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Ausgabe:

1962 Nr. 9

Spalte:

687-688

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Amburger, Erik

Titel/Untertitel:

Geschichte des Protestantismus in Russland 1962

Rezensent:

Delius, Walter

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Seite 1

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687

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 9

688

In den Jahrbüchern aus Finnland leuchtet ein Schimmer
vom Frömmigkeitsleben jener entlegenen Gegenden. Stift Borgä
umfaßt jetzt 84 schwedisch- und 2 deutschsprachige Gemeinden
an den Küsten des finnischen und bottnischen Meerbusens. Dazu
gehört der Schärengürtel mit einhundertfünfzigtausend Inseln.
Das Jahrbuch beschäftigt sich mit diesen einzigartigen Verhältnissen
in Tagebuchblättern und Berichten von Pfarrern, Pfarrfrauen
und Schriftstellern. Der Professor der Medizin Johan
Wickström macht sich „Gedanken über die Probleme der Schären
"; besonders bekümmert ihn die Flucht der Jugend.

Bischof Olof Rosenqvist war nur 7 Jahre Oberhirte im
wahren Sinne des Wortes. Sein Nachfolger Karl-Erik Forsell
widmet ihm einen Nachruf. Leider fehlen die Lebensläufe von
beiden; die gehören in ein Jahrbuch und werden durch die ansprechendsten
Bildnisse nicht ersetzt.

Die nordische Bischofskonferenz im August 1961 war von
29 Bischöfen aus Island, Norwegen, Dänemark, Schweden und
Finnland besucht.

1963 soll die 4. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes
in Helsingfors tagen. Die Vorbereitungen prägen weithin
das kirchliche Leben Finnlands.

Leipzig Friedrich O s t a r h i 1 d

Fausel, Heinrich: Die Evangelische Landeskirche in Württemberg.
Im Lichte der Reformation — Jahrbudi des Evangelischen Bundes
V/1962 S. 129—144.

Iserloh, Erwin: Gestalt und Funktion der Konzilien in der Geschichte
der Kirche.

Ekklesia — Festschrift für Bischof Dr. Matthias Wehr, Trier 1962
S. 149—169.

Link, Arthur S.: The Historian's Vocation.
Theology Today 19, 1962 S. 75—89.

W i 11 r a m, Reinhard: Die Verantwortung des evangelischen Historikers
in der Gegenwart.

Im Lichte der Reformation — Jahrbuch des Evangelischen Bundes
V/1962 S. 26—43.

KIRCHEN- UND K0JSFESS1ONSKUNDE

Amburger, Erik: Geschichte des Protestantismus in Rußland.

Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1961]. 210 S., 3 Ktn. 8°. Kart.
DM 14.80.

Der Verfasser, Wissenschaftlicher Rat am Institut für
kontinentale Agrar- und Wirtschaftsforschung der Universität
Gießen, stammt aus St. Petersburg (Leningrad). Neben der Geschichte
der russischen Wirtschaft gilt sein besonderes Interesse
dem Protestantismus Rußlands, über den er Quellenauszüge
und biographische Nachrichten gesammelt hat, die, heute
nicht mehr zugänglich, in dem vorliegendem Buch verwertet
worden sind. Aber auch sie geben zusammen mit den bisher
bekannten Quellen und Darstellungen zu diesem Thema kein
lückenloses Bild.

Das Besondere des Protestantismus in Rußland ist die Tatsache
, daß er nicht als ein Rinnsal, geschweige als ein Strom der
Reformation ins Land gekommen ist. Vielmehr ist er durch
Einwanderer heimisch geworden. Eine Ausnahme macht das
Baltikum, dessen kirchengeschichtliches Werden der Verfasser in
seiner Darstellung ausgeklammert hat. Gemäß dieses besonderen
Werdeganges der Gemeinden lutherischen und reformierten
Bekenntnisses geschah die Verkündigung in den jeweiligen
Sprachen der Eingewanderten, bis im 18. Jahrhundert zunächst
auf dem Lande und im 19. Jahrhundert in den Städten auch
russisch gepredigt wurde.

Das Buch gibt in 6einem ersten Teil eine gedrängte Übersicht
über die Geschichte des Protestantismus vom 16. Jahrhundert
bis zur Gegenwart, wobei über die Schicksale der Gemeinden
seit 1941 nur weniges gesagt werden kann. Ein zweiter
Teil gibt Einzelheiten aus der Geschichte und Statistik der
Gemeinden verschiedenen Bekenntnisses. Von ihnen bestehen

nur noch die Baptistengemeinden, denen sich wohl auch die
Reste der übrigen protestantischen Gemeinden angeschlossen
haben. Sie allein haben außer den protestantischen Kirchen der
Sowjetrepubliken des ehemaligen Baltikum staatliche Anerkennung
als Religionsgemeinschaft erhalten. In einem dritten Teil
schildert der Verfasser das innere Leben der Gemeinden, wie es
in den Pastoren, der Mitarbeit der Gemeinde, dem Schulwesen,
der 'sozialen Arbeit und dem kirchlichen Schrifttum zum Ausdruck
kommt. Der Verfasser beabsichtigt außerdem ein biographisches
Lexikon der ev. Pfarrer Rußlands aufzustellen.
Anmerkungen, ein Literaturverzeichnis und Personenregister
sind dem Buch beigefügt.

Angesichts der Tatsache, daß der Blick der Christenheit
besonders in Deutschland in besonderer Weise auf die Kirchen
in der UdSSR gerichtet ist, ist es von Bedeutung, daß das Buch
das Interesse auf die ehemaligen protestantischen Gemeinden
lenkt.

Ein paar Bemerkungen und Berichtigungen seien angefügt,
ohne damit den Wert des Buches zu mindern.

S. 43. Propst Glück stammte aus Wettin (Saale), wo er 1652 geboren
ist. Er kam als Kriegsgefangener 1702 von Marienburg nach
Moskau. Seine Pflegetochter war die spätere Kaiserin Katharina II. —
G. Hillner: E. Glück. 1918 (lettisch).

S. 46. Hier wäre ein Hinweis über den Einfluß des Pietismus auf
Tychon v. Zadonsk (1709—83) erwünscht gewesen.

S. 173. Karl Sederholm bezeichnet „Die ewigen Tatsachen" (1845)
und den völlig umgearbeiteten ersten Teil derselben in einem offenen
Brief an die ev. Prediger Deutschlands als „unreif, voreilig veröffentlichte
Versuche" (Prot. Kirchenzeitung 18 58, 649 ff.). Er war als Gegner
der Orthodoxie und des Konfessionalismus gegen die Agitation
für die Aufhebung der preußischen Union (Prot. Kirchenzeitung 1857,
120 ff.).

Lit. Th. Wotschke: Neues von Quirin Kuhlmann. Zeitschr. f. d.
Gesch. Schlesiens 72. 1938.

Berlin Waller De 1 i u s

Stupperich, Robert: Kirche im Osten. Studien zur osteuropäischen
Kirchengeschichte und Kirchenkunde. In Verbindung mit dem
Ostkircheninstitut hrsg. Bd. III — 1960. Bd. IV — 1961. Stuttgart
: Evang. Verlagswerk [1960/61]. 201 S. u. 200 S. 8°. HIw.
DM 9.80 u. Hlw. DM 15.80.

Der 3. und 4. Band des Jahrbuches, dem Umfang nach
gegenüber den beiden ersten Bänden (vgl. ThLZ 1960, Sp. 541)
etwas vergrößert, behandeln wiederum Themen aus dem Gesamtbereich
der osteuropäischen Kirchengeschichte und Kirchenkunde
. B. Spuler sdireibt über Volkstum und Kirche in der
orientalischen Welt (Bd. 3). Zur byzantinisch-griechischen Kirchengeschichte
liefert Klostermann eine ausführliche Rezension
des Buches von Beck übeT „Kirche und theologische Literatur im
byzantinischen Reich" (Bd. 3) und einige griechische kirchliche
Schriftstücke aus der Zeit von 1911—1914 (4). Über das vor-
reformatorische Polen handelt Kup6ch in einem Aufsatz über
das „Speculum Aureum" (3); über den Protestantismus im
Osten: Stupperich über Bugenhagen (3), Lackner in einer
Sammelbesprechung zur preußischen Reformationsgeschichte (3)
und Oskar Wagner über die evangelische Bewegung unter den
Ukrainern, 1915-33 (4). Den Hauptanteil hat die russische
Kirchengeschichte: Gundlach untersucht die Lehre von der
Kirche und den Sakramenten in der Confessio Orthodoxa des
Petrus Mogilas (4); Hauptmann berichtet über neuere russische
Veröffentlichungen zur Geschichte der Altgläubigen (4); C. L.
Claus über russische Frauenklöstcr um die Wende des 18. Jhdts.
(4); der Unterzeichnete über den Einfluß des liberalen Protestantismus
auf die russische Laientheologie im 19. Jhdt. (3);
W. Krause über Dostojevskijs Zukunftshoffnungen (4); Hauptmann
über Johann von Kronstadt (3); Stupperich über die Bewegung
der „Lebendigen Kirche" (3), endlich Mehnert über
„Humanismus im Sowjetvolk" (4). Besonders wertvoll und instruktiv
sind wiederum die sorgfältig gearbeiteten Chroniken
über die Kirchen in der UdSSR, in Polen, in der Tschechoslowakei
, in Ungarn und in Jugoslawien.

Tübingen Ludolf Müller