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Ausgabe:

1962 Nr. 9

Spalte:

689

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Kirchliches Jahrbuch für die deutschen Alt-Katholiken 1962 1962

Rezensent:

Spuler, Bertold

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689

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 9

690

Kirchliches Jahrbuch für die deutschen Alt - Katholiken 1962.

Mit Jahresweiser, kirchlichem Behördenverzeichnis und Verzeichnis
der Autonomen Katholischen Kirchen. Im Auftr. d. kath. Bistums
Bonn der Alt-Katholiken in Deutschland, hrsg. v. B. S c h ö k e.
61. Jahrgang. Bonn (Gregor-Mendel-Str. 25): Verlag des Bistums
Bonn. 96 S. m. Abb. gr. 8°. DM 3.-.

Das Jahrbuch wird dieses Mal von Aufsätzen geprägt, die
um die 3. Welt-Kirchen-Konferenz in Neu-Delhi (Ende 1961)
und das bevorstehende 2. Vatikanische Konzil kreisen. Sie tragen
die Haltung der alt-katholischen Kirche hierzu vor, ver-

allein 77 Tafeln. Die Blütezeit der zentralrussischen Schulen mit
ihren Hauptvertretern Feofan Grek, Rublew und Dionissi, tritt
dagegen mit 36 Tafeln etwas zurück. „Ausklang und Ende" 6ind
dagegen mit 34 Tafeln angemessen bedacht worden.

Es ist Onasch gelungen, in der knappen Einführung einen
sehr instruktiven Überblick über die Entwicklung der russischen
Ikonenmalerei und ihre Hauptschulen zu geben. Im ersten Abschnitt
wird mit großer Klarheit das künstlerische Milieu des
Hofes von Wladimir-Susdal und die demokratisch-oligarchische

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„i.-u ,____ j u a j v nv« j _ a»t Umwelt von Nowgorod antithetisch herausgearbeitet. Dort

gleichen etwa den Begriff des „Konzils mit dem der , , , ,__* . , , ^ . „..„

„Assembly" oder befassen sich mit der Stellung der Konzilien
in der alten Kirche (beides W. Küppers), mit dem Kirchenverständnis
des Konstanzer Weih-Bischofs Ignaz von Wessen-
berg (W. Krahl) und den Schwierigkeiten der Bibelübersetzung
in fremde Sprachen (P. H. Vogel), wie sie sich auch auf
ökumenischem Boden immer wieder geltend macht. Daneben
gedenkt das „Jahrbuch" der 10jährigen Wirksamkeit des Bischofs
Johannes Josef D e m m e 1 und bringt Erbauliches und Besinnliches
, darunter Gedichte des Herausgebers. Den Beschluß bildet
die Jahresübersicht über das Geschehen in den einzelnen altkatholischen
Landeskirchen und ein Rückblick auf die Entwicklung
der Gemeinde Warnsdorf. Neben dem Bchördenverzeichnis
kann die sorgfältig zusammengestellte Übersicht der „autonomen
katholischen Kirchen der Welt" (Anglikaner, Orthodoxe,
Morgenländische Nationalkirchen) besondere Aufmerksamkeit
beanspruchen.

Hamburg Bertold Sp u I e r

Kasper, Walter: Primat und Episkopat nach dem Vatikanum L
Tübinger Theologische Quartalschrift 142, 1962 S. 47—83.

Nitzschke, Kurt: Rom und die Ostkirchen vor dem Konzil.
Im Lichte der Reformation — Jahrbuch des Evangelischen Bundes
V/1962 S. 98—123.

Nova k, A. J.: Rhodes 1961.

Communio Viatorum 5, 1962 S. 14—18.

Schmidt-Clausen, Kurt: Die lutherische Kirchenfamilie.
Lutherische Monatshefte 1, 1962 S. 174—183.

2 i e j> c r, Paul: Was kann die Konfessionsstatistik von der amtlichen
Statistik erwarten?

Im Lichte der Reformation — Jahrbuch des Evangelischen Bundes
V/1962 S. 124—128.

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Onasch, Konrad: Ikonen. Berlin: Union Verlag [1961]. 436 S. m.
28 Abb.. 152 Farbtaf. 4° = Altrussische Kunstdenkmäler, hrsg. v.
K. Onasch u. H. Facnsen. Lw. DM 138.—.

Konrad Onasch, der 6ich insbesondere durch seine Forde-
rung nach „legitimer Ikonendeutung" und durch seine Arbeiten
auf diesem Gebiete einen Namen gemacht hat, tritt jetzt mit
einer hervorragenden Publikation an die Öffentlichkeit, die er
schlicht und lapidar „Ikonen" benennt. Das Werk erscheint als
erster Band im Rahmen einer PublikationsTeihc: „Altrussische
Kunstdenkmäler", als deren Herausgeber Onasch und Hubert
Faensen zeichnen.

Bei dem erschienenen Band handelt es sich in erster
Linie um ein ausgesprochenes Ausstattungswerk mit 151 farbigen
Tafeln, denen eine knappe Einführung von 2 3 Seiten
vorangestellt ist. Den Schluß bilden, abgesehen von den Re-
g'stern, die Anmerkungen im Umfang von 69 Seiten.

Der größte Teil der Wiedergaben betrifft zum ersten Mal
^Produzierte Ikonen, die auf einer mehrmonatigen Studienreise
durch russische Museen und Sammlungen von einer eigenen
Gruppe von SpezialphotogTaphen der Deutschen Fotothek in
D|"esden unter Leitung von Onasch hergestellt wurden. Dank
den Farbvcrglcichen, die an Ort und Stelle vor den Originalen
Vc,rgenommen wurden, zeichnen sich die Reproduktionen durch
eine Treue der Wiedergabe aus, die den vollen Genuß der Objekte
gestattet und dem Fachmann wertvolles Studienmaterial
an die Hand gibt.

, . Am stärksten hat der Verfasser die Schule von Nowgorod
°ei der Bilddokumentation berücksichtigt; auf sie entfallen

schöpft der erlesene, aristokratische Gesdunack eklektisch aus
dem Born des byzantinischen Erbes, hier wird es durch das erstarkende
Volksbewußtsein verwandelt und einer „lakonischen
Stimmung in Form und Inhalt" unterworfen. In der Nowgoroder
Schule tritt die „Beherrschung des Komplementäreffektes"
besonders in Erscheinung, ohne jedoch die flächige „Poly-
chromie" zu überwinden; sie bleibt dem „Plakathaften" verbunden
. Diesen vom Autor wiederholt verwendeten Ausdruck
„plakathaft" oder „Plakatbild" halte ich nicht für ganz glücklich
gewählt, da er falsche Assoziationen herbeiführen kann.

Gegenüber den ausgezeichneten Ausführungen im ersten
Abschnitt kommt die Behandlung des künstlerischen Höhepunkts
im zweiten etwas zu kurz, wie dies auch bei der Bilddokumentation
der Fall ist. Feofan wird mit El Greco verglichen
, aber die Hauptcharakteristik seiner Kunst, die in der unerhörten
Intensität des geistigen Ausdrucks liegt, scheint nicht
ganz erfaßt zu 6ein. Als Entschädigung dafür dürfen wir wie
unmittelbar ein Hauptwerk aus der Frühzeit dieses Meisters in
einer wunderbaren Wiedergabe erleben: Die Tafel der Don'-
schen Gottesmutter und die Rückseite mit dem Hinscheiden
Mariä.

Rublew mit einigen Sätzen gerecht zu werden, ist natürlich
auch ein schwieriges Unterfangen. Der Hinweis des Autors auf
das „Luftlicht" bei diesem Meister und das „Einschmelzen der
Farbe im Licht" ist aber sehr kostbar und charakterisiert ausgezeichnet
ein wichtiges Kunstphänomen Rubiews. Auf diesem
Weg kommt der Maler zur Durchleuchtung der religiösen
• •Wirklichkeiten", bei der, wie der Autor so schön sagt, „das
Jenseits den Menschen nicht mehr überwältigt, sondern es sich
freiwillig ihm erschließt".

Die eigenartigen Proportionen der Köpfe bei Rublew haben
den Autor dazu verleitet, von „Großköpfigkeit" an mehreren
Stellen zu sprechen. Vor dieser Bezeichnung möchte ich warnen
, da sie eigentlich nicht stimmt. Das Gegenteil ist nämlich
der Fall, da die Köpfe im Verhältnis zur ganzen Gestalt klein
sind. Charakteristisch ist also für R. nicht die „Großköpfigkeit
", sondern die „Schädelüberhöhung", ein Wort, das der
Autor selbst einmal bringt und zu dem er mit Recht stehen
darf.

Bei Dionissi ergeht sich O. vielfach in Betrachtungen über
gesellschaftliche und kirchenpolitische Gruppen und kommt zu
dem Schluß, daß mit ihm „die Emanzipierung von der KiTche
fortgesetzt" wurde. Als Leiter einer Druzina, einer eigenen
Werkstatt, habe er Anregungen aufgenommen, „die außerhalb
der kirchlichen Interessen lagen". Zugleich sei das Produkt
dieser Arbeitsgemeinschaft „käuflich" geworden. Dies mag
stimmen, aber die Auftraggeber waren immer noch die Kirche
und die Klöster, und es ist nicht einzusehen, daß diese Gegebenheiten
die künstlerische Emanzipierung so gefördert hätten. Es
ist auch nicht ratsam zu sagen, daß man heute kaum noch D.
als Schüler Rubiews bezeichnen könne. Es steht aber doch fest,
daß bei niemand anderem der Spiritualismus Rubiews so stark
Fuß gefaßt hat, wie gerade bei d. Der Unterschied liegt darin,
daß D. ihn prinzipiell und ganz bewußt angewandt hat, um die
Ikone in dem überhöhten Bereich der Transzendenz zu erhalten.
Zugleich stellt er aber das Religiöse als eine menschlich-ethische
Aufgabe hin, indem er namentlich in seinen Viten-Ikonen das
dialektische und rationale Moment werbend mit zur Geltung
bringt. Bei seiner Kunst von „gotischer" Sensibilität und Dynamik
zu sprechen, erscheint mir auch nicht einleuchtend, da von
einem direkten gotischen Einfluß bei D. nicht die Rede sein
kann. Gerade das, was an ihn erinnern könnte, ist aber nicht
abendländischen Ursprungs, sondern hängt mit dem spätbyzan-