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Ausgabe:

1962 Nr. 11

Spalte:

857

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Wacker, Emil

Titel/Untertitel:

Ordo salutis 1962

Rezensent:

Köberle, Adolf

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Seite 1

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857

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 11

858

Wacker, Emil: Ordo Salutis. Die Heilsordnung, neu hrsg. v. D. Dr.
Martin P ö r k s e n. Breklum: Jensen [i960]. 220 S. 8°.

Das Buch des Flensburger Diakonissenhausrektors erschien
erstmalig 1898 und dann wieder 1905. Es war ursprünglich entstanden
unter dem Einfluß einer Erweckungsbewegung, die von
der lutherischen Kirche in Dänemark ausging und nach Schleswig-
Holstein übergriff. Das Werk hat seinerzeit beim Erscheinen
eine starke Wirkung ausgelöst und wesentlich dazu beigetragen,
zwischen Luthertum und Pietismus eine gesunde Verbindung
herzustellen. Dann geriet es in Vergessenheit, bis jetzt ein
Kreis von Hamburger Pastoren an die Arbeit ging und eine
Neuausgabe mit kritisch ergänzenden Bemerkungen vorbereitete.
Das Buch hat auch heute noch seine Bedeutung durch die reichhaltige
biblisch-theologische Untermauerung, durch den tiefen
seelsorgerlichen Ernst und eine klare, edle Sprache. Wacker
schließt sich eng an die altprotestantisch-lutherische Lehre vom
ordo salutis an. Doch hat er die Überlieferung der Väter darin
überwunden, daß er die einzelnen Stufen der Berufung, der Erleuchtung
, der Bekehrung, der Heilsgcwißheit, der Erneuerung
und Bewahrung im Glaubensstand nicht verstanden wissen will
als zeitliche Abläufe, sondern als systematische Entfaltung ein
und desselben Vorgangs, der sich im Leben des Glaubens nach
vielen Seiten hin äußert. Dabei bleibt alle Freiheit vorbehalten,
in welcher Reihenfolge Gottes Geist auf das Menschenherz einr
Wirkt. Die von großem sittlichen Ernst getragenen Ausführungen
erinnern an das Anliegen, das einen Martin Kahler bewegt hat:
..Hilf aus den Gedanken ins Leben hinein!"

Tübingen Adolf Köberle

N i e m e i e r, Gottfried [Hrsg.]: Lehrgespräch über das Heilige Abendmahl
. Stimmen und Studien zu den Arnoldshainer Thesen der Kommission
für das Abendmahlsgespräch der EKD. München: Kaiser
1961. 346 S. gr. 8°. DM 14.— ; Lw. DM 16.80.
Dem Herausgeber, OKR Dr. Dr. Niemeier, waren etwa 90 Stellungnahmen
zu den Arnoldshainer Abendmahlsthcsen von 19 57 zugänglich.
Der vorliegende Band bietet davon 39. Dazu bemerkt N.: „Helfen
möchte diese Auswahlsammlung, durch Zusammenstellung der um
ihrer Vcrstreutheit willen nicht allen und nicht ohne weiteres zugänglichen
wichtigsten Dokumente möglichst viele in den Fortgang und
Vollzug der Abendmahlsgcspräche seit 1958 verantwortlich mithineinzunehmen
, um immer besser zu lernen, das biblische Zeugnis vom
Abendmahl zu hören, zu verstehen und zu verkündigen" (S. 8). Dies
möge ein Überblick über das Inhaltsverzeichnis unterstreichen.

Kap. I enthält 13 „Stellungnahmen kirchenleitender Organe und
Amtsträger, theologischer Lehrkörper und Ausschüsse und kirchlicher
Gruppen" (13—53). Drei Aufsätze bilden das IL Kapitel „Stellungnahmen
zu der neutestamentlichen Grundlegung der Arnoldshainer
Thesen" (54—74). Den weitaus größten Teil stellt „III. Stellungnahmen
unter Gesichtspunkten der Lehre und des Bekenntnisses" dar
(75 — 304). Hier kommen 19 deutsche protestantische Theologen zu
Wort. „IV. Das oekumenische Echo" (305-334) bietet vier Beiträge
(305—329) und die Arnoldshainer Thesen in französischer und englischer
Übersetzung (330—334). Dazu gehört noch ein „Anhang" (335
— 33 8), der „Das Ergebnis eines Abendmahlsgesprächs in den Niederlanden
" und „Das Ergebnis des Abendmahlsgcsprächs in Südindien'
wiedergibt. Das Buch schließt mit „V. Literaturverzeichnis" (339—346),
das unter „Grundsätzliches zu den Fragen der Abendmahlslehre und
der Abendmahlsgemcinschaft" 54, unter „Aus der Arbeit der Kommission
für das Abcndmahlsgcspräch der EKD" 20, unter „Stellungnahmen
zu den Arnoldshainer Thesen" 73 und noch weitere 11 einschlägige
Publikationen verzeichnet.

Es ist offenkundig, daß auch nur eine zusammenfassende
Skizze des Inhalts der zahlreichen Aufsätze und Gutachten unmöglich
ist. Ebenso könnte eine Durchleuchtung und Stellungnahme
der Einseitigkeit kaum entrinnen, weil dabei das persönliche
Urteil des Rez. stärker als die Charakteristika der einzelnen
Beiträge hervortreten müßte. Nahezu die ganze Skala
der überkommenen und der modernen Gemeinsamkeiten, Verschiedenheiten
und Gegensätze im Verständnis des Abendmahls
Riegelt sich in diesem für Studienzwecke außerordentlich wertvollen
Sammelband. Deshalb beschränkt eich die folgende
Würd igung des Buches auf eine Anleitung zum Einarbeiten in
die vielschichtige Materie.

Naturgemäß steht das Grundlagen- und Sachgesprach
über die Thesen im Vordergrund. Zu der den Sätze" zu"
gründe liegenden Methodik äußern sich vornehmlich H. Meyer

(305 ff.), W. Andersen (90 ff.) im Streitgespräch mit H.-J. Huhnke
(191 ff.), W. Marxsen (59 ff.), J. Klevinghaus (207 ff.) und J. Meister
(251 ff.). Um die exegetische Lage der Abendmahlsdebatte bemühen
sich Ch. M. Haufe (54 ff.), Marxsen und W. Mundle (66 ff.).
Die ausführlichste Interpretation der Thesen selbst bieten
P. Brunner (104 ff.), E. Sommerlath (75 ff.), H. Graß (127 ff.),
H. Lahr (236 ff.), H. Sasse (294 ff.) und J. Klevinghaus. Hierher gehören
auch die kontroversen Stellungnahmen lutherischer
und reformierter Theologen: P. Jacobs
(201 ff.) und E. Kinder (204 ff.), E. Sommerlath und W. Herrenbrück
(164 ff.),P. Brunner und W. Niesei (292f.); Luth. Hochschule Oberursel
(33 ff.), H. Sasse (294 ff.) und Luth. Bruderkreise (43 ff.), denen im
Namen eines modernen Luthertums G. Heintze (156 ff.) widerspricht.
Auf die kritische Würdigung des Abendmahlsdokuments durch die Ev.
Michaelsbruderschaft (46 ff.) sei in diesem Zusammenhang verwiesen.
Aber auch deutsche Landeskirchen bzw. Kirchenzusammenschlüsse
kommen mit ihren Stellungnahmen
zu Worte: die Synode der EKD (16), der Theologisdie Ausschuß der
VELKD (20 ff.), die Ev. Konfe renz (32 f.) sowie Westfalen (16),
Bayern (29 ff.) und Kurhessen - Waldeck (33).

Aus diesem Sachgespräch erwächst die kirchliche Auswertung
der Thesen. Davon handeln allgemein G. Niemeier
(285 ff.) und G. Hoffmann (173 ff.) und in Richtung auf die erstrebte
Abendmahlsgemcinschaft J. Klevinghaus und Th. F. Torrance (311 ff.),
während K. Halaski (151 ff.) hierzu an P. Brunner kritische Fragen
richtet.

Das „oekumenische Echo" der Thesen besteht zunächst
darin, daß sie in englischer und französischer Übersetzung auf den
Weg zu den vielen Mitgliedskirchen des Weltrates gebracht worden
sind. Sodann kündet es sich bereits in einzelnen Stimmen aus dem
europäischen Abendmahlsgespräch reformierter und lutherischer Theologen
an. Geben H. d'Espine - Genf (310 f.) und Torrance - Edinburgh
nur ihr persönliches Votum, so kommt der „Stellungnahme einer Arbeitsgruppe
europäischer reformierter und lutherischer Theologen zu
den Arnoldshainer Thesen" (326 ff.) ein offizielleres Gewicht zu.

Der Band enthält schließlich auch Beiträge, die sich weniger mit
den Thesen im Einzelnen auseinandersetzen als vielmehr neue
Ansätze für das weitere Gespräch über das Heilige
Abendmahl bieten wollen. Das gilt besonders von folgenden Aufsätzen
: G.Koch, „Christologische Bedenken zu den Thesen des ,Abend-
mahlsgesprächs'" (218 ff.), W.Metzger, „Rückkehr zum Ursprung..."
(265 ff.), J. Meister, „Z um Stand des Abendmahlsgesprächs nach den
Arnoldshainer Thesen" (2 51 ff.) und Torrance, „Die Arnoldshainer
Abendmahlsthesen" (311 ff.).

Die Arnoldshainer Sätze haben, wie dieser Sammelband
beweist, das Lehrgespräch über das Abendmahl nicht zu einem
gewissen Abschluß geführt, sondern erst kräftig in Gang gebracht
. In dieser Besinnung und Intensivierung dürfte wohl ihr
Hauptverdienst für die theologische und kirchliche Arbeit bestehen
. Inzwischen sahen die Unterzeichner der Thesen sich
aber auch veranlaßt, durch „gemeinsam formulierte und einmütig
angenommene Erklärungen" zu den Thesen 1 (l), 2(2),
3 (3), 4 und 8 (2) in dem Streit der Deutungen ihres Dokuments
Stellung zu beziehen. Damit ist das Lehrgespräch über
das Abendmahl in ein neues Stadium getreten. Dem vorliegenden
Studienband zu „Arnoldshain 1957" darf man wünschen,
daß sein Reichtum an Beobachtungen, Erkenntnissen und Problemstellungen
ausgewertet und nicht über dem jetzt in Gang
kommenden Gespräch über „Arnoldshain 1962" vergessen werden
möchte.

Leipzig August Kimme.

Schilling, Werner: Christus unter Brot und Wein. Zur Kritik

an den Lutherischen Bekenntnissen über das Abendmahl. München:
Claudius-Verlag [i960]. 71 S. gr. 8° = Theologie und Gemeinde
hrsg. v. E. Fikenscher, H. 3. Kart. DM 5.80.

Diese neue Veröffentlichung des Verfs.1 ist im wesentlichen
eine Auseinandersetzung mit der seit einiger Zeit sich verbreitenden
These, daß die traditionelle Kontroverse in der Abendmahlslehre
durch Denkvoraussetzungen belastet 6ei, die an def
ontologischen Fragestellung der griechischen Philosophie hafteten
und von denen sich die Theologie nach den heutigen Erkenntnissen
der exegetischen Forschung zu lösen habe (S. 13 ff.,
19,24 u. ö.). Verf. stellt die Gegenfrage, ob diese Auffassung
das lutherische Bekenntnis tatsächlich trifft, und untersucht

l) Vgl. bes. W. Schilling, Glaube und Illusion, Von gegenwärtiger
Theologie und evangelischer GIauben6begründung, München, i960.