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1962 Nr. 12

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913 Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 12 914

durchdacht werden. Der Dienst des Katecheten muß stärker in
die Gliederung der Ämter und Dienste der Kirche eingeordnet
werden. Die Gesamtverantwortiyig des öffentlichen Predigtamtes
bleibt bestehen; das Zusammenwirken der in der Gemeinde
tätigen Kräfte aber bedarf der energischen Förderung
(„corpus catecheticum", „corpus homileticum", Vereinheitlichung
kirchlicher Ausbildung zwecks sinnvoller Ansetzung der
Kräfte).

Knapp, skizzenhaft spricht Werner Rautenberg über
„Haushalterschaft", wobei es ihm darauf ankommt, „dem geschichtlichen
Werden in den nordamerikanischen Denominationen
nachzugehen, den Begriff im Zusammenhang mit dem biblischen
Untergrund zu deuten, die Praxis der stewardship zu umreißen
und schließlich Haushalterschaft als ökumenischen Auftrag
zu skizzieren". Relativ ausführlich spricht die Arbeit vom
Zehnten.

Der Beitrag von Georges C a s a I i s ist ein Referat, gehalten
1960 vor der Vollversammlung der Föderation Prote-
stante in Montbiliard. Unter den Hauptüberschriften: „Das
Reich verkündigen" — „Das Reich bezeugen" — „Das Reich fördern
" wird ein groß angelegter Bericht über das geistliche Leben
der protestantischen Kirchen Frankreichs gegeben, durch
den Auftrag, Nöte und Chancen auch anderer Kirchen eindrucksvoll
beleuchtet werden. Manches von dem, was da steht,
ist so eindeutig reformiert gesehen, daß wir nicht ohne weiteres
feigen können. Vieles betrifft uns ganz unmittelbar. Nur einige
»tichwortartige Andeutungen: Minderheit ist die normale Situation
der Kirche (bei aller Universalität ihrer Botschaft!). Wir
müssen die Kunst lernen, eine Minderheit zu sein. Programm:
Schaffung von kleinen ekklesiologischen Zellen (Hausgemeinschaften
) bei gleichzeitiger Intensivierung und Konzentration
gemeinsamer kirchlicher Lebensäußerungen, voran des sonntäglichen
Gottesdienstes, der die Einheit und Ganzheit der
Kirche sichtbar werden läßt. Dienst an der Welt durch „echte
und zeichenhafte Anwesenheit von Christen mitten unter den
Menschen".

Wir müssen uns mit diesen Andeutungen begnügen. „Gemeinde
Gottes in dieser Welt" — nicht alles, was der Band
enthält, fügt sich in diese Thematik; erst recht steht nicht
alles, was zu diesem Thema gehört, in diesem Bande. Aber wir
bekommen einen, wenn auch etwas zufälligen, so doch instruktiven
Querschnitt durch das, wa6 Gott seiner Gemeinde in dieser
Welt und für diese Welt gegeben und aufgetragen hat.

Leipzig Gottfried Voigt

fürst. Walther: Kirche oder Gnosis? Heinrich Schliers Absage an
den Protestantismus. München: Kaiser 1961. 37 S. gr. 8° = Theologische
Existenz heute, eine Sdiriftenreihe, hrsg. v. K. G. Steck
u. G. Eichholz, N. F. Nr. 94. DM 2.40.

M a n t h e y. F.: Theologische Literatur in Polen.
Theologische Revue 58, 1962 Sp. 81—86.

Michael, J. P.: „Mensch, wo bist du?" Die Bibel wird aktuell.
Freiburg-Basel-Wien: Herder [1962]. VIII, 237 S. 8°.

Schapper, Helmut: Ludolf Müller. IV. Als Bischof der Kirchenprovinz
Sachsen.

Die evangelische Diaspora 33, 1962 S. 31—55.
Wingren, Gustaf: Gustaf Aulens teologi.
Norsk Tcologisk Tidsskrift 63, 1962 S. 65—81.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Widengren, Geo: Mani und der Manichäismus. Stuttgart: Kohlhammer
[1961]. 160 S., 16Taf. kl. 8° = Urban - Bücher, die wissen-
schaftl. Taschenbuchreihe, hrsg. v. F. Ernst, 57. Kart. DM 4.80.
Überblickt man die Forschungsgeschichte des Manichäismus,
so läßt sich einerseits eine Richtung feststellen, die diese untergegangene
, merkwürdige „Weltreligion" mehr als eine Art
cT j "äre6ie Hellenismus auffaßte (Baur, Burkitt,

bcnaeder, Nock), andererseits waren Gelehrte bestrebt, ihren
onentahschen, speziell iranischen Charakter hervorzuheben
^Nepier^Reitzenstein, Nyberg, Jonas)1. Die zuerst genannte

*) Man erinnere sich, daß z. B. im weit verbreiteten Lehrbuch der
Kchgmnsgeschichte begr. von Chantcpie de la Saussaye. 4. Aufl. hrsg.

Anschauung galt in letzter Zeit, nicht zuletzt durch den Einfluß
der Schaederschen Konzeption, als dominierend. Als einen
Gegenschlag gegen diese communis opinio müssen die weitgespannten
Untersuchungen Geo Widengrens betrachtet werden,
die energisch die me6opotamische und iranische Verwurzelung
Manis zu demonstrieren suchen*. Vorliegendes Buch gibt nun
die erwartete zusammenfassende Darstellung, die erste übrigens,
die 6eit Polotskys berühmtem Abriß (1935) wieder in deutscher
Sprache erscheint (abgesehen von Puechs Beitrag im Handbuch
der Religionsgeschichte „Christus und die Religionen der Erde",
hrsg. v. Fr. König, 1951, Band 2). Sie darf daher besondere
Aufmerksamkeit beanspruchen, vor allem wegen der darin vertretenen
Gesamtkonzeption, die zur Stellungnahme herausfordert
.

W. schildert einleitend die „Umwelt Manis" (7—29) in politischer
, kultureller und religiöser Hinsicht, wobei natürlich die (unveränderten
) Ergebnisse seiner Forschungen über die irano-semitische
Mischkultur eine Hauptrolle spielen, so die m. E. übertriebene Rolle
des „Zervanismus" (s.u.) und des mesopotamisch-babylonischen Erbe«.
Auf S. 14 wird zwar zugegeben, „daß die alte babylonische Kultur
schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert eich nicht mehr ernstlich
zu behaupten vermochte", aber S. 21 wird ihr trotzdem eine wesentliche
Bedeutung für die Entstehung der Gnosis zugeschrieben1. Zum
Problematischen dieser Art gehört z. B. auch die Behauptung, daß
Mithra „schon immer der Erlöser in Iran" gewesen sei, ohne zu
berücksichtigen, daß der Mithras der Mysterien eben ein hellenistischer
Erlösergott ist! Andererseits hat W. sehr richtig die Bedeutung
der Täuferbewegung (Mandäer bzw. Nasoräer) herausgestellt
(22 ff.)4, besonders in bezug auf Mani selbst, dessen Leben er in Abschnitt
2 (30—47) behandelt. W. unterscheidet eine „mandäische" (34)
und eine „mithrazistische" (42 f.) Periode in der religiösen Entwicklung
Manis, zu denen offenbar als letzte noch eine christliche zu stellen
ist (158!). Ungeprüft übernommen ist leider wieder die Nachricht
von der angeblichen arsakidischen Abstammung Manis5. — Die
„Lehre Manis" wird in zwei Kapiteln dargelegt (30—76). Hauptanliegen
ist dabei, ihre iranische bzw. zervanitische Grundlage herauszuarbeiten
. Auch hier vertritt W. wieder das „indo-iranische Dogma
vom .Erlösten Erlöser' " (57, 63 f., 91)° und das mesopotamische vom
„sterbenden und auferstehenden Tammuz" (65)7. Die Verbindung
dieser beiden (durchaus hypothetischen) Komponenten stellt er sich so
v°r: „Für den Erlösermythus Manis bildet das Tammuzdrama den
Ausgangspunkt. Aber es dient nur als Anknüpfung, denn die Deutung
des Erlösungsdramas stammt aus der indo - iranischen religiösen
Spekulation, die dem altorientalischen Erlösungsdrama einen tieferen
philosophischen Sinn verleiht" (65). Einleuchtender ist es demgegenüber
, wenn der Jüngling (Prinz) des „Perlenliedes" als Vorbild de»
manichäischen Erlösers hingestellt wird (53 f.). — Kap. 5 liefert einen
durch viele Quellenzitate bereicherten Überblick über die manichäische
Schrift und Literatur (77—96). Der Gebrauch des ostaram.-edesseni-
schen Syrisch (Rosenthal) durch Mani ist von missionarischen Inter-

von A. Bertholet u. E. Lehmann, 1924, der Manichäismus unter die
persische Religion (dargestellt von Edv. Lehmann) eingeordnet istl
Ebenso jetzt wieder in der Reihe „Die Religionen der Menschheit",
hrsg. von C.M.Schröder, Bd. 13 „Iranische Religion" von G. Widen-
gren.

J) Vgl. bes. Mesopotamian Elements in Manichaeism, UUA
1946:3; The Great Vohu Manah and the Apostle of God, ib.
1954:5; Stand und Aufgaben der iranischen Religionsgeschichte II, in
NUMEN II. 1955, S. 102ff.; bereits Religionens värld, Stockholm 1945
(l.Aufl.), S. 368 f., 379 f., 387 f.

*) Vgl. dazu meine Mandäer I, Göttingen 1960, S. 195 ff.

*) Die Auffassung C. Colpes in RGG3 IV, 711 und MPTh 1961,
126 f. von der postmanidiäischen Entstehung der mandäischen Mythologie
und Erlöserlehre ist unhaltbar, wie nicht zuletzt meine traditionsgeschichtlichen
Untersudiungen ergeben haben.

6) Scheftelowitz, in: Oriental Studies in Honour of C. E. Pavry,
Oxford 1933, S. 403 ff. und O. KHma, Arch. Or. 26, 1958, S. 339 ff.,
Mazdak, Prag 1957, S. 30 u. 50, A. 45 haben mir das sehr zweifelhaft
gemacht.

") Dazu jetzt C. Colpe, Die religionsgeschichtliche Schule, Göttingen
1961 mit meiner Besprechung in ThLZ 1963, Heft 1.

7) Daß W. unkritisch die veralteten Theorien über Tamüz
erneut wiederholt und mit keinem Wort die grundlegenden Forschungen
S. N. Kramers erwähnt, mutet bei seiner sonst bewunderungswerten
Literaturkenntnis merkwürdig an. Vgl. Kramer, Anal.
Bibl. 12, 1959, S. 198 f.. A. 1; Mythologics of the Ancient World,
1961, 95ff.; L. van den Berghe, La Nouvelle Clio IV, 1954, S. 298ff!
Den Tamüzmythu«, wie ihn W. postuliert, hat es ebensowenig gegeben
, wie den iranischen „Erlösten Erlöser"!