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1962 Nr. 7

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Kirchenrecht

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 7

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formalistischen Auffassung" beschuldigt. Der kasuistischen Methode
wird nur die Stellung einer wissenschaftlichen Hilfsmethode
eingeräumt. Radikaler ist hier Tillmann, in dessen
Arbeit man den Einfluß des christlichen Existentialismus so
stark spürt, daß Hirschbrich ihn als „Befürworter christlichen
Existentialismus und christlicher Situationsethik" charakterisiert.
In dieser Hinsicht vertritt Ermecke eine Abweichung gegenüber
Tillmann, indem er die Kasuistik als eine geeignete Form der
christlichen Situationsethik befürwortet. Und vollends hat
Häring wieder die kasuistische Form stärker in die Moralgestaltung
einbezogen, indem er doch darauf bedacht ist, die
Erfordernisse der individuellen Existenz und die besonderen
Umstände der konkreten Situation zu berücksichtigen. Merkwürdigerweise
wird nicht erwähnt, wie entschieden Pius XII.
sich, vor allem in einer „Instruction", datiert am 2. Februar
1956, gegen die „Situationsethik" ausgesprochen hat. Hirschbrich
beschränkt sich wirklich sehr konsequent auf die Problembehandlungen
im deutschen Sprachgebiet. Wie es scheint, bejaht
er den Kampf um die Jahrhundertwende (Mausbach vor
allem) gegen „eine übertriebene Kasuistik", kann aber Tillmann
in seiner 6tarken Zurückdrängung der Kasuistik nicht zustimmen
und ist wohl eher mit der Stellungnahme von Häring aber auch
schon Schilling einverstanden.

Erstarrt ist die katholische Moraltheologie wahrlich nicht.
Und doch ist gerade hier eine verhängnisvolle, unevangelische
Tradition besonders stark. Gibt es überhaupt ein theologisches
Gebiet, wo sich die Kluft zwischen den beiden Konfessionen
so stark auftut wie hier?

Kopenhagen N. H. Sße

Asmussen, Hans: Der Christ in der politischen Verantwortung.
Frciburg/Br.: Rombach |I960]. 61 S. 8° = Politik, Schriftenreihe
zu grundsätzlichen u. aktuellen Fragen, hrsg. v. A. Bergstraesser.
DM 5.so.

Contenson, P.-M. de: Feconditc, bonhcur et moralc.

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiqucs 46, 1962
S. 3-44.

Fuchs, Josef: Biologie und Ehcmoral.
Gregorianum XLI1I, 1962 S. 225-253.

— Geburtenregelung und die christlichen Kirchen heute.
Stimmen der Zeit 170 (Jg. 87, 1961/62) S. 49—64.

Half mann, Wilhelm: Der Christ und sein Vaterland.
Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 605—609.

Krau ss. Heinrich: Entwicklungshilfe und Völkerrecht.
Stimmen der Zeit 169 (Jg. 87, 1961/62) S. 426—444.

Müller. Gerhard: Die Bedeutung des Arbeitsrechts in unserer heutigen
sozialen Ordnung.

Stimmen der Zeit 170 (Jg. 87, 1961/62) S. 21—39.
Wulf. Hans: Sinn und Zweck der Strafe in der Gesellschaft.

Stimmen der Zeit 170 (Jg. 87, 1961/62) S. 1 —15.
Ziegler, J. G: Erwägungen zu J. B. Hirechers „Christlicher Moral".

Zeitschrift für katholische Theologie 84, 1962 S. 8 5—100.

KIRCHENRECHT

E i c h m a n n, Eduard f: Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund de«
Codex Iuris Canonici. Neu bearb. und hrsg. v. Klaus Mörsdorf.
III: Prozeß- und Strafrecht. 9. Aufl. München - Paderborn - Wien:
Schöningh [i960]. 504 S. gr. 8° = Wisscnschaftl. Handbibliothek.
DM 22.-; Lw. DM 26.-.
Verglichen mit dem zuletzt hier (Jg. 1961, Nr. 9, Sp. 695/96)
angezeigten zweiten Band der neunten Auflage dieses ausgezeichneten
Lehrmittels des geltenden Römisch-Katholischen
Kirchenrechts, finden sich im dritten nur wenige Veränderungen,
überwiegend formaler Art. Es sind Hinweise auf neues Schrifttum
(S. 30 A. 1, 403 A. 1) oder jüngste Rechtsprechung (S. 417
A. 2), Nachbesserungen im Text (S. 171, bisweilen durch Satzumstellung
erreicht: S. 463) oder kleine Berichtigungen (sachlich:
S-427, sprachlich: S. 463 A. 2). Die einzige größere, eine halbe
Druckseite umfassende Neubearbeitung galt der Lehre vom
kirchlichen Ehrverlust (veranlaßt durch G. May, „Die Infamie
im Strafmittcl6ystem des Codex Iuris Canonici", München 1957).

Auch in diesem abschließenden Teil gibt das Werk zuverlässig
Auskunft über jede kanonistische Frage und bewährt sein
Ansehen aufs neue.

Im „Vorwort" weist Mörsdorf, nachdem er an die Entwicklung
des kirchlichen Prozeßrechts seit der Erneuerung
der päpstlichen Gerichte von 1908 und die Umgestaltung der
Diözesan- und Metropolitan-Gerichtsbarkeit erinnert hat, auf
neuere Rechtsquellen hin: die Eheprozeß - Ordnung für die
Diözesangerichte vom 15. 8. 1936 und die Prozeßordnung für
die Ostkirche vom 6. 1. 1950. In der Zunahme gesetzgeberischer
Akte sieht er ein Zeichen „verheißungsvollen Anlaufs zu
einem neuen Beginn der kirchlichen Rechtsprechung". Von dem
bevorstehenden Ökumenischen Konzil erwartet er besonders für
die Entwicklung des kirchlichen Strafrechts eine „Vereinfachung
" durch rechtstheologische Besinnung auf das „rechte
Verhältnis von innerem und äußerem Bereich" kirchlicher Judikatur
.

Die Darstellung hatte in diesem Band eine Fülle positiven
Stoffs von ungleichem geistlichem Gewicht zu bewältigen. Das
bedingte eine gewisse Trockenheit des Stils, viele Aufzählungen
und formale Einteilungen, deren betont „juristischer" Charakter
oft weniger durch die „Natur der Sache" als durch die theologisch
unverarbeitete Rezeption von Institutionen säkularer Herkunft
bestimmt erscheint. So mußte Verf. sich zumeist rechtshistorischer
und sozialer, sogar rechtstheologischer Argumentationen
enthalten; doch hat er gelegentlich rechtstheologisch bedeutsame
Positionen bezogen: so in der Auseinandersetzung
mit Joseph Klein über die kirchenrechtliche Funktion der
Taufe (S. 298) und in seiner Begründung der kanonistischen Unmöglichkeit
eines säkularrechtlich gestatteten „Kirchenaustritts".
Auch ist zu bedenken, daß die hier geübte formale Systematik
in gewissem Ausmaß unvermeidlich war und, wiederum durch
den „.Stoff" bedingt, „positivistischer" erscheint, als sie (im
Grunde) gedacht und gewollt ist.

Ein reformatorischer Kirchenrechtslehrer wird die
theologische Zulässigkeit und ekklesiologische Notwendigkeit
kirchlicher Gerichtsbarkeit heute gleichfalls bejahen; dabei macht
es keinen Unterschied, ob von „Disziplinar- und Verfahrensrecht
" statt von „Straf- und Prozeßrecht" gesprochen wird. Nur
insofern besteht eine rechtstheologische Differenz, als die kirchenamtliche
Rezeption des säkularen, spätrömisch-italienischen Strafrechts
, Zivil- und Straf-Prozeßrcchts der reformatorisch-theologischen
Forderung eigenständiger Ordnung aller Gebiete
des kirchlichen Rechts nicht entspricht.

Gewiß bleibt zu beachten, daß (auch hier) die Tradition der
Römisch-Katholischen Kirche sich entwickelt hat und weiter
entwicklungsfähig ist. Deshalb ließe sich fragen, ob außer der
zu erwartenden Vereinfachung seiner äußeren Gestalt nicht auch
eine Vertiefung des inneren Gehalts des Codex auf das geistlich
Wesentliche seiner Tradition hin erlauben würde, säkularrechtliche
Begriffe und (auch profanrechtlich veraltete) Definitionen,
beispielsweise der Schuldlehre, abzustoßen.

Oberrotwril a. K. Erik Wolf

Bertrams, Wilhelm: Die Exemtion der Ordensleute.
Stimmen der Zeit 168 (Jg. 86. 1960/61) S. 348—360.

Brunott e, Heinz: Grundsatzfragen zu einer evang.-luth. Kirchenverfassung
.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 137—156.
— Personalitätsprinzip und landeskirchliches Territorialprinzip.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 348—375.
Dombois, Hans: Ehezerstörende Seelsorge.

Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 13, 1962 S. 1—4.
D u m m 1 e r. Karl: Die Bildung von Kirchengemeinderäten in den

süddeutschen Landeskirchen.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 171—197.
Epha, Oskar: Die Bildung von Kirchenvorständen in den norddeutschen
Landeskirchen.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 8, 1961 S. 157—171.
Flatten, Heinrich: Die Schweigepflicht im kanonischen Prozeß.

Tübinger Theologische Quartalschrift 141, 1961 S. 319—354.
Grass. Nikolaus: Pfalzkapellen und Hofkirchen in Österreich. Ein

Beitrag zur Rechtsgeschidite der Capella regia (II).

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 78, 1961 S. 129

-195.

Grundmann, Siegfried: Personalitätsprinzip und landeskirchliches
Territorialprinzip.

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 7, 1961 S. 385—388.