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1962 Nr. 7

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 7

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einschlägigen Stellen wird die Stellung Jesu zur Heidenmission behandelt
. Jesus wollte, wie die Schweigegebote beweisen, keine Massenbewegung
. Er mußte sich erst eine Gemeinde sammeln, damit das Heil
von dem Volk zu den Völkern gehen konnte. Er verlangte von niemand
, daß er Proselyt wird (75 ff.). Bei den Missionsankündigungen des
Alten wie des Neuen Testaments wird Gott immer als das Subjekt der
Mission herausgestellt (90 ff.). Jesu Tod und Auferstehen, die Ausgießung
des Heiligen Geistes sind die Voraussetzungen zur Heidenmission.
Durch den eschatologischen Einbruch in die Zeit konnte auch das escha-
tologische Geschehen der Heidenmission beginnen. Die Heiden werden
durch die Taufe zu Jüngern gemacht (9 5 ff.). IV) behandelt noch die
Anfänge der Heidenmission, wobei vor allem auf die Tätigkeit der
hellenistisch - christlichen Kreise, die die Proselyten und Halbproselyten
an sich zogen, der Nachdruck gelegt wird (103 ff.). Der Verzicht auf
die Beschneidung war nicht eine neue theologische Erkenntnis, sondern
eine Folge der missionarischen Dynamik. Die Konflikte um Paulus lagen
darin, daß dieser auf Grund seiner von Hillel beeinflußten Stellung zu
den Heiden gegen eine Judaisierung der Heiden-Christen kämpfte, daher
die Reinigungs- und Speisegebote, sowie die Beschneidung ablehnte,
sie aber den Judenchristen zuerkannte. Nicht die Gesetzeserfüllung,
sondern der Glaube wird zum Kennzeichen des Gottesvolkes. Da aber
die Christenheit nur eine sein kann, mußte auf Grund der Essensgemeinschaft
die Judenchristenheit allmählich in die Heidenchristenheit aufgehen
(111 ff.). Das Aposteldekret brachte eine Kompromißlösung, die
die Einheit garantieren sollte (120 ff.). Das alles hatte große Rückwirkungen
auf die jüdische Theologie, die auf Grund der christlichen Mission
ihre Stellung zum Messias und zu den Proselyten neu formulieren
mußte (132 ff.).

Das Buch gibt uns wertvollen Aufschluß über die Proselyten-
tätigkeit des Judentums, über ihre theologische Begründung und
über die Stellung der Heiden zum Diasporajudentum. Wir lernen
ein Stück neutestamentlicher Zeitgeschichte kennen. An manchen
Stellen wäre es allerdings wünschenswert gewesen, daß die
Linien weiter ausgezogen worden wären. Die zurückhaltende
Stellung Jesu zur Heidenmission ist doch darin begründet, daß
eine solche vor der Begründung des Heils für alle Menschen
durch Kreuz und Auferstehung sinnlos gewesen wäre. In Jesus
waren Sendung und Heil eine Einheit, darum mußte sich die
Sendung im Heil verwirklichen. Von daher wäre auch zu erarbeiten
gewesen, wie nun die Gemeinde die Heilsträgerin wird. Auf
Grund von Mt. 28, 19 f. hätte deutlicher gesagt werden müssen,
was mit dem Missionsziel auf Grund der Entstehung des neuen
Gottesvolkes gemeint ist. Hier hätte die von Holland und
Schweden ausgehende Kritik berücksichtigt werden müssen, die
seit Jahrzehnten das von der deutschen Missionstheologie vertretene
Missionsziel der Gewinnung der Völker in Frage stellt.
Der Absatz: „Die Völker sollen Jünger werden, ohne im Judentum
aufzugehen. Die antike Struktur, nach der die Menschheit
in Völker gegliedert ist, bedeutet kein Hindernis für die Gewinnung
der Heiden. Der einzelne Mensch wird aus dem Volksverband
, in dem er lebt, nicht herausgerissen usw." (96) ist in
seinen Aussagen richtig und doch ist hier nicht angegeben, was
das Neue Testament unter „Völker" versteht und daß das
Missionsziel die Ekklesia die Schar der Herausgerufenen ist. Bei
der Beschreibung der Mission der Urchristenheit und der Konflikte
um Paulus wäre es für das Verständnis der Auseinandersetzungen
wichtig gewesen, die christliche Mission als Konkurrenz
der Proselytentätigkeit zu sehen (so mußte sie von den
Juden auf jeden Fall verstanden werden) und diese nicht erst
am Schluß des Buches (132) anzudeuten. Andererseits ist es wohltuend
, daß die Konflikte nicht von der Rechtfertigungslehre,
sondern von den praktischen Schwierigkeiten her erklärt werden
, die einfach daher kamen, daß Paulus Jesus eine ganz andere
Stellung gab ak die rabbinische Theologie dem Messias und daß
er das von „Gott geoffenbarte Gesetz" außer Kraft setzte und
damit an die Grundlagen des Judentums rührte.

Von der Darstellung des Buches her ergeben sich eine Fülle
von Parallelen zur heutigen Missionssituation, z. B. dasselbe
Verhalten bei Islam und Judentum, die Parallele von Beschneidung
und Taufe in ihrem Entscheidungscharakter, die Feindschaft
gegen die Kirche, weil sie vom Volke trenne, die Stellung der
Proselyten damals und die der Christen heute in ihren Familien
und Völkern. Von hier aus gesehen, stellt uns das Buch hinein
in eine große Kontinuität.

Neuendettehau Georg F. V i ce d o m

Morrison, Clinton: The Powers That Be. Earthly Rulers and
Demonic Powers in Romans 13, 1—7. London: SCM Press [i960].
144 S. 8" = Studies in Biblical Theology, No. 29. Kart. 9 s. 6 d.

Der Verf. greift noch einmal die vielerörterte Frage auf,
ob hinter den „Gewalten" in R 13 für Paulus und seine ersten
Leser Geistermächte ständen, und macht zunächst eine weitere
englischs,prechende Welt mit der These und ihrer Bestreitung
bekannt. Die Untersuchung selbst geht insofern einen neuen
Weg, als sie das Problem nicht primär lexikographisch oder vom
Kontext her anfaßt, sondern interessant und hilfreich in die
Kosmologie der griechisch-römischen Zeit einordnet. Bs gelingt
ihr auf diese Weise, überzeugend darzutun, daß Paulus von der
politischen Gewalt als Gottes Dienerin sprechen, an das Gewissen
seiner Leser appellieren und dabei des Einverständnisses der
römischen Gemeinde sicher sein konnte. Zu erörtern bleibt
höchstens, ob die jüdische Komponente der von Paulus benutzten
Tradition nicht zu sehr nivelliert wird. Abgelehnt wird die
These, daß die Geistermächte objektiv und direkt durch Christus
in den Dienst genommen worden seien. Wenn das richtig
ist und m. E. auch zutrifft, daß Paulus christliche Freiheit nicht
so begründet, so scheint mir der Verf. doch zu übersehen, daß
in den urchristlichen Hymnen eine Entmächtigung der Mächte
tatsächlich enthusiastisch in objektiver Weise, — nämlich die
Unterwerfung der Geistermächte, — und nicht bloß durch die den
Christen gegebene Freiheit behauptet wird. Die Spannung in der
Eschatologie hellenistischer Gemeindefrömmigkeit und der des
Paulus wird dadurch beseitigt. Die Sorgfalt des Referates und
der Bibliographie, innerhalb deren der Anhang B mit der
Literaturangabe zur Frage der Juden in Rom besonders erwähnt
sei, ist ebenso erfreulich wie die methodische Klarheit und die
vorsichtige, aber entschiedene Formulierung der Ergebnisse.

Tübingen Ernst Kiisemann

A 1 d a m a, J. A. de: IIoXvxlovoioc dans le Protevangile de Jacques

et l'Adversus haereses d'Irenee.

Recherches de Science Religieuse L, 1962 S. 86—89.
C Oppens, J.: Les affinites qumräniennes de 1'cpJtre aux Hebreux. I.

Nouvelle Revue Theologique 94, 1962 S. 128—141.
Gabris, Karl: ,,.. . Allein durch den Glauben". Zum Verständnis

der Werke bei Paulus.

Die evangelische Diaspora 32, 1962 S. 207—212.
Lamarche, Paul: Le „blaspheme" de Jesus devant le sanhedrin.

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Biblica 42, 1961 S. 391—422.
Watson, Philip S.: The Nature and Function of Biblical Theology.

The Expository Times 73, 1962 S. 195—200.

KIRCHENGESCHICHTE: 'ALLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGE SCHICHTE

Kaemmerer, Walter: Deutsche Reidistagsakten unter Kaiser Friedrich
III. III. Abt., 2. Hälfte, 2: 1445. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1961. S. 624—806. 4° = Deutsche Reichstagsakten, 17. Bd.
11,2. DM 30.-.

Nach den bereits früher (vgl. ThLZ 1958, Sp. 511-514)
angezeigten Teilbänden I und II, 1 ist jetzt auch II, 2 erschienen
, so daß Band 17 der Deutschen Reichstagsakten Älteren
Reihe bis auf das hoffentlich bald folgende Register abgeschlossen
vorliegt. Der neue Band ist vornehmlich den „drei Hauptsorgen
" gewidmet, die der Nürnberger Reichstag von 1444 unerledigt
hinterlassen hatte. Es sind das die Armagnaken-Gefahr,
die Fehde der Habsburger mit den Schweizer Eidgenossen und
die noch immer ungelöste Kirchenfrage. Mit diesen 3 Aufgaben
beschäftigten sich die Reichsstände 1444*45 auf einer Reihe von