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Ausgabe:

1962 Nr. 10

Spalte:

779-780

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Müller, Gotthold

Titel/Untertitel:

Christian Gottlob Pregizer, (1751 - 1824) 1962

Rezensent:

Müller, Gotthold

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779

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 10

780

L. Rost (Die Überlieferung von der Thronnachfolge Davids 1926,
S. 43 ff.) gegebene Analyse von IlSa7. Die von Rost in IISa7, 8 —
17ptm festgestellte Überarbeitung des ältesten Bestandes läßt sich über
IISa7 hinaus verfolgen. Sie zeigt das Bestreben, den von Gott erwählten
David scharf gegenüber dem verworfenen Saul abzuheben.
Kennzeichnend für diese Überarbeitung, die nebiistischer Herkunft sein
dürfte und zeitlich um 700 anzusetzen ist, ist die Anschauung von der
prophetischen Designation des Königs, der hier als nagid bezeichnet
wird. Von diesem literarischen Befund her wird die These von dem
charismatischen Ursprung des israelitischen Königtums überprüft
werden müssen. Der genannten literarischen Schicht sind nicht nur
Zusätze zu der älteren Saul-Davidüberlieferung zuzurechnen, sie hat
auch eine Reihe ehemals selbständiger Sauisagen in den Überlieferungsbestand
eingebracht. Die nebiistische Bearbeitung umfaßt ISa9, 1
— 10,16; 13,4b. 5. 7b—15a; 15; 16, 1—14a; 18, 10—16ptm; 25?;
28, 3—25; IlSa 3,18; 5,1. 2. 12; 6,16. 20—23; 7, 8—17ptm. Die
Bestimmung der Arbeitsweise und des geistigen Standortes dieser
Bearbeitung wird erhärtet durch einen Vergleich mit der Prophetenerzählung
von Ahia von Silo IKö 11,26—13, 18, die verwandte
Züge zeigt.

Die Arbeit versucht dann, in dem nach Abhebung dieser Bearbeitung
verbleibenden Bestand die älteste literarische Größe herauszuarbeiten
. Für das methodische Vorgehen in der Feststellung dieser
bisher gewöhnlich als Geschichte von Davids Aufstieg bezeichneten
Größe ist die Erkenntnis der schriftstellerischen Tendenz und der
Arbeitsweise der Thronfolgegeschichte IISal5—20; IKö 1.2 von
Bedeutung. Diese versucht zu begründen, warum nicht der (an sich
rechtmäßige) Thronprätendent Adonja, sondern Salomo Nachfolger
Davids wurde. Die Erkenntnis, daß von einer noch deutlich erkennbaren
schriftstellerischen Tendenz aus in der Thronfolgegeschichte
ein größeres literarisches Werk jener Zeit in Aufbau und Zusammenhang
verständlich zu machen ist, sucht die Arbeit in der Rekonstruktion
einer „Geschichtsschreibung von Saul und David" fruchtbar zu
machen. Diese setzt ein in ISal3,2 mit einer ISa 14, 27a abschließenden
Schilderung des Erfolges Sauls gegen die Philister, aufgrund
dessen er nach Darstellung dieser Geschichtsschreibung das Königtum
in Israel gewann. Mit dem Auftauchen Davids am Königshof
ISa 16, 14b wird dann das eigentliche Thema angeschlagen: Daß das
Königtum über Israel mit Wissen und Willen Sauls und seines Sohnes
Jonathan auf David überging. Damit will die Geschichtsschreibung
die Legitimität des Anspruches der Davididen auf das Königtum über
ganz Israel begründen, die in der antidavidischen Parole IlSa 20, 1
und IKö 12, 16 bestritten wird. Die Geschichtsschreibung von Saul
und David wird verfolgt bis zu ihrem Abschluß in IlSa 7, 18 ff. ptm,
welchem einmal IlSa 9 vorausgegangen ist.

Diese Geschichtsschreibung bildete einmal zusammen mit einem
Annalenstück USaSptm, der Geburtsgeschichte Salomos IlSa 10—12,
der Tamarnovelle IlSa 13 f. und der Thronfolgegeschichte eine eigene
Sammlung, worauf die gleichlautende Anreihungsformel IlSa 8, 1;
10,1; 13,1; 15,1 hinweist. Das Bestehen dieser Sammlung wird erhärtet
durch das in die Thronfolgegeschichte eingeschobene Testament
Davids IKö 2, 5—9, welches voraussetzt, daß die Geschichtsschreibung
von Saul und David und die Thronfolgegeschichte ihm in
einem literarischen Zusammenhang vorlagen. Diese Sammlung alter
Davidgeschichten wurde dann mit priesterlichen Überlieferungen (vornehmlich
der Ladegeschichte, dazu ISa 21,2—10; 22,5. 9—23; 23,
1—13; 30, 1—26a) und volkstümlichem Sagengut angereichert, ehe sie
durch die nebiistische Bearbeitung die Gestalt erhielt, in welcher sie
in das deuteronomistische Geschichtswerk eingefügt wurde.

Müller, Gotthold: Christian Gottlob Pregizer (1751—1824). Biographie
und Nachlaß. Diss. Marburg 1961. 587 J.

Die Dissertation entstand aus Vorarbeiten für einen Pregizer-
Artikel in RGG*, bei denen sich herausstellte, daß über Pregizer zwar
schon manches geschrieben, er aber noch nie zum Gegenstand einer
streng wissenschaftlichen Untersuchung gemacht wurde.

Zuerst wird die vorhandene Pregizer-.Literatur' ab 1828 in einem
Überblick zusammengefaßt (S. 2—10). Darauf folgt ein Kapitel: ,Die
Haupttypen der bisherigen Pregizer-Deutung' (S. 10—19), aus dem
hervorgeht, daß das Urteil der verschiedenen Autoren selten stark
divergiert.

Als Grundlegung der eigenen Untersuchung wird eine umfassende
und lückenlose Bestandsaufnahme der vorhandenen Quellen geboten
(S. 20—27), die wesentlich zahlreicher sind, als Hermelink u. a. es
vermuteten.

An die beiden Eingangskapitel schließt sich der 1. Hauptteil an:
die Biographie Pregizers (S. 28—173). In ihr werden die Kardinalfragen
der Pregizer-Forschung im einzelnen untersucht und weitgehend
beantwortet.

Dabei ergibt sich: Pregizer, der als .Gründer' einer nach ihm benannten
und heute noch in Württemberg und Baden bestehenden
rechtlich nicht organisierten Gemeinschaft gilt, entstammte einem
pietistischen Stuttgarter Elternhaus, schloß sich im Tübinger Stift an
die .Erweckten' an und hatte schon als Student engen Kontakt mit
Oetinger, dessen .Geheimsekretär' er während eines Teils seiner über
5jährigen Vikarszeit in der Grafschaft Limpurg wurde. Als Schloßprediger
in Tübingen (1779—1783) und als Dorfpfarrer in Grafenberg
(1783—1785) galt er bei Vorgesetzten und Gemeinden als treuer
Seelsorger. Nach seiner Beförderung auf die Stadtpfarrstelle Haiterbach
(bei Nagold) (1795—1824) traf er dort mit separatistisch-schwärmerischen
Pietisten zusammen, deren Hauptlektüre (die .Schatzkammer' des
Stephan Prätorius aus Salzwedel) während einer Krise in Pregizers
persönlichem Leben einen vorübergehenden Umschwung seiner Theologie
herbeiführte. Als Folge davon kam es zu schweren Konflikten
mit dem Stuttgarter Konsistorium, das Pregizer 1810 mehrfach die
Entlassung androhte, obwohl er sich inzwischen längst entschieden von
den zum Libertinismus verleitenden Übertreibungen der lutherischen
Rechtfertigungslehre in der .Schatzkammer' losgesagt hatte.

Ab 1804 ist bei Pregizer ein anhaltendes, intensives Lutherstudium
bis an sein Lebensende nachzuweisen. Die Spannungen zum
Konsistorium verloren sich nach 1810 spurenlos.

Während die Arbeit für den engeren Rahmen der württembergischen
Kirchengeschichte den Werdegang und die theologische Entwicklung
eines bisher unerforsditen Gemeinschaftsgründers darlegt, zeigt
sie darüber hinaus einen interessanten Ausschnitt aus der Gesamt-
geschichte des Pietismus um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert:
der Pietismus wendet sich in einem seiner Vertreter konsequent zu
Luther zurück, der als das be6te Bollwerk gegen die Aufklärung erscheint
. Luthers Katechismen und die .reine Lehre' spielen bei Pregizer
eine ebenso dominante Rolle wie die Betonung der beiden
Sakramente, die im klassischen Pietismus bisweilen zur Bedeutungslosigkeit
herabgesunken waren.

Der 2. Hauptteil bringt 22 vom Verf. z. T. selbst aufgefundene
Original - Schriften Pregizers, die als Grundlage für die weitere
Pr.-Forschung dienen 6ollen und die sich ihrem Inhalt nach als Dokumentation
des späten Pietismus um 1800 ausweisen, soweit er durch
die Aufklärung hindurch und an Spener vorbei den Weg zurück zu
den Quellen der Reformation suchte.

Die Arbeit erscheint als Monographie im W. Kohlhammer-Verlag
Stuttgart.

Müller-Zetzsche, Hans: Rechtlich handeln als christliche
Maxime. Gedanken zur Rechtstheologie unter besonderer Berücksichtigung
von Erik Wolfs ,,Recht des Nächsten" und der Rechtslehre
Immanuel Kants. Diss. Berlin 1961. 122 S.

Die Arbeit geht aus von dem Ergebnis der Rechtsphilosophie
(das hier in Anschluß an G. Radbruch, W. Weischedel und W. Wiesner
herausgearbeitet wurde), daß es keine alle Menschen überzeugende
Begründung des Rechts gibt. Mit der Feststellung, daß jede Rechtsbegründung
auf irgendwelchen Glaubensentscheidungen beruht, ist für
den Christen die Berechtigung und sogar die Notwendigkeit gegeben.
Rechtstheologie zu treiben, d. h. den christlichen Glauben im Hinblick
auf seine Konsequenzen für das Recht methodisch auszulegen.
Dabei ist die wichtigste Aufgabe (die aber noch nicht das Ganze der
Rechtstheologie ausmacht) die theologische Begründung des Rechts.
Die verschiedenen Möglichkeiten, die man hierfür in der evangelischen
Theologie sieht, werden kurz referiert: Begründung in der Urordnung
der Schöpfung, in der Erhaltungsordnung des Gesetzes nach dem Sündenfall
oder in der Königsherrschaft Jesu Christi, schließlich auch die
vermittelnde trinitarisch - heilsgeschichtliche Rechtsbegründung, deren
Name allerdings als unzutreffend kritisiert wird. Eingeschoben ist ein
Exkurs zum Problem des Naturrechts und ein weiterer Exkurs über
die Unbrauchbarkeit des von J. Ellul und Ernst Wolf gebrauchten Begriffs
„Naturrecht als Phänomen". Nicht mit zu den Rechtsbegründungen
zählt der Verfasser Erik Wolfs Lehre vom Weisungscharakter
der Bibel für die Rechtsordnung. Diese ist vielmehr mit jeder mög'
liehen Rechtsbegründnug vereinbar und hat dabei eine besondere Affi'
nität zur Naturrechtslehre. Mehr diristologisch bestimmt ist Erik
Wolfs „Recht des Nächsten", das nach dem allgemeineren ersten Teil
der Arbeit in einem zweiten Teil Anlaß gibt, das Verhältnis von
Recht und Nächstenliebe zu untersuchen. Da dies eine Untersuchung
des Verhältnisses von Recht und christlicher Ethik ist, wird nun
als Modellfall das Verhältnis von Recht und Ethik bei Kant behan'
dclt. Dabei hofft der Verfasser, auch einen kleinen Beitrag zur Kant'
Interpretation zu geben, indem er einen vierfachen Gebrauch des Wortes
Ethik bei Kant feststellt und darauf hinweist, daß Kant nicht