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Ausgabe:

1962

Spalte:

590-591

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schwegler, Theodor

Titel/Untertitel:

Die biblische Urgeschichte im Lichte der Forschung 1962

Rezensent:

Hempel, Johannes

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(S. 262—282) ist eine eindringliche Warnung vor Überbewertung
der Bedeutung archäologischer Ergebnisse für die Vorgeschichte
Israels in Auseinandersetzung mit Albright, Bright, Wright u. a.
Wichtig sind dabei N.s grundsätzliche Ausführungen über Ätiologien
in alttestamentlichcn Überlieferungen.

Die Palästina-Archäologie ist durch den Beitrag von J. B.
Pritchard „Gibeon's history in the light of excavation" (S. 1 — 12)
vertreten. Der Verf. verfolgt zunächst sorgfältig die literarischen
Überlieferungen zur Geschichte Gibeons und bringt sie dann mit
den Grabungsergebnissen in Verbindung, so daß ein lebendiges
Bild von der wechselvollen Geschichte dieser Ortslage entsteht.

Die Aufsätze von Mazar, Nielsen und Stamm haben geschichtliche
Themen zum Gegenstand: B. Mazar (,,The cities of the
priests and the levites", S. 19?—205) arbeitet den strategischen
Charakter der Priester- und Levitenstädte heraus und führt sie
als System nach ägyptischem Vorbild in die Zeit Salomos zurück.
— E. Nielsen (,,Some reflections on the history of the ark",
S. 61—74) erörtert das unterschiedliche Verständnis der Lade als
Gottesthron und Behälter für die Gesetzestafeln mit dem Ergebnis
, daß beide Vorstellungen bereits seit der Zeit Davids nebeneinander
herlaufen. Die Lade soll innerhalb des Jerusalemer
Tempelkults eine wichtige Rolle beim Thronbesteigungsfest gespielt
haben. — Mit dem in den letzten Jahren oft diskutierten
Problem der Herkunft des Namens .David' beschäftigt sich das
Referat von J. J. Stamm („Der Name Davids", S. 165-1 83). Nach
einem guten Überblick über die Forschungsgeschichte bringt S.
neue Argumente für das Verständnis von .David' als ,Onkel
väterlicherseits'.

In den Bereich der Literaturgeschichte fällt die Studie von
B. Gemser ,,The Instructions of 'Onchsheshonqy and Biblica! wis-
dom literaturc" (S. 102—128). Die Weisheitslehre des Priesters
Onchsheshonqy von Heliopolis ist erst 1955 von S. R. K.
Glanville veröffentlicht worden. Sie stammt etwa aus dem 5. Jhdt.
v. Chr. und bietet, wie die Untersuchung zeigt, eine Fülle von
Bez iehungen, die für das Verständnis und die zeitliche Ansetzung
der biblischen Wcishcitsliteratur wichtig sind.

Mit Fragen aus dem Gebiet der alttestamentlichcn Theologie
und Ethik befassen sich die Untersuchungen von Barr, Hammers-
haimb, Jacob, Maag und Rost: Der Beitrag von J. Barr „Theo-
Phany and anthropomorphism in the Old Testament" (S. 31—38)
bietet vor allem Beobachtungen zur Bedeutungsgeschichte von
mal'ak und kabod. U. a. wird herausgearbeitet, daß für den im
Tempelkult beheimateten Begriff kabod nicht das Problem der
äußeren Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit Jahwes bestimmend ist,
sondern der Gegensatz von Reinheit und Sünde. — E. Hammers-
haimb (,,On the ethics of the Old Testament prophets", S. 75
—101) geht auf die Frage der Beziehungen zwischen kanaanäi-
schem und israelitischem Recht ein. Im Gegensatz zu A. Alts
Auffassung erkennt H. Verbindungen zwischen dem apodiktischen
Recht in Israel und kanaanäischen Rechtsvoretellungen. Dies
wird ausführlich belegt am Beispiel der besonders von den Propheten
vertretenen ethischen Forderung, sich der Witwen und
Waisen anzunehmen, — eine Forderung, die sich nur von der
kanaanäischen Stadtkultur, ihren sozialen Verhältnissen und ihrer
Ethik aus verstehen läßt. So sind auch die prophetischen Vorstellungen
vom idealen König, in denen gerade dieser Forderung
zentrale Bedeutung zukommt, von kanaanäischen Auffassungen
bestimmt. Es finden 6ich aber auch bei den Propheten echte Erinnerungen
an die Zeit vor der Landnahme und ethische Forderungen
, die auf diese Epoche und ihre kulturelle Situation zurückgehen
. Eine Sammlung von ethischen Grundsätzen vorkanaanäi-
schen Ursprungs enthält u. a. der Dekalog. — E. Jacob (,,Les bases
theologiques de l'cthiquc de l'Ancien Testament", S. 39-51) hebt
Erwählung und Geschichte als grundlegende Momente der alt-
testamentlichen Ethik hervor. Besonders das Exodus-Geschehen
bestimmt die Ethik Israels, die eine „ethique de vocation" ist.
..Marcher avec Dieu" ist das ethische Ideal Israels. Von hier au6
fällt auch auf die Vorstellung von der imago Dei neues Licht. —
Dem Gedanken der Königsherrschaft Jahwes geht V. Maag in
seinem Beitrag „Malküt Jhwh" (S. 129-153) nach. Hier sind
kanaanäische Formen durch Israel mit neuem Inhalt gefüllt worden
. Ausführlich wird in diesem Zusammenhang der Vorgang der
• .Transmigration" Israels in Kanaan grundsätzlich erörtert. -

L. Rosts Referat ,,Die Gottesverehrung der Patriarchen im Lichte
der Pentateuchquellen" (S. 346—359) behandelt das Problem der
.Vätergötter'. Es zeigt sich dabei, daß jede der drei Pentateuchquellen
ihr eigenes Idealbild vom Gottesdienst der Erzväter hat.
Am deutlichsten sind die .Vätergötter' noch beim Elohisten zu
erkennen.

Die Abhandlungen von Alonso-Schökel, Castro, Meyer,
Orlinsky und Segert haben Themen aus dem Bereich der Textgeschichte
des Alten Testaments und der Geschichte der hebräischen
Sprache zum Gegenstand: L. Alonso-Schökel („Die stilistische
Analyse bei den Propheten", S. 154—164) verweist auf die
Bedeutung moderner stilgeschichtlicher Erkenntnisse für das Verständnis
prophetischer Texte. — F. P. Castro („Das Kryptogramm
des Sefer Abischa' ", S. 52—60) untersucht die älteste Rolle des
samaritanischen Pcntateuchs und versetzt ihre Niederschrift ins
Jahr 1045. — R. Meyer („Das hebräische Verbalsystem im Lichte
der gegenwärtigen Forschung", S. 309—317) gewährt einen Einblick
in die Entwicklung der Präformativkonjugation yaktul im
Nordwestsemitischen und zeigt die Bedeutung der aus dieser Entwicklung
gewonnenen Erkenntnisse für das klassische hebräische
Verbalsystem. — H. M. Orlinsky („The origin of the kethib-qere
System: a new approach", S. 184—192) entwickelt eine neue
Theorie über die Entstehung des offiziellen Textes der hebräischen
Bibel um 600 n. Chr. Danach gingen die Masoreten von drei besonders
angesehenen Textrezensionen aus. Es wurde aus ihnen ein
„majority text" hergestellt und als Qere vokalisiert. Die Lesarten
der Minorität dagegen wurden als Kethib in den offiziellen
Text aufgenommen. — S. Segerts Beitrag „Problems of Hebrew
prosody" (S. 28 3—291) zeigt, daß in der Geschichte der hebräischen
Verskunst im wesentlichen drei Stadien zu unterscheiden
sind, die entsprechend der Entwicklung der hebräischen Sprache
aufeinanderfolgen.

Die Beiträge von Bardtke, Dupont-Sommer und Strugnell
gehören in den Bereich der Qumrän- Forschung. H. Bardtke
(„Eine der Kriegsrolle von Qumran verwandte Literaturgattung
im Codex XXVIII der Leipziger Sammlung", S. 292-308) gibt
Einblick in ein Manuskript, das im 18. Jahrhundert in Nikols-
burg in Mähren entstanden ist und sich in Leipzig befindet. Es
enthält eine Darstellung des altisraelitischen Kriegswesens und
bietet eine interessante formgeschichtliche Parallele zur .Kriegsbeile
' von Qumran. Das Manuskript ist ein Auszug aus dem Werk
Schilte haggibborim des Abraham von Portaleone aus dem
Jahre 1612. — A. Dupont-Sommcr („Exorcismes et guerisons
dans Ies recits de Qoumrän", S. 241—261) bespricht Partien aus
dem .Genesisapokryphon' und dem .Gebet des Nabonid', die von
Heilmitteln und Beschwörungen handeln. — Vier Fragmente eines
liturgischen Textes aus der Höhle 4 von Qumran werden von
J- Strugnell vorgeführt (,,The angehe Iiturgy at Qumran, 4 Q
Serek Sirot 'Olat Hassabat", S. 318-345). Es handelt sich um
noch nicht edierte Texte, die S. als Mitglied einer internationalen
Kommission des .Palestine Archaeological Museums' herausgibt
und die im letzten Bande der Texte aus Höhle 4 erscheinen
werden.

Mit dem Neofiti-Manuskript der Vatikanischen Bibliothek
befaßt sich der Beitrag von A. D. Machno („The recently dis-
covered Palestinian targum: its antiquity and relationship with
the other targums", S. 222-245). Danach liegt im Neofiti-Text
eine vorchristliche Version (1.—2. Jhdt.) des Palästinischen Targums
vor. Der Palästinische Targum ist also wesentlich älter als
Onkelos, der bereits den masoretischen Text voraussetzt. Ps.-Jo-
nathan ist eine nach Onkelos überarbeitete Version des alten
Palästinischen Targums.

Rostock Karl-Heinz B e r n h a rd t

Schwegler, Theodor: Die biblische Urgeschichte im Lichte der
Forschung. München: Pustet [i960]. 252 S., 12Taf. 8°. Lw. DM 15.80.
Für eine gerechte Beurteilung des vorliegenden, mit kirchlichem
Imprimatur versehenen Buches ist es erforderlich, seine
Veranlassung durch Nöte der Seelsorge vor allem an Jugendlichen,
zu sehen, die durch das Unvermögen einer „langen Reihe untergeordneter
Organe des kirchlichen Lehramtes und einzelner Vertreter
der kirchlichen Wissenschaften bis hinunter zum letzten
Katecheten, . . . zwischen dem göttlichen und dem mensch-