Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1962 Nr. 7

Spalte:

504-505

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Michaud, Henri

Titel/Untertitel:

Jésus selon le Coran 1962

Rezensent:

Rudolph, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

503

Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 7

504

diese Gestaltung weitgehend natürlicher Einsicht entspringen
muß, bleiben diesbezügliche Entscheidungen verschiedenen Beurteilungen
unterworfen. Gleichwohl weiß Sommerlath von bestimmten
, christlich ebenfalls unabdingbaren Forderungen: Recht
auf Arbeit, ihr Verständnis als Dienst, die Erhaltung der
Menschenwürde in ihr. — Schließlich wird der Bericht mit dem
Grundthema der Konferenz „Christus, die Hoffnung der Welt"
konfrontiert und als zu leicht befunden; was hier eigentlich zu
sagen wäre, entfaltet der Aufsatz in seinem eindrucksvollen
Schlußabschnitt.

Einen echten Gedenkaufsatz im besten Sinne bilden die abschließenden
Darlegungen von Friedrich H ü b n e r über „Das
Konzil als Leitbild für ökumenische Konferenzen" (S. 387—399).
Er knüpft nämlich an entsprechende Ausführungen Elerts zu und
in Lausanne an und weist nach, daß dessen Hinweise sich seither
im theologischen Sinne und in der tatsächlichen Entwicklung als
berechtigt erwiesen haben. Der Aufsatz soll den Wunsch des
Verfs. begründen, daß Arbeit und Gestaltung der Vollversammlung
des Ökumenischen Rates sich immer mehr am Konzilsgedanken
orientieren möchten (S. 396). Freilich wird man sich
dabei vor einer Idealisierung vergangener Konzilien hüten müssen
, die sich in dem vorliegenden Aufsatz vor allem darin auswirkt
, daß die Frage nach den Rechtsmitteln zur Durchsetzung
der Konzilsbeschlüsse keine Rolle spielt; deren Fehlen dürfte
aber einen wichtigen und guten Unterschied gegenüber der
frühen und mittelalterlichen Kirche bilden.

Es wird deutlich sein, als wie vielfältig und weitreichend
Elerts Wirkung sich in diesem Bande erweist, sowohl was den
Themen- wie den Personenkreis angeht.

Letzterer bietet nun freilich ein Problem, das der Rezensent nicht
verschweigen kann: Es ist bewundernswert, daß die nichtdeutschen
Autoren offenbar sämtlich ihre Beiträge selbst deutsch geschrieben
haben; aber e6 wäre in künftigen Fällen doch gut, wenn sich die
jeweiligen Herausgeber die Freiheit nähmen, bestimmte Mängel zu beseitigen
, die dadurch auftreten. Daß z. B. für den Deutschen ein Per-
spektiv und eine Perspektive zweierlei ist, übersieht der Ausländer
leicht (S. 306 Schlußsatz); und es hätte auch vermieden werden müssen
, daß in eben diesem an sich so schönen Aufsatz von Vajta der
Satz über den Tod, S. 297 Mitte „Er ist auf die Welt gekommen . .."
unverändert stehen blieb, obgleich er völlig unverständlich ist. Auch
Regin Prenter kann man es nicht übelnehmen, wenn er übersehen hat,
daß im Deutschen „nicht im mindesten" das genaue Gegenteil von
„nicht zum wenigsten" bedeutet; und dieses ist S. 308, Zeile 12
zweifellos gemeint. Avis aux redacteurs!

Greifswald F'rnst Kahler

Barth, Karl: Der Graf und die Brüder.
Deutsches Pfarrerblatt 62, 1962 S. 97—102.

K n o c h, Karl, Howe, Günter, und Hans Carl von Haebler:
Wo ist die Grenze? Eine Frage an die Wissenschaften, an die Theologie
und an den Leser.
Quatember 26, 1961/62 S. 57—72.

Vinay, Valdo: Giovanni Miegge e la sua generazione.
Protestantesimo XVII, 1962 S. 1—3 3.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Stieglecker, Hermann, Prof. Dr.: Die Glaubenslehren des Islam.

3. Lfg.: Die Geoffenbarte Dogmatik. München - Paderborn - Wien:
Ferdinand Schöningh 1961. S. 321—560. gr. 8°. Kart. DM 20.—.

Die dritte Lieferung von Stiegledcers Glaubenslehren des
Islam enthält fast den ganzen Rest der Lehre von der Prophetie.
Auf den ersten 18 Seiten wird über die islamische Lehre von
der nur scheinbaren Kreuzigung Christi sowie über die Stellung
Marias im Islam referiert. Auf S. 334 ist die Übersetzung von
Sure 3, 55 (Flügeische Zählung 48) yä 'Isä innl mutawaffika
„Jesus, ich lasse dich nun sterben" ungenau. Nach islamischer
Auffassung ist Jesus, anstatt gekreuzigt zu werden, lebendig
zu Gott in den Himmel erhoben worden.

Weitaus der größte Teil der Lieferung (annähernd 14
Druckbogen) ist der Lehre vom Propheten Mohammed gewidmet
. An einzelnen Abschnitten sind zu nennen: Mohammed als
Glied seines Volkes. Mohammed als Prophet. Die Beweise für

die Sendung Mohammeds: 1. Die Wunder, insbesondere das
Wunder des Korans; 2. Seine Persönlichkeit (mit Unterabschnitten
über Mohammeds Gattinnen, über seine Lebensgewohnheiten
und Charaktereigenschaften, über die risma); 3. Mohammeds
Erfolge; 4. Die Mohammed-Prophetien.

Die Berichterstattung ist gegenüber den beiden ersten
Lieferungen noch ausführlicher geworden. In manchen Abschnitten
wirkt sie geradezu langatmig. Der Verfasser beschränkt
sich nicht immer darauf, über die Lehrmeinungen und
die einschlägigen Diskussionen muslimischer Theologen zu referieren
. Öfters greift er selber in einer etwas schulmeisterlichen
oder pastoralen Weise in die Diskussion ein.

Einige wenige Beispiele: „Nach der Überlieferung äußerte sich der
Prophet selber öfter in dem Sinn, daß ihn die Offenbarungen altern
machen. Diesem Worte Muhammeds werden alle, Muhammedaner und
Nichtmuhammedaner. im vornhinein beipflichten..." (S. 45 5). „Sogar
der Nichtmuhammedaner vermag sich dem Zauber dieses kurzen
schlichten Berichtes nicht zu entziehen" (S. 463). „Und wenn wir zu
fragen versucht sind: Wieviele erfüllen z.B. die Pflicht des fünfmaligen
Gebetes, dann erinnern wir uns an unser Fieberthermometer mit der
erschreckenden Untertemperatur: an die Zählung der sonntäglichen
Gottesdienstbesucher, der jährlichen Osterkommunikanten: Gesunde
Menschen greifen nie zum Fieberthermometer!" (S. 503). Derartige
Bemerkungen sind sidier gut gemeint. Sie unterstreichen die an sich
löbliche Absicht, den Islam gegen Vorurteile und Vorwürfe jeder Art
in Schutz zu nehmen. Trotzdem wären 6ie besser unterblieben.

Tübingen RudiParet

Schopen, Edmund: Geschichte des Judentums im Orient. Bern-
München: Francke [i960]. 114 S. kl. 8° = Dalp-Taschenbücher,
Bd. 3 52. Kart. sfr./DM 2.80.

Der Titel ist mißverständlich. Es handelt sich um eine
Religionsgeschichte des AT, die aber weder vom jüdischen noch
vom christlichen Standpunkt aus geschrieben ist, sondern das
Judentum als starke nationale Individualität aus seinem eigenen
Werden und aus der Begegnung mit fünf großen Kulturen
(Babylon, Ägypten, Persien, Hellas, Rom) zu begreifen sucht.
Die spannend verfaßte Darstellung, die auf Belege, Exkurse,
Literaturverzeichnis und Diskussion von Forschungsfragen verzichtet
, verwendet häufig Max Webersche Kategorien, ist aber
6onst recht selbständig. In manchem fühlt man sich an die Darstellung
von Elias Auerbach (Wüste und gelobtes Land, Berlin
1936) erinnert, auch in der apodiktischen Form, mit der Problematisches
als sicher ausgegeben wird. Die Historizität der
Stammväter wird verneint, Moses wird ausgeklammert, die
Theophanie vom Sinai ein „Traditionselement" genannt und
überhaupt alles mit Entschiedenheit immanent-entwicklungsgeschichtlich
erklärt. Der Einfluß der Zarathustrareligion in der
Spätzeit wird maßlos übertrieben, das Christentum aus dem
Essenismus abgeleitet — Johannes der Täufer und Jesus waren
Ordensmitglieder! — und das nachbiblische Judentum aus der
spitzfindigen Kasuistik der pharisäischen Partei erklärt, die nach
70 resp. 135 p. Chr. allein übriggeblieben war. Von den Fragen
nach Richtigkeit im einzelnen abgesehen bleibt das Unbehagen,
daß man mit Kategorien des Profanhistorikers ein Sakralgeschehen
, das mit der Faktizität der Offenbarung als eines Eingriffes
Gottes in die Geschichte steht und fällt, nicht angemessen
beschreiben kann.

Erlangen Hans-Joadiim Sc h oepi

M i c h a u d, Henri, Prof.: Jesus Selon le Coran. Neuchätel: Delachaux
& Niestie [i960]. 100 S. gr. 8° = Cahiers Theologiques 46. sfr. 5.50.

Der Verfasser legt die bekannten einschlägigen Koranstellen
in möglichst wörtlicher Übersetzung vor und erörtert
ihren nicht immer eindeutigen Sinn unter Beiziehung reicher
Spezialliteratur. Er faßt seine kleine Schrift als Beitrag zu einem
Verständigungsgespräch zwischen Christentum und Islam auf
(S. 13), aber das hindert ihn nicht, die Doppelseitigkeit des Urteils
Muhammeds über Jesus klar herauszustellen: einerseits die
Hochschätzung Jesu, die an hohen Prädikaten für ihn nicht spart
und ihm z.B. (S. 18 ff.) die unbefleckte Empfängnis zuerkennt,
andererseits sein immer wiederholtes Bestreben, Jesu« auf der