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1962 Nr. 6

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 1962 Nr. 6

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Dämonologie für die Esdiatologie Jesu. Sie entmythologisierend entfernen
, heißt die Substanz des Evangeliums angreifen. In diesem Sinn
bezeichnet K. seine Arbeit zugleich als den ersten notwendigen Schritt
einer reinterpretation der Schrift überhaupt (114).

Der Rez. stimmt dem Satz zu, daß die Wunder Jesu (jedenfalls
die Heilungen und Dämonenaustreibungen) von seiner
Proklamation der Gottesherrechaft her, als deren Vorausvollzug,
zu verstehen sind, und dementsprechend als Überwindung gottwidriger
Gewalten. K. überschärft allerdings den letzten Gedanken
, indem er den ständig wiederholten und variierten Satz,
Satan habe Gott die Welt gestohlen, gewissermaßen zum Schlüssel
für das Verständnis des Wirkens Jesu überhaupt macht
(hinsichtlich der Wunder geht das z. B. so weit, daß auch die
Unfruchtbarkeit des Feigenbaums in Mark. 11, 12 — 17 letztlich
auf dämonische Kräfte zurückgeführt wird). Auch sonst wird die
Arbeit K.s nicht ohne Widerspruch bleiben (so etwa bezüglich
der Aussagen über Jesu Verständnis seiner divinity im Zusammenhang
der Interpretation der Versuchungen in Kap. 3; oder
im Blick auf die Identifizierung der Gestalt von Dan. 8, 15;
10, 19 mit dem Menschensohn in Kap. 2). Andererseits hätte
wohl auf die Ablehnung der Zeichenforderung durch Jesus
(Mark. 8, 11 f. Par. usw.) und auf das Verhältnis zwischen den
Heilungen und der Verkündigung Jesu überhaupt wenigstens
kurz eingegangen werden müssen, da beide Themen ,die Bedeutung
der synoptischen Wunder' durchaus tangieren. Mit alledem
ist indessen nicht aufgehoben, daß die Untersuchung K.s instruktive
religionsgeschichtliche (s. etwa Kap. 4) und biblischtheologische
Linien zieht und im Vergleich zu den letzten (übrigens
ebenfalls englischsprachigen) gesondert erschienenen Arbeiten
über Jesu Wunder weiterführt.

Halle/Saale Gerhard Delling

1 Didier, Georges S. J.: Desinteressement du Chrctien. La retribution
dans la morale de St. Paul. Aubier: Editions Montaigne [1955]. 254 S.
gr. 8° = Theologie. Etudes publ. sous la direction de la faculte de
Theologie S. J. de Lyon - Fourriere 32. Ffr. 840.—.

Gegen alte philosophische, moderne politische und fromme
katholische und protestantische Vorwürfe, das Christentum fordere
vom Menschen Gehorsam um einer jenseitigen Belohnung
willen und nicht aus interesseloser Liebe zu Gott, versucht
G. Didier nachzuweisen, daß das Motiv der Belohnung oder Strafandrohung
in der paulinischen Paränese nur eine ganz untergeordnete
Rolle spielt. Er untersucht darum in der ihm wahrscheinlichen
chronologischen Reihenfolge der Paulusbriefe (einschließlich
der Pastoralbriefe, aber ohne Hebräer) alle Texte, in denen man
derartige Motivierungen finden könnte, mit dem Resultat, daß
das Motiv der Furcht vor Strafe oder der Hoffnung auf Belohnung
nicht beherrschend ist, daß überdies Furcht und Hoffnung nicht
auf jenseitige Güter, sondern auf eine Person gerichtet sind:
„Der Nachdruck, mit dem Paulus das Heil oder dessen Verlust
als Vereinigung mit Christus oder Trennung von ihm ausdrückt,
scheint uns von dem ersten Brief an deutlich zu machen, daß
Christus nicht nur der Garant, sondern der Gegenstand der Hoffnung
ist, daß das christliche Leben . . . ausgerichtet ist auf ihn,
der unsere Freude ist" (S. 36, Anm. 80). Das wird im einzelnen
durchaus überzeugend nachgewiesen, obwohl der Verf. in seinem
Bestreben, jedes persönliche Heilsinteresse des Christen auszuschalten
, gelegentlich zu weit geht: 1. Kor. 7,28 weist Paulus
gewiß nicht im Sinne eines selbstsüchtigen Motivs auf die Vermeidung
von „Fleischesbedrängnissen" bei denen, die nicht heiraten
, aber er will auch nicht bloß warnen vor dem „Verlust von
Energie und Eifer" infolge der „Fleischesbedrängnisse", Paulus
nimmt vielmehr die Möglichkeit ernst, daß der Christ durch eine
Bindung an den „zusammengedrängten Zeitraum" die Dinge der
Welt und nicht die Dinge des Herrn besorgen könne, und so wird
der Hinweis auf die möglichen „Fleischesbedrängnisse" doch ein
Motiv für die Mahnung zum Wachsein; und es ist auch durchaus
richtig, daß in Phil. 3, 7 ff. das Ziel des christlichen Strebens die
Vereinigung mit Christus ist, also die Vollendung dessen, was
der Christ schon empfangen hat, und damit kein heteronomes
Motiv, aber das schließt nicht aus, daß Paulus das persönliche
Interesse an solcher Heilsvollendung das christliche Verhalten
durchaus bestimmen läßt. Immerhin ist der erneute Nachweis
dankenswert, daß die Hinweise auf Lohn und Strafe in der paulinischen
Paränese nur „einen bescheidenen Platz einnehmen",
und daß „die Moral die Wirklichkeit des neuen Seins, des Seins
in Christus, auf die Ebene des täglichen Handelns überträgt"

(S. 223).

Aber hier müßte nun die theologische Besinnung ansetzen,
was dieses „Sein in Christus" für Paulus wirklich bedeutet, wie
er die eschatologische Existenz des Christen versteht und welche
notwendige Funktion darum der Imperativ innerhalb seiner Verkündigung
hat. Die Möglichkeit, auf diese Frage geschichtlich
zutreffend zu antworten, ist aber dem Verf. verschlossen, weil
er das Sein des Christen im Sinne des Paulus unter Anführung
von 2. Kor. 3, 18 und 2. Petr. 1, 4 (!) beschreibt als „le paradoxe
d'une creature en cours de divinisation" und daraus folgert, daß
der Christ, „dejä capable d'agir divinement, . . . le devient sans
cesse davantage" (S. 231). Es ist daher nur die fortschreitende
„Teilhabe an der göttlichen Natur", die das „desinteressement du
Chretien" ermöglicht. Wenn die geschichtlich-eschatologische
Existenz des Christen im Sinne des Paulus in dieser Weise hellenistisch
mißdeutet wird, als naturhafte Verwandlung, muß die
paulinische Motivierung der Paränese durch den Hinweis auf Lohn
oder Strafe als bloße Redeform erscheinen. Die Wirklichkeit des
Menschen, dessen „Leben mit Christus in Gott verborgen ist"
und dem darum gesagt werden kann: „Also tötet die Glieder auf
der Erde" (Kol. 3, 3. 5), ist dann freilich nicht mehr zutreffend
zu beschreiben.

Bei der benutzten Literatur fehlt eigentümlicherweise H. Braun,
Gerichtsgedanke und Rechtfertigungslehre bei Paulus, 1930. Die fremdsprachigen
Texte enthalten zahlreiche störende Fehler, die Kommentare
sind teilweise in allzu veralteten Auflagen benutzt.

Marburg/Lahn Werner Georg Kümmel

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