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Ausgabe:

1962

Spalte:

938-939

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Seils, Martin

Titel/Untertitel:

Wirklichkeit und Wort bei Johann Georg Hamann 1962

Rezensent:

Pältz, Eberhard Hermann

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die Frage zu stellen, ob er nicht teilweise mit Kategorien und
Begriffen arbeitet, die Melanchthon nicht gemäß sind, wodurch
manches an seiner geschlossenen und imponierenden Konzeption
nachträglich zweifelhaft wird. (Mehr als eine solche notwendige
Frage wollen auch unsere obigen kritischen Bemerkungen nicht
sein.)

Münstcr/Westf. Klaus Haen d 11 r

Beumer, Johannes: Die Lehre des Provinzuilkonzils von Sens über

Schrift und Tradition.

Scholastik XXXVII, 1962 S. 222-226.
Courvoisier. Jaque6: Vom Abendmahl bei Zwingli.

Zwingliana XI, 1962 S. 415—426.
De Ii us, Hans-Ulrich: Einige Randnotizen zur Weimarer Luther-

ausgabe und zu den Problemen ihrer Revision.

Forschungen und Fortschritte 36, 1962 S. 179—183.
Fast, Heinold: Hans Krüsis Büchlein über Glauben und Taufe. Ein

Tauferdruck von 1525.

Zwingliana XI. 1962 S. 456—475.
I s c r 1 o h. Erwin: Zur Gestalt und Biographie Thomas Münzers.

Trierer Theologische Zeitschrift 71, 1962 S. 248—253.
L o r t z, Joseph: Luthers Römerbriefvorlesung. Grundanliegen (II. Teil).

Trierer Theologische Zeitschrift 71, 1962 S. 216—247.
S p i I 1 m a n n, Kurt: Zwingli und die Zürcher Schulverhältnisse.

Zwingliana XI, 1962 S. 427—448.
S t a e d t k c, Joachim: Das genaue Datum einer bisher undatierten

Schrift Zwingiis.

Zwingliana XI, 1962 S. 449—455.
Wonne, Friedrich: Wer war Columbus? Der religionsgeschichtliche
Hintergrund seiner Person und seiner Zeit.
Pastoralblätter 102, 1962 S. 334—342.

KIRCHEN GESCHICHTE: NEUZEIT

Klemm. Hermann: Elias Schrenk. Der Weg eines Evangelisten, hrsg.

durch das Elias-Schrcnk-Institut. Wuppertal: Brockhaus Verlag [1961 ].

coo S. m. 4 Abb., 4 Ktn.-Skizzen, 1 Faks., 1 Titclb. 8°. Lw. DM 28—.
Das vorliegende Werk bildet die reife Frucht einer drei
Jahrzehnte hindurch währenden, nur durch die Zeit des Kirchenkampfes
und des Krieges unterbrochenen Arbeit über das
Lebenswerk Schrenks, hervorgegangen aus einer der Tübinger
Theologischen Fakultät vorgelegten Dissertation über Schrenks
Theologie am Anfang dieser Forschungsbemühungen. Es ist
kaum zuviel gesagt, daß wir hier ein Standardwerk über Elias
Schrenk und die Anfänge der Evangelisation in Deutschland besitzen
, in dem alle erreichbaren Quellen — das Quellenverzeichnis
umfaßt allein 140 Seiten — verwertet worden sind, zu dem
noch die Fülle an Aussagen befragter Persönlichkeiten über
Schrenk hinzuzuzählen ist. Wir sind wie bei wenigen Persönlichkeiten
der Kirche aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts
und des ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in der glücklichen
Lage, zu der autobiographischen Arbeit wie hier bei
Schrenk die entsprechende wissenschaftliche Monographie zu
besitzen.

In drei großen Abschnitten rollt das Leben des großen
Evangelisten ab, der wie sein Freund Professor Theodor Christlich
in Bonn durch einen nüchternen schwäbischen Biblizismus
mit einer wurzelhaften kirchlichen Bindung verwachsen ist und
bei dem Reformation und Erweckung zusammengehören. Der
Missionsmann im Basler Dienst wird 1879 Prediger innerhalb
der Evangelischen Gesellschaft in Bern und entfaltet hier das
Charisma erwecklicher Verkündigung. Schließlich zieht er als
freier Evangelist durch Deutschland. Es ist seine große Zeit.

Wir empfangen wesentliche Einblicke in die Geschichte der
Deutschen Gemeinschaftsbewegung, in die Zeit der Pfingst-
bewegung und schmerzlicher Entscheidungen und Trennungen.
Ein Stück Auseinandersetzung zwischen deutscher und angelsächsischer
Erweckungsbewegung, die nach dem Kontinent vorgingt
, wird sichtbar. Vieles wird rein referierend dargestellt,
und der Verfasser legt seinen eigenen Urteilen bewußt Zurückhaltung
auf, obwohl er hier doch auch manches zu 6agen hätte.
Man mag das bedauern. Doch spürt man die eigene Position
des Verfassers, die einem biographischen Werk Farbe und Gewicht
verleiht, besonders im Kapitel: Der Dienst in deT baltischen
Kirche. „So kann man wirklich sagen, die Evangelisation
war im Baltenlande fest eingegliedert in den Organismus der
Landeskirche."

Hier hat eine stets gefährdete und isolierte Kirche illusions-
lcs erkannt, wie es um Kirche und Christentum am Anfang des
20. Jahrhunderts bestellt war. In den deutschen Staatskirchen
aber prallten oft „Laientrotz und Amtstrotz" bei der Frage
einer freien Gewährung der Evangelisation zusammen, und man
entschied sich nur zu leicht, selbst in der Provinzialsynode von
Rheinland-Westfalen, für das Bewahren und Abwehren statt
für das Wagen. Wie man zuerst die Innere Mission als Schlinggewächs
am Baum der lutherischen Kirche verdächtigt hatte, so
warf man selbst innerhalb der Württembergischen Kirche noch
1900 der Evangelisation vor, sie zersetze das lutherische Christentum
in unserem Volk. Andererseits befürchtete man z. B.
in Ostpreußen bei einer offiziellen kirchlichen Anerkennung der
Evangelisation, daß damit der wilden und unkontrollierbaren
Evangelisation Tür und Tor geöffnet würde. „Ostpreußens
Kirche war belagert von aktiven, fest in sich geschlossenen und
sehr beweglichen Gemeinschaften, die 6ich Sonderlehren geöffnet
hatten" (S. 406). Näheres darüber führt der Verfasser auch im
Anmerkungsapparat nicht an. So scheitert der wohlmeinende
Versuch einer Verkirchlichung der Evangelisation, wirkte sich
aber positiv aus. Das Wort Adolf Schlatters wird angeführt:
„Ich weiß ganz genau, daß Schrenk die Lebensader unterbunden
würde, wenn er im kirchlichen Auftrage redete. Daß er in Freiheit
steht, darin ruht seine Kraft."

Wenn auch die von der Evangelisation erfaßten bzw. sie
tragenden Gruppen und kirchlichen Kreise in den Mittelpunkt
der Darstellung treten und das Leben in den einzelnen deutchen
Landeskirchen in diesem Zeitraum wesentlich in diesem
Spiegel erscheint, so gewinnt man doch eine überraschende
Fülle intimer Einblicke in eine von vielen ungelösten Fragen
und Spannungen, von echter Sorge, aber auch von erschreckender
konservativer Unbeweglichkeit erfüllten Zeitspanne evangelischer
Kirchengeschichte im komplexen 19. Jahrhundert, die
unser Wissen ungemein bereichern und uns davor warnen, zu
wenige und zu stark aufgetragene Linien auszuziehen. Wie sehr
diese vergangene Zeit voll geheimer Bezüge auf die Gegenwart
ist, hat der Verfasser in seinem Vorwort selbst ausgesprochen.
Personen-, Sach- und Ortsregister ei leichtern die Benützung
des Werkes.

München Erich Bey reu ther

Seils, Martin: Wirklichkeit und Wort bei Johann Georg Hamann.

Berlin: Evang. Verlagsanstalt [I96l]. 27 S. gr. 8° = Aufsätze u.
Vorträge z. Theologie u. Religionswissenschaft, hrsg. v. E. Schott u.
H. Urner. H. 18; und Stuttgart: Calwer Verlag [1961] = Arbeiten
z. Theologie, hrsg. m. A. Jcpsen u. O. Michel v. Th. Schlatter, H. 6.

Der um die theologische Sichtung der Hamann-Deutungen
und um die Hamann-Philologie verdiente Verf. legt hiermit
eine auch dem Nichtfachmann verständliche Darstellung vor. die
ein erfreuliches Zeichen für den hohen Stand der Hamann-
Forschung darstellt. Nur ein Sachkenner konnte es wagen, die
von der Forschung (E. Metzke, F. Blanke, H. Schreiner, W. Koepp,
K. Gründer, W. Leibrecht u. a., auch dem Verf. selbst, neuerdings
auch H. A. Salmony) gewonnenen Einsichten in Hamanns
Sprachphilosophie und -theologie auf wenigen Seiten sachgerecht
, ohne Abstriche darzustellen. Es verdient hervorgehoben
zu werden, daß die Schrift des Naumburger Dozenten M. Seils
nicht nur dem, der einen ersten Zugang zur Struktur des Denkens
J. G. Hamanns sucht, zur sicheren Wegweisung dienen, sondern
auch dem Kenner Hamanns und der Geistesgesdiichte des
18. Jhdts. überraschende Durchblicke gewähren wird. Der Rez.
möchte die Bedeutung der Gedanken Hamanns mit den Worten
E. Metzkes kennzeichnen: „ . . . Das letzte Ziel der Hamann-
schen .Philologie' (ist): das neuzeitliche Denken von der einseitigen
Orientierung an Descartes und der mathematischen
Naturwissenschaft abzulösen und einer — so würden wir heute
wohl sagen — hermeneutischen, die Welt einem Text gleich
auszulegenden Ontologie den Weg zu bahnen, — einer Onto-
logie freilich, die Wissenschaft, Philosophie und Theologie vom
Worte Gottes her in ein neues Verhältnis setzt" (Coincidentia