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Ausgabe:

1962

Spalte:

61-63

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Hromádka, Josef Lukl

Titel/Untertitel:

Von der Reformation zum Morgen 1962

Rezensent:

Gollwitzer, Helmut

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als Förderung. So konnte sie freier in die neue Lage nach 1945
hineingehen und bei ihren Vätern dafür mehr Orientierung
empfangen, als es bei den meisten anderen Kirchen in Europa der
Fall ist.

In Josef L. Hromadka ist ihr seit Jahrzehnten ein theologischer
Lehrer von großer Tiefe gegeben, duTch dessen Schule die
ganze Pfarrerschaft gegangen ist und dem sie, ohne unselbständige
Unterwerfung, in großem Vertrauen verbunden ist. Die Weite
und Zeitbczogenheit seines Geistes ist besonders in den Vor-
| lesungen, die er in weltgeschichtlicher Stunde (Frühjahr 1944) als
Hromadka, Josef L.: Von der Reformation zum Morgen. Aus d. | Emigrant in den USA gehalten hat („Sprung über die Mauer").
Tschechischen übersetzt v. K. Sygusch. Leipzig: Koehler & Arne- j eindrucksvoll manifestiert. Er bemüht sich, seine amerikanischen
lang 1959. 400 S. 8°. Lw. DM 12.—. Hörer von der Meinung zu befreien, daß der 2. Weltkrieg nur

^-Theologie und Kirche zwischen gestern und morgen. Aus dem Ameri- i eine Unterbrechung und nicht eine Zäsur in der Geschichte der

Müller, Gerhard: Die römisch-katholische Kirche während des
Pontifikates Pius' IX.

Zeitschrift für Religion«- und Geistesgeschichte 13, 1961 S. 219—243.
P e t r i, Hans: Schweizer als Pfarrer Wolgadeutscher Gemeinden —
Beitrag zur Geschichte der herrnhutischen Bewegung.
Theologische Zeitschrift 17, 1961 S. 187—211.

KIRCHEN- U/VD KONFESSIONSKUNDE

kanischen übers, v. Hans Ulrich Kirchhoff. Neukirchen: Neu
kirchencr Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins 1960.
112 S. 8° - Bekennen und Bekenntnis, Anregungen aus ökumen. Gespräch
, hrsg. v. H.Keller, H. 9. Kart. DM 5.85; Lw. DM 8.25.
Sprung über die Mauer. Übers, v. R. W c c k e r 1 i n g. Berlin: Käthe
Vogt Verlag 1961. 141 S.. 1 Titclb. 8°. Lw. DM 10.80.

Zu den unerwarteten Erscheinungen in unserer Zeit gehört
, daß gerade nach den Ereignissen des 2. Weltkrieges, also
trotz der frischen Erinnerung an das, was zwischen Deutschen
und Tschechen soeben geschehen war, die Beziehungen zwischen
dem deutschen und dem tschechischen Protestantismus so lebendig
und herzlich wurden wie seit langer Zeit nicht. Gerade jene
Erinnerung gab den Impuls, einander zu suchen. So trat Leben und
Geschichte der evangelischen Kirche in der CSR endlich in unseren
Gesichtskreis, und einige deutsche Veröffentlichungen von
Angehörigen der Prager Comenius-Fakultät (Bif, Ri2an) sind in
den letzten Jahren dem Bedürfnis nach besserer Unterrichtung
entgegengekommen. Der von J. L. Hromadka herausgegebene
Band von Abhandlungen („Von der Reformation zum Morgen")
übertrifft sie insofern, als er eine Selbstdarstellung der „Evangelischen
Kirche der Böhmischen Brüder" gibt, die offenbar auch
der Rechenschaft über den eigenen Weg in Vergangenheit und
Gegenwart dient. Dadurch erhält der Leser in erhöhtem Maße
Material sowohl für die Information wie für die Interpretation
des gegenwärtigen Verhaltens dieser Kirche, dem 6ich auch dank
der Bedeutung ihres Wortführers J. L. Hromädka das besondere
Interesse in der gesamten Ökumene zuwendet.

Der Band enthält fünf ungleich starke Abhandlungen aus
dem Kreise der Comenius-Fakultät. Der junge Kirchenhistoriker
dieser Fakultät Amadeo Molnar bietet unter dem bezeichnenden
Titel „Die eschatologische Hoffnung der böhmischen Reformation
" eine hervorragende und sorgfältig belegte Gesdvchte
der Brüderkirche von Hus bis Comenius, die Ludek B r o z („Von
der Toleranz bis heute") für die Zeit vom Josefinismus bis zur

modernen Kultur sei; er spricht die Erkenntnis der durchgreifenden
Erschütterung alles Bisherigen aus und kündigt „die ungeheure
Dynamik, die aus dem europäischen Osten kommt", an.
Dostojewski, Masaryk und Barth, zwischen denen er trotz ihrer
Gegensätze die Gemeinsamkeit der Sorge um den Menschen, der
transzendenten Begründung der Menschenwürde und des denkerischen
Engagements 6ieht, geben ihm die Anleitung zu einer
großen und fruchtbaren Geschichtsdeutung. Der Band gehört zu
den Auslegungen des Zeitgeschehens, die nicht mit dessen Wechsel
veralten; seine Aktualität ist unvermindert. So ist die
deutsche Ausgabe nach fünfzehn Jahren ebenso gerechtfertigt wie
die Widmung des Bandes an den heimgegangenen „Bruder und
Mitbegründer der Prager Christlichen Friedenskonferenz"
Hans-J. Iwand.

Unmittelbar zu den heutigen Aufgaben von Kirche und
Theologie im Umbruch der Gesellschaft spricht Hromädka in der
erwähnten Schlußabhandlung des Sammelwerkes und in den 1956
in Toronto gehaltenen Vorlesungen, die der Neukirchener Verjag
dankenswerterweise in einem kleinen Bande herausgegeben
hat. Wer Hromadkas Haltung gerecht werden will, muß diese
Ausführungen, bei denen auch die Wiederholungen nicht unnütz
sind, zur Kenntnis nehmen. Wer von seinen Kritikern, die ihn
einer allzu unbedenklichen Anpassung an die neuen Gegebenheiten
verdächtigen, hätte sich so schonungslos der Herausforderung
der Zeit gestellt; wer von ihnen hat so mutig der wahren
Lage des Christentums in einer säkularisierten und ungeheuren
Zukunftswehen liegenden Welt ins Gesicht gesehen und zugleich
so befreiend zu Glaubenszuversicht, zu unverzagtem Aufbruch,
zum unverkrampften positiven Zeugnis aufgerufen? Diese beiden
Abhandlungen bieten reiches Material für Aussprachen, in denen
es um die rechte Orientierung der Kirche in der Zeit geht. Hier
spricht ein sehr freier und unerschrockener Christ, dem die innere
Lage der Kirche mehr Sorge macht als die äußere und den der
Blick nach vorn weniger schreckt als der Blick zurück, in dem er

Ktt der P„e„ Neu,»,™,,,.!,, Josef B. So.!.!. n,„ be- ~ f.^ÄÄK StÜ

wahrtem Verständnis „Die Hauptmotive der Brudertheologie im fdgen- "V^s «aDen wir, aas aie ^

Lichte der neueren biblischen Forschung". Eingeleitet wird der , Worten: „Was wir haben ds» f « ^ JVp3

Band (außer durch zwei höchst lesenswerte Vorworte Hromädkas I Chr,s^ - ««« nicht bes.tzerstolz, sondern als Trost und Appell

, eine ..

zugleich gegebene Antwort. In dieser „christozentnscfien Perspek-

zur tschechischen und zur deutschen Ausgabe) durch eine Besin- i &«~^"~ j^"^ät Gebundenheiten der christli

nung des vor einem Jahr verstorbenen Prager Theologen j " vermag er ebenso ° ^ " nötigen Dienst hindern

n~i. i n ««•!#•» j. m c_ -l -*" j _,. i cnen Gemeinde die sie an ihrem heute norigen vicnsx ninaern,

Boheslav Pospjäil „Durch Dienst zur Freiheit ), der, zu- ; ^rne nde, die s>e Inkarnation für die Teil-

nachst von manchem Mißtrauen umgeben,^sich durch die Au - ; „^f^™^]e ™RJ der Menschheit um ihre Zukunft

nditigkeit seines Wollens immer mehr Achtung und Freundschaft , ,e aer ^'rtne * , ja erdiedri„enjen

erworK^ i,_________l,........:.a n™a a„rA> »in» „,.11, Ah- herauszuarbeiten. Das Evangelium zeigt den sien erniedrigenden

erworben hatte; geschlossen wird der Band durch eine große Abhandlung
Hromädkas, die dem Ganzen den Titel gegeben
hat.

Wer das Buch auf sich wirken läßt, 6teht unter dem Eindruck
des Zusammenhangs zwischen den aus diesem kirchlichen

Gott, der dem Menschen nachgeht; in diesem Nachgehen hat die
Kirche ihrem Herrn nachzufolgen. Von diesem Zentrum seines
Denkens aus faßt er den kommunistischen Atheismus ins Auge
und erkennt ihn sowohl als einen Bußruf an die Kirche wie als
einen „positiven Atheismus", dessen Sinn „nicht in erster Linie

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hörenden "^^^^f^nfZ HtaÄ^nden F^hfzu ztschb-
Kirche und also unter dem Eindruck der N^'jJ£n%iese mensdl icbe„Gest und ^ zum Morge„.. S. 369). In der,
diese Stimmen gerode von dieser Stelle her laut werden, w gen (>>Von der Ketorrr' d besonders sein Versuch,
Kirche war von" jeher die Kirche einer bewegten und er,t ch T Verlesungen^™ des marxisti6chen Denkens auf-
denen Pilgerschaft, hatte keine Gelegenheit sich in '^tution fruchtbare^^Theorie auf die Praxis, die Methode
len Privilegien anzusiedeln, um deren Verlust sie heute^bang (<J Richtung der ldeologickntik, die Fordemüßte
, hat sich immer zur Sauerteigaufrabe der kleinen | des historisdieri M e™^en sondern auch sozialen Demo-
und zur entschiedenen Distanz gegenüber Mr.*tpohtrt» rung ^ nur/°»t,^.^Jt ^ Klas6enkal„pfe, und
Kriee bekannt. Die Verbesserung ihrer äußerer,, Lage^ I kratjc die Entdeckung der W*rki,*lce>t
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutete ihr e