Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1962 Nr. 7

Spalte:

551-553

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Hirschbrich, Ernst

Titel/Untertitel:

Die Entwicklung der Moraltheologie im deutschen Sprachgebiet seit der Jahrhundertwende 1962

Rezensent:

Søe, Niels H.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

551

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 7

552

ländische Möglichkeit ist grundsätzlich nicht bindend für asiatische
oder afrikanische Aufnahmen und Aneignungen der Botschaft
des Neuen Testamentes. Es ist eine wichtige missionstheologische
Problematik, die das Büchlein anrührt.

b) Innerhalb des abendländischen Weges der Theologie arbeitet
der Verfasser die zwischen Augustin und Thomas liegende,
tiefe Unterschiedlichkeit heraus. Sie läßt sich zumal daran zeigen,
daß Augustin die Heilswahrheit auf die Erkenntnisse menschlicher
Denkbemühung aufsetzt, Thomas aber von der Erfassung der
Übernatürlichkeit des Heilszieles aus auch die grundsätzliche
Übernatürlichkeit des Erkenntnisweges postuliert. Dabei geht es
dem Verfasser um den Erweis notwendiger wie möglicher Synthesen
zwischen beiden Erfassungen.

Die Arbeit von Söhngen trägt die Eigenart des Entwurfes an
sich. Sie liest sich gut und enthält manchen wichtigen Hinweis.
Man wünschte sich, diese Ansätze ausgeführt zu sehen.

Münster/W. Carl Heinz R a t sch o w

Andersen, Wilhelm: Selbstpreisgabe der Theologie als Theo-logie?
Deutsches Pfarrerblatt 62, 1962 S. 54—5 8.

Arnoldshainer Abendmahlsthesen. Bericht der Unterzeichner
über den Abschluß ihrer Arbeit.
Junge Kirche 23, 1962 S. 113—117.

Barth, Karl: Der Auftrag der Gemeinde.
Junge Kirche 23, 1962 S. 57—63.

Bergenthal, Ferdinand: Die Transzendenz und das Wesen des
Wortes.

Theologie und Glaube 52, 1962 S. 81—96.
B r a a t e n, Carl E.: The Crisis of Confessionali6m.

Dialog — A Journal of Theology I, 1962 S. 3 8—48.
Klein, Günter: Offenbarung als Geschichte? — Marginalien zu einem

theologischen Programm.

Monatschrift für Pastoraltheologie 51, 1962 S. 65—88.
K n u t s o n, Kent S.: Pluralism in Lutheran Ecclesiology.

Dialog — A Journal of Theology 1, 1962 S. 59—66.
Lais, Hermann: Das Wunder im Spannungsfeld der theologischen

und profanen Wissenschaft.

Münchener Theologisdie Zeitschrift 12, 1961 S. 294—300.
Letter, P. de: Members one of another.

Bijdragen 22, 1961 S. 272—283.
Marie, Rene: Foi et Parole. La theologie de Gerhard Ebeling.

Recherches de Science Religieuse L, 1962 S. 5—31.
Rahner, Karl: Dogmatische Erwägungen über das Wissen und

Selbstbewußtsein Christi.

Trierer Theologische Zeitschrift 71, 1962 S. 65—83.
Rodriguez, Felix: Pareceres en torno a la doctrina de Barth
sobre la justificaciön.

Estudios Eclesiasticos 37, 1962 S. 79—100.
Ruler, A. A. van: De verhouding van het kosmologische en het

eschatologische element in de Christologie.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 16, 1962 S. 196—217.
Söll, Georg: Dogmengeschichte als Problem und Postulat.

Salesianum XXIII, 1961 S. 690-713.
Steiger, Lothar: Sprachschule des christlichen Glaubens — Zur

Theologie Gerhard Ebelings.

Kirche in der Zeit 17, 1962 S. 105—113.

ETHIK

Hirschbrich, Ernst, Dr. theol. Dr. jur.: Die Entwicklung der
Moraltheologie im deutschen Sprachgebiet seit der Jahrhundertwende.

Klosterneuburg/Nö: Bernina - Verlag [1959]. 163 S. 8°. Kart.
öS. 78.—.

In sehr gedrängter Darstellung sucht Verf. die Entwicklung
in der katholischen Moraltheologie von Joseph Mausbach, der
seine Lehrtätigkeit 1892 begann, bis auf Bernhard Häring und
Karl Hörmann zu referieren und die Hauptprobleme und wesentlichen
Tendenzen klarzumachen. Am ausführlichsten werden
Fritz Tillmann, Gustav Ermecke und B. Häring und somit die
Moraltheologie in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen
und nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges behandelt.
Zwei abschließende Teile geben teils einen „Rückblick über die
gesamte Entwicklung", teils einen Versuch, „die künftige Entwicklung
der Moraltheologie" zu prognostizieren.

Wichtige Fragen sind das Verhältnis zwischen Moralphilosophie
und Moraltheologie und somit die „christozen-
trische" Orientierung der Moraltheologie und ihre mehr oder

weniger enge Verbindung mit der Dogmatik, der Mystik, der
Aszetik und der Sakramentslehre. Vor allem Tillmann setzt sich
für eine ganz und gar biblisch fundierte Moral ein, wo die
Nachfolge Christi das alles bestimmende Prinzip war. „Die
katholische Sittenlehre ist die wissenschaftliche Darstellung der
Nachfolge Christi im Einzel- wie im Gemeinschaftsleben."
Deshalb spricht auch Tillmann weniger von Tugenden und
mehr von Grundhaltungen der Nachfolge und betont den allgemein
verpflichtenden Charakter des Vollkommenheitsstrebens.
Die Aszetik müsse ihrem Gesamtinhalt nach wieder in die
wissenschaftliche Darstellung der katholischen Sittenlehre eingegliedert
werden.

Zwar haben andere, vor allem der Tübinger Moralprofessor
Otto Schilling, mehr oder weniger scharf gegen Tillmanns
Reformvorschläge protestiert und darauf hingewiesen, daß auf
weiten Gebieten die Nachfolge Christi als Materialprinzip der
Moraltheologie nicht ausreiche, man müsse auf natürliche
Erkenntnisquellen, d. h. auf die philosophische Ethik, zurückgreifen
. Eigentlich wird wohl diese „Notwendigkeit" von keinem
katholischen Theologen geleugnet. Und doch meint Verf.
konstatieren zu können, daß man immer mehr auf eine christo-
Iogische Gestaltung der Sittenlehre hindrängt, in dem man eben
damit der natürlichen Sittenerkenntnis den ihrer Bedeutung
entsprechenden Platz zuweise. Hier kann man z. B. an Härings
hochgeschätzte Ethik „Das Gesetz Christi" denken.

Die „christozentrische" und somit mehr „personale" Ausrichtung
der Moraltheologie ist selbstverständlich wertvoll, vor
allem weil sie mit dem immer stärker werdenden Interesse für
Bibclstudien zusammenhängt. Und doch spürt der protestantische
Leser auch so eine ihm fremde Luft. Es geht um die
„übernatürliche" Gnade, die gratia infusa, die imitatio Christi
im katholischen Sinn, eine „Christusbildlichkeit", die, gemäß
Ermecke, ihre höchste Stufe in dem Leben des Amtspriesters
erreicht und die Grundlage bildet „für die Verpflichtung, ein
möglichst vollkommener ,alter Christus' zu werden". Man
klagt die traditionelle Moraltheologie an, weil hier „die Krönung
des Ganzen" fehlte, „da ja die Aszese abgespalten war"
(J. Zeiger). Und man versteht, daß man in der Regel es ablehnt
, die spezielle Moral nach dem Dekalog einzuteilen, weil
der Dekalog nur die Pflichten gegen Gott und den Nächsten
enthält, nicht aber die Pflichten gegen die eigene Person. Mit
sehr gemäßigter Freude erfährt man, daß „eine christozentrische
Moralgestaltung" aber zu einer Darstellung der Sittenlehre als
Tugendlehre führt, so daß der gelegentlich stark auftretende
Charakter der Sittenlehre als abstrakter Normenlehre zurückgedrängt
wird. Ermecke definiert die Sittenlehre als „die Lehre
von den allgemeinen sittlichen Pflichten der Nachfolge Christi
zur Gleichgestaltung mit Christus und zur Verherrlichung Gottes
in der Auferbauung seines Reiches in Kirche und Welt".

Ein besonderes Problem bietet die „Gemeinschaftsmoral".
Schon Mausbach und dann vor allem Schilling hatten sich energisch
diesen Problemen zugewandt, aber mit dem Ergebnis, daß
jedenfalls Schilling gerade deshalb der christozentrischen Bewegung
in der Sittenlehre seiner Zeit ablehnend gegenüberstand.
Seine Werke hatten deshalb, gemäß Hirschbrich, „mehr den
Charakter einer Sozialethik denn einer Sozialmoral". Man
müsse, so stellt er fest, „den Bau von unten und nicht von
oben her beginnen; die Idee des Geheimnisvollen Leibes Christi
muß das Ganze abschließen und krönen, die natürliche Grundlage
darf nicht vernachlässigt werden". Hirschbrich aber stellt
fe6t, an J. Zeiger anschließend, daß es wichtig ist, „daß die
Moraltheologie, besonders auch auf dem Gebiet der Sozialmoral,
christozentrisch fundiert werde, um so mehr, als gerade auf diesem
Gebiet die Darlegungen der Enzyklika Mystici Corporis
Christi zeigen, wie die christliche Sozialmoral von der dogmatischen
Wahrheit vom Mystischen Leib .Christi her ihr Fundament
und ihre letzte und tiefste Sinngebung erhält". Wenn
man bedenkt, wie strittig gerade diese Fragen in der heutigen
protestantischen Ethik sind, verdient das katholische Ringen
mit diesem Problemkomplex ganz besondere Beachtung.

Und dann schließlich die Frage der Kasuistik. Bekanntlich
hat schon Mausbach die traditionelle kasuistische Behandlungs-
weise recht scharf kritisiert und sie „einer äußerlich abstrakt