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Ausgabe:

1962 Nr. 6

Spalte:

444-445

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Die Vierte Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Bad Oeynhausen 1962

Rezensent:

Fresenius, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 6

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sein letztes Kapitel als Wagnis empfunden, da er an der theologischen
Diskussion seiner Zeit teilhatte. So hätte der Bearbeiter
hier mehr korrigieren und ergänzen können, als er es getan hat.
Manches bleibt nun mißverständlich, wenn z. B. summarisch von
der „Nachkriegstheologie" gesprochen wird (was ist damit gemeint
?), oder erscheint unzureichend, wenn etwa der Satz übernommen
ist: „Die Theologen, die erst nach 1930 auf den Plan
getreten sind, geben meist ein zu unbestimmtes Bild, um hier
genannt werden zu können" (S. 326, Anm. 1), und die Darstellung
des kirchengeschichtlichen Hintergrunds über die ersten
30er Jahre hinaus nicht weitergeführt ist. Doch hat sich der Bearbeiter
sehr darum bemüht, alles das nachzutragen und in den
Aufriß Stephans einzuordnen, was die theologische Arbeit in den
letzten 20 Jahren hervorgebracht hat. Gleichwohl sind auch
Lücken geblieben, was durchaus verständlich ist. Aber bei aller
Nachsicht muß doch auf einiges aufmerksam gemacht werden. Auf
dem Gebiet der at-lichen Exegese wird als „neustes Kommentarwerk
" das HAT genannt, aber nicht der seit 1955 erscheinende
Biblische Kommentar, hrsg. v. M. Noth; in der Liste der Alt-
testamentler (S. 342) fehlen M. Noth (sonst erwähnt) und T. C.
Vriezen; bei der Aufzählung neuerer Gesamtdarstellungen der
at-lichen Theologie vermisse ich die von G. v. Rad und T. C.
Vriezen. Unter den Lutherforschern hätte auch H. J. Iwand genannt
werden müssen. In dem Abschnitt über die systematische
Selbstbesinnung wäre ein Hinweis auf den Kreis um die Zeitschrift
„Kerygma und Dogma" angebracht gewesen, besonders
auf die Arbeiten E. Schlinks und seine Ansätze zu einer Theologie
der Ökumene; überaupt treten die durch die ökumenische Bewegung
ausgelösten Fragestellungen nirgends so recht in den
Gesichtskreis. Gänzlich abwegig ist der aus der 1. Auflage übernommene
Satz: „Die Religionssoziologie fand trotz M. Weber und
Troeltsch nur durch J. Wach und Dunkmann einige Bearbeitung"
(S. 371). Darüber hinaus wird jeder Leser von seinen eigenen
Interessengebieten her Mängel entdecken und Akzente anders
setzen, besonders dann, wenn Namen (u.a. Käsemann, Bonhoeffer,
Quervain, Kraus, Schlier usw.) nur in Aufzählungen und Fußnoten
oder gar nicht erscheinen (G. Kretschmar) und theologische
Probleme der Gegenwart (etwa Ekklesiologie, Recht, politische
Ethik, Personalismus u. a.) nicht so herausgestellt werden, wie es
der eine oder andere erwartet. Das gilt auch für die Literatur-
angaben. Bei alledem muß man aber dem Bearbeiter für den
Überblick dankbar sein, den er auf dem äußerst beschränkten
Raum geboten hat.

Eine Reihe der aus der 1. Aufl. abgedruckten Querverweise mit
Seitenangaben sind zu berichtigen:

S. 17, Anm. 1,1. Zeile: S. 8 statt 7 f. — S. 3 6, 7. Zeile v. u.: S. 74 f.
statt 68. — S 132, 5. Zeile v. o.: S. 133 f. statt 123. — S. 166, 12. Zeile
v. u.: S. 131 ff. 141 Statt 121 ff. 129 f. — S. 173, 19. Zeile v. o.: S. 170f.
statt 1 54. — S. 190, 1. u. 4. Zeile v. u.: 6 b bzw. 6 c statt 5 b bzw. 5 c.

— S. 195, 5. Zeile v. u.: S. 172 statt 155. — S. 200, 4. Zeile v. o.: 7 b
statt 6 b. — S. 201, Anm. 2, 1. Zeile: S. 179 statt 161. — S. 214,
18. Zeile v.o.: 5 a statt 4 a. — S. 226, Anm. 1, 1. Zeile: S. 203 statt
183. — S. 244, 22. Zeile v.o.: 7 b statt 6 b; 2 3. Zeile v.o.: S. 149,
Anm. 3 statt 137. — S. 252, Anm. 2, 8. Zeile v.u.: S. 256 statt 231 f. —
S. 262, Anm. 2, 1. Zeile: S. 160. 243 statt 144. 220. — S. 266, Anm. 2
letzte Zeile v. u.: S. 180, Anm. 1 statt III 5 c. — S. 271, Anm. 3. Zeile
v. u.: S. 250 statt 226. — S. 280, Anm. 3, 1. Zeile: S. 277 Statt 250. —
S. 328, Anm. 14. Zeile v. u.: S. 277, Anm. 2 statt 250. — S. 336, Anm.
12. Zeile v.u.: S. 201 6tatt 181. — S. 368, 1. Zeile v.o.: S. 326 statt
295. — S. 374, 7. Zeile v. u.: 6 a statt 5 a.

Auf S. 3 56 ist die Anm. 1 durch Streichungen im Text überflüssig
geworden, während die Anm. 2 im Text keinen Bezug hat bzw. unvollständig
ist, wenn sie sich, wie aus einem Vergleich mit der l.Aufl.,
S. 314, erkennbar ist, auf die Symbolik beziehen soll.

Der auf S. 361 eingefügte Nachtrag über die neueren Arbeiten auf
dem Gebiet der MiS6ionswissenschaft steht in keinerlei Beziehung zu
dem voraufgehenden wie zu dem nachfolgenden Text; er gehört vermutlich
an das Ende des Kapitels.

Dem Bearbeiter ist dafür zu danken, daß er sich der Mühe
unterzogen hat, Stephans Theologiegeschichte neu herauszugeben.
Damit ist wieder ein nützliches Lehrbuch zur Hand, das das
Verständnis der Theologiegeschichte des 19. Jhdts. fördern hilft
und zugleich an die unerledigten Fragen dieser Epoche erinnert

— beides in der Gegenwart gleicherweise eine Notwendigkeit.

Mesum über Rheine t'rwin F a h 1 b u sch

Niemöller, Wilhelm [Hrsg.]: Die vierte Bekenntnissynode der
Deutschen Evangelischen Kirche zu Bad Oeynhausen. Text — Dokumente
— Berichte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1960. 343 S.
gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte d. Kirchenkampfes, hrsg. v. K. D.
Schmidt, Bd. 7. DM 21.-.

In dieser Reihe, die sich eine wahrlich nicht leichte Aufgabe
gestellt hat, sind schon einige bedeutsame Arbeiten erschienen,
darunter auch Niemöllers Buch über „Die zweite Bekenntnissynode
der Deutschen Evangelischen Kirche zu Dahlem". Der
Verfasser hat sich durch seine verschiedenen Arbeiten über den
Kirchenkampf, die z. T. in anderen Verlagen erschienen sind,
einen Namen gemacht. Wir begrüßen das Erscheinen des vorliegenden
Bandes, aus dem wieder hervorgeht, wie schwierig und
zeitraubend allein die Sammlung des vorhandenen Materials und
die Vorarbeiten zu ihrer Sichtung und Ordnung sind. Beim Lesen
des Buches wird einem wieder einmal sehr deutlich, in w e 1 c h e r
Zeit und in welch schwieriger Lage die Verhandlungen einer
solchen Synode geführt werden mußten. Die Zeit drängte, die
Meinungen der Teilnehmer waren nicht nur über politische, sondern
auch über kirchliche Fragen sehr verschieden. Bei ihrer Beurteilung
spielten verschiedene konfessionelle Einstellungen eine
nicht unerhebliche Rolle. Die Stellung des Reichsbruderrats stand
der Stellung der Vorläufigen Leitung entgegen und die Urteile
über die staatlichen Kirchenausschüsse widersprachen sich stark
und waren völlig ungeklärt. Karl Immer schrieb damals im
März 1936 nach der Beendigung der Synode: „Oeynhausen ist
gekennzeichnet durch einen Kampf nach zwei Seiten: einen
Kampf gegen die staatskirchlichen Fesseln, die sich immer beängstigender
um Gemeinden und Kirchen legen, und damit den
Kampf um die Freiheit der Kirche auf der einen Seite und
andererseits das Ringen um die zerbrechende Einheit der Bekennenden
Kirche. Die Höhepunkte der Synode deuteten gleicherweise
den Tiefstand der Bekennenden Kirche und die Herrlichkeit
der ihr gegebenen Verheißungen an. Erklang es am Eingang:
Ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlässest, so hörten
wir in dem gleichen Schriftwort: Ich weiß deine Werke und deine
Arbeit und deine Geduld. — Als am Donnerstag Nachmittag das
eben gesponnene zarte Gewebe neuen Vertrauens und Verste-
hens zerschnitten am Boden zu liegen schien, wies der Vorsitzende
des Theologischen Ausschusses, D. Freiherr von Soden, bei
seinem Abschied, da er am Freitag zu Prüfungen in Marburg sein
mußte, auf das Wort hin, das einst die Mutter Augustins zu
neuem Harren gestärkt hatte: Ein Sohn so vieler Tränen kann
nicht verloren gehen."

Immer spricht in diesem Zusammenhang von einer „scheinbar
hoffnungslosen Lage" und sagt: „Jeder hat dem Präses der
Bekenntnissynode zugestimmt, als er für Freitagmorgen einen
Büß- und Bittgottesdienst der Synode anordnete. Der sinkende
Petrus wurde uns vor die Augen gemalt als das Bild der Bekennenden
Kirche. Keine Helden, sondern Menschen, die ohne den
Herrn Jesus Christus verloren sind."

In dem Teil A „Darstellung und Dokumente" gibt der Verfasser
eine kurze Einführung und druckt dann das Vorwort zum
Druckheft der Synode ab. Es folgt eine Darbietung des geschichtlichen
Verlaufs (mit Beilagen 1—4), ein Verzeichnis der Mitglieder
der Synode und die Wiedergabe der Beschlüsse der Synode.
Erklärungen zum Protokoll der Synode, ein Hinweis auf die Akten
, die sich im Bielefelder Archiv befinden, und ein Literaturverzeichnis
schließen den 1. Teil ab.

Der Teil B gibt die Synodalverhandlungen nach dem stenographischen
Bericht, die Synodalpredigt von Pastor Steil, die
Andacht von Pfarrer Heinrich Vogel und den Verlauf des Buß-
und Bittgottesdienstes mit der Ansprache von D. Dibelius wieder.

Der aufmerksame Leser wird in dem Buch viele Einzelheiten
finden, die ihm bisher unbekannt waren, und darüber hinaus
einen guten Einblick in den Verlauf und die Bedeutung der
Synode gewinnen. Man wird jetzt vieles verstehen, was man damals
, als die Synode gehalten wurde, nicht verstehen konnte, und
darüber hinaus zu einem besseren Verständnis des Kirchen-
kampfes und seines Verlaufs geführt. Geschichte wird geschrieben
, nicht, daß wir sie irgendwie zur Kenntnis nehmen, sondern
dazu, daß wir daraus lernen. Das gilt auch für die Geschichte des
Kirchenkampfes und der Bekennenden Kirche. Wir können das