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Ausgabe:

1962 Nr. 12

Spalte:

950-954

Kategorie:

Kirchenrecht

Titel/Untertitel:

Episkopat und Primat 1962

Rezensent:

Dombois, Hans

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949

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 12

950

PSYCHOLOGIE UND RELIGIONSPSYCHOLOGIE

Kölbel, Gerhard: Über die Einsamkeit. Vom Ursprung, Gestaltwandel
und Sinn des Einsamkeitserlebens. München-Basel: E.Reinhardt
1960. 248 S. gr. 8°. Lw. DM 12.80.

Der Autor ist durch eine Vorlesung von Heiler zum Thema,
durch O. F. Bollnow zum Ausgehen von einer Bestandsaufnahme
der „in sprachlicher Form vorliegenden Einsamkeitsbezeugungen"
angeregt worden und hat in eigener Entscheidung statt zunächst
sprachanalytischer oder metaphysischer Bearbeitung „eine
sorgfältige Analyse der zu verzeichnenden Erlebnisformen nach
Inhalt und Lebensbedeutung" (8) unternommen. Er bemerkt,
daß er „zeitweilig als Arzt tätig war" (191) und hat andererseits
Schüleraufsätze mitverwertet, die 1948 — 195 3 „ohne jede
Vorbereitung unter Aufsicht der jeweiligen Lehrer" (28) geschrieben
wurden. Die Sichtung der Quellen ergab zunächst zwei
große Gruppen: Einsamkeit „als beglückende seelische Einheit"
und Einsamkeit „als schmerzliche seelische Entzweiung". Zweiter
Gesichtspunkt der Ordnung, vom Material her sich aufdrängend
, war die „Scheidung äußerlich gegebener = äußerer
von innenbedingter = innerer Einsamkeit", dritter die Lebensalter
. Der Entwicklungsgedanke erlaubte Darstellung in psycho-
genetischer Stufenfolge (29). Das sehr genaue, 9 Seiten umfassende
Inhaltsverzeichnis (oft 2—3 Leitsätze für eine Seite)
ermöglicht ein rasches Auffinden jeder speziellen Form von
Einsamkeit.

Nach einer guten Übersicht über die Literatur, die Leistungen
und Lücken besonnen abwägt, wird als Ziel des ersten
Teils, der als philos. Dissertation Mainz (77) vorliegt, eine
„Psychophänomenologie" (Schmalenbach) der Einsamkeit bezeichnet
, ein „Netz etwa, in dessen Maschen die in Frage stehenden
Phänomene und ganz genau nur diese gefangen und
möglicherweise auch schon sortiert würden" (Schmalenbach).
Es folgen methodische Überlegungen, die diese Intention konkret
fundieren. Der Hauptteil des Buches bringt das Einsamkeitserleben
in der Kindheit (33-58), Reifezeit (59-83), in der
Lebensmitte mit den Unterteilen: erhebende innere und bedrückende
innere, erhebende äußere und bedrückende äußere
Einsamkeit (84—18 5), jede mannigfach unterteilt. Der letzte
Abschnitt über Spätformen der Einsamkeit (187-228) geht von
Alters-, Tod-, asketischer, nihilistischer, atheistisch-existenzia-
listischer, mystisch-pantheistischcr und kultischer Einsamkeit
am Schluß über in die prophetische (220-224) Einsamkeit und
stus" (225-228).

ak Krönung in die „Alleinsamkeit des weltumfangenden Chri-
Mit dem Ganzen ist dem Autor eine wirklich große Leistung
gelungen. Das Buch ist wie ein Mosaik, das in der
Bildatmosphäre alle Hintergründe des Lebens mit umfängt, und
von dessen Steinen eine überraschend große Zahl hohen Eigen-
Wert besitzt. Die Zitate sind, obwohl bewußt nicht nur der
..großen" Literatur entnommen, reich an Wert in sich, Tiefblick
bietend in das Leben und in die Autoren. Die Analyse ist gespeist
von intensivem Eindringen und tiefem Verstehen, vom
Wissen um Höhen und Untergründe des Lebens, dazu gerragen
von Innerlichkeit und von einem Lösung findenden Wurzeln in
der Lebenskraft des Christenglaubens.

Tiefe und Größe des Werkes erschließt sich m. E. am eindrücklichsten
von den Schlußabschnitten aus, die man als einen
— ungewollten! — konkreten Erweis der inneren Überlegenheit
de« Glaubens über alle Lebensauffassungen sonst ansprechen
könnte. Man kann überall „hineinlesen", muß dann nur bei
manchen Abschnitten sich klar machen, daß ein etwa einseitig
erscheinendes Vortreiben in bestimmter Richtung seine Ergänzung
in anderen Abschnitten findet. Der Seelsorger kann hier
viel lernen, an Verstehen und Aufmerken, an Sorgsamkeit und
Lockerung. Es ist alles maßvoll gebracht. Nicht nur die letzten
Abschnitte beweisen vielfach ein überraschendes theologisches
Verständnis.

Das Buch hilft zu fruchtbarem und persongestaltendem
Eingehen in positive und echte Einsamkeit. Daß man manchem
"•cht ganz so zustimmt, wie es hier gesagt ist, manches gern

weiter ausgeführt sähe, ist keine Minderung der Freude an
einem so reichen und immer wieder wohltuenden Werk.

Bcrlin-Fricdridishagen Otto Haendler

B a r t n i n g, Gerhard: Hebräische wider griechische Psychologie. Zum

Gespräch mit C. G. Jung.

Quatember 26, 1961/62 S. 117—120.
Becker, Walter: Probleme der Kriminalität der Nachkriegsjugend.

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 454-457.
B o d a m e r, Joachim: Die Langeweile als zivilisatorisdies Problem.

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 484-487.
Buytendijk, E. J. J.: Enige aspecten van het tasten.

Tijdschrift voor Philosophie 23, 1961 S. 403—427.
Frieling, Werner: Krankheit und Sünde.

Wege zum Menschen 14, 1962 S. 58—65.
G o d i n, A.: L'animation pastorale et psychologique des petita groupes.

Nouvelle Revue Theologique 94, 1962 S. 36—62.
Jäger, Otto: Die Flucht vor der Pspychotherapie.

Wege zum Menschen 14, 1962 S. 65—68.
— Der „ruhige Freund" — Über die menschliche Haltung in Psychotherapie
und Psychagogik und bei aller heilenden Hilfe.

Wege zum Menschen 13, 1961 S. 395—401.
Pf ister, Hans-Jürgen: Über das Schamgefühl in psychotherapeutischer
und heilpädagogischer Praxis.

Wege zum Menschen 14, 1962 S. 49—58.
Rohrache r, Hubert: Die Ordnung im seelischen Geschehen.

Universitas 17, 1962 S. 779—789.
Scharfenberg, Joachim: Zum theologischen Gespräch mit C. G.

Jung.

Quatember 26, 1961/62 S. 21—27.
Thomae, Hans: Die Deutung jugendlichen Seins.
Universitas 17, 1962 S. 621—626.

KIRCHEN RECHT

R a h n e r, Karl, u. Joseph Ratzinger: Episkopat und Primat.

Freiburg-Basel-Wien: Herder [1961]. 125 S. 8° = Quaestiones Dis-
putatae, hrsg. v. K. Rahner u. H.Schlier, 11.

Die Schrift ist der Zusammendruck zweier vorveröffentlichter
Stücke. Der Beitrag von Rahner stammt aus dessen Buch
„Sendung und Gnade" (S. 239—262), derjenige von Ratzinger
aus der Zeitschrift „Catholica" (13, 1959, S. 260—277). Sie erhalten
also ihre Bedeutung durch diese selbständige und betonte
Zusammenfassung. Sie sind dann auch im Abdruck ineinander
verzahnt: einem Abschnitt von Rahner über Episkopat und
Primat folgt derjenige von Ratzinger über Primat, Episkopat und
successio, worauf Rahner mit einem Abschnitt über das jus
divinum des Episkopats abschließt.

Die deutsche und französische katholische Theologie ist
bekanntlich seit Jahren in einer lebhaften Bewegung auf dem
Gebiete der Ekklesiologie einschließlich einer Bearbeitung der
theologischen Seiten des Kirchenrechts. Diese Bewegung hat
durch die Ankündigung des Konzils einen lebhaften Auftrieb zu
Publikationen erfahren, die nach der Absicht der katholischen
„Ökumeniker" immer zugleich als Beitrag zum Gespräch mit
dem Protestantismus zu verstehen sind. Die alte konfessionelle
Apologetik ist in diesem Kreise nicht mehr zu finden. Während
namhafte „integrale" Katholiken gerade die kirchengeschichtlichen
Reformanliegen meinen bündig als eine Neuauflage des
„Modernismus" abtun zu können, wird hier ziemlich umfassend
versucht, die Dinge neu zu interpretieren. Das heißt nach der
Sache und nach Innen Fortbildung und Neuakzentuierung der
gegebenen Lehre, nach der Form und nach Außen eine Darstellung
in zugänglicher und unmißverständlicher Weise. Das Problem
der Aussageform ist der katholischen Theologie in
Deutschland in den letzten Jahren deutlicher geworden als
früher.

Rahner wählt zunächst ausdrücklich die Methode, die Verfassung
der Kirche mit den Verfassungen anderer „Gesellschaften
" zu vergleichen. Er schildert die phänotypische Ähnlichkeit
der römischen Kirche mit einer rechtsstaatlichen absoluten
Monarchie. Im Ergebnis lehnt er jedoch die Vergleichbarkeit ab:
es könne in der Kirche gar keine adäquate Verfassung geben.