Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1962 Nr. 8

Spalte:

628-629

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Doebert, Heinz

Titel/Untertitel:

Das Charisma der Krankenheilung 1962

Rezensent:

Huebschmann, Heinrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

627

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 8

628

weiterzugeben, ohne danach zu fragen, wie ihr begegnet wird und J
ob sie mit Erfolg wird ernten können (5 3). Auch darüber hat sie
nicht zu spekulieren, wie es in der Zukunft sein wird. Auch unter j
dem Unglauben können sich „Hunger und Durst im Grunde der
Seele melden" (56). Diese Veröffentlichung verschließt sich nicht
dagegen, daß Notstände sachlich kritisiert werden müssen. Aber
das wichtigste ist die Orientierung am Evangelium selbst, das den
Weg Gottes in die Tiefen der Menschheit hinab uns nicht nur
zeigt, sondern auch selbst gehen heißt. Die Christen sind der
Welt diese frohe und heilmachende Botschaft schuldig. Sie ist es
allein, die dem Christen heute in einer veränderten Welt aufgetragen
bleibt.

Eisenach Heinz Erich E i s e n h ut h

Born, Max: Die Physik in der Problematik unseres Zeitalters.
Universitas 17, 1962 S. 245—254.

Collonge, Andre: Die Kirche und das Proletariat. Das Drama der
französischen Arbeiterpriester. Übers, v. I. Frank. Darmstadt: Gentner
[1958]. 119S. 8°. Kart. DM 7.80.

Jaspers, Gerold, u. John Howard Yoder: Christen im Ost-West-
Konflikt. Hamburg: Reich 1961. 48 S. 8° = Evang. Zeitstimmen, 6.
Kart. DM 2.80.

L o k i e s, Hans: Was uns an Indien auffällt.
Kirche in der Zeit 16. 1961 S. 372-376.

Marcel, Gabriel: The Sacred in the Technological Age.
Theology Today 19, 1962 S. 27— 38.

Portmann, Adolf: Naturwissenschaft und Humanismus.
Universitas 17, 1962 S. 1—16.

R a s k e r, Albert J.: Wir wählen das gefährliche Leben. München:
Kaiser 1961. 69 S. 8° — Theologische Existenz heute, eine Schriftenreihe
, hrsg. v. K. G. Steck u. G. Eichholz, N. F. Nr. 92. DM 4.30.

S c h e 1 s k y, Helmut: Der Mensch im wissenschaftlichen Zeitalter.
Universitas 16, 1961 S. 1 137—1146.

Schmidt, Alfred: Geistige Begegnung zwischen West und Ost.
Kirche in der Zeit 17, 1962 S. 1 56—1 59.

T r e b 1 i n, Heinrich: Zwischen Schwarz und Rot. 10 Thesen über
Kirche und Welt in unserer Zeit. Hamburg: Reich 1962. 78 S. 8°
= Evangelische Zeitstimmen, 9. Kart. DM 2.80.

Volandt, Erich: Der Schlager als Konsumartikel.

Monatschrift für Pastoraltheologie 51, 1962 S. 104—113.

PRAKTISCHE THEOLOGIE: ALLGEMEINES

Steck, Karl Gerhard: Kirche und Öffentlichkeit. München: Kaiser
1960. 34 S. 8° = Theologische Existenz heute, hrsg. v. K. G. Steck
u. G. Eichholz, N. F. Nr. 76. DM 2.-.

Eine trotz ihrer Kürze bemerkenswert lehrreiche Schrift, j
welche die Schwierigkeiten und Aporien der sog. Öffentlichkeitsarbeit
der Kirche und deren traditionelle Begrifflichkeit analy- i
siert, indem sie nach deren Voraussetzungen, Mitteln und Zielsetzungen
fragt. Der Verf. ist mit Recht kritisch gegen alle fal- j
sehen Ansprüche und bloßen Fassaden. Unter dem Öffentlich-
lichkeitsbezug der Kirche versteht er die Mission der Kirche — in
einem vielfältigen Sinne! — im heutigen Leben. Er geht aus von
der zwiespältigen Stellung der Kirche als einer privilegierten
Körperschaft, die aber andererseits von der Privatisierung des
Christentums ausgehöhlt sei. Bzgl. der biblischen Grundlagen
stellt er das paradoxe Zugleich von Zuwendung der Kirche zur
Öffentlichkeit und Abkehr von dieser fest; Offenbarung ist
jedenfalls nicht einfach identisch mit Öffentlichkeit. Was die
Mittel des Öffentlichkeitswillens der Kirche betrifft, so handelt
er kurz von den Schwierigkeiten des sprachlichen Ausdrucks, sodann
von dem Widerspruch der Präsenz Christi zur „Repräsentation
" der Kirche an allen Orten der Öffentlichkeit, woraus er
jedoch nicht die allzu einfache Folgerung der Absenz zu ziehen
wünscht, endlich von den christl. Gruppenbildungen, wobei
leider nur das Problem der christl. Partei kritisch besprochen
wird, in das eine alte Aversion gegen die Partei überhaupt
hineinwirkt. Bzgl. der Ziele handelt der Verf. 1. von der Erziehung
, 2. von der Sicherung des kirchlichen Raumes und Einflusses
, 3. von dem Begriff des prophetischen Wächtcramtes und
geht besonders dem Mißbrauch sowie den Unklarheiten, die mit
dem letzteren Sprachgebrauch bei uns seit 1945 verbunden sind,

kräftig zu Leibe. Hier zeigt 6ich, daß er nicht nur gegen die Tradition
der konservativen Apologetik seit dem 19. Jhdt., deren
Fortwirken er mit Recht eingangs vermerkt hat, sondern auch
gegen neuere theologische Traditionen kritisch auf der Hut ist. —
Im ganzen überwiegt durchaus die kritische Analyse, die Warnung
, aber gerade dies macht die Schrift St.s wertvoll für den
Sozialethiker sowie für jeden, der sich in der Akademie- oder
der Sozialarbeit der Kirche Rechenschaft geben will über sein tägliches
Tun. Natürlich hätten im Zusammenhang dieses Themas
noch andere Fragen ebenso viel Recht gehabt, z. B. das Verhältnis
der Kirche zu einer Gesellschaft von Interessenverbänden,
das aus dem 19. Jhdt. ererbte Prinzip der christl. Blockbildung
(ist es heute noch zureichend und überhaupt anwendbar?) oder
das Problem der Teilhaberschaft des Christen an den gesellschaftlichen
Gruppen, — hier sind ähnliche Schwierigkeiten anzutreffen
wie diejenigen, die der Verf. so offen und rückhaltlos ans Licht
gezogen hat.

Münster/Westf. Heinz-Dietrich Wendland

D o e b e r t, Heinz: Das Charisma der Krankenheilung. Eine biblischtheologische
Untersuchung über eine vergessene Grundfunktion der
Kirche. Hamburg: Furche-Verlag [i960]. 140 S. 8° = Furche-Studien.
Studien u. Darstellgn. a. d. Gesamtgebiet theol. Forschung, 29. Bd.
Lw. DM 12.80.

Die Heilige Schrift bezeugt klar und deutlich, daß dort, wo
wirklich verkündigt und gelehrt wird, auch etwas geschieht. Da
melden sich die Kranken zu Wort, und da werden Kranke geheilt.
Das Heilen gehörte wie das Predigen und das Lehren zum Grundauftrag
des apostolischen Amtes. Es darf angenommen werden,
daß in der ganzen ersten Christenheit die Gnadengabe der Heilung
weit und breit in Kraft gestanden hat. Dann ging sie verloren
, ebenso wie die urkirchliche Prophetie. Immerhin hat noch
Martin Luther den Dienst des Heilens ausgeübt, wie aus einem
Brief an den Pfarrer von Belgern vom Jahre 1 545 hervorgeht.

Das endgültige Erlöschen des Heilungsdienstes war mit der
humanistisch-intellektualistischen Auffassung dessen, was eine
Lehre sei, gegeben, eine Entwicklung, welche meinte, alles und
jedes am Menschen durch Unterricht und Erziehung erreichen zu
können mit dem Ziel der Ausbildung zur religiösen Persönlichkeit.
Dem entsprach auf der anderen Seite das mechanistische Denken
der naturwissenschaftlichen Medizin. Das Übel wurde vollkommen
dadurch, daß die Kirche das kausalmechanische Weltbild
der Naturwissenschaft für ihr eigenes Gebiet übernahm und
damit auch deren Kurzsichtigkeit und Blindheit für weite Bereiche
der Wirklichkeit. Die Kirche versuchte, die naturwissenschaftliche
Haltbarkeit der Schriftaussagen zu beweisen und übersah
dabei völlig, daß diejenigen, die die Heilungen überliefert
haben, vom Menschen sehr viel mehr wußten als unsere aufgeklärte
Zeit. Das hat der Kirche unsäglich geschadet. Sie hat ihr
Eigenes damit preisgegeben. Es muß heute wieder neu aufgebaut
werden.

Die intellektuelle Deformation der Kirche ist dadurch zu
heilen, daß die Kirche auf eine neue und originäre Weise den Leib
ernst nimmt. Denn der Leib ist mitnichten bloßer zerlegbarer
Körper, sondern er ist beredt, er spricht eine besondere Sprache.
Er berichtet von Freud und Leid, von Frohsinn und Kummer,
von Liebe und Haß, von Würde und Geldgier, von Stille und
Arbeitswut, von Menschlichkeit und Unmenschlichkeit, von erfülltem
oder unerfülltem Leben. Der Leib ist mitnichten bloßer
mechanischer Apparat, sondern er ist beseelt, er ist Träger eines
Willens, eines Denkens, eines Glaubens, eines Hoffens. Das gilt
nicht nur für seine sichtbaren Regungen in Mienenspiel, Geste
und Haltung. Das gilt auch für die verborgenen Veränderungen
in der Krankheit, ja, gerade da: bei Organkrankheiten wie
Lungentuberkulose, Magen- oder Darmgeschwür, Herzinfarkt,
Leberzirrhose, Schrumpfniere, Schlaganfall, Krebs. Die leiblichen
Veränderungen sind der Text der Lebensgeschichte des Kranken.
Mit anderen Worten: Auch der Leib gehört zur Person. Der
Glaube steht nicht im leeren Raum als bloße Idee, sondern er ist
an unsere Leibhaftigkeit gebunden; er ist nicht nur im Bewußtsein
, sondern auch im Leibe lokalisiert; er kann sich im Leibe zu
Wort melden, wenn das Bewußtsein schweigt (Lukas 19,40: Dann
werden die Steine schreien. Ref.). Erst die Beteiligung des Leibes