Neben der unabdingbaren Persönlichkeitsbildung muß ein
gediegenes Maß an Wissen und Können das natürliche Führer-
talcnt fundieren."11

Das Buch wendet sich in erster Linie an den katholischen
Jugendseelsorger, gibt aber auch für die evangelischen Jugendarbeiter
in vielen Sachfragen wertvolles Zeugnis. Das umfangreiche
Literaturverzeichnis ist eine kleine Bibliographie des heutigen
Schrifttums auf dem Gebiete der Jugend-Seelsorge und
Jugend-Führung, auch evangelische Autoren sind berücksichtigt,
vor allem in der „Leben-Jesu-Forschung".

Nachdem I. Wesen und Ziel katholischer Jugenderziehung
knapp dargestellt werden, wird in den folgenden Teilen die
Jugendarbeit in ihrer Praxis beschrieben und für die Führungsaufgaben
Anleitung erteilt. Die einzelnen Teile schließen mit
Hinweisen auf Speziallitcratur. Nachstehend die Themen:

II. Erzieher und Erziehungsfaktoren in der Jugendarbeit;

III. Die Gemeinschaftsformen der Jugendarbeit;

IV. Die verschiedenen Altersstufen in der Jugendarbeit;

V. Die Führungsmittel;

VI. Die Veranstaltungsformen;

VII. Die Vcranstaltungselemcnte;

VIII. Da« Erziehungsverfahren in der Jugendarbeit. (Hier werden
insbesondere die Leibeserziehung, die Geisteserziehung, die
sittliche Erziehung, die religiöse Erziehung behandelt.)

Einige Leseproben mögen die ausgesprochen praktische Art
dieses „Handbuches" aufzeigen.

Unter dem Stichwort „Disziplin" ist im Untertitel „Lebendige Mitarbeit
" zu lesen: „Wer nur unterhalten will und lediglich Zuhörer fordert
, ist selbst Ursache mancher Störung. Junge Menschen wollen tätig
sein. Lied, Spiel. Sport und Werkarbeit sind unentbehrliche Disziplinmittel
"".

Unter „Vorbeugende Mahnung" finden wir: „Die Könige des Unsinns
muB der Jungführcr immer einzeln vor den Veranstaltungen sprechen
. Er kann sie um Mitarbeit bitten (!) und evtl. sogar durch Handschlag
in ein Freundschaftsbündnis binden!""

Wie praktisch wird auch zur „Schonbehandlung einzelner" aufgefordert
: „Viele Krisen der Jungenschafts- und Mädchenzeit liegen nicht
•n der Art des Gemeinschaftslebens, sondern in der Entwicklung des
Einzelnen begründet. Ihnen ist nicht durch eine Steigerung der Attraktionen
zu begegnen, sondern allein durch hingebende persönliche Einzelsorge
. Ratschläge:

,0) ebda., 201.

") H. Halbfas. a.a.O.. Ii.

") ebda., 188.

'*) ebda.. 188.

1. „Halte engsten persönlichen Kontakt!

2. Stelle nie unwesentliche Bedingungen! (Daß die Jungen oder auch
die Mädchen lange oder kurze Hosen tragen, rauchen oder nicht,
Jazzmusik lieben oder die Tracht nicht mehr tragen mögen, sind
keine Bedingungen für ihre Mitgliedschaft. Blinder Eifer schadet.)

3. Entbinde zeitweilig von allen Pflichten! (damit niemand der Gemeinschaft
durch unkluge, pausenlose Ansprüche überdrüssig wird)."14

Dieses Handbuch wird seinen Platz in den Pfarrbüchereien,
Predigerseminaren und in den Praktisch-Theologischen Instituten
beanspruchen dürfen. Bestechend ist die Anwendung von theologischer
Gründlichkeit, seelsorgerlicher Intention und praktischer
Solidität.

Leipzig Heinz W a g n e r

") H. Hunger, a. a. O., 133.

LITURGIEWISSEN SCHAFT

lahrbuch für Liturgik und Hymnologie. Hrsg. v. K. Ameln.
, I Chr. Mahrenholz u. K.F.Müller. 5. Bd. 1960. Kassel:

Stauda-Verlag 1960. XVI, 287 S. m. Notenbeispielen, Textabb., 6 Taf.

gr. 8°. Hlw. DM 34.-.

Der neue Band des Jahrbuchs bestätigt in eindrüdelicher
Weise dessen Charakter als Vermittler neuer Forschungsergebnisse
auf den Gebieten der Liturgik und der Hymnologie. Das zeigen
nicht nur die beiden Hauptbeiträge, aber diese in besonderem
Maß. Jürgen Boeckh legt eine gekürzte Wiedergabe seiner Heidelberger
Dissertation aus dem Jahre 1959 vor „Die Entwicklung der
altkirchlichen Pentekoste". In den (I.) Vorfragen wird der Ausgangspunkt
der Untersuchung aufgezeigt: die Pentekoste wird
bereits vor Aufnahme von entsprechenden Perikopenreihen aus
der Apostelgeschichte begangen. Solche Lesungen haben ihr erst
später in bestimmten Gegenden ein neues Gesicht gegeben. Das
entspricht der von Casel hervorgehobenen Tatsache zweier Festauffassungen
in der Alten Kirche: die heidenchristliche Groß-
kirche besitzt ein „wesenhaftes" Festverständnis, während vom
Judenchristentum her sich eine Auffassung durchsetzt, „die die
einzelnen Tatsachen der Erlösung mehr historisch nacheinander
darlegt und begeht". Der Möglichkeit der Umbildung des jüdischen
Wochenfestes zum christlichen Pfingstfest in der Ur-
gemeinde wird nachgegangen, aber sie wird auf Grund der Quellen
als unwahrscheinlich erwiesen. Im II. Teil werden dann die
ältesten Zeugnisse (nicht über das 3. Jhdt. hinaus) für die Feier
der Pentekoste und des Pfingstfestes abgehört und im III. Teil
die theologischen Motive für die Entstehung der Pentekoste
untersucht. Dabei geht es zunächst um die Beziehung von Pentekoste
und Parusie: Das Kommen des Herrn im Geist ist „Angeld
" seiner Parusie und unserer künftigen Herrlichkeit und
bildet „eine wesentliche theologische Grundvorstellung für die
Feier der Pentekoste als ,Zeit des Geistes', wobei gerade die
Vorstellung der .primitiae' spiritus zur Befristung der Festzeit
auf 50 Tage beigetragen haben mag". So sind „gegenwärtige und
zukünftige Eschatologie in der Pentekoste miteinander verbunden
". Weiter ist die Pentekoste in ihrer Beziehung zum Herrentag
zu werten: die ganze Pentekoste gilt als ein einziger großer
Tag des Herrn, der nach Irenaus die gleiche Bedeutung wie jeder
Herrentag hat. Wahrscheinlich hat für die Entwicklung des einen
achten Tages zur Pentekoste als einer Reihe von Herrentagen die
Osteroktav eine Rolle gespielt, indem sich diese zur großen
„Woche" der Pentekoste auswuchs; in ihr wurde der 8. Tag, der
Auferstehungstag, gleichsam 50mal entfaltet zum Abbild des
künftigen Äons. Wenn so die Pentekoste als „Fest einer großen
religiösen Idee" erscheint, so kann doch nicht übersehen werden
, daß in ihr auch ein geschichtliches Moment zur Geltung
kommt, nämlich die Erinnerung an die Erscheinungen des auferstandenen
, erhöhten Herrn im Kreise der Jünger (zunächst
ohne ein besonderes Himmelfahrtsfe6t). Die Arbeit scheint mir
ein Musterbeispiel dafür zu sein, wie sehr die Erforschung der
Entstehung des Kirchenjahres auch zum Verständnis von Theologie
und Frömmigkeit der Alten Kirche beitragen kann.

Der hymnologische Hauptbeitrag von Carl-Allan Moberg
gilt der Melodiegeschichte des Pange - lingua - Hymnus. Diese
heute mit dem berühmten Vesperhymnus für Fronleichnam des
Thomas von Aquino „Pange lingua gloriosi corporis mysterium"