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1962 Nr. 7

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Ökumenik, Konfessionskunde

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 7

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also diese Lehrurteile nicht, jedoch eine sehr hohe; denn der
„Apostolische Stuhl wird in der Ausübung des ordentlichen
Lehramtes . . . vom Heiligen Geist geleitet, so daß die Entscheidungen
, welche diesem Lehramt erfließen, die moralisch
sichere Bürgschaft der Wahrheit besitzen" (5 7). Man beachte
die feine Unterscheidung zwischen „unbedingt" und dem geringeren
„moralisch sicher"! Die Wahrheitsbürgschaft der Kundgebungen
des ordentlichen Lehramtes hat Grade, je nachdem,
ob der Papst persönlich oder nur eine römische Kongregation
sich äußert, ob ein Lehrdekret sich unmittelbar mit Fragen des
Glaubens und der Sitte (doctrina de fide et moribus) oder nur
mit damit zusammenhängenden Gegenständen (z. B. aus der
Naturwissenschaft) befaßt, ob das Leben der Gläubigen unmittelbar
und allgemein betroffen wird oder nicht, sei es wegen
des Inhalts, sei es wegen der Adressaten der Kundgebung
(die ganze Kirche kann nicht irren), schließlich je nach dem
Nachdruck, mit dem der Papst seine Entscheidung vorlegt. So
viel über Lehrentscheidungen eines einzelnen Papstes in Ausübung
des ordentlichen Lehramtes. Wenn aber nun viele Lehrentscheide
, und zwar von mehreren Päpsten, stets die gleiche
Lehre im Gebiet des Glaubens und der Sitten wiederholen?
Dann entsteht eine Überlieferung des Apostolischen Stuhles,
und diese kann wegen des Postulats der Irrrumslosigkeit der
Kirche nicht trügen. Der Unfehlbarkeit des außerordentlichen
Lehramtes entspricht somit eine Unfehlbarkeit des ordentlichen
Lehramtes bei Überlieferungen des Apostolischen Stuhles. Diese
bereiten die Definition neuer Dogmen vor, so daß die Ausübung
des außerordentlichen Lehramtes durch den Papst praktisch
„nur die Krönung seines ordentlichen Lehramtes" ist
(195).

Welcher Art ist nun die vom Katholiken geforderte Zustimmung
zu den nicht unbedingt irrtumslosen Lehrentscheiden
des ordentlichen päpstlidien Lehramtes? So viel ist klar: erforderlich
ist nicht eine Glaubenszustimmung (fides), sondern nur
ein assensus religiosus, eine Zustimmung aus Ehrfurcht vor dem
Lehramt des Papstes (und der Bischöfe), ein Akt des Gehorsams
. Der Katholik ist im Gewissen unter schwerer Sünde verpflichtet
, diese Zustimmung zu leisten, und zwar eine innere
Zustimmung, nicht nur ein sogenanntes Silentium obsequiosum,
wobei eine Lehre zwar nicht öffentlich angegriffen, aber innerlich
nicht bejaht wird. Aber wie bestimmt sich angesichts der
Tatsache, daß es um nicht-unfehlbare Entscheidungen geht, das
Ausmaß der Zustimmung? Zwei Fälle sind denkbar, in denen
die Zustimmung zurückgehalten werden kann: l) wenn „ein
Lehrentscheid bloß in der Form einer Empfehlung vom Apostolischen
Stuhl erfließt" (171), 2) wenn (in seltenen Ausnahmefällen
) feststeht, daß ein irrtümlidier Entscheid ausgegeben
wurde (172), z. B. bei der Verurteilung des Galilei und bei
einigen neueren Dekreten der Bibelkommission. Dem Gelehrten
ist dann die Freiheit belassen, „wohlüberlegte und gewichtige
Gegengründe mit der nötigen Mäßigung vorzubringen ...,
freilich mit der Bereitschaft, sich dem Urteil des obersten kirchlichen
Lehramtes zu beugen". Aus Rüchsicht auf die heilige Gewalt
des Apostolischen Stuhles ist eine öffentliche Stellungnahme
nicht erlaubt (175). Im Konfliktsfall ist dem Theologen
kluges Zuwarten und geduldiges Schweigen anzuraten.

G. behandelt ein typisch römisch-katholisches Problem, das
in den andern Konfessionen in dieser Form nicht entstehen
kann. Erschreckend ist dabei für den evangelischen Leser, wie
vollständig 6ich die römische Kirche gegen eine Kritik vom
Worte Gottes her abgeschirmt hat. Die Argumentation G.s bewegt
sich unausgesetzt im Zirkel: Die (römisch-katholische)
Kirche als Ganzes kann nicht irren. Wenn darum alle Gläubigen
eine Lehre glauben, so ist dies ein Beweis dafür, daß diese
Lehre von Gott offenbart ist. Der Papst kann sie, gestützt auf
den Glaubenssinn der Kirche, als Dogma verkünden. Die innere
Zustimmung aller Gläubigen zu einer Lehre ist aber das notwendige
Ergebnis des Gehorsams, den sie dem Apostolischen
Stuhl schulden. M. a. W. Was der Papst verkündet, müssen die
Gläubigen glauben; und weil die Gläubigen glauben, definiert
der Papst Dogmen. G. selber empfindet diesen Zirkel (187),
tut den daraus sich ergebenden Einwand aber zu schnell ab.

Halle/Saale Erdmann Schot)

Fragen an das Konzil. Anregungen und Hoffnungen. Frei-
burg/Br.: Herder [1961]. 173 S. kl. 8° — Herder-Bücherei, Bd. 95.

Dieser Band enthält eine Aufsatzreihe, die zuerst 1960 in
der Zeitschrift „Wort und Wahrheit" anonym erschien. Verantwortlich
dafür zeichnet der Herausgeberkreis der Zeitschrift,
Otto Maurer, Otto Schulmeister, Karlheinz Sdimidthüs (zugleich
Hauptschriftleiter der „Herder-Korrespondenz") und Anton
Böhm; dazu als Redaktionsmitglied Nikolaus Greitemann. —
Msgr. Willebrands, der Sekretär des Konzilssekretariates zur
Förderung der Einheit der Christen, und P. Karl Rahner SJ haben
das Ms. überprüft.

Die Herausgeber bieten hier den „Versuch einer ersten
Bestandsaufnahme dessen, was im Zusammenhang mit der Einberufung
des zweiten Vatikanischen Konzils in der öffentlichen
Meinung der Kirche diskutiert wird" (110 f.). Das wird nach
einem allgemeinen Kapitel über Wesen und Aufgabe des Konzils
in drei großen Abschnitten abgehandelt: „Entwicklung des katholischen
Glaubens", „Erneuerung des christlichen Lebens" und
„Anpassung der kirchlichen Disziplin an die Bedingungen unserer
Zeit". Dabei finden sich neben Anregungen, die unmittelbar als
Gegenstand der Konzilsberatungen denkbar wären (Lehre von der
Kirche, Bischofsamt und päpstlicher Primat, Indexreform, Dia-
konat, Exkommunikation und Interdikt, Liturgiereform u. a.),
auch eine Fülle von beachtenswerten Betrachtungen darüber, in
welcher Weise die Kirche heute ihren Dienst ausrichten könnte,
wo sie in ihrer „öffentlich-institutionellen" Wirksamkeit stark
eingeengt ist und sich mehr „auf ihre personale Praesenz mittels
Seelsorge und Laienapostolat" verlassen muß (74).

Angehängt ist ein Verzeichnis der vorbereitenden Konzilskommissionen
und ihrer Mitglieder, in dem sowohl über die
Arbeit und Aufgaben der einzelnen Kommissionen wie auch über
die einzelnen Mitglieder wertvolle Aufschlüsse gegeben werden.

Das Buch ist in Form und Inhalt durch die Konzilssituation
bestimmt, die den katholischen Autoren die Möglichkeit gibt,
in Form von Vorschlägen und Fragen alles da6 öffentlich zu
sagen, was ihnen an der gegenwärtigen Gestalt der römischen
Kirche verbesserungsbedürftig erscheint. Vieles davon ist freilich
wohl nur in Deutschland und in der Nachbarschaft der deutschen
evangelischen Theologie möglich und auch nicht auf eine unmittelbare
Konzilswirkung berechnet, weil es im römischen Raum
kaum Widerhall finden dürfte. Man sollte aber diese ausgezeichnete
Analyse im Gedächtnis behalten, wenn man später einmal
Erwartung und Erfolg des Konzils gegeneinander abzuwägen hat.

Bonsheim / Bergstraße Kurt N i t z s c h k c

Bea, August Cardinal: Travail scientifique et enseignement universitäre
au Service de l'Unite des chretiens.
Nouvelle Revue Theologique 94, 1962 S. 113/127.

Brandenburg, Albert: Begegnung der Christen.
Theologische Revue 57, 1961 Sp. 241—246.

Dantine, Wilhelm: Konfessionskunde — eine Unterabteilung systematischer
Theologie?

Theologische Zeitschrift 18, 1962 S. 36—53.

Etudes Catholiques: Elements d'un dossier sur le probleme
de la Guerre.

Etudes Theologiques et Religieuses 36, 1961 S. 255—273.

Fogliasso, Emilio: L'Enciclica „Mater et Magistra" nella mente e

nel cuore di Giovanni XXIII.

Salesianum XXIII, 1961 S. 571—689.
Fries, Heinrich: Neues von J. H. Newman.

Münchener Theologische Zeitschrift 12, 1961 S. 303—305.
Koch, H. A.: Suspension der Kirdiengemeinsdiaft zwischen der

Missouri-Synode und der Wisconsin-Synode.

Igreja Luterana XXII, 1961 S. 223—228.

Mau ritz, Reinhold: Die Struktur der Evangelisch-Lutherischen
Kolonistengemeinden in Paranä (Brasilien) und ihre Wirkung auf
die Verkündigung.

Deutsches Pfarrerblatt 61, 1961 S. 613—615.
M e i n h o 1 d, Peter: Die panorthodoxe Konferenz auf Rhodos.
Lutherische Monatshefte 1, 1962 S. 63—66.

Metzger, Wolfgang: Botschaft und Praxis der modernen Heilungsbewegungen
im Lichte der Bibel.
Igreja Luterana XXII, 1961 S. 202—209.