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1962 Nr. 6

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 6

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erscheint dem Verfasser die Übernahme der alten Advents-Antiphon
„Rorate coeli" in die Lutherische Agende. Der Text dieser Antiphon
lehnt sich an Jes. 45, 8 an, ohne die Stelle wörtlich zu übernehmen.
Das entspricht dem Brauch der älteren Schicht der Introitus-Antiphonen
, die ursprünglich Gemeindegesänge waren und — ähnlich unseren
Kirchenliedern — die Bibelstellen nicht wörtlich, sondern in interpretierender
Paraphrase bringen. So ist an dieser Stelle der Ausdruck
„bringe hervor den Heiland" gewählt, während die Jesaja- Stelle von
der Gerechtigkeit redet. Diese Interpretation hat auch das reformatorische
Kantionale von Lucas Lossius übernommen, zu dem Melan-
chthon eine Vorrede geschrieben hat und das den evangelischen
Kirchengesang im 16. und 17. Jahrhundert maßgeblich beeinflußt hat. j
Dem schließt sich auch die neue Lutherische Agende an. Höchstädter, j
der diese Zusammenhänge anscheinend nicht kennt, vermutet auch hier
wieder eine Anleihe bei Anselm Schott. — Es läßt sich gewiß darüber
reden, ob man an dieser Stelle etwa auf die wörtliche Fassung der
Jesaja-Stelle zurückgreifen sollte, wie das Beckmann vorgeschlagen hat
(Untersuchungen zur Kirchenagende 1,1 S. 216). Aber: ist die christo-
logische Interpretation dieser Stelle im Rahmen einer Advents-Antiphon
nicht gerade vom reformatorischen Blickpunkt aus legitim? Man |
vergleiche das Kirchenlied EKG 5: ,,0 Gott, ein Tau vom Himmel
gieß, / im Tau herab, o Heiland fließ!"

Das nur als Beispiel. Es geht aber im Grunde nicht um j
6olehe Einzelheiten, sondern um einige wesentliche Fragen: Ist
es Aufgabe der evangelischen Kirche, liturgisch in Anlehnung an
die abendländische Tradition zu handeln — oder sich möglichst
von ihr abzusetzen, weil diese Tradition auch in Rom weiterwirkt
? Ist es möglich, mit Absicht und Willen etwas anderes, {
Neues zu schaffen? Ist es richtig, das Gebiet des Liturgischen
der gesamtkirchlichen Regelung zu entziehen und es den Ge- j
meinden (d. h. faktisch den einzelnen Pastoren) zu überlassen? !
Genügt es dem Pfarrer nicht, seine persönliche Art in der Pre- j
digt zur Geltung zu bringen, so daß er auch noch die Liturgie
individuell gestalten muß? Über all das ist schon oft geredet
worden, und es wird auch in Zukunft immer wieder zu überlegen
sein. Aber das muß in anderer Art geschehen, als Höchstädter
das tut. Er dürfte allerdings insofern Erfolg haben, als
liturgieverdrossene Pastoren durch seine Argumente sich in
ihrer Verdrossenheit bestätigt fühlen werden.

Weimar Wolfgang S ch a n z e

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I W i e s n e i, Kurt: Kleine biblische Geschichte der Musik. Leipzig:
Koehler & Amelang 1960. 78 S. m. 10 Abb., 3 Notenbeilagen,
kl. 8°. Hlw. DM 4.-.

Plaudern, nicht dozieren oder forschen will der Verfasser, j
Er wendet sich an den interessierten Bibelleser und möchte ihm I
Anstoß und Hilfe zur eigenen Arbeit am vorliegenden Problem
geben.

Knapp und anschaulich werden Organisation des Musik- ;
wesens (Tempelchor und -Orchester), Skala der im Kultus Isra-
eis verwendeten Musikinstrumente und israelitische Musizier- ;

praxis geschildert. Mit wenigen, aber klug gewählten Zitaten
aus Bibel und Luther wird der „Sitz im Leben" des Psalters und
der neutestamentlichen Hymnen charakterisiert. Auch die Welt
des Tanzes ist, da sie von Natur der Musik eng verbunden ist,
in den Gesichtskreis einbezogen.

Der Ursprung des Musizierens liegt nicht im Gottesdienst,
sondern in der nicht erstorbenen Sehnsucht des Menschen nach
dem dürch seinen Fall verlorenen Frieden mit Gott (S. 23).
Erst nach und nach erwuchs aus der ganz von der Welt her bestimmten
Volksmusik Israels die geistliche Musik und wurde
schließlich tonangebend.

Man wünscht sich eine genauere Umschreibung dessen, was
der Verfasser unter den Begriffen Volksmusik und geistlicher
Musik versteht, damit der mit der Musikgeschichte Israels nicht
vertraute Leser davor bewahrt bleibt, ungewollt Assoziationen
aus der gegenwärtigen Situation in die altisraelitischen Verhältnisse
hineinzutragen. Sowohl das Siegeslied in Ex. 15 als
auch 2. Sam. 6, 5 sind Beispiele für elementares Lob Gottes, die
zwar nicht zur organisierten Tempelmusik zu zählen sind, aber
doch im höchsten Maße gottesdienstliche Funktion haben. Muß
man nicht sagen, daß die geistliche Musik mit der weltlichen
zusammen entstand? Die Wechselwirkung zwischen Musik und
Seele, die für das Alte Testament noch echte Erfahrung ist,
möchte dem Leser religionsgeschichtlich nähergebracht werden.
Die kurze Notiz des Verfassers (S. 46) reicht zur Information
nicht aus. Zu den Notenbeispielen wünscht man sich wenigstens
einen kurzen Hinweis auf die komplizierte und problematische
Überlieferungsgeschichte altisraelitischer Musik.

Das Büchlein beginnt mit einer theologischen Grundlegung
der Musik. An Hand der Zahlen- und Intervallsymbolik
wird aufgezeigt, daß die Musik als Geschöpf Gottes von dem
ordnenden Schöpfungs- und Brhaltungswillen Gottes Zeugnis
gibt. Ein Ausblick auf die Musik der Kirche, der wohl nur cum
grano salis verstanden sein will, beschließt die Plauderei.

Mit dieser Arbeit bekommt der Bibelleser ein Hilfsmittel
in die Hand, das ihm durch Anschaulichkeit und behutsame
Gedankenführung entgegenkommt und Gewinn verspricht.

Regis-Brpitingen Christoph Wetzel

Krause, Joachim: Zeichen und Zahlen in der A-Dur-Arie der
h-moll- Messe Bachs.
Musik und Kirche 32, 1962 S. 1—17.

Nissiotis, Nikos A.: Die Liturgie und das geistliche Leben —
Zur Bestimmung des Unterschiedes zwischen Geistlichem und Geistigem
.

Kyrios 1, 1960/61 S. 150—158.
Paul, Erhart: Zum Problem der geistlichen Abendmusik.
Musik und Kirche 32, 1962 S. 17—23.

VON PERSONEN
Bibliographie Heinrich Vogel

zum 60. Geburtstag am 9. April 1962'

(Mit freundlicher Unterstützung durch Frau Irmgard Vogel zusammengestellt von Ilse Bertinetti, Potsdam-Babelsberg.)

5. Fortleben oder Auferstehung. Monatsschrift für Pastoraltheologie
26, 1930, S. 100—104.

6. Die Verantwortung unserer Predigt. Monatsschrift für Pastoraltheologie
16, 1930, S. 246—255.

1929

1. Traugott Untreu auf der Kanzel. Berlin: Furche-Verlag. 74 S.;
2. Aufl. 1930.

2. Die Dialektik der Predigt. Zwischen den Zeiten 7, 1929,
S. 117—141.

1930

3. Allein und auch. Von der Sünde und vom Glauben. Berlin:
Furche-Verlag. 102 S.

4. Zwölf neue Kirchenlieder in Wort und Weise. Freienwalde:
Kommissionsverlag Thilo« Buchhandlung. 28 S.

*) In diese Bibliographie wurden zahlreiche weitere Veröffentlichungen
von Heinrich Vogel, insbesondere Aufsätze in Tageszeitungen
und kirchlichen Gemeindeorganen sowie Nachdrucke von Zeitschriftenpublikationen
und diverse Veröffentlichungen im Ausland
(Übersetzungen) nicht aufgenommen.

1931

7. Von der Ohnmacht der Kirche. Die Furche 17, 1931, S. 128—131.

8. Die ideale Ehe und der heilige Ehestand. Zwischen den Zeiten 9,
1931, S. 221-239.

9. Die christliche Solidarität mit dem Gottlosen. Monatsschrift für
Pastoraltheologie 27, 1931, S. 326—332.

1932

10. Die Krisis des Schönen. Berlin: Furche-Verlag. 68 S.

11. Gottes Hoffnung am Sarge. Eine Wegweisung für den Prediger.
Dresden: Ungelenk. 115 S. (= Kirche und Gegenwart. Praktisch
-theologische Untersuchungen 13).