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Ausgabe:

1962 Nr. 11

Spalte:

865-866

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Hahn, Friedrich

Titel/Untertitel:

Evangelische Glaubenslehre für Schule und Kirche 1962

Rezensent:

Tebbe, Walter

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Seite 1

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865

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 11

866

Lehrer geführt. Hierbei ist die Vergebung nicht Mittel, sondern
Mitte der Erziehung (58).

Verf. tritt in einem abgewogenen Sinne für eine evangelische
Schule ein. Sie könnte mit einer intensiven Jugendseelsorge
einen behüteten Raum darstellen für eine bestimmte Zeit
Während der Entwicklung. Hier wäre die Vergebung der Kirche
zugeordnet. Eine solche Schule wäre ein Zeugnis von der Vergebung
in einer Welt der Vergeltung und zugleich eine Hilfe für
die heranwachsende Christenheit.

Uns will es allerdings fraglich erscheinen, ob von dieser
Wirklichkeit der Vergebung aus eine Institution wie die Schule
bestimmt werden kann. Wird hier nidit das, was Verf. abgewehrt
hatte, vollzogen: eine Christianisierung der Pädagogik?
Vergebung wird doch immer nur im personalen Bezug vollzogen
und läßt sich nicht als Ziel der Schule darstellen, worauf
Verf. ausdrücklich hingewiesen hatte. Wenn die Vergebung die
„Mitte der Erziehungsarbeit" sein soll (63), dann geht 6ie mitten
durch das Herz, aber nicht mitten durch eine Organisation hindurch
. Eine „evangelische Schule" steht doch grundsätzlich vor
denselben Schwierigkeiten wie ein „christlicher Staat".

Es ist dem Verf. zu danken, daß er bei einer sorgfältigen
Zitierung der Literatur auf dem Gebiet der modernen Pädagogik
die Christen zu einer intensiven, vom Neuen Testament her bestimmten
Mitarbeit an der Erziehungswirklichkeit aufgerufen hat.
Hierin hat er auch für die pädagogische Situation im Elternhaus
Entscheidendes zu sagen. Das Verhältnis zwischen Eltern und
Kindern kann ebenfalls durch die Vergebung in einen neuen
Stand der Familie verwandelt werden.

Eisenach Heinz Erich Eis an hnth

Hahn, Friedrich: Evangelische Glaubenslehre für Schule und Kirche.

Aufgabe und Gestaltung. Frankfurt/M.-Berlin-Bonn: Diesterweg
[1961]. VII, 111 S. gr. 8°. Kart. DM 7.40.

Der Verfasser, 6eit langem als anregender Religions-
Pädagoge bekannt, faßt in diesem Buch eine fortlaufende Folge
Von „Arbeitshilfen" zusammen, die das Ziel verfolgen, „junge
Menschen immer wieder mit den entscheidenden Aussagen
biblisch-refarrnatorischen Glaubens bekannt zu machen" und
sie „in ihnen einzuüben" (S. V). Er will eine Hilfe für den
Unterricht in der Glaubenslehre bieten und stellt diese an insgesamt
26 Einzelbeiträgen dar. Die gebotene Auswahl läßt
erkennen, daß der Aufbau der allgemein bekannten Konzeption
unserer Dogmatiken entspricht: in den ersten fünf Kapiteln
gibt er, gleichsam in Form der dogmatischen „Prolego-
mena", Material zur Bibel, zur Lehre von der Offenbarung und
zum Wesen des Glaubens; nach einem Abschnitt über die
Trinität (Kap. 6) folgen Ausführungen zum Glaubensgut der
drei Artikel des Apostoücums, wobei auch wichtige, im
Unterricht erscheinende Detailfragen, z. B. die Jungfrauengeburt
(Kap. 9), die Höllenfahrt (Kap. 10) und die Pracdestina-
tion (Kap. 14), gesondert behandelt werden. Das entsprechende
Unterrichtsgespräch rechtfertigt solche Einschübc und ein längeres
Verweilen. Die Kapitel 19—24 schließen sich dogmatisch an
den Dritten Artikel an: Kirche und Staat — Gottesdienst —
Wort und Sakrament — Taufe — Abendmahl — Gebet. Hier
wäre zu fragen, ob diese Reihenfolge sachlich und methodisch
durchgehalten werden kann; die Problematik einer ausgespro-
^en dogmatischen Konzeption bricht auf. Mit Dankbarkeit
nimmt man wahr, daß der Charakter des „Lehrgangs" an einigen
Brennpunkten des Gesprächs durchbrochen wird und Fragen
von exemplarischer Bedeutung in den Vordergrund rücken.
J~wei Abschnitte, die von Tod, Auferstehung und den letzten
pingen handeln, schließen das Buch mit Aussagen ab, die im
Unterricht meist vernachlässigt wurden. Die Art, wie Literaturhinweise
und Anregungen zur eigenen Weiterarbeit sich einigen
, ohne daß eine wissenschaftliche Überbelasrung geschieht,
Verrät den erfahrenen Pädagogen, wie man überhaupt auf
Schritt und Tritt bemerkt, daß jahrelange Erfahrunpen und
Beobachtungen aus dem lebendigen Unterricht das Buch gestalten
. Selbst dann, wenn man das Buch nicht unmittelbar in die
"and der Schüler legt, erfüllt es seine wichtige Aufgabe am
Unterrichtenden: es informiert und fördert im eigenen Glauken
. Die Praxis muß erweisen, in welchem Maße unsere jugendlichen
Gesprächspartner das Werk zu nutzen vermögen. Der
Rezensent bekennt dankbar, daß er nach der Lektüre ermutigt
worden ist, das Buch in seinem eigenen Unterricht zu erproben.
Die vier Bilder, die ihm beigegeben sind, verraten das achtbare
Bemühen, dem Schüler nicht nur die traditionellen Bilder,
sondern modernes Anschauungsmaterial (Nolde, Rohlfs, Barlach
, Rodin) an die Hand zu geben. (Zur Illustration unserer
Bücher vgl. Zeitschrift „Kunst und Kirche", 1957, S. 171—174;
1959, S. 126—131.) Ich bin davon überzeugt, daß die gebotenen
modernen Bilder nicht nur „Beigabe" sind, sondern wirklich
auch unterrichtlich ausgewertet werden können. Man
könnte lediglich fragen, ob es empfehlenswert ist, farbige Gemälde
in Schwarz-weiß-Druck zu bringen, wie hier bei Nolde
geschehen.

Die Dankbarkeit für das Buch, das sicher bald seinen
festen Platz innerhalb der evangelischen Unterweisung finden
wird, verbindet sich für den Rezensenten mit einigen Bitten
für spätere Auflagen: Sprache und Ausdrucksweise, die sich
anerkennenswert um allgemeine Verständlichkeit bemühen,
könnten vielleicht noch mehr geglättet werden, — die theologischen
Aussagen möchten an einigen Stellen noch einmal überprüft
und von Zitaten befreit werden, — die Gesamtkonzeption
sollte vielleicht doch die dogmatische Folie verlassen und von
exemplarischen, im Unterricht besonders brennenden Sachverhalten
ausgehen. Das alles aber wird erst nach längerer Erprobung
möglich sein. Das Nebeneinander von grundsätzlicher
Besinnung und methodischen Hinweisen wie auch die Beifügung
von entsprechendem Liedmaterial sind begrüßenswert und machen
das Buch unmittelbar wertvoll für den unterrichtlichen
Gebrauch. Bei genügender Erfahrung könnte man vielleicht
einiges ergänzen, vor allem im Blick auf das Unterrichtsgespräch
, auf Gruppen- und häusliche Arbeit, auf Querverbindungen
zum übrigen Unterricht, vor allem zur Kirchengeschichte.
Aber schon diese Bitten zeigen, wie hilfreich und anregend die
Arbeit von Hahn ist.

Preetz/Holstein WalterTebbe

,C

V o e 11 z e 1, Rene, Prof. Dr.: Petite Pcdagogie Chrecienne pour la
5?fin du XX« siecle. Taize (S. et L.)/France: Les Presses de Taize
[1960]. 175 S. kl. 8».

Verf. geht von der Tatsache aus, daß die christliche pädagogische
Literatur, wie die internationale pädagogische Produktion
überhaupt, unübersehbar geworden ist. In französischer
Sprache fehle protestantischerseits ein Überblick über das Ganze
der Problemstellungen. Diesen zu geben ist er bemüht, wobei
ihn die kritische Frage leitet, wie weit von einer biblischen
Bindung der verschiedenen Unterrichtsformen und Methoden
gesprochen werden kann. Er behandelt daher im 1. Teil seines
Buches die Frage nach den Grundlagen einer christlichen Erziehung
. Die knappen Charakterisierungen der meist französischen,
deutschen und schweizerischen Publikationen werfen wichtige
Fragen auf. Daß sie die Absicht oder Position des einzelnen
Autors nicht immer klar erfassen, wie ich am eigenen Beispiel
(S. 25) feststellen konnte, wird man angesichts der lebendigen
Fragestellungen und prägnanten Formulierungen (z. B. „Le seul
placage d'un Schema dogmatique sur le probleme pedagogique
est insuffisant" S. 27) gern in Kauf nehmen. Der 2. Teil handelt
von der Notwendigkeit und Möglichkeit religiöser Unterweisung
und bringt in aller Knappheit Problemstellungen, die
für die deutsche theologisch-pädagogische Diskussion überraschend
, aber um so beachtlicher sein dürften (z. B. „Le munus
triplex Christi, en presentant le Christ comme pretre, prophete,
roi, a rejete dans I'ombre la figure du ,sage' qui n'est pas con-
tradictoire avec les trois autres. II appartient ä la pedagogie
de recuperer la notion de Sagesse qui n'est absente ni du Sermon
sur la Montagne ni de la theologie de Saint Paul" S. 93).
Den Schluß bildet ein schönes Kapitel über die Gestalt des
Erziehers.

Tübingen Walter Uhsadel

Angermeyer, Helmut: Religionsunterricht oder Evangelische
Unterweisung?

Monatschrift für Pastoraltheologie 51, 1962 S. 235—243.